Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommensberücksichtigung - Nichtberücksichtigung ausgezahlter Raten eines Studienkredits einer Bank - Privatdarlehen - Rückzahlungspflicht - keine zweckbestimmte Einnahme
Ausgezahlte Raten aus einem Privatdarlehen (hier: Studienkredit) stellen kein zu berücksichtigendes Einkommen dar, auch wenn sie zur Deckung des Lebensunterhaltes verwendet werden können und den Lebensstandard erhöhen.
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 23. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Revisionsverfahren zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Zahlungen aus einem Studienkredit als Einkommen einem Anspruch auf Alg II für Juni und Juli 2013 entgegenstehen.
Die 1984 geborene, erwerbsfähige Klägerin beantragte im Juni 2013 Leistungen nach dem SGB II. Sie war vom 1.11.2010 bis 4.5.2012 als Rechtsreferendarin und danach bis 31.5.2013 als wissenschaftliche Hilfskraft tätig. Zum 1.8.2013 trat sie erneut in den juristischen Vorbereitungsdienst ein. Von Januar 2012 bis 31.12.2013 absolvierte die Klägerin ein berufsbegleitend konzipiertes postgraduales Fernstudium (Masterstudiengang "Kriminologie und Polizeiwissenschaft"). Zulassungsvoraussetzung waren der erfolgreiche Abschluss eines Hochschulstudiums und eine mindestens einjährige Berufstätigkeit. Dieses Studium mit einer Regelstudienzeit von vier Semestern war geprägt durch E-Learning. Präsenzphasen beschränkten sich in der Regel auf die Tage Freitag bis Samstag.
Im März 2012 hatte die Klägerin bei der Deutschen Bank AG (im Folgenden: Bank) einen sog "StudentenKredit" aufgenommen, dessen Verwendungszweck im schriftlichen Darlehensvertrag mit "Finanzierung von Studiengebühren und Lebensunterhalt für ein Studium im o.g. Studiengang …" bezeichnet war (Darlehensvertrag vom 22.3.2012). Von April 2012 bis Dezember 2013 zahlte die Bank monatlich 800 Euro aus. Das Darlehen war am 30.12.2014 in Höhe von 18 753,73 Euro zur Rückzahlung fällig. Über weitere Einnahmen oder Vermögen verfügte die Klägerin nicht. Für die von ihr zusammen mit einer Mitbewohnerin gemieteten Wohnung wandte sie monatlich 312,50 Euro auf, was der Hälfte der anfallenden Warmmiete von 625 Euro entsprach.
Den Leistungsantrag lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 10.7.2013; Widerspruchsbescheid vom 26.9.2013). Die Klägerin habe einen Bedarf von 694,50 Euro monatlich, der durch die in Höhe von 770 Euro als Einkommen zu berücksichtigenden monatlichen Zahlungen aus dem Studienkredit vollständig gedeckt sei. Die Klägerin sei frei, wie sie die Zahlung verwende. Im Übrigen werde der Kredit allein deswegen gezahlt, weil die Klägerin aus ihrem persönlichen Befinden heraus ohne Notwendigkeit einen weiteren Bildungsweg eingeschlagen habe.
