Sozialversicherungspflicht -bzw -freiheit - ehrenamtlicher Ortsvorsteher im Freistaat Sachsen - organschaftliche Stellung - ideeller Zweck - Unentgeltlichkeit - Aufwandsentschädigung
1. Normativ als Ehrenamt eingeordnete Tätigkeiten, die Ausfluss einer organschaftlichen Stellung in der kommunalen Selbstverwaltung sind, erfüllen nicht die Voraussetzungen einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt, wenn sie durch ideelle Zwecke und Unentgeltlichkeit geprägt sind.
2. Eine Aufwandsentschädigung begründet keine Vergütungserwartung, wenn sie die mit dem Ehrenamt verbundenen Kosten und Aufwände nicht evident überschreitet und einem Vergleich mit normativen Pauschalen für ehrenamtliche Tätigkeiten, auch außerhalb des Sozialversicherungsrechts, standhält (Fortführung von BSG vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R = BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr 31 <Kreishandwerksmeister>).
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 21. Februar 2019 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 1380,24 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Pflicht der klagenden Stadt, für die zu 1. bis 3. beigeladenen Ortsvorsteher (im Folgenden: Beigeladene) Pauschalbeiträge in Höhe von (iHv) insgesamt 1380,24 Euro für die Zeit vom 1.1.2002 bis zum 31.12.2005 zu zahlen.
Die Gemeinden S und H wurden 1994/1999 Ortsteile der klagenden Stadt. Dem jeweiligen Ortschaftsrat oblag im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel die Wahrnehmung der in der Sächsischen Gemeindeordnung (SächsGemO) und der Hauptsatzung der Klägerin im Einzelnen aufgezählten Angelegenheiten. Der vom Ortschaftsrat zu wählende Ortsvorsteher war dessen Vorsitzender und Ehrenbeamter auf Zeit. Die beigeladenen Ortsvorsteher erhielten ein Viertel der nach Landesrecht einem ehrenamtlichen Bürgermeister einer Gemeinde mit einer der Ortschaft vergleichbaren Einwohneranzahl zu zahlenden Aufwandsentschädigung. Ihre Aufgaben bestanden darin, Sitzungen des Ortschaftsrats vorzubereiten, durchzuführen sowie zu leiten, als Verbindungsglied zwischen Ortsbürgern und Stadtverwaltung aufzutreten und Anliegen der Bürger an den Ortschaftsrat heranzutragen. Sie vertraten die Bürgermeisterin der klagenden Stadt ständig bei der Umsetzung der Beschlüsse des Ortschaftsrats und hatten ihr jederzeit in Sitzungen des Ortschaftsrats das Wort zu erteilen. Die Ortsvorsteher konnten Beschlüssen des Ortschaftsrats widersprechen, wenn sie sie für rechtswidrig hielten. Die Bürgermeisterin konnte den Ortsvorstehern Weisungen erteilen, soweit sie durch diese vertreten wurde, Beschlüsse des Ortschaftsrats für rechtswidrig hielt oder die Ortsvorsteher im Rahmen ihrer Eilkompetenz anstelle des Ortschaftsrats handelten.
Der Beigeladene zu 1. war von Januar 2002 bis Dezember 2005 Ortsvorsteher der Ortschaft H und erhielt eine Aufwandsentschädigung von 249,26 Euro (2002) bzw 249,25 Euro (2003 - 2004) sowie 221,25 Euro (2005) monatlich. Der Beigeladene zu 2. war von Januar 2002 bis einschließlich Juli 2004 Ortsvorsteher des Ortsteils S und erhielt zunächst monatlich 221,13 Euro (2002) und später 221,25 Euro (2003 und 2004). Der Beigeladene zu 3. war in der Zeit von September 2004 bis Dezember 2005 dort Ortsvorsteher und erhielt 221,25 Euro monatlich.
