Bundessozialgericht

Bundessozialgericht Urteil vom 15.05.2019, B 6 KA 63/17 R

Vertragsärztliche Versorgung - Plausibilitätsprüfung - Kassenärztliche Vereinigung - Fehlerhaftigkeit der Abrechnungen - Ausschlussfrist für eine Honorarrückforderung

Leitsätze

Hat ein Arzt in einem Quartal das maßgebliche Aufgreifkriterium für eine Plausibilitätsprüfung bezogen auf die Arbeitszeit überschritten und ergibt die nähere Prüfung, dass diese Überschreitung auf einem generellen Fehlverständnis des Vertragsarztes vom Inhalt der Leistungslegende einer Gebührenordnungsposition beruht, darf die Kassenärztliche Vereinigung daraus ohne weitere Ermittlungen auf die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung auch in Folgequartalen schließen, wenn insbesondere nach den Angaben des Arztes von einem konstanten Abrechnungsverhalten auszugehen ist.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 31. März 2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Richtigstellung des Honorars des Klägers für die Quartale 3/2008 bis 2/2012.

Der Kläger nimmt als Arzt für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde (HNO) im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Er betreut ua Patienten in einer Wachkomastation eines Pflegeheims. Aufgrund von Praxisbesonderheiten im Bereich von Bronchoskopien erhöhte die Beklagte seinen für das Regelleistungsvolumen maßgeblichen Fallwert. Im Zusammengang mit dem vorliegenden Verfahren nahm die Beklagte die Erhöhung des Fallwerts zurück. Die Rechtmäßigkeit dieses Rücknahmebescheides ist Gegenstand eines gesonderten Verfahrens.

Im Juni 2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er die im Rahmen der Plausibilitätsprüfung maßgebende Quartalsarbeitszeit von 780 Stunden im Quartal 2/2008 mit 798 Stunden und 5 Minuten überschritten habe. Der Kläger wurde aufgefordert, für 15 näher bezeichnete Behandlungsfälle die Dokumentation (Karteikarten und/oder Computerausdrucke im Original) vorzulegen. Neben Hausbesuchen seien die nach Gebührenordnungsposition (GOP) 09315 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) abgerechneten Bronchoskopien aufgefallen.

Der Kläger kam dieser Aufforderung nach und erläuterte, dass sich die Abrechnungen auf schwerstkranke, beatmungspflichtige und unter ständiger Monitorkontrolle der Vitalparameter stehende Patienten bezögen. Seine Praxis habe einen Schwerpunkt in der Untersuchung und Behandlung von Schluckstörungen und in der Versorgung von Wachkomapatienten oder - teils beatmeten - Patienten in häuslicher Pflege.

Mit Bescheid von 12.12.2012 berichtigte die Beklagte die Abrechnung des Klägers bezogen auf alle in den Quartalen 3/2008 bis 2/2012 abgerechneten Leistungen nach GOP 09315 EBM-Ä (Bronchoskopie). Darüber hinaus kürzte die Beklagte die von dem Kläger in dem genannten Zeitraum abgerechneten Leistungen nach GOP 09331 EBM-Ä (Zusatzpauschale Untersuchung des Sprechens und der Sprache) sowie GOP 09332 EBM-Ä (Zusatzpauschale Abklärung einer Aphasie, Dysarthrie und/oder Dysphagie), soweit der Kläger diese Leistungen mehr als einmal im Behandlungsfall abgerechnet hatte. Zur Begründung führte die Beklagte aus, man habe eine Plausibilitätsprüfung durchgeführt, weil der Kläger im Quartal 2/2008 eine Gesamtarbeitszeit von 798 Stunden und 5 Minuten, im Quartal 3/2008 eine Gesamtarbeitszeit von 668 Stunden 45 Minuten sowie im Quartal 4/2008 eine Gesamtarbeitszeit von 635 Stunden 47 Minuten erreicht habe. Die Leistung der GOP 09332 EBM-Ä habe der Kläger in einigen Behandlungsfällen bei jedem Kontakt angesetzt. Das sei weder auf Grund der vorliegenden Dokumentation noch auf Grund der Leistungslegende nachvollziehbar. Die Abklärung von Schluckstörungen mittels standardisierter Verfahren sei nur abrechnungsfähig, wenn eine primäre Abklärung erfolge oder eine Kontrolle in angemessenen Zeitabständen notwendig sei. Ebenfalls nicht plausibel sei der Ansatz der Leistung nach GOP 09331 EBM-Ä mehrfach pro Behandlungsfall.

Bezogen auf die Bronchoskopien nach GOP 09315 EBM-Ä habe der Kläger den Durchschnitt der Prüfgruppe im Quartal 2/2008 um 1917 % überschritten. Aus der Leistungslegende gehe zwar nicht eindeutig hervor, wie weit die Bronchoskopie durchgeführt werden müsse. Wegen der Belastung der Patienten durch diese Untersuchung müsse die Indikationsstellung aber angemessen sein. In keiner der Dokumentationen finde sich der Hinweis, dass die Endoskopie eines Bronchus - nicht einmal des Hauptbronchus - erfolgt sei. Die Untersuchung habe stets mit der Beurteilung der Aufzweigung der Luftröhre in die beiden Hauptbronchien geendet; ein Vordringen in den Bronchialbereich habe nicht stattgefunden. Damit habe es sich nach Auffassung des Fachgutachters nicht um eine Bronchoskopie, sondern lediglich um eine Tracheoskopie, also eine Spiegelung der Luftröhre gehandelt. Die Garantiefunktion der Abrechnungssammelerklärung sei entfallen. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte zurück (Widerspruchbescheid vom 27.5.2013).

