Bundessozialgericht

Bundessozialgericht Urteil vom 30.07.2019, B 1 KR 31/18 R

Krankenversicherung - Krankenhaus - Vergütungsstreitigkeit - Normvertrag - Aufrechnung - genaue Benennung des Leistungs- und Erstattungsanspruchs - Anwendung der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Tilgungsgrundsätze auf die individualisierten Aktiv- und Passivforderungen

Leitsätze

1. Fordert ein Normenvertrag für die Aufrechnung, den Leistungsanspruch und den Erstattungsanspruch genau zu benennen, genügen hierfür spezifische Angaben, die Höhe und Identität der betroffenen Forderungen klären.

2. Das Gebot in einem Normenvertrag, für die Aufrechnung den Leistungsanspruch und den Erstattungsanspruch genau zu benennen, lässt es zu, die allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Tilgungsgrundsätze auf die individualisierten Aktiv- und Passivforderungen anzuwenden.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. April 2018 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 830,23 Euro festgesetzt.

Tatbestand

e Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.

Das nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhaus der Klägerin behandelte den bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten F B (im Folgenden: Versicherter) vollstationär (13. bis 24.5.2016) und berechnete 2629,59 Euro ausgehend von der Fallpauschale (Diagnosis Related Group 2016 <DRG>) F73Z (Synkope und Kollaps; obere Grenzverweildauer - OGVD - acht Tage). Die Beklagte bezahlte den Betrag, beauftragte aber zugleich den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Prüfung, ob die Überschreitung der OGVD medizinisch notwendig gewesen sei. Der MDK meinte, die Entlassung des Versicherten wäre bereits am 19.5.2016 möglich gewesen. Die Beklagte forderte vergeblich 830,23 Euro zurück (Schreiben vom 3.8.2016), teilte schließlich mit, sie werde die Forderung aufrechnen und verwies auf das übermittelte Avis (Schreiben vom 7.9.2016). Im Rahmen der Abrechnung fasste die Beklagte unter einer Sammelnummer (SAMU:0001437299) von der Klägerin in Rechnung gestellte Beträge sowie von ihr geforderte Erstattungsbeträge von über 60 Behandlungsfällen jeweils unter Angabe des Entlassdatums, der Fall- und Rechnungsnummer zusammen (Zahlungsmitteilung vom 9.9.2016; Zahlbetrag 79 307,88 Euro). Die Sammelüberweisung weist bezogen auf die für die Behandlung des Versicherten in Rechnung gestellte Krankenhausvergütung einen Minusbetrag von 2629,59 Euro und einen positiven Betrag von 1799,36 Euro aus. Das SG hat die Beklagte zur Zahlung von 830,23 Euro nebst Zinsen verurteilt (Urteil vom 22.8.2017). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Der aus der Behandlung anderer Versicherter entstandene Vergütungsanspruch der Klägerin sei nicht durch Aufrechnung erloschen. Die Aufrechnungserklärung genüge nicht den Anforderungen gemäß § 9 S 2 der zwischen dem GKV-Spitzenverband und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) geschlossenen Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs 1c SGB V (Prüfverfahrensvereinbarung - PrüfvV). Die Beklagte habe den Leistungsanspruch der Klägerin, gegen den sie mit ihrem - möglichen - Erstattungsanspruch aufgerechnet habe, nicht genau benannt. Aus der Gegenüberstellung von Forderungen und Gegenforderungen im Zahlungsavis vom 9.9.2016 sei nicht ansatzweise erkennbar, gegen welche Leistungsansprüche aufgerechnet werde. Eine Bestimmung der von der Aufrechnung erfassten Leistungsansprüche nach § 366 BGB sei durch die spezielle Regelung des § 9 S 2 PrüfvV ausgeschlossen (Urteil vom 26.4.2018).

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm §§ 133, 157, 366, 389, 396 BGB, von § 112 SGB V, § 17c Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) sowie von §§ 9 und 11 PrüfvV und den Verstoß gegen bundesrechtliche Auslegungsgrundsätze. Sie habe die Aufrechnung in dem verwendeten Zahlungsavis hinreichend bestimmt erklärt.

