Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Februar 2018 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Versorgung des Klägers mit dem Arzneimittel Fampyra.
Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. beantragte für den bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten Kläger am 24.2.2016 die Versorgung mit dem Arzneimittel Fampyra im Off-Label-Use zur Behandlung seiner zerebellaren Ataxie bei kernspintomographisch nachgewiesener Kleinhirnatrophie. Ein vorausgegangener Therapieversuch aufgrund privatärztlicher Verordnung habe die Gangstörung deutlich verbessert. Fampyra ist nur zur Behandlung der Gangstörung bei Multipler Sklerose zugelassen. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) und teilte dies dem Kläger unter dem 26.2.2016 mit. Die Beklagte lehnte aufgrund des MDK-Gutachtens vom 26.4.2016 die beantragte Versorgung des Klägers mit Bescheid vom 17.5.2016 und Widerspruchsbescheid vom 12.1.2017 ab. Die Voraussetzungen eines Off-Label-Use seien nicht gegeben. Das SG hat unter Aufhebung dieser Bescheide die Beklagte verurteilt, den Kläger entsprechend ärztlicher Verordnung mit Fampyra zu versorgen (Gerichtsbescheid vom 5.9.2017). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Der Kläger habe aus der fingierten Genehmigung seines hinreichend bestimmten, zulässigen Antrags einen Anspruch auf Versorgung mit Fampyra. Diese sei weder durch die rechtswidrige nachträgliche Ablehnung des Antrags entfallen noch habe sie sich auf andere Weise erledigt. Die Beklagte habe den Antrag des Klägers nicht innerhalb der hier maßgeblichen gesetzlichen Frist von fünf Wochen beschieden. Der Kläger habe die Versorgung mit Fampyra aufgrund der Stellungnahme seines Arztes auch subjektiv für erforderlich halten dürfen (Urteil vom 15.2.2018).
Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 13 Abs 3a SGB V. Die Regelung begründe keinen Naturalleistungsanspruch des Versicherten auf Versorgung mit einem Arzneimittel im Rahmen des Off-Label-Use. Sie sei zudem auf Ansprüche, die - wie hier - eine Dauermedikation zum Gegenstand hätten, nicht anwendbar. Auch fehle es an einem fiktionsfähigen Antrag.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Februar 2018 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Speyer vom 5. September 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Februar 2018 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der beklagten KK ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
Der Kläger begehrt die Versorgung mit dem Arzneimittel Fampyra als Dauermedikation. Er stützt sich dabei in erster Linie auf eine eingetretene Genehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a Satz 6 SGB V). Er verfolgt dieses Ziel in zulässiger Weise mit einer allgemeinen Leistungsklage und einer gegen die Ablehnungsentscheidung der Beklagten gerichteten isolierten Anfechtungsklage, denn für die Zulässigkeit der allgemeinen Leistungsklage kann sich der Kläger weiterhin auf die bisherige ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats berufen (vgl nur BSG vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 8 ff). Die verfassungsrechtliche Garantie effektiven Rechtsschutzes lässt es nicht zu, eine im Zeitpunkt ihrer Erhebung zulässige Leistungsklage im Revisionsurteil als unzulässig anzusehen, wenn das Revisionsgericht im Revisionsurteil - wie im vorliegenden Fall - seine im Zeitpunkt der Revisionseinlegung noch maßgebliche Rechtsprechung insoweit aufgibt.
Der Kläger hat keinen Leistungsanspruch auf die Versorgung mit dem Arzneimittel Fampyra allein aufgrund eingetretener Genehmigungsfiktion. Seine hierauf gestützte allgemeine Leistungsklage ist unbegründet. Die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a Satz 6 SGB V vermittelt keinen eigenständigen Anspruch auf Versorgung mit einer Naturalleistung, sondern nur ein Recht auf Selbstbeschaffung bei Ablauf der in § 13 Abs 3a SGB V genannten Fristen mit Anspruch auf Erstattung der Beschaffungskosten. Insoweit gibt der Senat seine bisherige Rechtsprechung auf (dazu 1.). Kosten der Selbstbeschaffung sind nach Eintritt der Genehmigungsfiktion auch dann erstattungsfähig, wenn das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) einen entsprechenden Anspruch nicht vorsieht, es sei denn, dass der Versicherte dies im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung der Leistung wusste oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht wusste (dazu 2.). Der Kläger kann dagegen im Wege der Anfechtungsklage die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung der Beklagten über den ursprünglichen Antrag nicht bereits wegen der Genehmigungsfiktion verlangen. Die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a Satz 6 SGB V ist kein fingierter Verwaltungsakt. Auch insoweit gibt der erkennende Senat seine bisherige Rechtsprechung auf (dazu 3.). Soweit der Kläger sein Begehren hilfsweise auf § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 31 SGB V und die Grundsätze über den Off-Label-Use stützt, verfolgt er dieses Begehren zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage. Ob die danach als zulässig anzusehende Klage begründet ist, kann der Senat wegen fehlender Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden (dazu 4.).