Auf Antrag des Klägers ordnete das SG Stuttgart die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs an (Beschluss vom 29.8.2013 - S 20 KA 4737/13 ER). Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beklagten wies das LSG Baden-Württemberg zurück (Beschluss vom 15.10.2014 - L 5 KA 3990/13 ER-B).

Im Klageverfahren holte das SG Stellungnahmen des zu 1) beigeladenen GKV-Spitzenverbands und der zu 2) beigeladenen Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) ein. Es gab der Klage statt, soweit diese sich gegen die sachlich-rechnerische Richtigstellung der GOP 09332 EBM-Ä richtete; im Übrigen - soweit sie sich auf die GOP 09315 und 09331 EBM-Ä bezog - wies das SG die Klage ab. Entgegen der Auffassung des Klägers habe die Beklagte keine in die Zuständigkeit der Prüfgremien fallende Wirtschaftlichkeitsprüfung, sondern eine sachlich-rechnerische Richtigstellung durchgeführt. In keiner der exemplarisch ausgewerteten Unterlagen zur Behandlung von 15 Patienten im Quartal 2/2008 habe sich ein Hinweis dafür gefunden, dass die Endoskopie eines Bronchus erfolgt wäre. Dies wäre aber nach der Leistungslegende Voraussetzung für die Abrechnung der GOP 09315 EBM-Ä. Der Kläger habe das Endoskop nach eigenen Angaben jeweils nur in die Luftröhre des Patienten eingeführt und von dort aus die Bronchien bzw deren Hauptäste in Augenschein genommen. Damit habe er nur eine Tracheoskopie (Endoskopie der Luftröhre) und nicht eine Bronchoskopie (Endoskopie der Bronchien) durchgeführt. Auch sei der Mehrfachansatz der GOP 09331 EBM-Ä (Zusatzpauschale Untersuchung des Sprechens und der Sprache) nicht plausibel.

Obwohl die Beklagte die Dokumentation des Klägers lediglich bezogen auf 15 Behandlungsfälle im Quartal 2/2008 ausgewertet habe, sei sie berechtigt gewesen, die Leistungen nach den GOP 09315 und 09331 EBM-Ä in den Folgequartalen ab 3/2008 zu streichen. Die Beklagte habe im Ergebnis zutreffend auf die unwidersprochen gebliebene Tatsache abgestellt, dass sich das Abrechnungsverhalten des Klägers in den Folgequartalen ab 3/2008 vergleichbar dargestellt habe und dass dieser seiner Abrechnung weiterhin eine unrichtige Interpretation des Leistungsinhalts der streitgegenständlichen GOP zu Grunde gelegt habe. Dagegen seien die angefochtenen Bescheide rechtswidrig, soweit die Leistungen nach GOP 09332 EBM-Ä richtiggestellt worden seien.

Die dagegen eingelegte Berufung des Klägers hat das LSG mit Beschluss vom 31.3.2017 im Wesentlichen aus den Gründen des sozialgerichtlichen Urteils zurückgewiesen.

Im Revisionsverfahren ist nur noch die Berichtigung der Leistungen nach GOP 09315 EBM-Ä Verfahrensgegenstand. Soweit die angefochtenen Bescheide die sachlich-rechnerische Richtigstellung von Leistungen nach GOP 09331 EBM-Ä (Zusatzpauschale Untersuchung des Sprechens und der Sprache) zum Gegenstand hatten, hat die Beklagte diese in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgehoben. Der Kläger hat das Teilanerkenntnis angenommen.

Zur Begründung seiner Revision hinsichtlich der Berichtigung der Bronchoskopie-Leistungen macht der Kläger geltend, dass er im Berufungsverfahren bronchoskopische Befunde sowie die Dokumentation der Untersuchung des Sprechens und der Sprache zur Gerichtsakte gereicht und angeboten habe, weitere Befunde zur Verfügung zu stellen. Darauf sei das LSG jedoch nicht eingegangen. Eine vollständige Bronchoskopie sei für ihn als HNO-Arzt fachfremd. Sein Fachgebiet ende mit dem Blick in die Bronchien. Bronchoskopien seien für HNO-Ärzte in GOP 09315 EBM-Ä und für Lungenärzte in GOP 13662 EBM-Ä geregelt. Es sei nicht zulässig, den Begriff der Bronchoskopie für beide Arztgruppen in der gleichen Weise auszulegen. Andernfalls wäre es ihm als HNO-Arzt unmöglich, die GOP 09315 EBM-Ä vollständig zu erbringen. Diese müsse dahin ausgelegt werden, dass unter einer Bronchoskopie bei der Erbringung durch HNO-Ärzte eine Tracheo-Bronchoskopie zu verstehen sei.

