Bundessozialgericht

Verhandlung B 8 SO 18/22 R

Sozialhilfe - Unterkunftskosten - barrierefreie Wohnung - Mehrkosten -  Kopfteilprinzip - abgrenzbarer Bedarf 

Verhandlungstermin 08.05.2024 11:00 Uhr

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N.R. ./.  Stadt Essen
Die Klägerin ist behindert und auf einen Rollstuhl angewiesen. Sie ist dauerhaft voll erwerbsgemindert und bezieht neben einer Rente Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung. Sie lebte im streitigen Zeitraum mit ihrem erwachsenen Sohn in einer barrierefreien 2,5 Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 61 Quadratmetern. Mutter und Sohn wirtschafteten aus einem Topf, ohne dass ein Mietvertrag abgeschlossen war. Der Sohn erhielt im streitigen Zeitraum eine Ausbildungsvergütung und war nicht bedürftig. Die Beklagte bewilligte der Klägerin die Hälfte der tatsächlichen monatlichen Unterkunftskosten. Das Sozialgericht hat die Klage gerichtet auf Übernahme der vollen Kosten abgewiesen. Das Landessozialgericht hat der Klägerin weitere 11 Prozent der Wohnkosten zugesprochen. Dabei hat es eine für den Wohnort vorliegende Auswertung des Mietspiegels herangezogen und ermittelt, dass barrierefreie Wohnungen im Schnitt 27 Prozent teurer seien als andere. Dieser geschätzte Anteil von Mehrkosten für eine barrierefreie Wohnung müsse insgesamt auf die behinderte Klägerin entfallen, weil nur für sie eine barrierefreie Wohnung erforderlich sei. Ihr Anteil belaufe sich damit auf 61 Prozent der Gesamtkosten.

Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Eine Abweichung vom Kopfteilprinzip sei bei einem nicht abgrenzbaren höheren Unterkunftsbedarf eines der Bewohner nicht angezeigt.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Duisburg, S 48 SO 566/17, 13.10.2020
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, L 9 SO 403/20, 08.09.2022

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Terminbericht

Der Senat hat auf die Revision der Beklagten das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Eine Abweichung vom sogenannten Kopfteilprinzip, das vor allem der Verwaltungsvereinfachung dient, ist nicht angezeigt. Behinderung und Pflegebedürftigkeit eines Bewohners in einem Mehrpersonenhaushalt sind in der Rechtsprechung zwar immer schon als Fall einer möglichen Abweichung vom sogenannten Kopfteilprinzip genannt worden. Nach den Feststellungen des Landessozialgerichts bestand aber trotz der behinderungsbedingten Bedarfe bei der Klägerin keine abweichende Nutzungsintensität bezogen auf die Wohnung, sondern sie und ihr Sohn nutzten die Wohnung in gleichem Umfang. Die Aufteilung der Kosten zu gleichen Teilen ist dann aber auch im vorliegenden Fall zur Abgrenzung der Bedarfe der Grundsicherungsberechtigten von den Bedarfen des Mitbewohners geeignet.

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