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. April 2018 und des Sozialgerichts Aachen vom 22. August 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. April 2018 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der beklagten KK ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Das angefochtene LSG-Urteil ist aufzuheben, weil es auf der Verletzung materiellen Rechts beruht und sich nicht aus anderen Gründen als richtig erweist. Die Leistungsklage der klagenden Krankenhausträgerin ist zulässig (dazu 1.). Der Klägerin steht auch der Vergütungsanspruch aus der Behandlung anderer Versicherter zu (dazu 2.). Der Senat kann jedoch wegen fehlender Feststellungen des LSG nicht in der Sache selbst abschließend über den Erfolg der Berufung der Beklagten gegen das der Klägerin 830,23 Euro nebst Zinsen zusprechende Urteil des SG entscheiden. Hatte die Beklagte einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 830,23 Euro, erfüllte sie den Vergütungsanspruch der Klägerin durch wirksame Aufrechnung (§ 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm §§ 387, 389 BGB) mit diesem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch (dazu 3.). Die Klägerin hat dann auch keinen Zinsanspruch. Es steht nicht fest, dass die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung bestand. Es fehlen hinreichende Feststellungen dazu, dass die Erkrankung des Versicherten eine Krankenhausbehandlung über den 19.5.2016 hinaus nicht erforderte (dazu 4.).

1. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage ist im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässig (stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12). Dem Vorbringen der Klägerin lässt sich insbesondere der Streitgegenstand ihrer Klage hinreichend bestimmt entnehmen (zum maßgeblichen zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff vgl BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 32). Es genügt, dass die Klägerin die bezifferte Restzahlung auf eine Sammelrechnung mit klaren Einzelpositionen geltend macht, deren Erfüllung durch Aufrechnung in der Anrechnungsreihenfolge des § 366 Abs 2 BGB sie bestreitet (vgl implizit BSG SozR 4-5562 § 11 Nr 2 RdNr 7; BSG SozR 4-7610 § 366 Nr 1 RdNr 8; ausdrücklich zu § 253 ZPO zB BGHZ 218, 139, RdNr 29 ff).

2. Es ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass die Klägerin aufgrund stationärer Behandlungen anderer Versicherter der Beklagten zunächst Anspruch auf die abgerechnete Vergütung weiterer 830,23 Euro hatte; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15; BSG SozR 4-5562 § 9 Nr 4 RdNr 8).

3. Der Klägerin steht kein Vergütungsanspruch nebst Zinsen zu, wenn die Beklagte einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch (vgl dazu allgemein BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 9 ff mwN) in Höhe von 830,23 Euro als Gegenforderung hatte. Die Beklagte rechnete dann mit dieser Gegenforderung gegen die Hauptforderung wirksam auf (zur Aufrechnung BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15). Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann (§ 387 BGB). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch erfüllten die Voraussetzungen der Gegenseitigkeit und der Gleichartigkeit. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch der Beklagten war - seine Existenz unterstellt - fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar (vgl zu Letzterem bereits 2.). Die Beklagte erklärte die Aufrechnung auch wirksam. § 9 S 2 PrüfvV steht einer ergänzenden Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften zur Tilgungsreihenfolge (§ 396 Abs 1 S 2 iVm § 366 Abs 2 BGB) nicht entgegen (dazu a). Die Aufrechnung ist auch im Übrigen nicht durch ein gesetzliches oder vertraglich vereinbartes Verbot ganz oder teilweise ausgeschlossen (dazu b).

a) Die Beklagte erklärte die Aufrechnung unter Berücksichtigung der Anforderungen der Normen der PrüfvV wirksam. Die Normen der PrüfvV zur Regelung der Anforderungen an die Aufrechnung stützen sich auf eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage. Sie sind zeitlich und sachlich anwendbar (dazu aa). Die Beklagte erklärte die Aufrechnung entsprechend den allgemeinen Grundsätzen (dazu bb). Sie benannte ihre Erstattungsforderung fristgerecht (dazu cc). Sie benannte die Leistungsforderungen und Erstattungsforderung ebenfalls genau in dem Sinne, dass sie die in Betracht kommenden Passivforderungen (Hauptforderungen) individualisierte (dazu dd). Dies genügt den Anforderungen des § 9 S 2 PrüfvV. Die Vertragsnorm lässt es zu, dass sich die tatsächlich durch Aufrechnung erfüllte(n) Forderung(en) nach den bürgerlich-rechtlichen Tilgungsgrundsätzen (§ 396 Abs 1 S 2 iVm § 366 Abs 2 BGB) bestimmen lassen (dazu ee).

aa) Die Normen der PrüfvV zur Regelung der Anforderungen an die Aufrechnung stützen sich auf eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage und sind zeitlich und sachlich anwendbar.

Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die DKG haben die PrüfvV entsprechend dem Gesetzesbefehl geregelt (vgl § 17c Abs 2 S 1 KHG idF durch Art 5c Nr 2 Buchst c Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15.7.2013, BGBl I 2423 mWv 1.8.2013). Sie waren zur Regelung von Anforderungen an Aufrechnungen berechtigt. Denn sie haben ua hierbei Regelungen über die Abwicklung von Rückforderungen zu treffen (§ 17c Abs 2 S 2 KHG idF durch Art 5c Nr 2 Buchst c Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15.7.2013, BGBl I 2423 mWv 1.8.2013). Sie sollten in der PrüfvV klären, wie Rückforderungen abgewickelt werden und ob und inwieweit eine Aufrechnung mit offenen Forderungen zulässig ist (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der BReg eines Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung, BT-Drucks 17/13947 S 38).

Die PrüfvV ist zeitlich auf die im Jahr 2016 durchgeführte Krankenhausbehandlung des Versicherten anwendbar, für die die Beklagte einen Erstattungsanspruch geltend macht. Die mit Wirkung zum 1.9.2014 auf Grund der Ermächtigung des § 17c Abs 2 KHG in Kraft getretene und mittlerweile gekündigte PrüfvV erfasst Überprüfungen bei Patienten, die ab dem 1.1.2015 in ein Krankenhaus aufgenommen wurden (§ 12 Abs 1 S 1 PrüfvV; für Krankenhausaufnahmen ab dem 1.1.2017 gilt die zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretene PrüfvV vom 3.2.2016).

Auch der sachliche Anwendungsbereich der PrüfvV ist eröffnet. § 17c Abs 2 S 1 KHG ermächtigt die Vertragsparteien dazu, das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs 1c SGB V zu regeln. Welche Prüfgegenstände eine PrüfvV haben kann, wird durch § 275 Abs 1c SGB V vorgegeben (vgl BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 8 RdNr 30). Der Anwendungsbereich der PrüfvV ist jedenfalls dann eröffnet, wenn die Prüfung erfolgt, um allein die Wirtschaftlichkeit der Krankenhausbehandlung (§ 12 Abs 1 SGB V) zu überprüfen, etwa die medizinische Notwendigkeit der Dauer der stationären Behandlung (Auffälligkeitsprüfung). So liegt es hier. Die Beklagte beauftragte den MDK allein mit der Frage, ob die Überschreitung der OGVD im Falle des Versicherten in vollem Umfang medizinisch begründet sei (zur Auslegung des Prüfauftrags vgl BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 15 RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 29 RdNr 19; BSGE 122, 87 = SozR 4-2500 § 301 Nr 7, RdNr 37-38; BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 8 RdNr 39-40). Betroffen ist keine Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung (vgl BSGE 122, 87 = SozR 4-2500 § 301 Nr 7, RdNr 9 ff; BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 8 RdNr 9 ff; BVerfG Beschluss vom 26.11.2018 - 1 BvR 318/17, 1 BvR 1474/17, 1 BvR 2207/17 - Juris RdNr 28 ff = NJW 2019, 351, 352 f). Es kann offenbleiben, ob die Anfügung des S 4 an § 275 Abs 1c SGB V durch Art 6 Nr 21a Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz - KHSG) vom 10.12.2015 (BGBl I 2229) mit Wirkung vom 1.1.2016 (vgl Art 6 Nr 21a, Art 9 Abs 1 KHSG) den Anwendungsbereich der bereits auf der Grundlage von § 275 Abs 1c SGB V aF erlassenen PrüfvV ab Januar 2016 teilweise auch auf sachlich-rechnerische Prüfungen erweitert hat (zur fehlenden Rückwirkung von Art 6 Nr 21a KHSG vgl BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 8 RdNr 31 f; vgl auch BVerfG Beschluss vom 26.11.2018 - 1 BvR 318/17, 1 BvR 1474/17, 1 BvR 2207/17 - Juris RdNr 54 f = NJW 2019, 351, 355).

