Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 30. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte eine Bonuszahlung wegen eines Stromanbieterwechsels als Einkommen des Klägers im Monat Juni 2018 leistungsmindernd berücksichtigen durfte.
Der Kläger und seine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft in einer Mietwohnung mit dezentraler Warmwasseraufbereitung lebende Ehefrau bezogen 2018 Alg II. Für den Monat Juni 2018 wurden Leistungen in Höhe von jeweils 635,10 Euro bewilligt (zuletzt Bescheid vom 26.4.2018). Dieser Betrag errechnetet sich aus dem Regelbedarf von 374 Euro, einem Mehrbedarf von 8,60 Euro wegen der Warmwassererzeugung und einem Betrag in Höhe von kopfteilig 252,50 Euro als Bedarf für Unterkunft und Heizung. Für ihre Wohnung hatten der Kläger und seine Ehefrau monatlich eine Grundmiete von 340 Euro, eine Nebenkostenvorauszahlung von 109 Euro und eine Heizkostenvorauszahlung von 56 Euro zu erbringen. Beide verfügten über kein Vermögen und erzielten im Juni 2018 auch kein Einkommen. Zum 1.4.2018 wechselten sie den Stromanbieter. In dem bestätigen Auftrag über den Wechsel wurde ein Bruttopreis für die Belieferung im ersten Jahr mit 1750,24 Euro angegeben, ein weiterer Rabatt eingeräumt und ein sogenannter Sofortbonus in Höhe von 242 Euro vereinbart. Dieser Bonus ist dem Girokonto der Ehefrau des Klägers am 2.5.2018 gutgeschrieben worden. Zu diesem Zeitpunkt war das Alg II für den Monat Mai 2018 bereits ausgezahlt.
Der Beklagte hörte den Kläger zu einer Überzahlung an und erließ sodann einen Bescheid zur Aufhebung, Erstattung und Aufrechnung, durch den für den Monat Juni 2018 die Leistungsbewilligung in Höhe von 91 Euro aufgehoben, ein entsprechender Erstattungsanspruch geltend gemacht und eine Aufrechnung mit laufenden Leistungen erklärt wurde (Bescheid vom 24.7.2018; gegenüber der Ehefrau erging ein gleichlautender, noch nicht bindender Bescheid). Widerspruch und Klage blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 3.6.2019; Urteil des SG vom 30.10.2019). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, der Sofortbonus stelle eine in Höhe von 121 Euro dem Kläger zurechenbare Einnahme in Geld dar und sei deshalb als Einkommen iS von § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigen. Dabei handele es sich nicht um eine Rückzahlung von Stromkosten, sodass die sich darauf beziehende Rechtsprechung des BSG nicht anwendbar sei. Auch aus § 22 Abs 3 Halbsatz 2 SGB II folge nichts anderes.
Mit seiner vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt der Kläger eine Verletzung von § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II. Der Beklagte vereitle durch die Anrechnung des Sofortbonus als Einkommen Einsparungen bei dem Regelbedarf Haushaltsenergie. Es könne keinen Unterschied machen, ob am Ende eines Bezugszeitraums der tatsächliche Verbrauch abgerechnet und ein Guthaben ausgekehrt oder ob nach Zahlung von zwei vereinbarten Abschlägen nach fünf Wochen ein im Vorhinein vereinbarter Sofortbonus gezahlt werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 30. Oktober 2019 sowie den Bescheid des Beklagten vom 24. Juli 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 2019 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der Sofortbonus sei von anrechnungsfreien Rückzahlungen für Haushaltsenergie zu unterscheiden. Um die Bonuszahlung zu erlangen habe der Kläger zuvor keine Aufwendungen aus seiner Regelleistung erbringen müssen, was eine unterschiedliche Beurteilung rechtfertige.
Entscheidungsgründe
VDie vom SG zugelassene und unter Vorlage der schriftlichen Zustimmung des Gegners (§ 161 Abs 1 SGG) eingelegte Revision des Klägers ist zulässig, aber unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das SG hat ohne Verletzung von Bundesrecht (§ 162 SGG) die Klage abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist neben dem Urteil des SG der Bescheid vom 24.7.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.6.2019, durch den die Leistungsbewilligung für den Monat Juni 2018 teilweise in Höhe von 91 Euro aufgehoben, eine entsprechende Erstattung verlangt und die Aufrechnung verfügt wurde. Gegen diesen Bescheid wendet sich der Kläger zutreffend mit einer (isolierten) Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Alt 1 SGG).
Rechtsgrundlage für die Aufhebungsverfügung ist § 40 Abs 2 Nr 3 SGB II iVm § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III und § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs 1 Satz 1 SGB X); er soll ua dann mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse - also auch rückwirkend - aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X). Ergänzend regelt § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III, der gemäß § 40 Abs 2 Nr 3 SGB II entsprechend anwendbar ist, für den Fall, dass die in § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen vorliegen, der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben ist, also stets eine gebundene und keine Ermessensentscheidung zu ergehen hat. Vorliegend ist nach der Leistungsbewilligung durch einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für den auch den Monat Juni 2018 umfassenden Bewilligungsabschnitt für den Monat Juni 2018 eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen des Klägers eingetreten. Der Kläger hat Einkommen iS des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II erzielt, das leistungsmindernd zu berücksichtigen war.