Die Beklagte setzte die für die Zeit vom 1.1.2002 bis 31.12.2005 für die Beigeladenen zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge auf 1380,24 Euro fest. Dabei ließ sie einen Freibetrag von 154 Euro monatlich pro Ortsvorsteher beitragsfrei (Betriebsprüfungsbescheid vom 15.12.2006, Widerspruchsbescheid vom 10.3.2008).
Das SG Chemnitz hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben (Urteil vom 13.6.2013). Das Sächsische LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 21.2.2019). Die Beigeladenen seien nicht abhängig beschäftigt gewesen. Als Ehrenbeamte auf Zeit seien sie nicht den Weisungen der Klägerin unterworfen gewesen. Ihre Tätigkeit habe hauptsächlich darin bestanden, die rechtsfähige Organisation Ortschaftsrat durch Zuordnung rechtsverbindlichen menschlichen Verhaltens handlungsfähig zu machen. Das Weisungsrecht der Bürgermeisterin sei durch das organschaftliche Verständnis der Ortsvorstehertätigkeit geprägt, sodass eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin in den Hintergrund trete. Dafür spreche auch, dass die Tätigkeit nicht durch Kündigung, sondern nur im Wege eines Abwahlverfahrens hätte beendet werden können. Dass nicht nur Repräsentationsaufgaben, sondern auch Verwaltungsaufgaben wahrgenommen worden seien, sei nach der fortentwickelten Rechtsprechung des BSG zur ehrenamtlichen Betätigung unschädlich. Die Ortsvorstehertätigkeit sei nicht für jedermann frei zugänglich gewesen. Sie könne nur von einem nach der Gemeindeordnung gewählten Ehrenamtsträger ausgeübt werden. Mit der Aufwandsentschädigung iHv nur einem Viertel derjenigen eines ehrenamtlichen Bürgermeisters habe der durch das Amt verursachte erhöhte persönliche Aufwand abgedeckt werden sollen. Eine darüber hinausgehende Aufwandsentschädigung sei nach der maßgeblichen Landesverordnung ausdrücklich ausgeschlossen gewesen. Die Aufwandsentschädigung habe nur der Aktivierung bürgerschaftlichen Engagements in der kommunalen Selbstverwaltung gedient.
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 7 SGB IV. Weder ein Rechtsverhältnis als Ehrenbeamter noch die Organstellung in einer juristischen Person des öffentlichen Rechts schließe eine abhängige Beschäftigung aus. Ob die weisungsgebundene Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben eine Tätigkeit prägten, sei durch Würdigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen. Das LSG gehe von einem unrichtigen Prüfungsmaßstab aus, wenn es gleichzeitig die Beamtenstellung bejahe und die Arbeitnehmereigenschaft der Beigeladenen prüfe, obwohl Arbeitnehmer nicht mit Beschäftigten gleichzusetzen seien. Auch sei die Rechtsprechung des Senats zum ehrenamtlichen Kreishandwerksmeister nicht auf die Tätigkeit von Organen juristischer Personen übertragbar. Die Ortsvorstehertätigkeit sei zudem für jedermann mit passivem Wahlrecht zugänglich.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Sächsischen Landessozialgerichts vom 21. Februar 2019 und des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. Juni 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist unbegründet.
Das LSG hat zu Recht die Berufung gegen das die angefochtenen Verwaltungsakte aufhebende Urteil des SG zurückgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 15.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.3.2008 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin ist nicht verpflichtet, für die Beigeladenen Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung aufgrund geringfügiger Beschäftigung (§ 249b Abs 1 Satz 1 SGB V in der Fassung <idF> des Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24.3.1999, BGBl I 388, und des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4621; § 172 Abs 3 Satz 1 SGB VI idF der Bekanntmachung vom 19.2.2002, BGBl I 754) zu zahlen. Nach den zu § 7 SGB IV geltenden Maßstäben (dazu 1.) waren die Beigeladenen in den streitgegenständlichen Zeiträumen in ihrer Tätigkeit als Ortsvorsteher nicht beschäftigt (dazu 2.). Dem steht nicht die Höhe der gezahlten Aufwandsentschädigung entgegen (dazu 3.).
1. Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander noch müssen sie stets kumulativ vorliegen. Eine Eingliederung geht nicht zwingend mit einem umfassenden Weisungsrecht einher. Die in § 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV genannten Merkmale sind schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nur "Anhaltspunkte" für eine persönliche Abhängigkeit, also im Regelfall typische Merkmale einer Beschäftigung und keine abschließenden Bewertungskriterien (vgl hierzu und zur Abgrenzung zu § 611a BGB näher BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R - BSGE 128, 191 = SozR 4-2400 § 7 Nr 42, RdNr 29 f). Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden. Dabei ist regelmäßig vom Inhalt des die Beteiligten verbindenden Rechtsverhältnisses auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Allerdings bedarf es nicht notwendig schriftlicher Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Beschäftigtem, vielmehr kann sich die abhängige Beschäftigung auch aus den das Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten regelnden Normen und Verträgen ergeben (vgl BSG Urteil vom 23.2.2021 - B 12 R 15/19 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 54 RdNr 13, 19 auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
Diese Abgrenzungsmaßstäbe gelten grundsätzlich auch für Tätigkeiten, die mit der Organstellung innerhalb einer juristischen Person verbunden sind (BSG Urteil vom 23.2.2021 - B 12 R 15/19 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 54 RdNr 15 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Der Status als Ehrenbeamter schließt die abhängige Beschäftigung ebenso wenig aus wie die Stellung als Organ oder Organteil einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (stRspr; vgl BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 12/05 R SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 15 mwN) oder die Wahrnehmung von Arbeitgeberfunktionen (BSG Urteil vom 23.2.2021, aaO).
Von diesen Maßstäben zur Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Organe von Körperschaften öffentlichen Rechts ist der Senat in seinem Urteil vom 16.8.2017 (B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr 31 <Kreishandwerksmeister>) nicht abgewichen. Er hat allerdings klargestellt, dass die Einordnung einer solchen Tätigkeit nicht schematisch danach erfolgt, ob nur Repräsentations- oder auch Verwaltungsaufgaben wahrgenommen werden. Vielmehr ist auch insoweit anhand der Umstände des Einzelfalls zu überprüfen, ob die Tätigkeit weisungsgebunden ausgeübt wird und/oder der Organträger in die Strukturen der Körperschaft in prägender Weise eingegliedert ist. Die mit einem Wahlamt verbundenen Repräsentationsaufgaben wie zB die Tätigkeit als Vorsitzender des Ortschaftsrats, Sprachrohr der Bürger gegenüber der Stadt und Vertreter der Bürger gegenüber dem Einzelnen obliegen allerdings typischerweise nur dem Amtsinhaber und sind nicht frei zugänglich. Dasselbe gilt für zu deren Ausübung erforderliche Verwaltungstätigkeiten wie zB die Einberufung von Sitzungen, Erstellung des Haushaltsplans (vgl BSG, aaO, RdNr 27) oder Ausfertigung von Beschlüssen. In diesen Tätigkeiten sind die Amtsinhaber nur dem Wähler verantwortlich und als solche nicht weisungsgebunden und nicht eingegliedert.
Demgegenüber werden die darüber hinausgehenden Verwaltungsaufgaben, die ihrer Art nach auch durch Dritte ausgeübt oder an diese delegiert werden können (vgl BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr 31, RdNr 26 f) regelmäßig in Eingliederung und weisungsgebunden ausgeübt. Die Unterscheidung von Repräsentations- und Verwaltungsaufgaben ist damit zwar für die Statusabgrenzung nicht (mehr) entscheidend, hat ihre Bedeutung insofern aber nicht vollständig verloren. Charakteristisch für die nicht notwendig durch den gewählten Amtsinhaber zu erledigenden Verwaltungsaufgaben ist insbesondere eine arbeitsteilige Inanspruchnahme der Organisationsstrukturen des Dienstgebers, auch neben weisungsfreien Aufgaben. Entscheidend für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung ist, ob dieser Aufgabenbereich die Tätigkeit prägt, was in einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls einschließlich des Ausmaßes der finanziellen Zuwendungen (dazu 3.) zu beurteilen ist. Diese Maßstäbe gelten auch in der kommunalen Selbstverwaltung.