Im Übrigen sei die Beklagte nicht berechtigt gewesen, das Ergebnis der für das Quartal 2/2008 durchgeführten Prüfung auf die Folgequartale zu übertragen. Ihm könne auch nicht ein "gleichförmiges" Verhalten in den Folgequartalen entgegengehalten werden, weil die Beklagte gar nicht wissen könne, ob in den Folgequartale ein gleichförmiges Verhalten vorliege.

Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 31.3.2017 aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.6.2016 zu ändern und den Bescheid der Beklagten von 12.12.2012 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 27.5.2013 vollständig aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Die sachlich-rechnerische Richtigstellung der GOP 09315 EBM-Ä (Bronchoskopie) sei nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung des Klägers sei auch die Tracheo-Bronchoskopie keine Tracheoskopie (Endoskopie der Luftröhre). Vielmehr seien die Begriffe Bronchoskopie und Tracheo-Bronchoskopie Synonyme. Die Bronchoskopie sei für HNO-Ärzte nicht fachfremd. In Übereinstimmung mit der Auffassung des LSG setze die Bronchoskopie eine "direkte" Untersuchung der Luftröhre und des Bronchialbaumes durch ein Endoskop voraus, dass mindestens in einen Hauptbronchus einzuführen sei. Sie sei auch berechtigt gewesen, die aus der Prüfung des Quartals 2/2008 gewonnenen Erkenntnisse auf die Folgequartale zu übertragen. Zwar sei davon auszugehen, dass Überprüfungen auf das jeweilige Quartal zu beziehen seien. Eine Ausnahme bestehe jedoch, wenn der Abrechnung ein grundsätzliches Fehlverständnis der Leistungslegende zu Grunde liege. Ein solches Fehlverständnis habe der Kläger bezogen auf die Abrechenbarkeit der GOP 09315 EBM-Ä deutlich gemacht. Es komme nicht darauf an, dass dem Kläger die Unrichtigkeit möglicherweise nicht bewusst gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des BSG sei die Abrechnungssammelerklärung bereits dann unrichtig, wenn nur ein mit ihr erfasster Behandlungsausweis eine unrichtige Angabe über erbrachte Leistungen enthalte. Damit entfalle für die KÄV grundsätzlich die Verpflichtung, als Voraussetzung der Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides dem Arzt mehr als eine unrichtige Abrechnung pro Quartal nachzuweisen. Genau dieser Nachweis sei in der vorliegenden Konstellation aber erbracht, weil bei Abrechnung derselben GOP in den Folgequartalen und einem generellen Fehlverständnis der Leistungslegende der gesonderte Nachweis pro Quartal eine unnötige Förmelei darstellen würde. In dieser Situation sei die Garantiewirkung der Abrechnungssammelerklärungen auch in den Folgequartalen entfallen.

Die Beigeladenen schließen sich - ohne einen Antrag zu stellen - im Wesentlichen dem Vorbringen der Beklagten an. Eine Bronchoskopie nach GOP 09315 EBM-Ä sei nicht vollständig erbracht, wenn nur eine Tracheoskopie bis zur Bifurkation (Aufteilung der Luftröhre zu den Bronchien) erfolgt sei.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet.

I. Der Senat ist an einer den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung in der Sache nicht gehindert. Zwar kann den Gründen des Beschlusses des LSG nicht entnommen werden, ob das LSG das neue Vorbringen des Klägers aus seiner Berufungsbegründung vom 28.3.2017 mit der am 30.3.2017 beim LSG eingegangenen Dokumentation vor seiner Entscheidung vom 31.3.2017 vollständig zur Kenntnis genommen hat; der Beschluss enthält lediglich im Tatbestand den allgemeinen Hinweis, dass sich der Kläger "mit Schriftsatz vom 28.03.2017 noch einmal zur Sache geäußert" habe. Eine mögliche Verletzung des rechtlichen Gehörs in Gestalt einer fehlenden Kenntnisnahme des LSG insbesondere von der Dokumentation, die der Kläger als Anlage zu seiner ergänzenden Berufungsbegründung vom 28.3.2017 übersandt hatte, hätte jedoch nach § 164 Abs 2 S 3 SGG in der Revisionsbegründung geltend gemacht werden müssen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 62 RdNr 11a, 11b; Leitherer, aaO, § 164 RdNr 12c). Das ist jedenfalls im Hinblick auf die allein noch streitbefangenen Berichtigungen der Bronchoskopien nicht erfolgt.

II. 1. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung ist § 106a Abs 2 SGB V (hier noch idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190 <aF>; heute § 106d Abs 2 SGB V). Danach stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität. Gegenstand der arztbezogenen Plausibilitätsprüfung ist insbesondere der Umfang der je Tag abgerechneten Leistungen im Hinblick auf den damit verbundenen Zeitaufwand des Arztes (§ 106a Abs 2 S 2 SGB V aF). Bei der Prüfung nach S 2 ist ein Zeitrahmen für das pro Tag höchstens abrechenbare Leistungsvolumen zugrunde zu legen; zusätzlich können Zeitrahmen für die in längeren Zeitperioden höchstens abrechenbaren Leistungsvolumina zugrunde gelegt werden (§ 106a Abs 2 S 3 SGB V aF). Soweit Angaben zum Zeitaufwand nach § 87 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGB V bestimmt sind, sind diese bei den Prüfungen nach S 2 zugrunde zu legen (§ 106a Abs 2 S 4 SGB V aF). Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots - erbracht und abgerechnet worden sind (vgl BSG Urteil vom 29.11.2017 - B 6 KA 33/16 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 17 RdNr 19; BSG Urteil vom 2.4.2014 - B 6 KA 20/13 R - SozR 4-2500 § 117 Nr 6 RdNr 13; s auch BSG Urteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 45/17 R - RdNr 14, zur Veröffentlichung für SozR 4 vorgesehen; BSG Urteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 42/17 R - RdNr 10, zur Veröffentlichung für BSGE und SozR 4 vorgesehen, jeweils mwN).