Nach § 19 Abs 1 Satz 1 und § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Alg II nur, wenn sie hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs 1 SGB II ua, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann. Gemäß § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen als Einkommen zu berücksichtigen. Es ist vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (modifizierte Zuflusstheorie; stRspr; siehe nur BSG vom 23.8.2011 - B 14 AS 185/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 42 RdNr 10; zuletzt BSG vom 24.6.2020 - B 4 AS 7/20 R - juris RdNr 28, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).
Das SG hat rechtsfehlerfrei die Zahlung wegen des Wechsels des Stromversorgers als zu berücksichtigendes, einmaliges Einkommen angesehen. Diese Zahlung ist, auch wenn sie als "Sofortbonus" für einen Stromanbieterwechsel erbracht wird, eine Geldeinnahme iS des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II (so auch BSG vom 23.8.2011 - B 14 AS 185/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 42 RdNr 13, zur Rückerstattung von Vorauszahlungen). Der Bonus ist dem Kläger durch die Überweisung auf das Konto seiner Ehefrau einige Wochen nach Abschluss des neuen Vertrages zugeflossen. Es handelte sich auch um bereites Einkommen, denn in der Verwendung des Geldes war der Kläger nicht gebunden oder beschränkt, sodass es seine Hilfebedürftigkeit vermindern konnte. Die Berücksichtigung dieses Einkommens ist auch nicht nach § 11a SGB II ausgeschlossen, denn der Bonus unterfällt keinem der dort geregelten Tatbestände.
Nichts anderes folgt entgegen der Auffassung des Klägers aus dem Urteil des BSG vom 23.8.2011 (B 14 AS 185/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 42). Darin hat das BSG zwar Rückzahlungen von Stromkosten, die auf Vorauszahlungen in Zeiträumen beruhen, in denen Hilfebedürftigkeit nach §§ 7, 9 SGB II bestand, nach Sinn und Zweck des § 11 Abs 1 und § 20 SGB II nicht als zu berücksichtigendes Einkommen angesehen, da "Leistungen nach diesem Buch" anrechnungsfrei bleiben (BSG vom 23.8.2011 - B 14 AS 185/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 42 RdNr 15 ff, unter Hinweis auf die Ausnahmeregelung in § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II aF, jetzt § 11a Abs 1 Nr 1 SGB II). Bei Zahlungen für Haushaltsenergie handele es sich um die Befriedigung eines dem § 20 SGB II zuzuordnenden Grundbedarfs. Verhalte sich der Betreffende während des Abrechnungszeitraums wirtschaftlich und verbrauche wenig Strom, sei es geboten, Einnahmen, die aus Einsparungen bei den Regelbedarfen resultierten, von der Berücksichtigung als Einkommen freizustellen (vgl BSG vom 23.8.2011 - B 14 AS 185/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 42 RdNr 15 ff). Vorausgesetzt wird nach dieser Begründung also eine wirtschaftliche Konnexität zum Stromverbrauch und den geleisteten Vorauszahlungen, denn nur dann verfängt die Bezugnahme auf erbrachte Aufwendungen aus dem Regelbedarf. An dieser Konnexität fehlt es hier. Nach der vorliegenden Vertragsgestaltung erfolgte die Zahlung bereits wenige Wochen nach Beginn des Vertrages und war unabhängig vom Stromverbrauch. Eine Verrechnung in irgendeiner Form mit Vorauszahlungen oder möglichen Nachzahlungen war ebenfalls nicht vorgesehen. Der Sofortbonus kann deshalb auch nicht als antizipierte Rückzahlung aufgefasst werden. Entgegen der Auffassung des Klägers besteht also ein Unterschied zur Auskehrung eines Guthabens nach Abrechnung des Verbrauchs.
Auch aus der Sonderregelung des § 22 Abs 3 Halbsatz 2 SGB II folgt - wie das SG ebenfalls zu Recht erkannt hat - kein anderes Ergebnis. Diese ist hier nicht anwendbar, weil sie sich nur auf Rückzahlungen und Guthaben aus Vorauszahlungen für Haushaltsenergie bezieht. Um solche Rückzahlungen und Guthaben handelt es sich bei dem Sofortbonus ersichtlich nicht.
Das Einkommen aus dem Sofortbonus wurde auch zu Recht hälftig bei dem Kläger auf seinen ansonsten zutreffend ermittelten Gesamtbedarf in Höhe von 635,10 Euro mit einem Betrag von monatlich 91 Euro angerechnet. Zwar wurde der Betrag dem Girokonto der Ehefrau des Klägers und nicht dem Kläger selbst gutgeschrieben. Wirtschaftlich steht der Bonus aber den Eheleuten als gemeinsamen Vertragspartnern je zur Hälfte, also in Höhe von 121 Euro zu. Davon war jeweils die Versicherungspauschale in Höhe von 30 Euro nach § 11b Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II iVm § 6 Abs 1 Nr 1 Alg II-V in Abzug zu bringen. Zutreffend hat der Beklagte die am 2.5.2018 zugeflossene Zahlung im Monat Juni 2018 berücksichtigt, weil für Mai 2018 bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme erbracht worden waren (§ 11 Abs 3 Satz 1 und 3 SGB II).
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch ist § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X, der vorsieht, dass Leistungen zu erstatten sind, soweit ein Verwaltungsakt wie hier aufgehoben worden ist. Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des SG ist auch die Aufrechnung rechts- und ermessensfehlerfrei erfolgt (§ 39 Abs 1 SGB I; § 43 Abs 1 Nr 1, Abs 2 Satz 1 SGB II).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.