Die Klage gegen diesen Bescheid blieb erfolglos (Urteil des SG vom 14.10.2013). Der Studienkredit sei mit der Konzeption des im Meister-BAföG enthaltenen Darlehensanteils in wesentlichen Punkten vergleichbar und dieser sei nach der Rechtsprechung des BSG aufgrund der Zweckgestaltung der Förderung als Einkommen zu berücksichtigen. Das LSG hat das Urteil des SG sowie den angefochtenen Bescheid aufgehoben und den Beklagten antragsgemäß verurteilt, für den Zeitraum vom 1.6.2013 bis zum 31.7.2013 monatlich 694,50 Euro Alg II zu zahlen (Urteil vom 23.10.2019). Die Zahlungen von 800 Euro monatlich aus dem Darlehensvertrag seien als nur vorübergehend zur Verfügung gestellte Mittel nicht als Einkommen anzurechnen. § 11 Abs 1 Satz 2 SGB II aF sehe allein die Berücksichtigung darlehensweise gewährter Sozialleistungen vor. Für eine Differenzierung nach dem Zweck des Darlehens finde sich keine rechtliche Grundlage. Bei dem Kredit der Klägerin handele es sich nach den Darlehensbedingungen auch nicht um einen KfW-Studienkredit, sondern um einen solchen einer Privatbank. Im Übrigen wäre auch ein KfW-Studienkredit keine Sozialleistung. Entgegen der Auffassung des SG sei der Privatkredit der Klägerin auch nicht mit dem sog "Meister-BAföG" nach dem Gesetz zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung (AFBG) vergleichbar, nur weil damit eine Ausbildung finanziert werde.
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II. Er macht geltend, dass "die förderrechtlichen Grundlagen des Kredits, bedingt durch die Vergabe mittels der KfW-Richtlinien, im öffentlichen Recht fußen". Es habe sich auch nicht um einen Kredit zur Überbrückung einer Notsituation gehandelt. Eine entscheidungserhebliche Relevanz habe zudem die Zweckbestimmung des Kredits, wie sie in § 11a Abs 3 Satz 1 SGB II explizit für öffentlich-rechtliche Leistungen normiert sei und hier zur Berücksichtigung als Einkommen führe.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 23. Oktober 2019 aufzuheben und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des beklagten Jobcenter der Stadt Jena, ein zugelassener kommunaler Träger (§ 6a SGB II iVm der Zweite Verordnung zur Änderung der Kommunalträger-Zulassungsverordnung vom 14.4.2011 - BGBl I 645), ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat ohne Verletzung von Bundesrecht (vgl § 162 SGG) auf die Berufung der Klägerin das klageabweisende Urteil des SG aufgehoben und den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Es besteht ein Anspruch der Klägerin auf Alg II für den Zeitraum vom 1.6.2013 bis 31.7.2013 in Höhe von monatlich 694,50 Euro.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist neben den vorinstanzlichen Entscheidungen der Bescheid des Beklagten vom 10.7.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.9.2013, durch den diese Leistungen abgelehnt hat. Streitbefangen ist ein Leistungsanspruch allein für den Zeitraum Juni und Juli 2013. Der Beklagte hat - entsprechend des insofern begrenzten Leistungsantrages der Klägerin - nur für diese beiden Monate eine Entscheidung getroffen. Zwar enthält der Bescheid vom 10.7.2013 im Verfügungssatz selbst keine zeitliche Beschränkung. Allerdings ergibt sich aus dem Berechnungsbogen, der Teil des Bescheides ist, dass eine Anspruchsprüfung nur für Juni und Juli 2013 durchgeführt worden ist (vgl Aubel in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl 2020, § 37 RdNr 34 aE). Ihr Klageziel verfolgt die Klägerin zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, § 54 Abs 4 SGG).
Rechtsgrundlage für den Anspruch der Klägerin auf Alg II sind §§ 19 ff und §§ 7 ff SGB II in der Fassung, die das SGB II für den streitbefangenen Zeitraum durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 7.5.2013 (BGBl I 1167) erhalten hat (Geltungszeitraumprinzip, vgl nur BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 78 RdNr 14 f).