Die näheren Einzelheiten des Plausibilitätsprüfungsverfahrens ergeben sich aus § 8 der auf der Grundlage von § 106a Abs 6 SGB V aF vereinbarten Richtlinien gemäß § 106a SGB V (AbrPr-RL) in der hier maßgebenden, seit dem 1.7.2008 geltend Fassung ( 2008, A-1925). § 8 Abs 2 AbrPr-RL sieht gleichrangig die Ermittlung eines Tageszeit- und eines Quartalszeitprofils vor (vgl BSG Beschluss vom 17.8.2011 - B 6 KA 27/11 B - Juris RdNr 6). Eine weitere Überprüfung nach § 12 erfolgt gemäß § 8 Abs 3 S 1 AbrPr-RL, wenn die ermittelte arbeitstägliche Zeit bei Tageszeitprofilen an mindestens drei Tagen im Quartal mehr als 12 Stunden oder im Quartalszeitprofil mehr als 780 Stunden beträgt (vgl BSG Urteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 42/17 R - RdNr 11, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen; BSG Urteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 44/17 R - RdNr 15 zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen).

Überschreitungen bezogen auf die Tageszeitprofile liegen bei dem Kläger nicht vor. Er hat allein im Quartal 2/2008 das Quartalszeitprofil überschritten. Aufgrund dieser Überschreitung hat die Beklagte ein Prüfverfahren eingeleitet und den Kläger im Juni 2012 ua mit Blick auf den Ansatz der GOP 09315 EBM-Ä zur Vorlage von Dokumentationen zur Behandlung näher bezeichneter Patienten im Quartal 2/2008 aufgefordert. Wegen des zum Zeitpunkt des Erlasses des Richtigstellungsbescheides vom 12.12.2012 eingetretenen Ablaufs der vierjährigen Ausschlussfrist (vgl zuletzt BSG Urteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 34/17 R - RdNr 28 mwN, zur Veröffentlichung für BSGE und SozR 4 vorgesehen) hat sie von einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung des Honorarbescheids für das Quartal 2/2008 abgesehen und die Richtigstellung allein auf die im vorliegenden Verfahren streitbefangenen Quartale 3/2008 bis 2/2012 bezogen.

Der Umstand, dass der Kläger in keinem der streitbefangenen Quartale die Grenze zur Auffälligkeit nach § 8 Abs 3 S 1 AbrPr-RL überschritten hat, steht der Rechtmäßigkeit der Richtigstellung nicht entgegen. Ein Grundsatz des Inhalts, dass die Prüfung nach § 12 AbrPr-RL für jedes zu prüfende Quartal die Erfüllung der Aufgreifkriterien nach § 8 voraussetzt, besteht nicht (BSG Urteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 44/17 R - RdNr 18, für SozR 4 vorgesehen). Im Übrigen wäre selbst dann, wenn § 12 AbrPr-RL in diesem Sinne zu verstehen wäre, die KÄV nicht gehindert, Hinweisen auf eine inkorrekte Abrechnung eines Arztes nachzugehen und zu prüfen, ob die Abrechnung sachlich und rechnerisch richtig sein kann. Nach § 20 Abs 1 AbrPr-RL wird eine Abrechnung in der vertragsärztlichen Versorgung außerhalb der regulären Prüfungen geprüft, wenn ausreichende und konkrete Hinweise auf Abrechnungsauffälligkeiten bestehen. "Konkrete" Hinweise in diesem Sinne können sich aus dem Ergebnis einer "regulären" Prüfung eines Quartals ergeben, soweit es Muster erkennen lässt, die auf eine systematisch unrichtige Abrechnung auch in Folgequartalen hindeuten.

2. Soweit sich die sachlich-rechnerische Richtigstellung auf die Abrechnung der GOP 09315 EBM-Ä (Bronchoskopie) bezieht, sind die angefochtenen Bescheide in Übereinstimmung mit der Entscheidung des LSG im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Honorarbescheide zu Recht um alle in den Quartalen 3/2008 bis 2/2012 abgerechneten Bronchoskopien berichtigt.

