Krankenversicherung - verzögerte Entscheidung einer Krankenkasse über Widerspruch des Versicherten gegen fristgerechte Ablehnung des Antrags auf Krankenbehandlung - fiktive Genehmigung - kein Anspruch auf stationäre Krankenhausbehandlung mit Methoden, die lediglich Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten - Rechtsanwendungsgleichheit im Leistungsrecht
1. Entscheidet eine Krankenkasse verzögert über einen Widerspruch ihres Versicherten gegen die fristgerechte Ablehnung seines Antrags auf Krankenbehandlung, gilt der Antrag nicht als genehmigt.
2. Versicherte haben als Regelleistung keinen Anspruch auf stationäre Krankenhausbehandlung mit Methoden, die lediglich das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 31. August 2016 wird zurückgewiesen.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für selbst beschaffte Liposuktionen.
Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin leidet an einem Lipödem beider Beine und Arme. Sie beantragte befundgestützt die Versorgung mit stationären Liposuktionen (13.6.2014). Die Beklagte lehnte dies nach Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ab (Bescheid vom 24.6.2014; Widerspruchsbescheid vom 21.1.2015). Das SG hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 19.1.2016). Die Klägerin hat sich eine erste Liposuktion auf eigene Kosten selbst beschafft (4.4.2016; 4416,37 Euro). Das LSG hat die auf Kostenerstattung und auf Versorgung mit zwei weiteren stationären Liposuktionen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Die Klägerin habe weder einen Anspruch auf Liposuktion als Sachleistung noch einen Kostenerstattungsanspruch für die bereits durchgeführte Liposuktion. Die Liposuktion entspreche nicht den Qualitätsanforderungen, die an eine zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) durchzuführende Behandlungsmethode zu stellen seien, und biete daher nicht das Potential einer erfolgreichen Behandlungsalternative. Ein Erstattungsanspruch komme auch deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin die Liposuktion nicht in einem Vertragskrankenhaus, sondern in einer Privatklinik habe durchführen lassen (Urteil vom 31.8.2016).
Die Klägerin hat sich nach Verkündung des LSG-Urteils zwei weitere stationäre Liposuktionen auf eigene Kosten selbst beschafft (12.9.2016 und 19.6.2017; 4341,37 Euro und 2605,97 Euro). Sie begehrt mit ihrer Revision, ihr die Kosten der durchgeführten Liposuktionen zu erstatten, und rügt eine Verletzung des § 137c Abs 3 SGB V und des § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V. Das Qualitätsgebot gelte nicht bei stationärer Krankenhausbehandlung. Der Kostenerstattungsanspruch setze nicht Behandlung mit Liposuktionen in einem Vertragskrankenhaus voraus.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 31. August 2016 und des Sozialgerichts Mannheim vom 19. Januar 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 11 363,71 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 4 vH aus einem Betrag von 4416,37 Euro ab 21. April 2016, zudem in Höhe von 4 vH aus einem Betrag von 4341,37 Euro ab 29. September 2016 und zusätzlich in Höhe von 4 vH aus einem Betrag von 2605,97 Euro ab 5. Juli 2017 zu zahlen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 31. August 2016 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen. Die nunmehr ausschließlich auf Kostenerstattung gerichtete Klage ist zulässig (dazu 1.), aber unbegründet. Die Klägerin hat weder Anspruch gegen die beklagte KK auf Erstattung der Kosten, die für die selbst beschafften Liposuktionen entstanden, noch auf Zinsen wegen Eintritts einer Genehmigungsfiktion (dazu 2.) oder wegen Systemversagens (dazu 3.).
1. Die zuletzt auf Kostenerstattung gerichtete Klage wegen Systemversagens ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) zulässig. Auch die ursprünglich erhobene allgemeine Leistungsklage auf Naturalleistung wegen Eintritts einer Genehmigungsfiktion (§ 54 Abs 5 SGG; zur allgemeinen Leistungsklage als einschlägige Klageart bei der Genehmigungsfiktion vgl BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 8 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 13 Nr 36 vorgesehen) ist zulässig mit einer Anfechtungsklage gegen die Leistungsablehnung kombiniert. Die Klägerin hat zulässig ihren Klageantrag im Revisionsverfahren vollständig auf Kostenerstattung umgestellt. Dies ist keine in der Revisionsinstanz unzulässige Klageänderung (vgl § 168 S 1 SGG). Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird (§ 99 Abs 3 Nr 3 SGG). So liegt es bei der Umstellung eines Sachleistungsbegehrens auf einen Kostenerstattungsanspruch (vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 45 RdNr 9).
2. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der durch die selbstbeschafften Liposuktionen entstandenen Kosten wegen Eintritts einer Genehmigungsfiktion. Die Voraussetzungen der Fiktion der Genehmigung des Antrags der Klägerin sind nicht erfüllt (vgl § 13 Abs 3a SGB V idF durch Art 2 Nr 1 Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten <PatRVerbG> vom 20.2.2013, BGBl I 277, mWv 26.2.2013). Danach hat die KK über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden (S 1). Kann die KK Fristen ua nach S 1 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (S 5). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (S 6). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die KK zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (S 7). Die Regelung erfasst zwar die von der Klägerin im Juni 2014 beantragte Leistung der stationären Krankenbehandlung sowohl zeitlich als auch ihrer Art nach (vgl BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 14 f mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 13 Nr 36 vorgesehen; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 9 und 11 ff). Die Beklagte beschied den Antrag jedoch mit Bescheid vom 24.6.2014 innerhalb der am 13.6.2014 beginnenden und am 4.7.2014 endenden Drei-Wochen-Frist (vgl § 13 Abs 3a S 1 SGB V). Unerheblich ist, dass die Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 18.7.2014 erst mit Widerspruchsbescheid vom 21.1.2015 zurückwies. § 13 Abs 3a SGB V und die darin normierten Fristen zur Entscheidung über den Leistungsantrag des Versicherten sind nicht entsprechend auf den hierauf bezogenen nachfolgenden Widerspruch des Versicherten anwendbar (so aber Vogl, NZS 2014, 210). Die als Ausnahmeregelung eng auszulegende Vorschrift erfasst schon nach ihrem Wortlaut lediglich die Entscheidung der KK über den Leistungsantrag. Die Fristen laufen ab Antragseingang (vgl § 13 Abs 3a S 1 SGB V). Zweck des § 13 Abs 3a SGB V ist es überdies, die Bewilligungsverfahren bei den KKn zu beschleunigen und damit eine schnelle Klärung der Leistungsansprüche herbeizuführen (vgl Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 S 32; vgl auch Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit <14. Ausschuss> zu dem Entwurf eines PatRVerbG der Bundesregierung, BT-Drucks 17/11710 S 29 f; vgl BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 26 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 13 Nr 36 vorgesehen; BSG Urteil vom 7.11.2017 - B 1 KR 24/17 R - Juris RdNr 16, 30, für BSG und SozR vorgesehen). Dieser Zweck ist mit der Entscheidung der KK über den Leistungsantrag innerhalb der ab Antragstellung laufenden Frist erreicht. Grundlose Verzögerungen im Widerspruchsverfahren unterliegen allein den Sanktionen der Untätigkeitsklage (vgl § 88 Abs 2 SGG).
3. Auch die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Kostenerstattung wegen Systemversagens (§ 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V idF durch Art 1 Nr 5 Buchst b Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung <Gesundheitsstrukturgesetz> vom 21.12.1992, BGBl I 2266) sind nicht erfüllt. Die Norm bestimmt: Hat die KK "eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war." Der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr; vgl zB BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 30/16 R - Juris RdNr 8, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 27 Nr 29 vorgesehen; BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, RdNr 15; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 13; vgl zum Ganzen: Hauck in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, Stand November 2017, § 13 SGB V RdNr 233 ff). Die Klägerin hatte weder zur Zeit der Ablehnung noch im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung (vgl zur Maßgeblichkeit zB BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 12 S 56; BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 25) einen Anspruch auf Versorgung mit einer stationär durchgeführten Liposuktion als Naturalleistung, weil diese Behandlungsmethode nicht den Anforderungen des Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) entspricht und die Voraussetzungen grundrechtsorientierter Leistungsauslegung (iS von § 2 Abs 1a SGB V) nicht erfüllt sind. Letzteres kommt nicht in Betracht, denn das Lipödem ist weder eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche noch eine hiermit wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung. Es ist ohne Belang, dass der GBA nach den Selbstbeschaffungen beschlossen hat, das Verfahren zur Bewertung der Liposuktion bei Lipödem auszusetzen und eine entsprechende Erprobungsrichtlinie nach § 137e SGB V zu erlassen (20.7.2017; vgl www.g-ba.de/informationen/beschluesse/3013/; zur grundsätzlichen Berücksichtigungsfähigkeit von Rechtsänderungen im Revisionsverfahren vgl Hauck in Zeihe/Hauck, SGG, Stand August 2017, § 162 Anm 10b und § 163 Anm 4f mwN).
