Bundessozialgericht

Bundessozialgericht Urteil vom 27.04.2021, B 12 R 14/19 R

Handlungsform des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung bei einer Prüfung nach § 212a SGB VI gegenüber einer Festsetzungsstelle für die Beihilfe - Verwaltungsakt - Erforderlichkeit der Einsichtnahme in die Unterlagen aller beihilfeberechtigten Pflegebedürftigen

Leitsätze

1. Der zuständige Rentenversicherungsträger darf von der Festsetzungsstelle für die Beihilfe mittels Verwaltungsakt maschinelle Prüfhilfen und die Einsichtnahme in Unterlagen zur Prüfung der Beitragszahlungen für rentenversicherungspflichtige Pflegepersonen einfordern.

2. Die Einsichtnahme zu Prüfzwecken ist unabhängig von den Meldungen der Pflegekassen grundsätzlich in die Unterlagen aller beihilfeberechtigten Pflegebedürftigen erforderlich.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. Juni 2019 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die ihm durch Bescheid der Beklagten auferlegte Verpflichtung, dieser zur Prüfung der Beitragszahlungen für rentenversicherungspflichtige Pflegepersonen maschinelle Prüfhilfen bereitzustellen und Einsicht in Beihilfeunterlagen zu gewähren.

Das Bayerische Landesamt für Finanzen ist im klagenden Freistaat Bayern Festsetzungsstelle für die Beihilfe der Landesbeamten. Die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) prüfte dort die Beitragszahlung für rentenversicherungspflichtige Pflegepersonen nach § 212a SGB VI für die Zeit vom 1.1.2010 bis zum 31.12.2013. Dabei verweigerte der Kläger die Einsichtnahme in die Unterlagen von Leistungsfällen beihilfeberechtigter Pflegebedürftiger, bei denen keine Rentenversicherungsbeiträge für Pflegepersonen entrichtet worden waren.

Mit angefochtenem Bescheid vom 9.9.2014 verpflichtete die Beklagte den Kläger, "für die Prüfungen nach § 212a SGB VI ab sofort maschinelle Prüfhilfen zur Verfügung zu stellen sowie die Einsichtnahme in die Unterlagen aller Leistungsfälle von Pflegebedürftigen - einschließlich derer ohne Beitragszahlung zur Rentenversicherung - zu gewähren". Als Prüfhilfen forderte sie monatliche Beitragslisten über die rentenversicherungspflichtigen Pflegepersonen und die ihnen zugeordneten Beiträge sowie Auflistungen dieser Personen, getrennt danach, ob im Prüfzeitraum die Rentenversicherungspflicht festgestellt oder die Beitragszahlung unterbrochen oder beendet worden ist. Diese Listen sollten bestimmte maschinell erfasste Daten zu den Pflegebedürftigen und Pflegepersonen enthalten.

Das SG München hat den Bescheid aufgehoben (Urteil vom 14.9.2017), weil die Beklagte wegen des Gleichordnungsverhältnisses gegenüber dem Kläger nicht zum Erlass des Verwaltungsakts befugt gewesen sei. Auf die Berufung der Beklagten hat das Bayerische LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Beklagte könne durch Verwaltungsakt nicht nur Beiträge nachfordern, sondern im Vorfeld des Prüfbescheids auch Durchsetzungs- und Vorlagepflichten konkretisieren. Das in § 212a SGB VI geregelte Prüfrecht werde nicht durch die Mitteilungspflicht der Pflegekasse nach § 44 Abs 5 SGB XI beschränkt. Hinsichtlich der insoweit umfassend erforderlichen Tatsachen sei der Kläger nach § 98 Abs 3 iVm Abs 1 Satz 2 und 3 SGB X auskunftspflichtig. Er könne keine Vorauswahl der aus seiner Sicht relevanten Fälle treffen. Die geforderten Prüfhilfen seien angemessen. Datenschutzrecht stehe nicht entgegen (Urteil vom 6.6.2019).