bb) Die Beklagte erklärte die Aufrechnung unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze des bürgerlichen Rechts. Die Aufrechnung als empfangsbedürftige einseitige Willenserklärung erfolgt nach § 388 S 1 BGB durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. Sie setzt voraus, dass sowohl die Hauptforderung (Passivforderung) als auch die Gegenforderung (Aktivforderung) - wenn auch im Wege der Auslegung (§ 133 BGB) - hinreichend konkret bezeichnet werden (vgl BSG SozR 4-5562 § 11 Nr 2 RdNr 29 mwN; BSG SozR 4-7610 § 366 Nr 1 RdNr 12; Schlüter in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl 2019, § 388 RdNr 1). Die Erklärung braucht nicht ausdrücklich abgegeben zu werden, es genügt die klare Erkennbarkeit des Aufrechnungswillens (vgl BVerfG NJW-RR 1993, 764, 765; BGHZ 26, 241, 244; BGHZ 37, 233; BFHE 139, 487; Grüneberg in Palandt, BGB, 78. Aufl 2019, § 388 RdNr 1; Schlüter in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl 2019, § 388 RdNr 1), selbst wenn der wirkliche Wille nur unvollkommen oder andeutungsweise aus der Erklärung erkennbar wird (vgl BSG Urteil vom 26.1.1983 - 1 RA 11/82 - Juris RdNr 15 mwN = SozR 1300 § 31 Nr 3, dort nicht abgedruckt). Dabei ist auf den für die Auslegung von Willenserklärungen maßgebenden objektiven Empfängerhorizont abzustellen (vgl nur BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 15 RdNr 11; BGH Urteil vom 20.11.2012 - X ZR 108/10 - Juris RdNr 9; BGH Beschluss vom 20.10.2005 - IX ZR 246/03 - Juris RdNr 3). Für den Fall nicht eindeutiger Erklärungen des Aufrechnenden schafft die Verweisung des § 396 Abs 1 S 2 BGB auf § 366 BGB eine Erleichterung, die die Wirksamkeit der Aufrechnungserklärung sichert (vgl BSG SozR 4-7610 § 366 Nr 1 RdNr 12; BSG SozR 4-5562 § 11 Nr 2 RdNr 29; vgl zu Letzterem im Einzelnen unten II. 3. a) ee).

Die Beklagte machte nach diesen Grundsätzen ihren Aufrechnungswillen hinreichend deutlich. Zwar erklärte sie mit Schreiben vom 7.9.2016 zunächst nur, sie werde die Erstattungsforderung aufrechnen. Zugleich verwies sie jedoch auf das "von unserem Finanzbereich übermittelte Avis". In dem Schreiben vom 7.9.2016 in Verbindung mit der Zahlungsmitteilung vom 9.9.2016, welche unter Angabe des Entlassdatums, der Fall- und Rechnungsnummer die für den Behandlungsfall gezahlte Vergütung in Höhe von 2629,59 Euro als Negativposten und die nach Auffassung der Beklagte zustehende Vergütung in Höhe von 1799,36 Euro als positiven Betrag ausweist, kommt der Aufrechnungswille der Beklagten nach dem objektiven Empfängerhorizont hinreichend deutlich zum Ausdruck (vgl BSG SozR 4-7610 § 366 Nr 1 RdNr 13; BSG SozR 4-5562 § 11 Nr 2 RdNr 30, 32). Dementsprechend ging auch die Klägerin von einer Aufrechnungserklärung aus und wandte hiergegen zunächst lediglich ein, die Verweildauer des Versicherten sei nicht durch die Ablauforganisation, sondern durch sein Krankheitsbild bedingt gewesen.

cc) Die Beklagte benannte ihre Erstattungsforderung fristgerecht. § 9 S 1 PrüfvV bestimmt, dass die KKn einen nach Beendigung des Vorverfahrens einvernehmlich als bestehend festgestellten oder nach § 8 PrüfvV fristgerecht mitgeteilten Erstattungsanspruch mit einem unstreitigen Leistungsanspruch des Krankenhauses aufrechnen können. Die Voraussetzungen des § 9 S 1 PrüfvV sind erfüllt. Die Beklagte teilte nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) den Erstattungsanspruch innerhalb der Neun-Monats-Frist nach Übermittlung der Prüfanzeige mit (vgl § 8 S 3 PrüfvV).