a) Obligater Inhalt der Leistung nach GOP 09315 EBM-Ä ist ua die Durchführung einer "Bronchoskopie". Eine solche setzt - entgegen der Auffassung des Klägers - voraus, dass ein Endoskop zur Untersuchung in die Bronchien eingeführt wird. Durch die Einführung eines Endoskops allein in die Luftröhre werden die Anforderungen nach der Leistungslegende auch dann nicht erfüllt, wenn Teile der Bronchien von dort aus betrachtet werden. Wie das LSG bereits in seiner Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (L 5 KA 3990/13 ER-B) zutreffend dargelegt hat, bezeichnet der erste Teil des Begriffs der "Bronchoskopie" das zu untersuchende Organ, während der zweite Teil die Untersuchungsmethode definiert, nämlich die Endoskopie. Die Bronchoskopie iS der GOP 09315 EBM-Ä ist also eine endoskopische Untersuchung der Bronchien. Zwar unterscheidet die GOP 09315 EBM-Ä - anders als etwa GOP 13421 EBM-Ä für die Koloskopie - nicht zwischen einer vollständigen und einer teilweisen Endoskopie des Organs. Deshalb können die in der Leistungslegende definierten Anforderungen auch durch eine nur teilweise Untersuchung der Bronchien erfüllt werden und es findet keine Unterscheidung danach statt, ob das Endoskop nur in die Hauptbronchien oder aber auch in die weiteren Verzweigungen eingeführt wird. Vorauszusetzen ist in Übereinstimmung mit der Auffassung der Beigeladenen jedoch, dass zumindest eine der beiden Hauptbronchien untersucht wird (vgl dazu die im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Stellungnahmen der zu 2. beigeladenen KÄBV vom 7.1.2015 und des zu 1. beigeladenen GKV-Spitzenverbands vom 20.2.2015). Die Endoskopie zeichnet sich gerade dadurch aus, dass sie die direkte Betrachtung des Organs ermöglicht. Der Blick von außen auf oder in ein Organ kann deshalb nicht als Endoskopie dieses Organs angesehen werden. Dementsprechend liegt in der Einführung eines Endoskops lediglich in die Luftröhre (als anatomisch vorgelagertes Organ) noch keine Bronchoskopie, sondern nur eine Tracheoskopie, selbst wenn Teile der Bronchien zu sehen sind.

b) Der Kläger kann nicht mit Erfolg einwenden, dass die Durchführung von Bronchoskopien für HNO-Ärzte fachfremd sei und dass die im Kapitel der Hals-Nasen-Ohrenärztlichen Gebührenordnungspositionen geregelte GOP 09315 EBM-Ä deshalb anders auszulegen sei als die in Abschnitt 13.3.7 (Pneumologische Gebührenordnungspositionen) geregelte GOP 13662 EBM-Ä. Gegen eine unterschiedliche Auslegung spricht der übereinstimmende Wortlaut beider GOP. Dieser Wortlaut ist nach stRspr des BSG in erster Linie maßgebend für die Auslegung von Vergütungsbestimmungen (vgl BSG Urteil vom 11.2.2015 - B 6 KA 15/14 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 13 RdNr 21; BSG Urteil vom 13.5.1998 - B 6 KA 34/97 R - SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4 mwN; BSG Urteil vom 16.5.2001 - B 6 KA 20/00 R - BSGE 88, 126, 127 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 146; BSG Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 34/11 R - SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13; BSG Urteil vom 11.12.2013 - B 6 KA 14/13 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11). Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM-Ä - also des Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs 1 SGB V - ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM-Ä als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse oder Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist nur dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf (BSG Urteil vom 11.12.2013 - B 6 KA 14/13 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11 mwN; BSG Urteil vom 28.4.2004 - B 6 KA 19/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 11; BSG Urteil vom 22.6.2005 - B 6 KA 80/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 10 RdNr 10, jeweils mwN; BSG Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 34/11 R - SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13). Selbst wenn diese Voraussetzungen für eine systematische Interpretation hier erfüllt wären, könnte damit nicht die Auffassung des Klägers begründet werden, nach der an die Erbringung von Bronchoskopien durch HNO-Ärzte geringere Anforderungen zu stellen sein sollen als an die Erbringung von Bronchoskopien durch Pneumologen. Dagegen spricht auch, dass beide GOP in der hier maßgeblichen Fassung des EBM-Ä übereinstimmend mit 2795 Punkten bewertet worden sind. Weil die punktzahlmäßige Bewertung im Grundsatz den mit der Erbringung der Leistung verbundenen personellen und technischen Aufwand abbildet, erscheint es ausgeschlossen, zwei identisch bezeichnete GOP mit identischer Leistungslegende, die auch noch punktzahlmäßig identisch bewertet sind, in der Weise unterschiedlich auszulegen, dass die Abrechnung einer der beiden GOP eine aufwändige Untersuchung mit Einführung des Endoskops in die Bronchien voraussetzen soll, während für die andere eine weniger aufwändige Untersuchung mit Einführung des Endoskops lediglich in die Luftröhre ausreichen soll.