2. Gemessen daran waren die Beigeladenen in ihrer Tätigkeit als Ortsvorsteher nicht bei der Klägerin beschäftigt. Weder ihre Ernennung zu Ehrenbeamten auf Zeit (dazu a) noch ihre kommunal(verfassungs)rechtliche Organstellung (dazu b) war mit einer Weisungsgebundenheit (dazu c) oder einer Eingliederung (dazu d) verbunden. Ebenso wenig stand eine Erwerbsabsicht im Vordergrund (dazu 3.).
a) Eine beitragspflichtige Beschäftigung der Beigeladenen ist nicht schon allein deshalb ausgeschlossen oder anzunehmen, weil sie als Ortsvorsteher zugleich Ehrenbeamte auf Zeit waren. Die Versicherungsfreiheit als Beamte (vgl § 5 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und Nr 2, Satz 2 SGB VI idF der Bekanntmachung vom 19.2.2002, BGBl I 754; § 6 Abs 1 Nr 2 SGB V) scheidet aus, denn mit der Stellung als Ehrenbeamte auf Zeit war weder eine Versorgungsanwartschaft noch ein Anspruch auf Heilfürsorge oder Beihilfe verbunden. Die Beklagte weist zwar zutreffend auf das in diesen Bestimmungen zum Ausdruck kommende Grundverständnis des Gesetzgebers hin, dass auch (Berufs-)Beamte eine abhängige Beschäftigung für ihren Dienstherrn ausüben (vgl BSG Urteil vom 27.1.2010 - B 12 KR 3/09 R - SozR 4-4300 § 27 Nr 5 RdNr 14). Beide Vorschriften setzen jedoch die Beschäftigung voraus, ordnen Beamte aber nicht selbst ausnahmslos als Beschäftigte im Sinne des SGB ein und entbinden damit nicht von der Prüfung der in § 7 SGB IV normierten Tatbestandsvoraussetzungen.
b) Bei der Statusbeurteilung der Ehrenbeamten von Städten und Gemeinden kommt der Ausgestaltung des Amts durch das Kommunalverfassungsrecht des betroffenen Bundeslandes, kommunale Satzungen und die Tätigkeit gegebenenfalls regelnde öffentlich-rechtliche Verträge maßgebende Bedeutung zu. Das Rechtsverhältnis der beigeladenen Ortsvorsteher mit der klagenden Stadt hat seine Rechtsgrundlage in deren Wahl durch den Ortschaftsrat und der anschließenden Ernennung zu Ehrenbeamten auf Zeit. Ihr wesentliches Gepräge erhielt die damit einhergehende Tätigkeit nicht durch vertragliche Vereinbarungen zwischen den Beigeladenen und der klagenden Stadt, sondern durch die das Amt des Ortsvorstehers regelnden Normen des Kommunalverfassungsrechts des Landes Sachsen. In der an diesen, vom LSG festgestellten Normen ausgerichteten Tätigkeit als Ortsvorsteher waren die Beigeladenen weder gegenüber der Klägerin weisungsgebunden noch in deren Verwaltungsabläufe eingegliedert.