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung des Gesetzesvorbehalts nach § 31 SGB I. Eine Befugnis der Beklagten zur einseitigen Konkretisierung der angemessenen Prüfhilfen durch Verwaltungsakt bestehe nicht. Stattdessen fordere § 212a Abs 3 Satz 3 SGB VI entsprechende Vereinbarungen, deren Abschluss bislang gescheitert sei. Hinsichtlich rentenversicherungsrechtlich nicht relevanter Beihilfeunterlagen stehe den Trägern der Rentenversicherung kein Prüfrecht und damit auch kein Auskunfts- oder Einsichtsrecht zu. § 98 SGB X sei nicht anwendbar. Der Umfang der Prüfung nach § 212a Abs 1 SGB VI richte sich nach dem Umfang der Pflichten der Beihilfestelle. Diese hingen von einer Mitteilung der Pflegekasse nach § 44 SGB XI ab. Zu eigener Sachverhaltsaufklärung seien die Festsetzungsstellen für die Beihilfe nicht verpflichtet. Um bislang unberücksichtigte Pflegepersonen zu ermitteln, sei daher ausschließlich die Prüfung von Unterlagen der Pflegekassen geeignet und erforderlich. Einer Weitergabe rentenversicherungsrechtlich nicht relevanter Beihilfeunterlagen zum Zwecke der Prüfung stünden Art 105 Satz 4 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) sowie Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) entgegen. Falls die Rechtsauffassung des LSG Zustimmung finde, werde die Vorlage an den EuGH angeregt.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. Juni 2019 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 14. September 2017 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat zu Recht auf die Berufung der Beklagten das der Klage stattgebende Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Verpflichtung des Klägers im angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 9.9.2014, maschinelle Prüfhilfen bereitzustellen und Einsicht in die Beihilfeunterlagen zu gewähren, ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten. Dieser Verwaltungsakt ist nach der Klarstellung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat insoweit Gegenstand des Revisionsverfahrens, als er die geprüfte Zeit vom 1.1.2010 bis zum 31.12.2013 und nicht auch zukünftige Prüfungen betrifft. Zudem erstreckt sich das Einsichtnahmeverlangen nur auf Leistungsfälle von pflegebedürftigen Personen, bei denen der Kläger keine Pflichtbeiträge für Pflegepersonen zur gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) gezahlt hat. Regelungsgegenstand des Bescheids ist auch nicht die lediglich angeregte Ergänzung des Beihilfeantragsvordrucks des Klägers um Angaben zur Pflegeperson.

Die gegen den verpflichtenden Verwaltungsakt erhobene Anfechtungsklage ist zulässig (dazu 1.), aber nicht begründet. Die Beklagte war befugt, die streitigen Handlungspflichten des Klägers durch Verwaltungsakt zu regeln (dazu 2.). Im Rahmen einer Prüfung nach § 212a SGB VI (hier idF des Unfallversicherungsmodernisierungsgesetzes vom 30.10.2008, BGBl I 2130, und des Einsatzversorgungs-Verbesserungsgesetzes vom 5.12.2011, BGBl I 2458) darf sie von einer Beihilfefestsetzungsstelle sowohl maschinelle Prüfhilfen als auch die Einsichtnahme in die geforderten Beihilfeunterlagen von Pflegebedürftigen verlangen (dazu 3.). Dem stehen weder datenschutzrechtliche Vorschriften (dazu 4.) noch das BayBG (dazu 5.) entgegen.

1. Für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Alt 1 SGG) genügt es, dass die Beklagte für sich formal in Anspruch genommen hat, Pflichten des Klägers kraft hoheitlicher Gewalt durch Verwaltungsakt regeln zu dürfen (vgl BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 4 R 71/06 R - BSGE 97, 63 = SozR 4-2500 § 255 Nr 1, RdNr 16). Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn - wie hier - ein Land die Klage führt (§ 78 Abs 1 Satz 1 und 2 Nr 3 SGG idF des Sechsten Gesetzes zur Änderung des SGG vom 17.8.2001, BGBl I 2144).