Aus dem Umstand, dass die S1-Leitlinie Tracheo-Bronchoskopie der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie nicht die Erbringung von Bronchoskopien durch HNO-Ärzte zum Inhalt habe, sondern die Erbringung von Tracheo-Bronchoskopien, kann entgegen der Auffassung des Klägers nicht der Schluss gezogen werden, dass die Leistung nach GOP 09315 EBM-Ä bereits durch die Einführung des Endoskops in die Luftröhre und den von dort möglichen Blick in die Hauptbronchien erbracht werden könne. Maßgebend für den Anspruch auf vertragsärztliche Vergütung ist der Wortlaut der Leistungslegende zu GOP 09315 EBM-Ä und nicht der Wortlaut der Leitlinie einer Fachgesellschaft. Danach ist die Durchführung einer Bronchoskopie und nicht einer Tracheo-Bronchoskopie erforderlich. Im Übrigen wird die Tracheo-Bronchoskopie in der S1-Leitlinie als "die direkte Betrachtung der Luftröhre und des Bronchialbaumes durch ein Endoskop zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken" definiert. Danach setzt die Tracheo-Bronchoskopie neben der direkten Betrachtung der Luftröhre auch eine direkte Betrachtung der Bronchien ("und") voraus. Da in der Leitlinie neben dem Begriff der Tracheo-Bronchoskopie auch der Begriff der Bronchoskopie für die gleiche Untersuchungsmethode verwendet wird, spricht im Übrigen viel für die Richtigkeit der Auffassung der Beklagten, nach der die Begriffe Bronchoskopie und Tracheo-Bronchoskopie synonym sind. Für die vorliegende Entscheidung kommt es darauf aber nicht an; maßgebend ist, dass die Abrechnung der GOP 09315 EBM-Ä nach dem eindeutigen Wortlaut der Leistungslegende die Durchführung einer "Bronchoskopie" voraussetzt.

Gegen die Richtigkeit der Auffassung des Klägers, nach der Bronchoskopien für HNO-Ärzte fachfremd sind, spricht aus Sicht des Senats auch die Verwendung dieses Begriffs in der S1-Leitlinie Tracheo-Bronchoskopie der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie sowie der Umstand, dass diese Leistung im EBM-Ä (auch) im neunten Kapitel (Hals-Nasen-Ohrenärztliche GOP) aufgeführt ist. Allerdings ist für die Beurteilung, ob Leistungen fachzugehörig oder fachfremd sind, nach stRspr auf die Weiterbildungsinhalte abzustellen, die der Fachgruppe nach der Weiterbildungsordnung zugeordnet werden (BSG Urteil vom 4.5.2016 - B 6 KA 13/15 R - SozR 4-2500 § 135 Nr 25 RdNr 20; BSG Urteil vom 8.9.2004 - B 6 KA 32/03 R - BSGE 93, 170 = SozR 4-2500 § 95 Nr 8, RdNr 6 = Juris RdNr 13). Die Durchführung von Bronchoskopien wird dort jedenfalls nicht ausdrücklich als Gegenstand der Weiterbildung von HNO-Ärzten bezeichnet (vgl Abschnitt B Ziffer 8 <Muster->Weiterbildungsordnung 2003 sowie Abschnitt B Ziffer 9 <Muster->Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung 2003). Im Ergebnis kann der Senat jedoch dahingestellt lassen, ob Bronchoskopien für HNO-Ärzte fachfremd sind: Wenn dies der Fall wäre, dann hätte das entgegen der Auffassung des Klägers nicht zur Folge, dass die Beklagte diese Leistung zu vergüten hätte, obwohl er sie nicht (vollständig) erbracht hat. Vielmehr könnte der Kläger diese Leistung erst recht nicht abrechnen, weil ein Arzt keinen Anspruch auf Vergütung für Leistungen hat, die er berufsrechtlich nicht erbringen darf (stRspr: BSG Urteil vom 18.10.1995 - 6 RKa 52/94 - SozR 3-2500 § 95 Nr 7 S 27 = Juris RdNr 22 f; BSG Urteil vom 8.9.2004 - B 6 KA 32/03 R - BSGE 93, 170 = SozR 4-2500 § 95 Nr 8, RdNr 4 ff = Juris RdNr 11 ff; BSG Urteil vom 22.3.2006 - B 6 KA 75/04 R - Juris RdNr 12; BSG Urteil vom 4.5.2016 - B 6 KA 13/15 R - SozR 4-2500 § 135 Nr 25 RdNr 19 ff).

c) Nach den vom LSG getroffenen tatsächlichen Feststellungen, an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), hat der Kläger "das Endoskop nach eigenen Angaben jeweils nur in die Luftröhre des Patienten eingeführt und von dort aus ohne Einführung des Endoskops in den Bronchialbereich die Bronchien (deren Hauptäste) - als von der Luftröhre ungeachtet des Systemzusammenhangs zu unterscheidendes Organ - in Augenschein genommen". An dieser Feststellung hat sich das LSG auch durch die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 28.3.2017 nicht gehindert gesehen, in dem er seine Vorgehensweise erläutert und Befunddokumentationen als Anlagen beigefügt hatte. Ob der Kläger damit seinen ursprünglichen Vortrag, er habe die Bronchien nur gesehen und das Endoskop nicht in diese eingeführt, relativieren wollte, kann der Senat nicht prüfen. Der Kläger hat das Vorgehen des LSG nicht mit einer auf die Berichtigung der Leistungen nach GOP 09315 EBM-Ä bezogenen Verfahrensrüge angegriffen. Im Übrigen spricht sein Vorbringen im Revisionsverfahren, er dürfe aus berufsrechtlichen Gründen keine vollständige Bronchoskopie erbringen, dafür, dass die Feststellungen des LSG zum Vorgehen des Klägers richtig sind.

d) Im Ergebnis zutreffend ist das LSG schließlich davon ausgegangen, dass diese anhand von Dokumentationen über Behandlungen im Quartal 2/2008 getroffenen Feststellungen zum Leistungsverhalten des Klägers auf die hier allein streitgegenständlichen Folgequartale 3/2008 bis 2/2012 übertragen werden konnten.