dd) Die Beklagte benannte die Forderungen genau. Der Leistungsanspruch und der Erstattungsanspruch sind genau zu benennen (vgl § 9 S 2 PrüfvV). Die genaue Benennung fordert spezifische Angaben, die Höhe und Identität der betroffenen Forderungen klären, sodass sie als einzelne Forderungen individuell bezeichnet sind. Ungenaue Angaben, anhand deren die betroffenen Forderungen noch bestimmbar sind, zB "die gesamten Forderungen des x-Krankenhauses gegen die y-KK des letzten Quartals", genügen dem nicht. Die Beklagte benannte den von ihr geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 830,23 Euro betreffend die Behandlung des Versicherten unter Berücksichtigung des Schreibens vom 7.9.2016 sowie der Zahlungsmitteilung vom 9.9.2016 diesen Anforderungen gemäß. Sie bezifferte eindeutig den Differenzbetrag von 830,23 Euro, der mit unstreitigen Forderungen der Klägerin aufgerechnet werden soll, durch die Einstellung der alten und der als korrekt erachteten Vergütung als Negativ- und Positivposten im Zahlungsavis. Unter Einbeziehung der Angaben im Schreiben vom 7.9.2016 bleibt kein Zweifel an der Höhe und Identität der zur Aufrechnung gestellten Erstattungsforderung (vgl BSG SozR 4-7610 § 366 Nr 1 RdNr 13 - dort auch zur Geschäftsüblichkeit derartiger "Sammelabrechnungen"). Dies entspricht den Feststellungen des LSG und ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.

Die Beklagte benannte auch die Forderungen der Klägerin als den "Leistungsanspruch" genau, gegen welchen die Beklagte aufrechnete. Der Zahlungsavis vom 9.9.2016 bezeichnet sämtliche Vergütungsansprüche der Klägerin jeweils individuell mit Entlassdatum, Fall- und Rechnungsnummer sowie dem konkreten Zahlbetrag. Auch dies entspricht den Feststellungen des LSG und ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

ee) § 9 S 2 PrüfvV lässt es für die Wirksamkeit der Aufrechnung zu, dass der Aufrechnende die in Betracht kommenden Aktiv- und Passivforderungen (Hauptforderungen) nach Höhe und Identität individualisiert und sich die tatsächlich durch Aufrechnung erfüllte(n) Forderung(en) nach den bürgerlich-rechtlichen Tilgungsgrundsätzen (§ 396 Abs 1 S 2 iVm § 366 Abs 2 BGB) bestimmen. Danach wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede Schuld verhältnismäßig getilgt. Diese Tilgungsreihenfolge findet auch dann Anwendung, wenn - wie hier - sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner mehrere Forderungen geltend machen (vgl BSG SozR 4-7610 § 366 Nr 1 RdNr 14; BSG SozR 4-5562 § 11 Nr 2 RdNr 34, jeweils mwN und zB BGH Urteil vom 24.3.2004 - VIII ZR 44/03 - NJW 2004, 2230, 2232). Hierzu ist sowohl auf Seiten der Klägerin als auch auf Seiten der Beklagten die Rangfolge der jeweiligen Forderungen entsprechend der Regelung des § 366 Abs 2 BGB zu bestimmen und sodann in einem zweiten Schritt die Tilgungsreihenfolge festzulegen (vgl BSG SozR 4-7610 § 366 Nr 1 RdNr 14; BSG SozR 4-5562 § 11 Nr 2 RdNr 34). Die Anwendbarkeit dieser Regelungen folgt aus Wortlaut, dem interessengerechten Regelungssystem und dem Regelungszweck von § 9 S 2 PrüfvV.