Die 1984 geborene Klägerin gehörte zum leistungsberechtigten Personenkreis iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II, denn sie war erwerbsfähig und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Ein Ausschlusstatbestand lag nicht vor. Insbesondere war die Klägerin nicht als Studentin eines im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähigen Studiums iS von § 7 Abs 5 SGB II in der bis zum 31.7.2016 geltenden Fassung vom Leistungsbezug ausgeschlossen. Das von ihr absolvierte (Master-)Studium war nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) berufsbegleitend konzipiert und nahm ihre Arbeitskraft nicht voll in Anspruch. Eine Förderung nach dem BAföG war deshalb nach § 2 Abs 5 Satz 1 BAföG ausgeschlossen. Insoweit handelt es sich wegen der generellen Konzeption dieses Studiums um einen Ausschluss schon der abstrakten Förderfähigkeit; individuelle "Versagensgründe" waren für den Ausschluss nicht von Bedeutung (vgl zur Abgrenzung BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 145/10 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 26 RdNr 15 ff).
Entgegen der Auffassung des Beklagten war die Klägerin im Juni und Juli 2013 auch hilfebedürftig. Ihr monatlicher Bedarf betrug 694,50 Euro, der sich zusammensetzte aus dem Regelbedarf in Höhe von 382 Euro (Regelbedarfsstufe 2 nach § 20 Abs 4 und Abs 5 SGB II iVm der "Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Absatz 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Januar 2013" vom 18.10.2012 - BGBl I 2175) und einem Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II) in Höhe der tatsächlichen monatlichen Kosten von 312,50 Euro. Dieser Bedarf war weder durch Vermögen noch durch Einkommen gemindert.
Die im Juni und Juli 2013 ausgezahlten Raten aus dem Studienkredit in Höhe von jeweils 800 Euro stellen kein zu berücksichtigendes Einkommen dar. Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II in der bis zum 31.7.2016 geltenden Fassung sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen. Einkommen ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält (stRspr; vgl BSG vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23; BSG vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 18; zuletzt etwa BSG vom 24.6.2020 - B 4 AS 9/20 R, zur Veröffentlichung in SozR 4-4200 § 11 Nr 88 vorgesehen, RdNr 24). Ein "wertmäßiger Zuwachs" liegt dann vor, wenn die Einnahme eine Änderung des Vermögensstandes bewirkt. Nach Sinn und Zweck der Regelungen zur Einkommensberücksichtigung muss der Zuwachs an Mitteln dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleiben, denn nur dann lässt er seine Hilfebedürftigkeit dauerhaft entfallen (BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 46/09 R - BSGE 106, 185 = SozR 4-4200 § 11 Nr 30, RdNr 16; BSG vom 20.12.2011 - B 4 AS 46/11 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 45 RdNr 16; BSG vom 16.2.2012 - B 4 AS 94/11 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 48 RdNr 18).
Ein Darlehen, das an den Darlehensgeber zurückzuzahlen ist, stellt als lediglich vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung kein Einkommen dar (BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 46/09 R - BSGE 106, 185 = SozR 4-4200 § 11 Nr 30, RdNr 16, zum Darlehen von Verwandten). Dies gilt zum einen unabhängig davon, ob es zur Deckung des Lebensunterhalts verwendet werden kann. Zum andern ist, anders als vom BVerwG für die Sozialhilfe angenommen, nach der Rechtsprechung des BSG im Regelungszusammenhang des SGB II auch ohne Bedeutung, ob es sich bei dem Darlehen um eine sog "Nothilfeleistung" im Falle nicht rechtzeitiger Leistung durch den Grundsicherungsträger handelt (BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 46/09 R - BSGE 106, 185 = SozR 4-4200 § 11 Nr 30, RdNr 17 mwN).