Missverständlich ist indes die Formulierung in der Entscheidung des LSG, nach der es eines gesonderten Nachweises für die Folgequartale nicht bedürfe, und entgegen der Auffassung der Beklagten kann die Übertragung der Ergebnisse der für das Quartal 2/2008 durchgeführten Ermittlungen auch nicht ohne Weiteres mit einem der gerichtlichen Kontrolle entzogenen Schätzungsermessen der KÄV begründet werden. Auffälligkeiten iS einer Überschreitung von Tages- oder Quartalsprofilzeiten nach § 8 Abs 3 S 1 AbrPr-RL, die im Einzelfall geeignet sein können, die Unrichtigkeit der Abrechnung zu beweisen (zu einem solchen Indizienbeweis vgl zuletzt BSG Urteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 42/17 R - RdNr 20 mwN, für BSGE und SozR 4 vorgesehen), haben in den Quartalen, auf die sich die sachlich-rechnerische Richtigstellung bezieht, nicht vorgelegen. Die Neufestsetzung des Honorars im Wege einer pauschalierenden Schätzung hat der Senat für zulässig gehalten, wenn die Garantiefunktion der Abrechnungssammelerklärung und damit die Grundlage der Honorarfestsetzung durch zumindest eine grob fahrlässige Falschabrechnung weggefallen ist (BSG Urteil vom 17.9.1997 - 6 RKa 86/95 - SozR 3-5550 § 35 Nr 1 S 5 = Juris RdNr 21 ff). Da die Abrechnungssammelerklärung für jedes Quartal neu abzugeben ist, kann sich auch der Wegfall der Garantiefunktion nur auf das Quartal beziehen, in dem der Arzt grob fahrlässig falsch abgerechnet hat. Dass in dem Quartal, auf das sich die sachlich-rechnerische Richtigstellung bezieht, zumindest eine Leistung grob fahrlässig falsch abgerechnet wurde, muss feststehen und kann nicht das Ergebnis einer "Schätzung" sein. Aber auch wenn dies feststeht, ist die Beklagte bei einer Schätzung des Umfangs einer erforderlichen Richtigstellung nicht völlig frei. Insbesondere darf sich die Schätzung und die darauf aufbauende Richtigstellung nur auf Leistungen beziehen, die zu Unrecht abgerechnet wurden, weil sie nicht oder nicht ordnungsgemäß erbracht wurden, nicht dagegen auf Leistungen, deren Erbringung unwirtschaftlich war. Auf die Frage der Wirtschaftlichkeit kommt es bei der sachlich-rechnerischen Richtigstellung nicht an, weil der KÄV die Zuständigkeit für die Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen fehlt (vgl Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, K § 106 RdNr 53 mwN, Stand der Einzelkommentierung August 2014). Daran ändert auch die Befugnis zur Schätzung nichts.

Anders als die zunächst von der Beklagten verfügte und vom SG aufgehobene Streichung von Leistungen nach GOP 09332 EBM-Ä (Zusatzpauschale Abklärung einer Aphasie, Dysarthrie und/oder Dysphagie) sowie die Streichung von Leistungen nach GOP 09331 EBM-Ä (Zusatzpauschale Untersuchung des Sprechens und der Sprache), auf die sich das im Revisionsverfahren abgegebene Teilanerkenntnis der Beklagten bezieht, beruht die vollständige Streichung der in den Quartalen 3/2008 bis 2/2012 vom Kläger abgerechneten GOP 09315 EBM-Ä (Bronchoskopie) nicht auf einer Schätzung und ist auch nicht (allein) aus Gründen der Unwirtschaftlichkeit erfolgt. Vielmehr liegt der Streichung der Umstand zugrunde, dass es sich bei den Leistungen, die der Kläger nach eigenen Angaben erbracht und abgerechnet hat, aus den og Gründen nicht um Bronchoskopien iS der Leistungslegende dieser GOP gehandelt hat. Diesen Gesichtspunkt hat auch das LSG mit dem Hinweis auf das grundsätzliche Fehlverständnis des Klägers vom Inhalt der Leistungslegende der GOP 09315 EBM-Ä angesprochen. Er liegt im Übrigen auch dem im Revisionsverfahren bekräftigten Vorbringen des Klägers zugrunde, dass er eine Untersuchung, die die Einführung des Endoskops in die Bronchien beinhalte, überhaupt nicht durchführen dürfe, weil sie für ihn fachfremd sei.