Nach seinem Wortlaut verlangt § 9 S 2 PrüfvV lediglich, den Leistungsanspruch, mit dem aufgerechnet werden soll, und den Erstattungsanspruch "genau zu benennen", also nach Art und Höhe zu individualisieren (vgl vorstehend dd). Die Vertragspartner benutzen dagegen gerade nicht die Terminologie des § 396 Abs 1 BGB, die KK solle die Forderungen, die gegeneinander aufgerechnet werden sollen, - und damit die Tilgungsreihenfolge - selbst genau "bestimmen". Dabei hatten die Vertragspartner unzweifelhaft die übliche Praxis der Zahlungen zwischen KKn und Krankenhäusern durch Sammelüberweisungen vor Augen, bei denen die einzelnen Posten mit Entlassdatum, Fall- und Rechnungsnummer bezeichnet werden. Ebenso waren ihnen die bürgerlich-rechtlichen Aufrechnungsvorschriften geläufig, die § 69 Abs 1 S 3 SGB V in Bezug nimmt. Sie wollten schon nach ihrer Wortwahl nicht die Anwendung der §§ 396 Abs 1 S 2, 366 Abs 2 BGB ausschließen und damit den KKn die Verpflichtung, aber auch das Recht einräumen, die Passivforderungen (Hauptforderungen), gegen die aufgerechnet werden soll, einseitig und endgültig zu bestimmen. Bei einer Mehrheit von Forderungen kann nämlich der aufrechnende Teil gemäß § 396 Abs 1 S 1 BGB die Forderungen "bestimmen", die gegeneinander aufgerechnet werden sollen, wenn der eine oder der andere Teil mehrere zur Aufrechnung geeignete Forderungen hat. Wird die Aufrechnung ohne eine solche Bestimmung erklärt oder widerspricht der andere Teil unverzüglich, findet § 366 Abs 2 BGB entsprechende Anwendung (§ 396 Abs 1 S 2 BGB).

Ein Recht (und eine Verpflichtung) der KKn zur Ausübung des Bestimmungsrechts nach § 396 Abs 1 S 1 BGB, ohne dass das betroffene Krankenhaus der Bestimmung widersprechen und damit die gesetzliche Tilgungsreihenfolge entsprechend § 366 Abs 2 BGB auslösen könnte, stünde auch nicht im Einklang mit der Interessenlage der Vertragspartner. Das Widerspruchsrecht des Gläubigers in § 396 Abs 1 S 2 BGB wurde aus Billigkeitsgründen eingefügt. Es erklärt sich aus dem Umstand, dass der Aufrechnungsgegner (Gläubiger) bei schnellerem Handeln dem aufrechnenden Schuldner hätte zuvorkommen und dann die zu verrechnenden Forderungen - vorbehaltlich der Korrektur durch § 396 Abs 1 S 2 BGB - selbst hätte bestimmen können (vgl BGHZ 179, 1 = Juris RdNr 15; Schlüter in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl 2019, § 396 RdNr 3; v Olshausen in FS Picker, 2010, 629, 630 ff). An die Stelle der einseitigen Bestimmung durch den Aufrechnenden tritt bei Widerspruch des Aufrechnungsgegners die um Interessenausgleich bemühte gesetzliche Tilgungsreihenfolge (vgl hierzu Grüneberg in Palandt, BGB, 78. Aufl 2019, § 366 RdNr 10; v Olshausen in FS Picker, 2010, 629, 633 ff).

Auch der Regelungszweck spricht dafür, dass § 9 S 2 PrüfvV keinen Ausschluss der gesetzlichen Tilgungsreihenfolge vornehmen will. Die PrüfvV soll ein effizientes, konsensorientiertes Verfahren der Prüfungen nach § 275 Abs 1c SGB V näher regeln. Die KKn, der MDK und die Krankenhäuser führen dementsprechend das Prüfverfahren in konstruktiver Zusammenarbeit durch (§ 1 S 1 und 2 PrüfvV; vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Entwurf der BReg eines Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung, BT-Drucks 17/13947 S 38). Dem widerspräche ein einseitiges und endgültiges Bestimmungsrecht der KKn hinsichtlich der aufzurechnenden Forderungen. Für mehr Effizienz sehen die Vertragsparteien auch vor, dass die KKn die einvernehmlich als bestehend festgestellten oder nach Prüfung durch den MDK rechtzeitig mitgeteilten Erstattungsforderungen (vgl § 9 S 1 PrüfvV) per Aufrechnung und damit unter erleichterten Voraussetzungen vollstrecken können (zu diesem Aspekt der Aufrechnung als "außergerichtlicher Selbsthilfezugriff" vgl Gursky in Staudinger Bd 2, §§ 362 - 396, 2016, Vorbemerkungen zu §§ 387 ff RdNr 6 mwN). Die KKn, die regelmäßig für die Krankenhausvergütung im Rahmen des kompensatorischen Beschleunigungsgebots (vgl grundlegend hierzu BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 27) leisten, sollen nicht gezwungen sein, unstreitige oder geprüfte Forderungen im Klagewege durchzusetzen (vgl auch Umsetzungshinweise der DKG zur Anwendung der PrüfvV, KH 2014, 938, 954 zu § 9 PrüfvV). Der Rückgriff auf die gesetzliche Regelung verweist auf die einem Interessenausgleich dienende Tilgungsreihenfolge nach dem vermuteten, vernünftigen Beteiligtenwillen (vgl BSG SozR 4-7610 § 366 Nr 1 RdNr 14; BSG SozR 4-5562 § 11 Nr 2 RdNr 34; Grüneberg in Palandt, BGB, 78. Aufl 2019, § 366 RdNr 10; Gursky in Staudinger, Bd 2, §§ 362 - 396, 2016, § 396 RdNr 11 ff).