a) Der Anspruch Versicherter auf stationäre Krankenhausbehandlung aus § 27 Abs 1 S 2 Nr 5, § 39 Abs 1 S 1 SGB V unterliegt nach Wortlaut, Regelungssystem und Regelungszweck den sich aus dem Qualitätsgebot ergebenden Einschränkungen. Eine Absenkung der Qualitätsanforderungen für die stationäre Versorgung auf Methoden mit dem bloßen Potential einer Behandlungsalternative ergibt sich nicht aus § 137c Abs 3 SGB V (idF durch Art 1 Nr 64 Buchst b Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung <GKV-Versorgungsstärkungsgesetz - GKV-VSG> vom 16.7.2015, BGBl I 1211, 1230, mWv 23.7.2015). Allein Hinweise in den Gesetzesmaterialien genügen nicht, um das Ergebnis aller anderen Auslegungsmethoden zu überspielen.
Dabei geht der erkennende Senat davon aus, dass der Leistungsanspruch der Versicherten auf Krankenhausbehandlung ein Individualanspruch und nicht lediglich ein bloßes subjektiv-öffentlich-rechtliches Rahmenrecht oder ein bloßer Anspruch dem Grunde nach ist. Seine Reichweite und Gestalt ergibt sich erst aus dem Zusammenspiel mit weiteren gesetzlichen und untergesetzlichen Rechtsnormen (stRspr; vgl zB BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29, RdNr 11 mwN; BSGE 117, 10 = SozR 4-2500 § 13 Nr 32, RdNr 8; BSGE 117, 236 = SozR 4-2500 § 11 Nr 2, RdNr 13; BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 30/16 R - Juris RdNr 11, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 27 Nr 29 vorgesehen; vgl auch Hauck in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, Stand November 2017, § 13 SGB V RdNr 53 f). Hierzu gehören auch Regelungen des Leistungserbringungsrechts.
Funktionell dient das Leistungserbringungsrecht der Erfüllung der Naturalleistungsansprüche der Versicherten. Die KKn gewähren medizinische Sach- und Dienstleistungen, soweit sie nicht ausnahmsweise Eigeneinrichtungen betreiben (vgl zB § 132a Abs 4 S 13, § 140 SGB V), nicht unmittelbar in Natur, sondern bedienen sich regelmäßig der zugelassenen Leistungserbringer, um die Naturalleistungsansprüche der Versicherten zu erfüllen. Deshalb schließen sie über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (vgl § 2 Abs 2 S 3 SGB V idF durch Art 4 Nr 1 Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB vom 27.12.2003, BGBl I 3022; zuvor § 2 Abs 2 S 2 SGB V; vgl zum Ganzen BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15, RdNr 30 f; BSGE 117, 1 = SozR 4-2500 § 28 Nr 8, RdNr 12; BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 30/16 R - Juris RdNr 9, für BSGE und SozR 4-2500 § 27 Nr 29 vorgesehen).
aa) Schon nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (§ 27 Abs 1 S1 SGB V). Nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V umfasst die Krankenbehandlung auch die Krankenhausbehandlung. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs 1 S 2 SGB V). Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind (§ 39 Abs 1 S 3 SGB V).
bb) Krankenhausbehandlung ist iS von § 39 SGB V konform mit dem Regelungssystem grundsätzlich nur dann erforderlich, wenn die Behandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht und notwendig ist (stRspr; vgl zB BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 14). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenhausbehandlung unterliegt nach dem Gesetzeswortlaut und dem Regelungssystem wie jeder Anspruch auf Krankenbehandlung grundsätzlich den sich aus dem Qualitäts- und dem Wirtschaftlichkeitsgebot ergebenden Einschränkungen (vgl § 2 Abs 1 S 3 SGB V und § 12 Abs 1 SGB V). Er umfasst in diesem Rahmen nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (BSGE 117, 10 = SozR 4-1500 § 13 Nr 32, RdNr 11; BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29, RdNr 13 mwN; Hauck, NZS 2007, 461, 466 ff). Ausnahmen vom Qualitätsgebot bestehen im Rahmen grundrechtsorientierter Leistungsauslegung - sei es verfassungsunmittelbar oder nach § 2 Abs 1a SGB V - und bei Seltenheitsfällen (stRspr; vgl zB BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 27 mwN) mit Auswirkungen sowohl für den Leistungsanspruch der Versicherten als auch für die Rechte und Pflichten der Leistungserbringer als auch der KKn.