1. Eine fingierte Genehmigung nach dem Leistungsrecht der GKV (§ 13 Abs 3a Satz 6 SGB V) begründet keinen eigenständigen Naturalleistungsanspruch (Aufgabe von BSG vom 8.3.2016 - B 1 KR 25/15 R - BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33 RdNr 25; zuletzt BSG vom 27.8.2019 - B 1 KR 36/18 R - SozR 4-2500 § 13 Nr 48 RdNr 16; gegen einen Naturalleistungsanspruch auch Hessisches LSG vom 10.12.2015 - L 1 KR 413/14 - juris RdNr 31 ff; Bayerisches LSG vom 7.9.2016 - L 20 KR 597/15 - juris RdNr 28 ff; LSG Nordrhein-Westfalen vom 6.4.2017 - L 16 KR 202/16 - juris RdNr 42 ff; Helbig in jurisPK-SGB V, 4. Aufl 2020, § 13 RdNr 141 ff; Knispel, SGb 2014, 374 ff; ders, GesR 2017, 749, 753; von Koppenfels-Spies, NZS 2016, 601, 603 f; Rieker, NZS 2015, 294, 297; Heinig in NK-GesundhR, 2. Aufl 2018, § 13 SGB V RdNr 34; Barkow von Creytz, KrV 2020, 6, 9; für einen Naturalleistungsanspruch Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Juli 2019, § 13 RdNr 58r; Schifferdecker in Kasseler Komm, SGB V, Stand August 2019, § 13 RdNr 134 und 145; Ulmer in Eichenhofer/von Koppenfels-Spies/Wenner, SGB V, 3. Aufl 2018, § 13 RdNr 81; ders, SGb 2017, 567, 568 f). Sie vermittelt dem Versicherten eine Rechtsposition sui generis. Diese erlaubt es ihm, sich die Leistung (bei Gutgläubigkeit, dazu siehe 2.) selbst zu beschaffen und verbietet es der KK nach erfolgter Selbstbeschaffung, eine beantragte Kostenerstattung mit der Begründung abzulehnen, nach dem Recht der GKV bestehe kein Rechtsanspruch auf die Leistung. Dies folgt aus Entstehungsgeschichte (dazu b), Binnensystematik der Vorschrift (dazu c) und der Fortentwicklung des Genehmigungsfiktionsrechts in der parallelen Vorschrift des § 18 Abs 1 bis 6 SGB IX (dazu d). Der Wortlaut der Vorschrift (dazu a) erlaubt diese Auslegung. Sie steht auch im Einklang mit dem Regelungszweck (dazu e). § 13 Abs 3a Satz 6 und 7 SGB V stehen nach dieser Auslegung auch in Einklang mit höherrangigem Recht. Art 3 Abs 1 GG wird nicht verletzt (dazu f).
a) § 13 Abs 3a SGB V regelt die Fiktion der Genehmigung eines nicht fristgerecht beschiedenen Antrags und deren Rechtsfolgen. Die Vorschrift ist durch Art 2 Nr 1 Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten (PatRVerbG) vom 20.2.2013 (BGBl I 277) mit Wirkung vom 26.2.2013 ins SGB V eingefügt und zuletzt durch Art 1 Nr 2a Gesetz für bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK-Reformgesetz) vom 14.12.2019 (BGBl I 2789) mit Wirkung vom 1.1.2020 geändert worden. Sie hat - soweit hier relevant - folgenden Wortlaut:
"<Satz 1> Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. <Satz 2> Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. (…) <Satz 5> Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. <Satz 6> Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. <Satz 7> Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. (…)."
Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich nur, dass mit Eintritt der Genehmigungsfiktion nach Ablauf der Frist Versicherte die Möglichkeit der Selbstbeschaffung mit Anspruch auf Kostenerstattung haben. Sie regelt aber weder die Rechtsnatur der Genehmigungsfiktion iS eines Verwaltungsakts noch ordnet sie einen Naturalleistungsanspruch sui generis als ihre Rechtsfolge ausdrücklich an.
b) Die Gesetzesmaterialien bestätigen diesen Wortlautbefund. Danach wollte der Gesetzgeber mit § 13 Abs 3a Satz 6 und 7 SGB V nur einen eigenständigen Kostenerstattungsanspruch schaffen. Der Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG (BT-Drucks 17/10488) sah ein Verfahren zur Beschleunigung der Bewilligungsverfahren bei den KKn vor. Es sollte zur schnellen Klärung von Leistungsansprüchen führen und bewirken, dass "die Versicherten bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen in kurzer Zeit ihre Leistungen" erhalten (BT-Drucks 17/10488 S 32). Bei nicht rechtzeitiger Leistungserbringung sollten Versicherte sich erforderliche Leistungen selbst beschaffen können. Hierfür sollten die Versicherten nach Ablauf gesetzlich geregelter Fristen und fruchtlos von ihnen gesetzter angemessener Fristen ein Recht zur Selbstbeschaffung mit nachfolgender Kostenerstattung erhalten. Trotz der vom Ausschuss für Gesundheit beschlossenen und Gesetz gewordenen Änderungsempfehlungen änderte sich an dieser Grundausrichtung auf einen bloßen Kostenerstattungsanspruch nichts; auch nicht durch die Einfügung des § 13 Abs 3a Satz 6 SGB V. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit lassen hieran keinen Zweifel aufkommen. Dort heißt es: "Die Neuregelung ist im Wesentlichen schon im Gesetzentwurf enthalten (….)" (BT-Drucks 17/11710 S 29). "Die im SGB V geregelten Rechte der Versicherten gegenüber den Krankenkassen sollen gestärkt werden, indem Versicherte sich eine Leistung selbst beschaffen können, wenn die Krankenkasse nicht innerhalb einer bestimmten Frist über den Antrag entscheidet und diese Verzögerung nicht hinreichend begründet" (BT-Drucks 17/11710 S 18; inhaltlich gleich auch S 29 f). Zur Genehmigungsfiktion heißt es weiter: Satz 6 "(…) sieht nun vor, dass die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt gilt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten keinen hinreichenden Grund für die Nichteinhaltung der genannten Fristen nennt. Eine zusätzliche eigene Fristsetzung durch den Versicherten wird nicht mehr als Voraussetzung für eine Selbstbeschaffung der Leistung mit der Folge einer Kostenerstattungspflicht der Krankenkasse vorgesehen. Dies erleichtert es dem Versicherten, sich die ihm zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen" (BT-Drucks 17/11710 S 30).
c) Die systematische Verortung des Abs 3a in § 13 SGB V, der die Überschrift "Kostenerstattung" trägt, spricht ebenfalls für die Auslegung, dass § 13 Abs 3a SGB V keinen Naturalleistungsanspruch sui generis eröffnet (vgl Helbig in jurisPK-SGB V, 4. Aufl 2020, § 13 RdNr 144). § 13 Abs 1 SGB V regelt den Grundsatz, dass die KK anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kosten nur erstatten darf, soweit es das SGB V oder das SGB IX vorsieht. Vor Einfügung des Absatzes 3a in § 13 SGB V hatten die übrigen Absätze der Vorschrift nur Kostenerstattungsansprüche zum Gegenstand und auch Absatz 3a regelt in seinem Satz 7 als Rechtsfolge ausdrücklich nur eine Kostenerstattung. Zu einem Naturalleistungsanspruch schweigt Absatz 3a dagegen. Auch die amtliche Überschrift zu § 13 SGB V "Kostenerstattung" wurde mit Einfügung des § 13 Abs 3a SGB V nicht geändert.
d) Ein systematischer Vergleich des § 13 Abs 3a SGB V mit § 18 Abs 3 und 4 SGB IX bestätigt dies. Mit der Vorschrift des § 18 Abs 3 und 4 SGB IX in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23.12.2016 (BGBl I 3234) formte der Gesetzgeber das schon in § 13 Abs 3a SGB V angelegte Regelungskonzept noch konkreter aus. Schon die amtliche Überschrift zu § 18 SGB IX besagt, dass es um die "Erstattung selbstbeschaffter Leistungen" geht. Die Gesetzesmaterialien belegen hier noch deutlicher, dass die Regelung nur einen Kostenerstattungsanspruch zum Inhalt hat. Aus der Begründung zu § 18 SGB IX im BTHG-Entwurf der Bundesregierung ergibt sich, dass damit nur der "Anspruch auf Kostenerstattung bei der Selbstbeschaffung von Leistungen (…) gesetzlich weiterentwickelt" wurde (vgl BT-Drucks 18/9522 S 238). § 13 Abs 3a Satz 6 und 7 SGB V und § 18 Abs 3 Satz 1, Abs 4 Satz 1 SGB IX sehen mit fast gleichem Wortlaut identische Rechtsfolgen vor. Angesichts dessen ist es fernliegend, dass der Gesetzgeber bei parallel geregelten Tatbestandsvoraussetzungen und im Wortlaut parallel geregelten Rechtsfolgen für auch im SGB V eng beieinander liegende Leistungsbereiche (zB Hilfsmittel einerseits zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung, andererseits zum Behinderungsausgleich; vgl dazu BSG vom 15.3.2018 - B 3 KR 18/17 R - BSGE 125, 189 = SozR 4-2500 § 13 Nr 41, RdNr 24 ff; BSG vom 8.8.2019 - B 3 KR 21/18 R - juris RdNr 17 ff) gleichwohl mit § 13 Abs 3a Satz 6 SGB V eine andere Rechtsfolge herbeiführen wollte als mit § 18 Abs 3 Satz 1 SGB IX (vgl auch Knispel, GesR 2017, 749, 756 f).