2. Die Beklagte durfte sowohl die Bereitstellung der Prüfhilfen als auch die Einsicht in die Beihilfeunterlagen durch Verwaltungsakt - als hoheitliche Maßnahme einer Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (§ 31 Satz 1 SGB X idF der Bekanntmachung vom 18.1.2001, BGBl I 130) - regeln. Die Befugnis dazu ergibt sich aus der Eigenart des zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehenden Prüfverhältnisses.

Das hier zu beurteilende Prüfverhältnis und -verfahren ist öffentlich-rechtlicher Natur, weil die Beklagte als Hoheitsträger aufgrund einer besonderen, speziell sie berechtigenden oder verpflichtenden Rechtsvorschrift beteiligt ist (vgl BSG Urteil vom 12.2.1980 - 7 RAr 26/79 - BSGE 49, 291, 292 f = SozR 4100 § 145 Nr 1 S 2 = juris RdNr 13 mwN). Nach § 212a Abs 1 Satz 1 bis 3 SGB VI prüfen die Träger der Rentenversicherung mindestens alle vier Jahre bei den Stellen, die die Pflichtbeiträge für sonstige Versicherte zu zahlen haben (Zahlungspflichtige), ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch im Zusammenhang mit der Zahlung von Pflichtbeiträgen ordnungsgemäß erfüllen, insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen. Die Festsetzungsstelle des Klägers für die Beihilfe ist Zahlungspflichtige im Sinne dieser Vorschrift, weil sie Beiträge für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen gemäß § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI eines Pflegebedürftigen, der Beihilfeleistungen erhält, anteilig zu tragen (§ 170 Abs 1 Nr 6 Buchst c Halbsatz 1 SGB VI idF der Bekanntmachung vom 19.2.2002, BGBl I 754) und unmittelbar an die Träger der Rentenversicherung zu zahlen hat (§ 173 Satz 1 SGB VI idF der Bekanntmachung vom 19.2.2002, BGBl I 754, und § 173 SGB VI idF des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 vom 9.12.2010, BGBl I 1885). Ein Zahlungspflichtiger wie der Kläger ist nur von einem Träger der Rentenversicherung entsprechend interner Abstimmung zu prüfen (§ 212a Abs 2 Satz 1 und 2 SGB VI; sog Vertretungsprüfung, vgl Segebrecht in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl 2021, Stand 1.4.2021, § 212a RdNr 52).

Darüber hinaus bedarf es einer gesetzlichen Ermächtigung für den Erlass eines belastenden Verwaltungsakts. Diese ist zwar nicht dem Wortlaut des § 212a SGB VI zu entnehmen, muss aber auch nicht ausdrücklich normiert sein, sondern kann sich - wie hier - aus der Systematik des Gesetzes und der Eigenart des zwischen der Behörde und dem Einzelnen bestehenden Rechtsverhältnisses ergeben (vgl BSG <Großer Senat> Beschluss vom 31.8.2011 - GS 2/10 - BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 17 mwN), das mit einem Über- und Unterordnungsverhältnis einhergeht (vgl BSG Urteil vom 17.2.2010 - B 1 KR 15/09 R - BSGE 105, 257 = SozR 4-2500 § 39a Nr 2, RdNr 18; BSG Urteil vom 16.8.1989 - 7 RAr 82/88 - SozR 4100 § 144 Nr 1 = juris RdNr 24). In einem solchen Über- und Unterordnungsverhältnis stehen sich zwar typischerweise Privatpersonen und Behörden gegenüber. Es liegt aber auch zwischen grundsätzlich gleichgeordneten Körperschaften des öffentlichen Rechts vor, soweit nur der einen Körperschaft für eine bestimmte Aufgabe ein gesetzlicher Auftrag erteilt und damit eine Regelungsmacht übertragen ist (vgl BSG Urteil vom 12.12.1984 - 10 RAr 7/83 - SozR 4100 § 141n Nr 10 S 26 = juris RdNr 9; BSG Urteil vom 2.2.1978 - 12 RK 29/77 - BSGE 45, 296, 298 = SozR 2200 § 381 Nr 26 S 66 = juris RdNr 15). Das ist hier der Fall.