Das SGB V sichert auch im Recht der Leistungserbringung in seinem Vierten Kapitel "Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern" die Beachtung des Qualitätsgebots. So haben die KKn und die Leistungserbringer eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Die Versorgung der Versicherten muss ausreichend und zweckmäßig sein, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und muss in der fachlich gebotenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden (vgl § 70 Abs 1 S 1 und 2 SGB V). Die Pflicht des zugelassenen Krankenhauses im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten richtet sich hieran aus (vgl § 109 Abs 4 S 2 SGB V).
Gleiches gilt für die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsverfahren im Krankenhaus: Der GBA (Gemeinsamer Bundesausschuss nach § 91 SGB V) überprüft auf Antrag des Spitzenverbandes Bund der KKn, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zulasten der gesetzlichen KKn im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam ist, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der KKn erbracht werden darf. Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, beschließt der GBA eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137e SGB V. Nach Abschluss der Erprobung erlässt der GBA eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der KKn erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach S 1 entspricht. Ist eine Richtlinie zur Erprobung nicht zustande gekommen, weil es an einer nach § 137e Abs 6 SGB V erforderlichen Vereinbarung fehlt, gilt S 4 entsprechend (vgl § 137c Abs 1 S 1 bis 5 SGB V). Die zugrunde liegende Änderung des § 137c SGB V und Einfügung der Regelung des § 137e SGB V durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (Art 1 Nr 54 und Nr 56 GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG - vom 22.12.2011, BGBl I 2983) hat insofern an der bisherigen Grundkonzeption nichts geändert. Sie hat lediglich Raum für den GBA geschaffen, Richtlinien zur Erprobung nach § 137e SGB V zu beschließen, wenn die Überprüfung im Rahmen des § 137c SGB V ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Abgesehen von der speziell geregelten Modifizierung durch die zeitlich begrenzte Erprobung (§ 137e SGB V) noch nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechender Methoden verbleibt es auch im stationären Sektor beim Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 S 3 SGB V (vgl BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 19; BSG, Beschluss vom 15.7.2015 - B 1 KR 23/15 B - Juris RdNr 8). Eine weitere Ausnahme hat der Gesetzgeber mit dem Anspruch auf zulassungsüberschreitende Anwendung von Arzneimitteln im Rahmen klinischer Studien in § 35c SGB V geregelt (vgl BSG Urteil vom 19.12.2017 - B 1 KR 17/17 R - für BSGE und SozR 4 vorgesehen, Juris RdNr 22).
Nach Wortlaut und Regelungssystem ändert auch die Norm des § 137c Abs 3 S 1 und 2 SGB V an den Anforderungen des Anspruchs Versicherter auf Krankenhausbehandlung nichts. Danach dürfen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der GBA bisher keine Entscheidung nach Abs 1 getroffen hat, im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist. Dies gilt sowohl für Methoden, für die noch kein Antrag nach Abs 1 S 1 gestellt wurde, als auch für Methoden, deren Bewertung nach Abs 1 noch nicht abgeschlossen ist (vgl § 137 Abs 3 S 1 und 2 SGB V). Die Regelung trifft bereits nach ihrem Wortlaut ("dürfen … angewendet werden") - anders als zB jene des § 2 Abs 1a SGB V (Versicherte "können … beanspruchen") - keine Aussage zu Leistungsansprüchen der Versicherten; sie setzt diese vielmehr voraus. Sie können sich etwa aus Ansprüchen Versicherter auf Krankenhausbehandlung bei grundrechtsorientierter Leistungsauslegung (vgl zB § 2 Abs 1a iVm § 27 Abs 1 S 1, § 27 Abs 1 S 2 Nr 5 und § 39 Abs 1 SGB V) ergeben.