Die Genehmigungsfiktion des Satzes 6 ist danach eine komplementäre Regelung zum Kostenerstattungsanspruch des Satzes 7 des § 13 Abs 3a SGB V, den sie spezifisch zugunsten der Versicherten ausformt. Anders als bei § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V können sich KKn nach Eintritt der Genehmigungsfiktion nicht mehr auf die materielle Rechtswidrigkeit der beantragten und selbstbeschafften Leistung berufen, wenn sich Versicherte die Leistung nach Eintritt der Genehmigungsfiktion beschafft haben. Denn die Leistung gilt als genehmigt. Dies stellt die Begründung zu § 18 SGB IX im BTHG-Entwurf der Bundesregierung mit folgenden Worten klar: "Durch die Genehmigungsfiktion wird keine behördliche Entscheidung ersetzt, sondern eine Rechtsposition sui generis geschaffen, die die Leistungsberechtigten in die Lage versetzt, (…) einen Kostenerstattungsanspruch (…) geltend zu machen" (BT-Drucks 18/9522 S 238). Diese Vorstellung ist angesichts der aufgezeigten Parallelität der Regelungen auch auf § 13 Abs 3a Satz 6 SGB V übertragbar. Die KKn können Kostenerstattungsansprüchen nur noch dann erfolgreich entgegentreten, wenn die Selbstbeschaffung in zumindest grob fahrlässiger Unkenntnis der Versicherten über den fehlenden Naturalleistungsanspruch erfolgte (näher dazu unten 2.).
e) Die Auslegung des § 13 Abs 3a SGB V als Kostenerstattungsregelung steht auch mit dem Beschleunigungszweck und dem Sanktionscharakter des § 13 Abs 3a SGB V (vgl BSG vom 8.3.2016 - B 1 KR 25/15 R - BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 20, 25; BSG vom 27.8.2019 - B 1 KR 1/19 R - SozR 4-2500 § 13 Nr 47 RdNr 13; zum Beschleunigungszweck siehe auch oben b) in Einklang.
Die Gesamtregelung will erreichen, dass der Versicherte Naturalleistungen schnell erhält. Zweck der Vorschrift ist es dagegen nicht, einem Versicherten Leistungen zu verschaffen, auf die er nach dem Recht der GKV keinen Anspruch hat. Ist die KK nicht in der Lage oder nicht willens, schnell zu entscheiden, soll der Versicherte selbst die Beschleunigung bewirken können. Das Selbstbeschaffungsrecht macht ihn unabhängig vom weiteren Vorgehen der KK. Schon der ursprüngliche Entwurf der Bundesregierung sah in der Möglichkeit der Selbstbeschaffung als Ausnahme vom Sachleistungsprinzip auch "eine Sanktionsmöglichkeit gegen die Krankenkasse", die nicht in einem angemessenen Zeitraum entscheidet (BT-Drucks 17/10488 S 32). Die in der Ursprungsfassung mitgedachte Sanktionswirkung konnte nur darin bestehen, dass für eine im Übrigen rechtmäßige Leistungsbeschaffung die (unvermeidbaren) Beschaffungskosten höher sein können als die einer Naturalleistungsgewährung, dass der KK zudem ein zusätzlicher Aufwand durch das aufwändigere Kostenerstattungsverfahren entsteht und dass Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren gegen Leistungserbringer nicht greifen. Der Kostenerstattungsanspruch hing nach der ursprünglichen Entwurfsfassung aber weiterhin davon ab, dass der Versicherte auf diese Leistung dem Grunde und dem Umfang nach Anspruch nach materiellem GKV-Recht hatte. Der Kostenerstattungsanspruch reichte nicht weiter als der Naturalleistungsanspruch. Er setzte daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl dazu bereits BT-Drucks 17/10488 S 32 unter Hinweis auf § 13 Abs 3 SGB V; vgl dazu die stRspr des erkennenden Senats, zuletzt vom 27.8.2019 - B 1 KR 14/19 R - juris RdNr 16 mwN). Das Erfordernis der im Ursprungsentwurf enthaltenen Fristsetzung durch den Versicherten ist schon durch dessen Streichung entfallen. Einer zusätzlichen Genehmigungsfiktion bedurfte es für diesen Teil der "Erleichterung" nicht. Die mit § 13 Abs 3a Satz 6 SGB V zusätzlich angestrebte "Erleichterung" zeitnaher Beschaffung (BT-Drucks 17/11710 S 30) kann daher nur bezwecken, dass beim Kostenerstattungsanspruch des Versicherten nicht geprüft wird, ob der Versicherte auch ohne die Genehmigungsfiktion Anspruch auf die Leistung als Naturalleistung gehabt hätte. Käme es dagegen für Existenz und Reichweite des Kostenerstattungsanspruchs weiterhin auf das sonstige GKV-Recht an, wäre die Regelung ohne eigenen Regelungsgehalt.