Auf die Frage, ob das grundsätzliche Fehlverständnis vom Inhalt der Leistungslegende auf grober Fahrlässigkeit beruht, kommt es nicht an. Die Rechtmäßigkeit sachlich-rechnerischer Berichtigungen setzt kein Verschulden des Vertragsarztes voraus (BSG Urteil vom 22.3.2006 - B 6 KA 76/04 R - BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 28-29; BSG Beschluss vom 31.8.2018 - B 6 KA 26/18 B - Juris RdNr 12). Vielmehr ist es ausreichend, dass der Arzt die Leistung nicht im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften erbracht und abgerechnet hat (vgl BSG Urteil vom 13.5.2015 - B 6 KA 27/14 R - SozR 4-5540 § 25 Nr 1 RdNr 18 mwN). Der danach entscheidungserhebliche Sachverhalt ist aufgrund der Angabe des Klägers, dass er das Endoskop jeweils nur in die Luftröhre und nicht in die Bronchien seiner Patienten eingeführt habe, geklärt. Weitergehender Ermittlungen von Amts wegen bedurfte es unter diesen Umständen nicht.

3. Der Honorarrückforderung der Beklagten steht für die streitbefangenen Quartale auch nicht der Ablauf der Ausschlussfrist entgegen. Die Ausschlussfrist beträgt vier Jahre (vgl dazu BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 35/12 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 10 RdNr 13). Daran hat sich durch die Einfügung eines neuen § 106d Abs 5 S 3 SGB V mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vom 6.5.2019 (BGBl I 646) nichts geändert. Die am 11.5.2019 und damit noch vor Abschluss des Revisionsverfahrens in Kraft getretene Neuregelung bestimmt, dass die Maßnahmen, die aus den Prüfungen nach § 106d Abs 2 bis 4 SGB V folgen, innerhalb von zwei Jahren "ab Erlass" des Honorarbescheides festgesetzt werden müssen. Diese Verkürzung der Ausschlussfrist greift hier indes nicht ein. Nach der zu Wirtschaftlichkeitsprüfungen ergangenen Rechtsprechung des Senats sind für Prüfzeiträume, die vor dem Inkrafttreten von Gesetzesneufassungen abgeschlossen waren, die zum früheren Zeitpunkt geltenden Rechtsvorschriften maßgeblich. Etwas anderes kommt lediglich in Betracht, wenn der Normgeber ohne Erlass von Übergangsbestimmungen Vorschriften ändert, die die Ausgestaltung des Prüfverfahrens betreffen (BSG Urteil vom 28.4.2004 - B 6 KA 8/03 R - BSGE 92, 283 = SozR 4-2500 § 106 Nr 5, RdNr 9; BSG Urteil vom 9.4.2008 - B 6 KA 34/07 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 18 RdNr 15; BSG Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 8/14 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 49 RdNr 32). Bereits im Zusammenhang mit der Verkürzung der Ausschlussfrist für die Richtgrößenprüfung von vier auf zwei Jahre durch das GKV-WSG vom 26.3.2007 (BGBl I 378) hat der Senat entschieden, dass es sich dabei nicht um eine Verfahrensvorschrift in diesem Sinne handelt (BSG Urteil vom 28.10.2015 - B 6 KA 45/14 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 53 RdNr 23), und betont, dass eine Erstreckung auf bereits erlassene Bescheide jedenfalls eine ausdrückliche gesetzliche Regelung voraussetzen würde. Das gilt in Bezug auf die Verkürzung der Ausschlussfrist für sachlich-rechnerische Richtigstellungen in gleicher Weise (im Ergebnis ebenso: Clemens in juris-PK SGB V, 3. Aufl 2016, Aktualisierung vom 16.5.2019, § 106d RdNr 72.3). Eine Übergangsbestimmung, die die rückwirkende Geltung anordnet, enthält das TSVG nicht; im Gegenteil wird in der Begründung des Ausschusses für Gesundheit (BT-Drucks 19/8351 S 196 - zu Nr 59) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Verkürzung der Ausschlussfrist allein für Honorarbescheide gelte, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erlassen werden. Damit bleibt für das vorliegende Verfahren die Ausschlussfrist von vier Jahren maßgebend. Diese war zum Zeitpunkt des Erlasses (dh der Bekanntgabe gemäß §§ 37, 39 Abs 1 SGB X - vgl BSG Urteil vom 25.1.1994 - 7 RAr 14/93 - BSGE 74, 20, 23 = SozR 3-1300 § 48 Nr 32 S 59) des angefochtenen Richtigstellungsbescheids vom 12.12.2012 noch nicht abgelaufen. Der erste hier von der Richtigstellung erfasste Bescheid ist der Honorarbescheid für das Quartal 3/2008, der nach den übereinstimmenden Angaben der beiden Hauptbeteiligten unter dem Datum des 15.1.2009 ergangen und dem Kläger jedenfalls erst nach diesem Datum bekannt gegeben worden ist.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen, weil das von ihm eingelegte Rechtsmittel im Wesentlichen ohne Erfolg geblieben ist (§ 154 Abs 2 VwGO). Zwar hat die Beklagte dem Begehren des Klägers im Revisionsverfahren insoweit entsprochen, als sie die angefochtenen Bescheide bezogen auf die sachlich-rechnerische Richtigstellung der GOP 09331 EBM-Ä aufgehoben hat. Da sich dieses Anerkenntnis der Beklagten jedoch auf einen geringen Teil des Streitgegenstands des Revisionsverfahrens (hier: weniger als 1 %) bezog, hat der Senat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Kosten dem Kläger ganz aufzuerlegen (vgl § 155 Abs 1 S 3 VwGO). Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil sie keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO).

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