cc) Zweck der Ausrichtung der Leistungsansprüche der Versicherten am Qualitätsgebot ist es, im Interesse des Patientenschutzes und des effektiven Einsatzes der Mittel der Beitragszahler zu gewährleisten, dass eine nicht ausreichend erprobte Methode nicht zulasten der KKn abgerechnet werden darf (vgl BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 1 KR 17/06 R - Juris RdNr 21 = USK 2007-25 - Polyglobin, zustimmend BVerfG Beschluss vom 30.6.2008 - 1 BvR 1665/07 - SozR 4-2500 § 31 Nr 17 RdNr 10 und Gesetzesbegründung im Entwurf der Bundesregierung eines GKV-VStG, BR-Drucks 456/11 S 74, zum Off-Label-Use von Arzneimitteln; BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 8 RdNr 21 zur Reichweite der grundrechtsorientierten Auslegung; BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 22; zum effizienten Einsatz der der GKV zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel, indem nur wirksame Leistungen auf Kosten der GKV erbracht werden sollen, vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen <Gesundheits-Reformgesetz - GRG>, BT-Drucks 11/2237 S 157 zu Artikel 1 <§ 2 Abs 1>). Eine Behandlungsmethode gehört dementsprechend grundsätzlich erst dann zum Leistungsumfang der GKV, wenn die Erprobung abgeschlossen ist und über Qualität und Wirkungsweise der neuen Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Das setzt einen Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen voraus. Dabei muss sich der Erfolg aus wissenschaftlich einwandfrei geführten Statistiken über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der neuen Methode ablesen lassen (stRspr; vgl BSGE 76, 194 = SozR 3-2500 § 27 Nr 5 = Juris RdNr 22 ff; BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 21; BSG Urteil vom 19.12.2017 - B 1 KR 17/17 R - für BSGE und SozR 4 vorgesehen, Juris RdNr 14). Diese Anforderung darf aber nicht als starrer Rahmen missverstanden werden, der unabhängig von den praktischen Möglichkeiten tatsächlich erzielbarer Evidenz gilt (vgl BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 21).
Das Gesetz garantiert zugleich mit der Sicherung des Qualitätsgebots die Gleichbehandlung der Versicherten, um den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) zu beachten. Der Gesetzgeber muss den Versicherten Rechtsanwendungsgleichheit im Leistungsrecht gewährleisten (vgl BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 7 RdNr 23 zur Auslandsbehandlung; BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 23; Hauck, Festschrift für Kohte, 2016, 577, 585, 587; vgl auch Udsching, VSSR 1996, 271, unter III.1). Es wäre vor dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht zu rechtfertigen, würde der Gesetzgeber natürliche Personen zwar in gleicher Weise dem Versicherungs- und Beitragszwang der GKV unterwerfen, ihnen aber trotz gleicher Erkrankung und gleichem Anspruch auf Krankenbehandlung rechtlich unterschiedliche Chancen eröffnen, ihren Anspruch zu verwirklichen. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber zwar nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (BVerfGE 117, 316, 325 = SozR 4-2500 § 27a Nr 3 RdNr 31; BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 26).
Um das Ziel der Rechtsanwendungsgleichheit im Leistungsrecht der GKV zu erreichen, regelt das Gesetz nicht nur gleiche Rechtsansprüche der Versicherten auf Krankenbehandlung. Es garantiert den Versicherten auch deren Realisierung, nach Wortlaut, Regelungssystem und Regelungszweck einheitlich und eindeutig ausgerichtet am Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V), erweitert um die Fälle grundrechtsorientierter Auslegung (vgl zB BSG Urteil vom 20.3.2018 - B 1 KR 4/17 R - für SozR vorgesehen): Kommt es entgegen der Gewährleistungspflicht der KKn für eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung (vgl § 70 Abs 1 S 1 SGB V) zu einer Lücke im Versorgungssystem, hat der betroffene Versicherte Anspruch auf Kostenerstattung wegen Systemversagens (vgl § 13 Abs 3 S 1 SGB V). Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) möglich, kann die KK die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen (vgl § 13 Abs 4 S 6 SGB V). Besteht innerhalb der EU, des EWR und der Schweiz ein qualitatives oder quantitatives Versorgungsdefizit, sodass eine Krankenbehandlung nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse nur im Ausland möglich ist, hat der Versicherte hierauf Anspruch (vgl näher zB BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 7 RdNr 12 ff; Hauck, GesR 2017, 19, 22 sowie ders in Festschrift für Kohte, 2016, 577, 590 f, dort auch zur Garantie bei Leistungsmöglichkeit nur in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des EWR, vgl § 13 Abs 4 S 6 SGB V; lediglich andere Teilaspekte beleuchtend Stallberg, NZS 2017, 332). Das SGB V kennt nach Wortlaut, Regelungssystem und Regelungszweck keine gleichen Garantien für Krankenbehandlung Versicherter mit Methoden, die lediglich das Potential einer Behandlungsalternative haben. Die Gerichte sind bei dieser klaren Gesetzeslage an einer Rechtsfortbildung contra legem gehindert (vgl zu den Grenzen Hauck in Masuch/Spellbrink/Becker/Leibfried <Hrsg>, Grundlagen und Herausforderungen des Sozialstaats - Denkschrift 60 Jahre Bundessozialgericht, Band 2: Bundessozialgericht und die Sozialstaatsforschung - Richterliche Wissensgewinnung und Wissenschaft, 2015, 299, 300 ff).