Von dem allgemeinen Beschleunigungszweck der Gesamtvorschrift ist der spezifische Zweck der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a Satz 6 SGB V zu unterscheiden, der nicht in der Beschleunigung des einzelnen Antragsverfahrens liegt. Der Beschleunigungseffekt wird bereits durch die Eröffnung der Selbstbeschaffung mit Kostenerstattung erzielt. Der spezifische Zweck der Genehmigungsfiktion liegt in dem Druck, den diese auf die KKn dadurch ausübt, sich nach Ablauf der Frist nicht mehr auf "materielle Rechtswidrigkeit" der beantragten Leistung berufen zu können, wenn sich die Versicherten die Leistung beschafft haben. Sie entfaltet ihre Wirkung insbesondere in Fällen, in denen nach materiellem Leistungsrecht der GKV kein Naturalleistungsanspruch besteht. Dies kann der Fall sein, wenn der Leistung an sich das Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) oder das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V) entgegenstünde. Die Genehmigungsfiktion ist der Rechtsgrund dafür, nach erfolgter Selbstbeschaffung einer Leistung diese auch dann behalten zu dürfen, wenn hierauf nach allgemeinen Grundsätzen der GKV kein Rechtsanspruch bestünde. Dies stellt die Begründung zu § 18 SGB IX im BTHG-Entwurf der Bundesregierung mit folgenden Worten klar: "Durch die Genehmigungsfiktion wird keine behördliche Entscheidung ersetzt, sondern eine Rechtsposition sui generis geschaffen, die die Leistungsberechtigten in die Lage versetzt, (…) einen Kostenerstattungsanspruch (…) geltend zu machen" (BT-Drucks 18/9522 S 238).
f) § 13 Abs 3a Satz 6 und 7 SGB V verletzt den allgemeinen Gleichheitssatz nicht dadurch, dass er einen Naturalleistungsanspruch ausschließt.
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG verlangt nicht, dass eine fingierte Genehmigung nach nicht fristgemäßer Entscheidung über einen Leistungsantrag einen Anspruch auf die beantragte Sachleistung zur Rechtsfolge haben muss, damit (auch) mittellose Versicherte sich Leistungen zulasten der GKV verschaffen können, auf die materiell-rechtlich nach dem Leistungsrecht des SGB V kein Anspruch besteht. Entscheidend ist, dass alle Versicherten nach den gleichen rechtlichen Grundsätzen Zugang zu den Sachleistungsansprüchen der GKV haben. Dass finanziell besser gestellte Versicherte sich eine (umstrittene) Leistung grundsätzlich einfacher auf ihre Kosten beschaffen können, war schon bisher auch bei der Anwendung des § 13 Abs 3 SGB V (Kostenerstattung für selbstbeschaffte Leistungen in einem Notfall bzw bei nach vorherigem Antrag zu Unrecht erfolgter Ablehnung) möglich, ohne dass die Rechtsprechung des BSG dies als verfassungswidrig eingestuft hat (vgl BSG vom 8.11.2011 - B 1 KR 20/10 R - BSGE 109, 218 = SozR 4-2500 § 31 Nr 20, RdNr 38). Beide Gruppen von Versicherten haben von Rechts wegen die Möglichkeit zur Selbstbeschaffung. Soweit bei der Gruppe der mittellosen Versicherten eine Selbstbeschaffung faktisch nicht oder nur eingeschränkt möglich ist, ist dies eine vom Gesetzgeber in Kauf genommene Folge bei seinem Bemühen, die KKn im Wege effektiver Sanktionen zu veranlassen, schnell rechtmäßige Entscheidungen über Leistungsanträge der Versicherten zu treffen. § 13 Abs 3a SGB V zielt jedoch nicht darauf ab, Ansprüche zu begründen, die nach sonstigem GKV-Recht nicht bestehen. Im Übrigen ist die Vorleistungsobliegenheit und die dafür erforderliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unabhängig vom jeweiligen Rechtsgebiet sämtlichen Kostenerstattungsregelungen immanent (vgl Knispel, GesR 2017, 749, 753; ders, GuP 2019, 22, 27; Helbig in jurisPK-SGB V, 4. Aufl 2020, § 13 RdNr 149).