c) Die Beigeladenen standen bei ihrer Tätigkeit als Ortsvorsteher nicht in einer persönlichen Abhängigkeit zur Klägerin. Zu ihren organschaftlichen Aufgaben gehörte es, die Sitzungen des Ortschaftsrats vorzubereiten, zu leiten und durchzuführen, in Kontakt mit den Bürgern der jeweiligen Ortschaft zu treten und deren Anliegen an den Ortschaftsrat heranzutragen sowie als Verbindungsstelle zwischen Stadtverwaltung und Ortsbürgern aufzutreten. Dabei waren sie weder im Hinblick auf den Ort noch auf die Zeit und Art ihrer Tätigkeit weisungsgebunden. Insbesondere ist weder vom LSG festgestellt worden noch ersichtlich, dass die Beigeladenen bei der Einberufung der Sitzungen des Ortschaftsrats nebst Aufstellung der Tagesordnung oder der Sitzungsleitung den Weisungen der Bürgermeisterin oder des Stadtrats unterlegen hätten.
Bei der allgemeinen Bindung der Ortsvorsteher an die Beschlüsse des Ortschaftsrats handelt es sich nicht um eine Weisung iS des § 7 SGB IV. Deren Beachtung ist vielmehr Ausfluss der normativen Aufgabenverteilung zwischen Ortsvorsteher und Ortschaftsrat (vgl BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr 31, RdNr 22 f, kritisch Kluth NZS 2018, 553). Das nach der SächsGemO vorgesehene Rederecht der Bürgermeisterin in den Sitzungen des Ortschaftsrats betraf diesen insgesamt und ist ebenfalls Ausfluss der Ortschaftsverfassung, also der Organstellung und damit verbundenen Verantwortung der Bürgermeisterin für die Stadt als Ganzes.
Die Bürgermeisterin konnte die beigeladenen Ortsvorsteher nach § 68 SächsGemO zwar anweisen, rechtswidrigen Beschlüssen des Ortschaftsrats zu widersprechen und in Eilfällen anstelle des Ortschaftsrats zu entscheiden. Auch diese Handlungsanweisungen sind aber nicht durch die ein Arbeitsverhältnis typischerweise prägende Weisungsbefugnis des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern bedingt, sondern wiederum Ausfluss der Stellung als Vorsitzender des Ortschaftsrats und der mit der Organstellung einhergehenden Eilentscheidungsbefugnis anstelle des Ortschaftsrats. Als Vorsitzende des Ortschaftsrats, Organ der Ortschaft und der damit verbundenen Stellung als Ehrenbeamte war ihnen die im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Verantwortung für die Rechtmäßigkeit des Handelns des Ortschaftsrats übertragen.
Auch die Bindung an Weisungen der Bürgermeisterin im Rahmen ihrer ständigen Vertretung bei der Umsetzung von Beschlüssen des Ortschaftsrats führt zu keinem anderen Ergebnis. Diese ständige Vertretung prägte nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) die Tätigkeit der Ortsvorsteher nicht. Die Ortsvorsteher gaben - so das LSG - nur der "Organisation Ortschaftsrat" ein Gesicht und machten diesen "durch Zuordnung rechtsverbindlichen menschlichen Verhaltens handlungsfähig". Die Tätigkeit der Beigeladenen war danach hier maßgeblich durch ihre Funktion als Sprachrohr der Bürger im Ortschaftsrat und das Einbringen von Themen geprägt, die die Bürger bewegten und in den Aufgabenbereich des Ortschaftsrats fielen.
Die Beigeladenen waren zudem nicht ordentlich kündbar, sondern mussten im Wege eines gesondert geregelten Verfahrens abgewählt werden, das an enge Voraussetzungen geknüpft war.