Wollte man entgegen Wortlaut, Regelungssystem und Regelungszweck auch Potentialleistungen nach § 137c Abs 3 SGB V in die Ansprüche Versicherter auf Regelversorgung einbeziehen, wäre eine sachwidrige Ungleichbehandlung Versicherter die Folge. Die Gruppe der Versicherten, die dem Qualitätsgebot entsprechende Leistungen benötigt, hätte durch die aufgezeigten einfachrechtlichen Garantien einen rechtlich gesicherten Zugang zu diesen Leistungen auch dann, wenn sie im Inland überhaupt nicht oder jedenfalls nicht innerhalb des Leistungserbringungssystems zur Verfügung stehen oder rechtswidrig verweigert werden. Die Gruppe der Versicherten, die Potentialleistungen als Regelversorgung begehrte, hätte hingegen keinen rechtlich gesicherten Anspruch auf die Potentialleistungen. Würde die Potentialleistung im Inland nicht durch nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser erbracht, könnte diese Gruppe sich die Leistung zulasten der GKV weder in Krankenhäusern außerhalb des Leistungserbringungssystems, sei es im Inland, sei es im Ausland, beschaffen, noch wäre eine Leistungsablehnung durch die KK rechtswidrig mit der Folge der Selbstbeschaffungsmöglichkeit (§ 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V). Denn Ansprüche auf Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs 1 S 1, S 2 Nr 5, § 39 SGB V) umfassen grundsätzlich nur Leistungen, die dem Qualitätsgebot entsprechen.
Das Gesetz sieht Abweichungen von den aufgezeigten Garantien der Krankenbehandlung Versicherter nach dem Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) nur außerhalb der Regelversorgung der GKV bei einer Zusatzversorgung aus besonderen sachlichen Gründen vor. So eröffnet die Regelung der Erprobungsrichtlinien (vgl § 137e SGB V) des GBA den Versicherten - bei überschießender Nachfrage im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens der KKn (vgl näher BSG Urteil vom 24.4.2018 - B 1 KR 13/16 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) - die Möglichkeit, trotz zur Verfügung stehender qualitätsgerechter Leistungen an der Anwendung nicht dem allgemeinen Erkenntnisstand entsprechender Methoden zulasten der GKV teilzunehmen, um innovative Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit Potential zeitlich begrenzt zwecks Erkenntnisgewinns zum Nutzen der Gesamtheit der Versicherten und Beitragszahler unter strukturierten Bedingungen zu erproben (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung eines GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 87 zu Nr 56 <§ 137e>; Hauck, GesR 2014, 257, 261). Die Gewährleistungspflicht und der dementsprechende Sicherstellungsauftrag der KKn und Leistungserbringer erstreckt sich nicht - von Fällen grundrechtsorientierter Leistungsauslegung und Seltenheitsfällen abgesehen - auf davon abweichende Erprobungssituationen. Die Folge ist, dass sich auf der Landkarte ein "Erprobungsflecken-Teppich" mit Regionen entwickelt, in denen Krankenhäuser an der Erprobung teilnehmen, und anderen Regionen, bei denen das nicht der Fall ist (vgl Hauck, GesR 2014, 257, 261). Die Ungleichbehandlung Versicherter, die sich aus der eingeschränkten Verfügbarkeit der Leistung ergeben kann, ist wegen des mit der Erprobung verknüpften wichtigen öffentlichen Zwecks und des nur vorübergehenden Ausnahmefalls aufgrund notwendiger Befristung der Erprobung verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
Auch die Regelung der Genehmigungsfiktion (vgl § 13 Abs 3a SGB V und hierzu BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 36 und 37; BSG Urteile vom 26.9.2017 - B 1 KR 6/17 R und B 1 KR 8/17 R - beide Juris; BSG Urteil vom 7.11.2017 - B 1 KR 24/17 R - für BSGE und SozR vorgesehen) kann als durch rechtmäßiges Verwaltungshandeln vermeidbare Sanktion in eng begrenzten Ausnahmefällen zu Abweichungen vom Qualitätsgebot führen. Eine Gewährleistungspflicht entsprechend jener für Leistungsansprüche Versicherter, die dem Qualitätsgebot genügen, ist hierfür ausgeschlossen: Der Gesetzgeber will durch die Androhung der Sanktion gerade verhindern, dass es zum Eintritt von Genehmigungsfiktionen kommt. Wiederum rechtfertigen der zugrunde liegende wichtige öffentliche Zweck und die Enge der hierzu erforderlichen, vermeidbaren Ausnahme die darin liegende Ungleichbehandlung Versicherter.