2. Das durch die Genehmigungsfiktion begründete Recht zur Selbstbeschaffung auf Kosten der KK besteht auch bei materieller Rechtswidrigkeit der selbstbeschafften Leistung, sofern der Versicherte im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung keine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vom Nichtbestehen des materiellen Leistungsanspruchs hat ("Gutgläubigkeit"; Fortentwicklung von BSG vom 8.3.2016 - B 1 KR 25/15 R - BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 26; zuletzt BSG vom 27.8.2019 - B 1 KR 9/19 R - juris RdNr 29; aA Knispel, SGb 2014, 374, 375 f; Hahn, SGb 2015, 144, 149; von Koppenfels-Spies, NZS 2016, 601, 604 f; Schneider, NZS 2018, 753, 756 f; Helbig in jurisPK-SGB V, 4. Aufl 2020, § 13 RdNr 154 mwN).
Der Senat hat (aaO) bislang schon entschieden, dass die mit § 13 Abs 3a SGB V verfolgten Zwecke - Verfahrensbeschleunigung und Sanktionierung der KKn bei Nichteinhaltung der sich aus der Vorschrift ergebenden Fristen - ihre Grenze beim Rechtsmissbrauch finden. Diesen Rechtsgedanken hat der Gesetzgeber in § 18 Abs 5 SGB IX aufgegriffen und näher konkretisiert. Im Vergleich zur bisherigen Rechtsprechung des Senats ist der Maßstab des § 18 Abs 5 SGB IX jedoch konkreter gefasst, indem er den in § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X geregelten Verschuldensmaßstab aufgreift. Im Hinblick auf die Parallelität der Regelungen (vgl oben 1. d) sieht sich der erkennende Senat daher berechtigt und verpflichtet, das in § 18 Abs 5 SGB IX gesetzlich geregelte Wertungsmodell wegen seiner Sachgerechtigkeit auch bei der vergleichbaren Vorschrift des § 13 Abs 3a SGB V zur Anwendung zu bringen.
Grob fahrlässig handelt nach der Legaldefinition des § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, dh wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (stRspr; vgl nur BSG vom 11.6.1987 - 7 RAr 105/85 - BSGE 62, 32, 35 mwN = SozR 4100 § 71 Nr 2). Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (stRspr; vgl nur BSG vom 13.12.1972 - 7 RKg 9/69 - BSGE 35, 108, 112 = SozR Nr 3 zu § 13 BKGG). Eine nähere Kenntnis des GKV-Rechts darf den Versicherten nicht abverlangt werden (vgl zu § 18 Abs 5 SGB IX auch BT-Drucks 18/9522 S 238). Das Tatbestandsmerkmal der groben Fahrlässigkeit soll nur eine Kostenerstattung offensichtlich rechtswidriger Leistungen ausschließen (vgl BT-Drucks 18/9522 S 238). Je offensichtlicher die beantragte Leistung außerhalb des GKV-Leistungskatalogs liegt, desto eher ist von einer zumindest grob fahrlässigen Unkenntnis (Bösgläubigkeit) der Versicherten im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung auszugehen.