d) Die Beigeladenen waren auch nicht in einer für eine Beschäftigung typischen Art fremdbestimmt in die Verwaltungsstruktur der Klägerin eingebunden. Die Eingliederung in die Arbeitsabläufe einer Gemeinde setzt voraus, dass die Tätigkeit innerhalb der Organisationsabläufe der Kommune erbracht wird, also deren Einrichtungen sowie Betriebsmittel genutzt werden und arbeitsteilig mit dem Personal in vorgegebenen Verwaltungsstrukturen zusammengearbeitet wird (vgl BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R - BSGE 128, 191 = SozR 4-2400 § 7 Nr 42, RdNr 32). Daran fehlt es hier. Ob die Beigeladenen die Sitzungen alleine oder unter Inanspruchnahme der Verwaltung der Klägerin vor- und nachbereiteten (Einladung, Bereitstellung von Räumlichkeiten, Abfassen der Protokolle), kann dahingestellt bleiben, denn diese Tätigkeit war Ausfluss ihrer Stellung als Vorsitzende des Ortschaftsrats (vgl BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr 31, RdNr 27). Selbst wenn sie sich zur Umsetzung von Beschlüssen an die Stadtverwaltung wenden konnten, ergeben sich aus den Feststellungen des LSG keine Anhaltspunkte dafür, dass die beigeladenen Ortsvorsteher in die Organisationsstrukturen der Stadtverwaltung eingebunden waren. Das LSG hat vielmehr für den Senat bindend festgestellt, dass die Tätigkeit der Beigeladenen sich in der Durchführung von sechs bis sieben Ortschaftsratssitzungen pro Jahr, der Funktion als Verbindungsglied zwischen Bürgern und Ortschaftsrat bzw Stadtverwaltung sowie der Herstellung der Handlungsfähigkeit des Ortschaftsrats im Rahmen der kommunalrechtlichen Vorgaben erschöpfte. Eine Eingliederung in die Verwaltungsorganisation der Klägerin ergibt sich daraus nicht.
3. Schließlich folgt auch aus der monatlichen Zahlung fester Beträge nicht die Zuordnung der Ortsvorstehertätigkeit zum rechtlichen Typus der Beschäftigung. Kennzeichnend für die persönliche Abhängigkeit Beschäftigter ist, dass sie ihre Arbeitsleistung auf der Grundlage eines Rechtsverhältnisses erbringen, um als Gegenleistung dafür eine Entlohnung zu erhalten, sodass die Arbeitsleistung bei objektiver Betrachtung zu Erwerbszwecken erbracht wird (BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2500 § 7 Nr 31, RdNr 17). Eine - wie hier - sozialversicherungsfreie ehrenamtliche Tätigkeit erhält demgegenüber ihr Gepräge durch ihre ideellen Zwecke und Unentgeltlichkeit.
Das Gesetz bezieht Beschäftigte im Sinne individueller Vorsorge einerseits und zum Schutz der Allgemeinheit vor mangelnder Eigenvorsoge des Einzelnen andererseits in die einzelnen Zweige der Sozialversicherung ein und ordnet dazu Versicherungs- und Beitragspflicht an. Das Sozialversicherungsverhältnis als solches erfordert, dass aus der Beschäftigung Erwerbseinkommen erzielt wird, aus dem sozial angemessene Beiträge zur Finanzierung des jeweiligen Systems geleistet werden können (vgl § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV). Die Unentgeltlichkeit eines Ehrenamts ist hingegen Ausdruck dafür, dass keine Erwerbsabsicht im Vordergrund steht, weil es seiner Art oder den Umständen nach mit keiner berechtigten Vergütungserwartung verbunden ist. Finanzielle Zuwendungen in Form von Aufwendungsersatz für konkrete oder pauschal berechnete Aufwände einschließlich eines Ausgleichs für die übernommene Verpflichtung und einer gewissen Anerkennung der ehrenamtlichen Tätigkeit hindern die Sozialversicherungsfreiheit nicht (BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr 31, RdNr 30 ff).