Die Hoheitsbefugnis des für die Beitragserhebung zuständigen Versicherungsträgers im Verhältnis zum Beitragszahlungspflichtigen folgt aus der gesetzlichen Aufgabe, die Finanzierung von Leistungen durch Beiträge zu sichern. Das ist im Verhältnis zu Privatpersonen nicht anders als zu Körperschaften des öffentlichen Rechts (vgl BSG Urteil vom 25.1.1995 - 12 RK 72/93 - SozR 3-1500 § 54 Nr 22 S 55 = juris RdNr 12; zur Geltendmachung von Beiträgen durch Verwaltungsakt gegenüber der Bundesagentur für Arbeit als Sozialleistungsträger vgl BSG Urteil vom 25.3.2004 - B 12 AL 5/03 R - SozR 4-2600 § 191 Nr 1 RdNr 8; zur Geltendmachung von Säumniszuschlägen im Nachversicherungsverfahren durch Verwaltungsakt vgl BSG Urteil vom 1.7.2010 - B 13 R 67/09 R - SozR 4-2400 § 24 Nr 5 RdNr 14). Ergeben sich aus dem Prüfverfahren Nachforderungen von Beiträgen oder Säumniszuschläge, sind diese gegenüber öffentlich-rechtlichen Beitragspflichtigen ebenso wie bei Arbeitgebern durch Verwaltungsakt geltend zu machen (vgl Segebrecht in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl 2021, Stand 1.4.2021, § 212a RdNr 73). Aber auch bereits die Aufklärung im Prüfverfahren, die solchen Forderungen vorausgeht und mithin zur Erlangung des Prüfergebnisses notwendig ist, findet im Über- und Unterordnungsverhältnis statt. Die zu prüfende Stelle ist daher auch in ihrer Funktion als Auskunftsstelle der Beklagten untergeordnet, sodass deren Pflichten grundsätzlich durch Verwaltungsakt konkretisiert werden können (zum Auskunftsersuchen nach § 144 Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz vgl BSG Urteil vom 16.8.1989 - 7 RAr 82/88 - SozR 4100 § 144 Nr 1 S 4 und BSG Urteil vom 18.5.1995 - 7 RAr 2/95 - SozR 3-4100 § 144 Nr 1 S 3; zum Auskunftsersuchen nach § 98 SGB X vgl Scholz in Kasseler Komm, Stand September 2020, § 98 SGB X RdNr 14, 17; Sehnert in Hauck/Noftz, Stand Februar 2020, § 98 SGB X RdNr 37; zu Prüfhilfen nach § 28p Abs 5 SGB IV vgl Wehrhahn in Kasseler Komm, Stand Dezember 2020, § 28p SGB IV RdNr 44).

Der Kläger hingegen nimmt selbst - von der Beitragstragung abgesehen - keine Aufgabe nach dem SGB wahr, insbesondere hat er bezüglich der Versicherungspflicht von Pflegepersonen keine eigene mit dem Prüfauftrag des Rentenversicherungsträgers gleichgeordnete Entscheidungskompetenz. Im Prüfverfahren kommt allein der Beklagten die Regelungsmacht zu, anhand der beim Kläger verfügbaren Daten verbindlich zu entscheiden.