Das ist dann der Fall, wenn sich Versicherte trotz erdrückender Sach- und Rechtslage besserer Erkenntnis verschließen. Allein der Umstand, dass ein Arzt Versicherten verdeutlicht, KKn sähen die Rechtslage zuungunsten der Versicherten anders, er als Vertragsarzt deshalb im Verhältnis zu den KKn nicht das Vergütungsrisiko übernehmen wolle und er dem Versicherten daher einen Leistungsantrag bei der zuständigen KK empfehle, begründet noch keine grob fahrlässige Unkenntnis oder gar Kenntnis der Rechtswidrigkeit der beantragten Leistung. Es kommt auch nicht auf formale Ablehnungsentscheidungen an, sondern auf die Qualität der fachlichen Argumente und ihre Nachvollziehbarkeit durch die Versicherten. Deshalb folgt aus einer ablehnenden Entscheidung der KK für sich genommen noch keine grobe Fahrlässigkeit; auch dann nicht, wenn die Entscheidung der KK auf einer Stellungnahme des MDK beruht. Halten MDK und KK später an einer Ablehnung des Anspruchs im Vorverfahren fest, führt auch dies nicht zwingend zur grob fahrlässigen Unkenntnis des Versicherten. Ein Meinungsstreit über rechtliche und tatsächliche Umstände, insbesondere unterschiedliche gutachtliche Bewertungen, schließt Gutgläubigkeit grundsätzlich nicht aus. Dies gilt auch noch während eines Klage- und Rechtsmittelverfahrens.
Die Gutgläubigkeit ist jedoch ein tatsächlicher Umstand, der sich jederzeit hin zur Bösgläubigkeit verändern kann. Daher kommt ein Kostenerstattungsanspruch auch dann noch in Betracht, wenn sich der Versicherte die Leistung erst während eines anhängigen Rechtsstreits beschafft. Allerdings muss bei jedem Beschaffungsvorgang "Gutgläubigkeit" vorliegen; die beschaffungsbezogene Unkenntnis, dass materiell-rechtlich kein Anspruch auf die Leistung besteht, darf nicht auf grober Fahrlässigkeit beruhen. Gerade bei beantragten Dauerleistungen kann die Unkenntnis der Versicherten, keinen Anspruch auf die beantragte Leistung zu haben, im weiteren Verlauf auch grob fahrlässig werden.
Unabhängig von dem Grad der Unkenntnis vermag eine Selbstbeschaffung jedenfalls dann keinen Kostenerstattungsanspruch mehr auszulösen, wenn sie erst erfolgt, nachdem die KK die beantragte Leistung bestandskräftig abgelehnt oder im Streitfall das Gericht die Anfechtungs- und Leistungsklage rechtskräftig abgewiesen hat (ausführlich dazu 3.).
3. Der Kläger kann die Aufhebung des Ablehnungsbescheides nicht mit der Begründung verlangen, dass eine Genehmigungsfiktion eingetreten sei.
Die nach Fristablauf fingierte Genehmigung eines Antrags auf Leistungen hat nicht die Qualität eines Verwaltungsaktes. Durch den Eintritt der Genehmigungsfiktion wird das durch den Antrag in Gang gesetzte Verwaltungsverfahren nicht abgeschlossen. Die KK ist weiterhin berechtigt und verpflichtet, über den gestellten Antrag zu entscheiden und damit das laufende Verwaltungsverfahren abzuschließen (Aufgabe von BSG vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 10 und 37; zuletzt BSG vom 27.8.2019 - B 1 KR 36/18 R - SozR 4-2500 § 13 Nr 48 RdNr 11 und 42). Ist über den materiell-rechtlichen Leistungsanspruch bindend entschieden oder hat sich der Antrag anderweitig erledigt, endet das durch die Genehmigungsfiktion begründete Recht auf Selbstbeschaffung der beantragten Leistung auf Kosten der KK.
Weder § 13 Abs 3a SGB V noch § 18 SGB IX enthalten eine ausdrückliche Regelung zur verfahrensrechtlichen Behandlung des einmal gestellten Antrags. Auch die Gesetzesmaterialien verhalten sich dazu nicht. Die Genehmigungsfiktion beendet nicht das Verfahren auf Bewilligung der beantragten Naturalleistung. Der gestellte Antrag auf Naturalleistung existiert fort. Die Genehmigungsfiktion stärkt zwar die nach Fristablauf potentiell mögliche Selbstbeschaffung, indem sie den Kostenerstattungsanspruch zugunsten der Versicherten gegen Einwendungen (fehlender materieller Anspruch auf die Leistung) bis zu einem gewissen Punkt (fehlende Gutgläubigkeit) abschirmt; sie erledigt aber das durch das Naturalleistungsbegehren eingeleitete Verwaltungsverfahren nicht. Würde die Genehmigungsfiktion dieses Verwaltungsverfahren beenden, hätte dies die vom Gesetz nicht gewollte Folge, dass der Naturalleistungsanspruch entfiele. Denn § 13 Abs 3a SGB V eröffnet nur einen Kostenerstattungsanspruch (siehe 1.). Hinsichtlich der beantragten Naturalleistungen gelten weiterhin die allgemeinen Regelungen des SGB X, soweit keine abweichenden spezielleren Regelungen existieren. Die KKn sind danach mangels einer anders lautenden gesetzlichen Regelung in § 13 Abs 3a SGB V grundsätzlich verpflichtet, das den Naturalleistungsanspruch betreffende Verwaltungsverfahren fortzuführen und zum Abschluss zu bringen. Dies gilt erst dann nicht mehr, wenn sich der Antrag erledigt hat. Dabei geht es im Rahmen des § 13 Abs 3a SGB V um Anträge, die auf eine "einmalige" Leistung im Sinne eines engen zeitlich-gegenständlichen Begehrens gerichtet sind, die sich Versicherte schon selbst beschafft haben (zB die beantragte Operation ist erfolgt), bevor KKn hierüber entschieden haben. Ist dagegen der Leistungsantrag auf eine Dauerleistung gerichtet, die eine Mehrzahl oder gar eine nicht absehbare Zahl von Beschaffungsvorgängen erfordert, erledigt sich der Antrag nicht mit dem einzelnen Beschaffungsvorgang. Denn das von den Versicherten mit ihren Anträgen verfolgte Ziel ist weiterhin auf die Versorgung mit einer Dauerleistung als Naturalleistung gerichtet.