dd) Soweit die Gesetzesmaterialien zu einem von Vorstehendem abweichenden Ergebnis führen, vermag der erkennende Senat dem nicht zu folgen. Gesetzesmaterialien sind mit Vorsicht, nur unterstützend und insgesamt nur insofern heranzuziehen, als sie auf einen objektiven Gesetzesinhalt schließen lassen und im Gesetzeswortlaut einen Niederschlag gefunden haben. Daran fehlt es. Nach den Gesetzesmaterialien sollten "Methoden mit dem Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative" im Rahmen der Krankenhausbehandlung zulasten der KKn erbracht werden können, insbesondere damit sie zur Versorgung typischerweise schwerer erkrankter Versicherter mit besonderem Bedarf nach innovativen Behandlungsalternativen zur Verfügung stünden (vgl Entwurf der Bundesregierung eines GKV-VSG, BR-Drucks 641/14 S 147 f zu Nr 64 <§ 137c SGB V> Buchst b). Dies gewährleiste die Teilhabe der Versicherten am medizinischen Fortschritt auch außerhalb von Studien (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit - 14. Ausschuss - zum Entwurf eines GKV-VSG, BT-Drucks 18/5123 S 135 zu Nr 64 <§ 137c SGB V> Buchst b). Besteht - wie hier - eine Diskrepanz, muss dem Gesetzeswortlaut, dem Regelungssystem und dem Regelungsziel der Vorrang zukommen (stRspr; vgl zB BVerfGE 62, 1, 45; BVerfGE 119, 96, 179; BSG SozR 4-2500 § 62 Nr 8 RdNr 20 f; Hauck/Wiegand, KrV 2016, 1, 4). Die Erweiterung der Regelversorgung der stationären Krankenhausbehandlung auf Methoden mit Potential ohne die im bisherigen System vorgesehenen Garantien, die ausdrücklich lediglich für Leistungen entsprechend dem Qualitätsgebot gelten, würde zudem den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG), das Gebot der Rechtsanwendungsgleichheit für Versicherte (vgl dazu oben, unter II. 3. a cc) verletzen.
b) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hatte die Klägerin keinen Anspruch auf Versorgung mit einer unter stationären Bedingungen durchzuführenden Liposuktion bei Lipödem. Die begehrte Maßnahme entsprach nicht den Anforderungen des Qualitätsgebots. Die Anforderungen des Qualitätsgebots werden gewahrt, wenn die "große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler)" die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dies setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode - die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (stRspr; vgl zB BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 29; BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 8 RdNr 10).
Die bei der Klägerin durchgeführten stationären Liposuktionen erfüllen diese Voraussetzungen nach den den Senat bindenden (vgl § 163 SGG) Feststellungen des LSG nicht. Den LSG-Feststellungen aufgrund des Gutachtens "Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen" der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 des MDK vom 6.10.2011 nebst Gutachtensaktualisierung (15.1.2015; abrufbar unter www.mds-ev.de/richtlinien-publikationen/gutachten-nutzenbewertungen.html dort Gutachten Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen) entspricht im Übrigen die Beurteilung des GBA in den "Tragenden Gründen zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung: Liposuktion bei Lipödem vom 20.7.2017" (abrufbar unter www.g-ba.de/informationen/beschluesse/3013/; zur Möglichkeit, Erkenntnisse auf Beschlüsse des GBA zu stützen: BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 50).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.