Dieses Ergebnis wird gesetzessystematisch gestützt durch § 11 Abs 1 Satz 2 SGB II aF (seit 1.8.2016 § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II), wonach "auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen", als Einkommen zu berücksichtigen sind. Mit dieser zum 1.4.2011 durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung anderer Vorschriften des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) eingefügten Regelung sollte nach den Gesetzesmaterialien klargestellt werden, dass zufließende Darlehensbeträge aus Sozialleistungen Einnahmen darstellen (BT-Drucks 17/3404 S 94). Eine entsprechende Regelung für Privatdarlehen ist seinerzeit - obwohl das Urteil des BSG zum Verwandtendarlehen vom 17.6.2010 (B 14 AS 46/09 R - BSGE 106, 185 = SozR 4-4200 § 11 Nr 30) bekannt war - im Rahmen dieser Reform und im Übrigen auch bei der späteren Änderung des § 11 Abs 1 SGB II zum 1.8.2016 durch das sog Rechtsvereinfachungsgesetz vom 26.7.2016 (BGBl I 1824) unterblieben, was im Rückschluss für die Nichtanrechenbarkeit solcher Darlehen spricht (vgl Geiger in LPK-SGB II, 7. Aufl 2020, § 11 RdNr 59; Söhngen in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl 2020, § 11 RdNr 57, Stand 26.6.2020; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 11 RdNr 217, Stand XII 2019). Denn die besondere Erwähnung nur darlehensweise erbrachter Sozialleistungen wäre, worauf das LSG zur Recht hinweist, überflüssig, wenn ohnehin alle darlehensweisen Zuflüsse Einkommen darstellen würden.
Daran gemessen sind die Zahlungen der Bank an die Klägerin kein Einkommen. Rechtsgrundlage dafür war der Vertrag vom März 2012 über einen Studienkredit. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG zu dessen Inhalt handelt es sich um einen Darlehensvertrag, wonach die monatlich bis Dezember 2013 ausgezahlten Darlehensleistungen von der Klägerin zuzüglich Zinsen und Bearbeitungskosten zum 30.12.2014 zur Rückzahlung fällig waren. Die Auszahlungen an die Klägerin waren daher nicht geeignet, ihr Vermögen dauerhaft zu vermehren, also nach den aufgezeigten Maßstäben kein Einkommen. Der Darlehensvertrag war zudem zwischen Privatrechtssubjekten abgeschlossen worden, der Klägerin und der als AG errichteten Bank, die nicht mit öffentlichen Aufgaben betraut ist. Dem weiteren Inhalt lassen sich auch keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass öffentlich-rechtliche Vorschriften, wie der Beklagte vorbringt, für den Vertrag von Bedeutung wären. Ob andere Kredite auf einer abweichenden rechtlichen Grundlage - etwa ein Förderkredit der als Anstalt des öffentlichen Rechts begründeten Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW-Bank) - öffentlich-rechtlichen Charakter haben können, war vor diesem Hintergrund nicht zu entscheiden. Die hier zu beurteilenden Zahlungen sind jedenfalls keine öffentlich-rechtlichen Leistungen und damit auch keine darlehensweise gewährte Sozialleistungen iS von § 11 Abs 1 Satz 2 SGB II aF.
Nichts anderes folgt aus der Entscheidung des Senats zur Berücksichtigung des Darlehensanteils des Unterhaltsbeitrags nach dem AFBG, dem sog "Meister-BAföG" (BSG vom 16.2.2012 - B 4 AS 94/11 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 48). Denn bei dieser Leistung handelt es sich unzweifelhaft um eine öffentlich-rechtliche Leistung, deren Berücksichtigung als Einkommen das BSG aus der besonderen Zielrichtung der Förderung abgeleitet hat. Mit einem privatrechtlichen Darlehen der vorliegenden Art ist der Unterhaltsbeitrag nach dem AFBG nicht vergleichbar.
Anders als der Beklagte meint, kommt der Zweckbestimmung des Bankdarlehens auch unter Berücksichtigung von § 11a Abs 3 Satz 1 SGB II keine entscheidungserhebliche Relevanz zu. Die Vorschrift bestimmt allein für öffentlich-rechtliche Leistungen bei einer dem Zweck der Leistungen nach dem SGB II abweichenden Zweckbestimmung, dass solche nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind. Abgesehen davon, dass die Zahlungen hier schon keine öffentlich-rechtlichen Leistungen sind, setzt die Anwendung von § 11a Abs 3 SGB II systematisch voraus, dass es sich bei der Leistung überhaupt um Einkommen iS von § 11 Abs 1 SGB II handelt, was nicht der Fall ist.