b) Der Aufrechnung der Beklagten steht im Übrigen weder ein Aufrechnungsverbot aus Gesetz noch aus Vertrag entgegen. Ein gesetzliches Aufrechnungsverbot existierte zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung im Jahr 2016 nicht (vgl aber Art 1 Nr 6 des Entwurfs der BReg eines Gesetzes für bessere und unabhängigere Prüfungen - MDK-Reformgesetz - vom 17.7.2019 zur Einfügung eines Abs 6 in § 109 SGB V - abrufbar unter https://www. bundesgesundheitsministerium.de/service/gesetze-und-verordnungen.html unter: Aktuelle Vorhaben, Gesetze und Verordnungen). Auch ist die Liquidität der Gegenforderung allgemein nicht Voraussetzung für die Aufrechnung (vgl BSG SozR 4-5562 § 11 Nr 2 RdNr 12 mwN).

Sollte § 15 Abs 4 S 2 des nordrhein-westfälischen Landesvertrags nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V (im Folgenden: Landesvertrag NRW) ein Aufrechnungsverbot enthalten, wäre es nichtig. Der erkennende Senat muss nicht entscheiden, ob § 15 Abs 4 S 2 Landesvertrag NRW ein Aufrechnungsverbot enthält. Die Norm sieht vor, dass bei Beanstandungen rechnerischer Art sowie nach Rücknahme der Kostenzusage und falls eine Abrechnung auf vom Krankenhaus zu vertretenden unzutreffenden Angaben beruht, überzahlte Beträge verrechnet werden können. Das LSG vertritt in stRspr die Auffassung, § 15 Abs 4 S 2 Landesvertrag NRW enthalte für die dort nicht ausdrücklich genannten Fälle ein konkludentes Aufrechnungsverbot (vgl etwa LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 3.6.2003 - L 5 KR 205/02 - GesR 2003, 293 = Juris RdNr 18 ff; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 1.9.2011 - L 16 KR 212/08 - KHE 2011/210). Der erkennende Senat lässt die Frage offen, ob dies revisionsrechtlich zu beanstanden ist (zur revisionsrechtlichen Überprüfung von Landesverträgen vgl BSG SozR 4-2500 § 112 Nr 6 RdNr 16 mwN; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 14; zu den Anforderungen allgemein vgl BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 19; BSGE 119, 141 = SozR 4-2500 § 108 Nr 4, RdNr 17 f; BSGE 126, 87 = SozR 4-2500 § 108 Nr 5, RdNr 14 ff mwN, BSG Urteil vom 9.4.2019 - B 1 KR 2/18 R - Juris RdNr 14 ff, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG Urteil vom 9.4.2019 - B 1 KR 17/18 R - Juris RdNr 16 ff). Soweit ein landesrechtlich vereinbartes Aufrechnungsverbot besteht, ist es im Anwendungsbereich der PrüfvV wegen der Regelung des § 9 PrüfvV nichtig. § 9 PrüfvV schließt im Anwendungsbereich der PrüfvV nach Rang, dem Regelungssystem und -zweck Aufrechnungsverbote aus, die in Landesverträgen nach § 112 SGB V vereinbart sind.