Danach ist die durch § 13 Abs 3a Satz 6 und 7 SGB V vermittelte Rechtsposition eine endgültige, soweit es um den Kostenerstattungsanspruch für den jeweiligen Beschaffungsvorgang im laufenden Verfahren geht. Diese Rechtsposition ist in ihrer Dauer hingegen durch die Dauer des Verwaltungs- einschließlich des nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens begrenzt und in diesem Sinn eine vorläufige Rechtsposition.
4. Der Senat kann nicht abschließend darüber entscheiden, ob die Ablehnung der Versorgung mit Fampyra als Naturalleistung rechtswidrig ist und dem Kläger ein Anspruch hierauf zusteht. Es kommt nur noch ein Anspruch des Klägers auf der Grundlage eines sogenannten Off-Label-Use in Betracht. Dazu hat das LSG - nach seiner Rechtsauffassung folgerichtig - bisher keine Feststellungen getroffen.
Versicherte haben nach allgemeinen Grundsätzen Anspruch auf Versorgung mit einem vertragsärztlich verordneten verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel als Krankenbehandlung (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Fall 1 iVm § 31 Abs 1 Satz 1 SGB V), wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Hierzu muss grundsätzlich eine arzneimittelrechtliche Zulassung für das Indikationsgebiet bestehen, in dem es angewendet werden soll (stRspr, vgl nur BSG vom 13.12.2016 - B 1 KR 1/16 R - BSGE 122, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 28, RdNr 11 mwN). Ohne die arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt es an der krankenversicherungsrechtlichen Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Pharmakotherapie (stRspr, vgl nur BSG vom 4.4.2006 - B 1 KR 12/04 R - BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 22 mwN). Diese Anknüpfung ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG vom 5.3.1997 - 1 BvR 1071/95 - NJW 1997, 3085).
Ausnahmsweise besteht aber nach der Rechtsprechung des Senats auch ein Anspruch auf Versorgung mit einem Arzneimittel in einem Anwendungsgebiet, auf das sich die Zulassung nicht erstreckt, wenn es 1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn 2. keine andere Therapie verfügbar ist und wenn 3. aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann. Dies kann nur angenommen werden, wenn entweder die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt ist und die Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht sind und eine klinisch relevante Wirksamkeit respektive einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse von gleicher Qualität veröffentlicht sind. Abzustellen ist auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse (stRspr, vgl zum Ganzen BSG vom 13.12.2016 - B 1 KR 10/16 R - BSGE 122, 181 = SozR 4-2500 § 2 Nr 6, RdNr 16 f mwN).
Das LSG hat festgestellt, dass es sich bei Fampyra zwar um ein Fertigarzneimittel iS von § 4 Abs 1 Satz 1 Arzneimittelgesetz handelt, das zur Behandlung der Gangstörung bei Multipler Sklerose zugelassen ist, es aber keine arzneimittelrechtliche Zulassung für die Behandlung des beim Kläger vorliegenden Krankheitsbildes besitzt. Das LSG hat - nach seiner Rechtsauffassung folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen, dass die oben genannten, leistungsberechtigenden Voraussetzungen eines Off-Label-Use beim Kläger vorliegen. Dies muss nunmehr nachgeholt werden. Dabei muss das LSG auch die weiteren einschränkenden arzneimittelrechtlichen Voraussetzungen bei der Verordnung von Fampyra beachten.
5. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.