Die Auffassung des Beklagten zur Berücksichtigungspflicht von zur Bestreitung des Lebensunterhalts vorgesehener Darlehen als Einkommen widerspricht im Übrigen Aufgabe und Ziel der Grundsicherung. Nach § 1 Abs 2 Satz 1 SGB II soll ua die Eigenverantwortung von Leistungsberechtigten gestärkt werden. Davon ist nach § 20 Abs 1 Satz 4 SGB II ausdrücklich umfasst, eigenverantwortlich zu entscheiden, wie Grundsicherungsleistungen konkret verwendet werden, was wiederum mit dem Regelungskonzept des SGB II korrespondiert, nach dem einzelne Bedarfe - anders als noch als nach dem Bundessozialhilfegesetz - pauschal befriedigt werden (vgl nur Lenze in LPK-SGB II, 7. Aufl 2020, § 20 RdNr 23 ff; Behrend in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl 2020, § 20 RdNr 27 ff, Stand 2.7.2020). Voraussetzung für eigenverantwortliches Handeln in diesem Sinne ist indessen die Freiheit, Grundsicherungsleistungen auch für Bedarfe einzusetzen, die nicht oder nicht vollständig durch die gewährten Leistungen abgedeckt sind. In einem gewissen Umfang geschieht dies etwa bezogen auf höhere (iS von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II "unangemessene") Bedarfe für Kosten der Unterkunft. So betrug im Jahr 2018 nach Auskunft der Bundesregierung auf eine Anfrage im Bundestag die Differenz von tatsächlichen und anerkannten Kosten der Unterkunft und Heizung bundesweit etwa 538 Millionen Euro und betraf ca 546 000 Bedarfsgemeinschaften (vgl BT-Drucks 19/13029 S 3).
Gelingt es dem Leistungsempfänger Darlehen zur Finanzierung weitergehender Bedarfe zu erhalten, was insbesondere bei einer günstigen Eingliederungsprognose nicht fernliegend ist, darf dies nicht den Grundsicherungsträger entlasten. Wäre das der Fall, würde sich die Aufnahme eines Darlehens in der Regel für Leistungsempfänger als wirtschaftlich sinnlos erweisen. Diese setzen sich persönlich einer Rückzahlungspflicht aus, ohne letztlich mehr Mittel zur Verfügung zu haben. Dementsprechend vermögen auch Einsparungen, die der Leistungsempfänger bei einzelnen Bedarfen des Lebensunterhalts vornimmt, um Leistungen anderweitig zu verwenden, nicht den Leistungsträger zu entlasten, weil es dem Konzept pauschaler Befriedigung von Bedarfen widersprechen würde.
Schließlich reicht auch der in § 2 Abs 2 SGB II verankerte sog Selbsthilfegrundsatz (dazu letztens BSG vom 24.6.2020 - B 4 AS 9/20 R, zur Veröffentlichung in SozR 4-4200 § 11 Nr 88 vorgesehen, RdNr 33) nicht so weit, dass es den Leistungsberechtigten faktisch untersagt ist, ungedeckte Bedarfe durch Verbraucherdarlehen zu finanzieren. Vielmehr ist es ihnen trotz des Bezugs von Grundsicherungsleistungen gestattet, ihren Lebensstandard - wie es die Klägerin hier getan hat - für die Übergangszeit des Leistungsbezugs durch Darlehen, die alleine sie selbst irgendwann zurückzuzahlen haben, auf einem Niveau zu erhalten, das unabhängig von der Höhe der Grundsicherungsleistungen nach dem SGB ist. Eine unausgesprochene "Deckelung" des Lebensstandards auf diese Höhe ist dem SGB II insofern nicht zu entnehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.