Landesverträge nach § 112 Abs 1 SGB V sollen sicherstellen, dass Art und Umfang der Krankenhausbehandlung den Anforderungen des SGB V entsprechen (§ 112 Abs 1 SGB V; vgl BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 31; BSGE 112, 156 = SozR 4-2500 § 114 Nr 1, RdNr 32; BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 10 RdNr 18). Die Verträge dürfen die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung ausschließlich innerhalb dieser bundesgesetzlichen Grenzen regeln (vgl § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 Buchst a und b SGB V; BSGE 123, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 61, RdNr 25 zur Fallpauschalvereinbarung - FPV; Umsetzungshinweise der DKG zur Anwendung der PrüfvV, KH 2014, 938, 954 zu § 9 PrüfvV). Nur soweit diese Vertragskompetenz reicht, besteht ein Gestaltungsspielraum der Vertragspartner (zur Möglichkeit der Verletzung durch untergesetzliche Normen vgl BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 26 mwN). Verstöße gegen bundesgesetzliche Vorgaben bewirken die Unwirksamkeit der Verträge (vgl BSGE 126, 79 = SozR 4-2500 § 39 Nr 30 RdNr 28). Zu diesen bundesrechtlichen Anforderungen gehört auch die nach § 69 Abs 1 S 2 SGB V mit dem dortigen Verweis auf das KHG in das SGB V einbezogene, auf Bundesebene abgeschlossene PrüfvV. Die PrüfvV begründet bundeseinheitliche Konkretisierungen zu notwendigen Regelungsinhalten (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der BReg eines Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung, BT-Drucks 17/13947 S 38). Die Landesverträge dürfen keine Regelungen treffen, die dazu in Widerspruch stehen, auch nicht hinsichtlich der Abrechnung der Entgelte (vgl BSGE 123, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 61, RdNr 25 zur FPV; ebenso Umsetzungshinweise der DKG zur Anwendung der PrüfvV, KH 2014, 938, 954 zu § 9 PrüfvV). Dies betrifft auch Regelungen von Aufrechnungsmodalitäten in Landesverträgen, wenn sie den Regelungen der PrüfvV widersprechen. Die Regelung der PrüfvV auf Bundesebene würde konterkariert, könnten die Vertragsparteien auf Landesebene aufgrund der Ermächtigung in § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V im Anwendungsbereich der PrüfvV abweichende Regelungen, insbesondere Aufrechnungsverbote, treffen.

4. Ob die Voraussetzungen des Gegenanspruchs aus öffentlich-rechtlicher Erstattung in Höhe von 830,23 Euro erfüllt waren, kann der Senat nicht abschließend beurteilen. Die Beklagte zahlte der Klägerin 830,23 Euro Krankenhausvergütung für die Behandlung des Versicherten im Zeitraum vom 13. bis 24.5.2016 ohne Rechtsgrund, wenn die Klägerin für die zugunsten des Versicherten erbrachten Leistungen einen jedenfalls in diesem Umfang überhöhten Betrag berechnete. In dieser Höhe stand der Beklagten dann ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu (vgl zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung zB BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 9 ff mwN, stRspr).

Die von der Klägerin geltend gemachte Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Operationen und Prozeduren sind für die Zuordnung eines Behandlungsfalls zu einer DRG bedeutsam, soweit ihnen die Vertragsbeteiligten im durch die höherrangigen Normen vorgegebenen Rechtsrahmen Abrechnungsrelevanz beimessen dürfen und mittels FPV, Deutsche Kodierrichtlinien, ICD-10, Operationen- und Prozedurenschlüssel und Groupierung beigemessen haben (BSG SozR 4-5562 § 2 Nr 1 RdNr 10). Zu Recht sind sich die Beteiligten darüber einig, dass der Anspruch auf die um 830,23 Euro höhere Vergütung voraussetzt, dass der Versicherte während seines gesamten stationären Aufenthalts auch krankenhausbehandlungsbedürftig war, mithin die von DRG F73Z vorgegebene OGVD von acht Tagen zu Recht überschritten wurde. Hierzu wird das LSG festzustellen haben, dass der Versicherte - wie vom MDK angenommen - bei strafferer Durchführung der Diagnostik früher hätte entlassen werden können (zur Verpflichtung von Krankenhäusern aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot, bereits bei der Behandlungsplanung die Möglichkeit wirtschaftlichen Alternativverhaltens zu prüfen und ggf zu nutzen vgl etwa BSG Urteil vom 10.3.2015 - B 1 KR 3/15 R - Juris RdNr 28 = KHE 2015/15). Es hat hierzu - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Es wird dies nachzuholen haben.

5. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

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