Die Erwerbsmäßigkeit beurteilt sich dabei nicht aus der subjektiven Sicht des Einzelnen; das ehrenamtliche Engagement ist objektiv abzugrenzen. Dazu ist zu klären, was vom ehrenamtlich Tätigen im konkreten Fall normativ oder mangels rechtlicher Regelung nach allgemeiner Verkehrsanschauung ohne Entlohnung seiner Arbeitskraft erwartet werden kann. Die Verrichtung von Tätigkeiten zur Verfolgung eines ideellen Zwecks ohne Erwerbsabsicht muss objektiv erkennbar vorliegen; die gewährte Aufwandsentschädigung darf sich nicht als verdeckte Entlohnung einer Erwerbsarbeit darstellen (BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr 31, RdNr 34). Insoweit sieht der Senat bei der gebotenen Einzelfallbetrachtung keine Möglichkeit, eine für alle Tätigkeiten gleichermaßen geltende Grenze der Unentgeltlichkeit vorzugeben. Die Bestimmung einer festen Grenze der sozialversicherungsrechtlichen Schutzbedürftigkeit auch des nach Normen außerhalb des Sozialversicherungsrechts ehrenamtlich Tätigen ist Sache des Gesetzgebers. Ohne eine solche gesetzlich vorgegebene Grenze bedarf es unter Einbeziehung des mit der Aufwandsentschädigung berücksichtigten Aufwands, der mit der Tätigkeit gegebenenfalls verbundenen Kosten und eines Vergleichs mit normativen Pauschalen für ehrenamtliche Tätigkeiten in anderen Bereichen, auch außerhalb des Sozialversicherungsrechts, einer Gesamtwürdigung der im Einzelfall festzustellenden Umstände. Auf deren Grundlage kann eine Evidenzkontrolle Aufschluss darüber geben, ob noch eine ehrenamtliche Entschädigung zum Ausgleich von Beschwernissen und Einbußen angenommen werden kann oder eine solche offensichtlich überschritten ist und damit eine verdeckte Entlohnung vorliegt (vgl BSG Urteil vom 23.2.2021 - B 12 R 15/19 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 54 RdNr 35, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
Nach diesen Kriterien erbrachten die Ortsvorsteher keine Arbeitsleistung mit dem Ziel, als Gegenleistung eine Entlohnung zu erhalten. Ihre Tätigkeit wurde bei objektiver Betrachtung nicht zu Erwerbszwecken verrichtet, sondern erhielt ihr Gepräge durch die dem gemeinnützigen Wahlamt innewohnenden ideellen Zwecke und Unentgeltlichkeit. Das sächsische Kommunalverfassungsrecht setzte nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) die Ehrenamtlichkeit der Tätigkeit normativ voraus. Bei den hierfür nach der Satzung der Klägerin gewährten Zuwendungen an die Beigeladenen handelt es sich um eine pauschalierte Aufwandsentschädigung und nicht um eine (verdeckte) Entlohnung (dazu a). Auch die Höhe der finanziellen Zuwendungen führt im Rahmen der Evidenzkontrolle nicht zu einer beitragspflichtigen Entlohnung (dazu b).
a) Die finanziellen Zuwendungen an die Beigeladenen stellen ihrer Art nach keine Vergütung, sondern eine den beitragsrechtlichen Maßstäben genügende Ehrenamtsentschädigung dar. Die Aufwandsentschädigung hatte nach den Feststellungen des LSG den Zweck, die über Art 28 Abs 2 GG garantierte Funktion der kommunalen Selbstverwaltung zu gewährleisten, die auch die Aktivierung bürgerschaftlichen Engagements umfasst. Die Satzung der Klägerin sah für die Ortsvorsteher eine Aufwandsentschädigung iHv einem Viertel der einem Bürgermeister einer der Größe des Ortsteils entsprechend großen Gemeinde zustehenden Entschädigung vor. Sie glich den gesamten mit der Ortsvorstehertätigkeit verbundenen Aufwand aus. Weitergehender Aufwendungsersatz, Sitzungsgelder oder sonstige Leistungen, die Mitgliedern anderer Organe der Klägerin gewährt wurden, waren damit abgedeckt. Aus diesem Regelungsgefüge ist eine verdeckte Vergütung nicht evident. Die Klägerin knüpft zwar nicht an die konkrete Höhe bestimmter tatsächlich entstandener Sachaufwendungen, wohl aber an den mit der Tätigkeit zu erwartenden Aufwand etwa durch Vor- und Nachbereitung von Sitzungen, Telefongespräche, Repräsentationsaufgaben usw an.
Auch der Vergleich der den Beigeladenen gewährten Entschädigung mit derjenigen für die Stadt- und Ortschaftsräte trägt den Schluss des LSG, dass hier keine über die Anerkennung des Ehrenamts hinausgehende Vergütung gewährt wurde. Die Entschädigung geht zwar über die Entschädigung für Ortschaftsräte von 16 Euro pro Sitzung deutlich hinaus, sie umfasste aber daneben den zusätzlichen finanziellen Aufwand für die Vor- und Nachbereitung der Sitzungen, das Erfassen der Anliegen der Bürger, deren Repräsentation und die Teilnahme an Sitzungen des Stadtrats, für die den Ortschaftsräten eine gesonderte Entschädigung zustand.
b) Die Höhe der gewährten Zahlungen legt ebenfalls eine (verdeckte) Vergütung nicht nahe. Die gewährte Pauschale orientiert sich an der Pauschale für ehrenamtliche Bürgermeister im sächsischen Aufwandsentschädigungsrecht. Sie ist allerdings auf ein Viertel und damit auf einen geringeren Betrag reduziert, als das Einkommensteuerrecht für ehrenamtliche Bürgermeister steuerfrei lässt (ein Drittel § 3 Nr 12 Satz 2 EStG iVm R 3.12 S 2342 LStH 2002, 2003, 2004, 2005). Einem Vergleich mit dem schon von der Beklagten herangezogenen, von der Finanzverwaltung verwendeten Mindestbetrag von 154 Euro, bis zu dem Aufwandsentschädigungen ohne Nachweis der tatsächlichen Aufwendungen mindestens steuerfrei bleiben, hält die hier gewährte Aufwandsentschädigung stand. Jedenfalls geht sie nicht in einem Ausmaß über diesen Mindestbetrag hinaus, dass Zweifel an einer ehrenamtlichen Tätigkeit aufkommen.
Auch das Verhältnis der gezahlten Aufwandsentschädigung zum Umfang der Tätigkeit von weniger als 15 Stunden wöchentlich legt eine Vergütung nicht nahe. Das LSG hat zwar nicht festgestellt, wie viele Stunden wöchentlich die Beigeladenen tatsächlich als Ortsvorsteher tätig waren. Deren Tätigkeit beschränkte sich aber nicht auf die Teilnahme an sechs bis sieben Sitzungen jährlich, sondern ging zeitlich deutlich darüber hinaus. Normativ waren die Ortsvorsteher auch zur Teilnahme an den Sitzungen des Stadtrats berechtigt. Die Funktion als Sprachrohr der Bürger im Ortschaftsrat und gegenüber der Stadt setzte darüber hinaus den unmittelbaren Kontakt mit den Bürgern, zB im Rahmen von Veranstaltungen, Geburtstagen usw, am Telefon sowie über elektronische Medien, voraus. Die gezahlte Aufwandsentschädigung hat daher der Anerkennung der ehrenamtlichen Tätigkeit gedient, nicht aber einen über den Ausgleich tatsächlich entstehender Aufwendungen hinausgehenden Zweck verfolgt, der der Einordnung der Tätigkeit als ehrenamtlich entgegenstehen würde. Anhaltspunkte dafür, dass die gezahlte Ehrenamtsentschädigung über die hauptamtlichen Bürgermeistern kleiner bis mittlerer sächsischer Gemeinden zusätzlich zu ihren Bezügen gewährte steuerfreie Aufwandspauschale wesentlich hinausging, liegen nicht vor.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 161 Abs 1, § 162 Abs 3 VwGO.
5. Der Streitwert ist gemäß § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 GKG auf 1380,24 Euro festzusetzen.