Nach § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI (idF der Bekanntmachung vom 19.2.2002, BGBl I 754, sowie mit Wirkung vom <mWv> 1.1.2013 idF des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes vom 23.10.2012, BGBl I 2246) sind Personen in der GRV in der Zeit versicherungspflichtig, in der sie einen Pflegebedürftigen iS des § 14 SGB XI nicht erwerbsmäßig wenigstens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen (nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen), wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hat. Dies gilt nach der ab dem 1.1.2013 gültigen Fassung auch dann, wenn die Mindeststundenzahl nur durch die Pflege mehrerer Pflegebedürftiger erreicht wird. Die Rentenversicherungspflicht dieser Pflegepersonen konkretisiert die leistungsrechtliche Vorschrift des § 44 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB XI (idF des Gesetzes zur Organisationsreform in der GRV vom 9.12.2004, BGBl I 3242). Danach entrichten die Pflegekassen und die privaten Versicherungsunternehmen, bei denen eine private Pflege-Pflichtversicherung durchgeführt wird, sowie die sonstigen in § 170 Abs 1 Nr 6 SGB VI genannten Stellen zur Verbesserung der sozialen Sicherung einer Pflegeperson iS des § 19 SGB XI Beiträge ua nach Maßgabe des § 166 Abs 2 SGB VI an den zuständigen Träger der GRV, wenn die Pflegeperson regelmäßig nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist. Halten Pflegekassen, private Versicherungsunternehmen oder sonstige in § 170 Abs 1 Nr 6 SGB VI genannte Stellen - wie hier die Festsetzungsstelle für die Beihilfe - ihre Leistungspflicht nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB XI für gegeben, haben sie diese ebenso zu erfüllen wie Arbeitgeber, die bei unstreitiger Versicherungs- und Beitragspflicht sowie Beitragshöhe den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für ihre Beschäftigten ohne vorherige Entscheidung der Einzugsstelle zahlen (BSG Urteil vom 23.9.2003 - B 12 P 2/02 R - SozR 4-2600 § 3 Nr 1 RdNr 7). Dadurch wird diesen Stellen aber keine eigene Entscheidungskompetenz hinsichtlich der Versicherungspflicht zuerkannt (vgl auch BSG Urteil vom 25.3.2004 - B 12 AL 5/03 R - SozR 4-2600 § 191 Nr 1 RdNr 8 hinsichtlich der beitragspflichtigen Bundesagentur für Arbeit). Besteht Streit über die Versicherungspflicht von Pflegepersonen hat hierüber allein der zuständige Träger der Rentenversicherung durch Verwaltungsakt zu entscheiden (BSG Urteil vom 5.5.2010 - B 12 R 6/09 R - BSGE 106, 126 = SozR 4-2600 § 3 Nr 5, RdNr 10 mwN).

Dem steht nicht § 23 Abs 1 Satz 5 SGB IV (idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl I 3710; mWv 1.1.2012 Satz 6 durch das GKV-Finanzierungsgesetz vom 22.12.2010, BGBl I 2309) entgegen, wonach die erstmalige Fälligkeit der Beiträge für Pflegepersonen abhängig von dem Zeitpunkt ist, zu dem ua die Festsetzungsstelle für die Beihilfe die Versicherungspflicht "festgestellt" hat oder ohne Verschulden hätte feststellen können. Denn "Feststellen" meint hier lediglich das "Erkennen" der Versicherungspflicht (vgl BSG Urteil vom 23.9.2003 - B 12 P 2/02 R - SozR 4-2600 § 3 Nr 1 RdNr 8). Entsprechendes gilt auch für die Mitteilungen der Pflegekasse "bei Feststellung der Beitragspflicht" nach § 44 Abs 5 Satz 2 SGB XI (idF des Verwaltungsvereinfachungsgesetzes vom 21.3.2005, BGBl I 818). Denn § 44 SGB XI legt nicht selbst die Modalitäten der Versicherungspflicht und der daraus kraft Gesetzes (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB IV idF vom 12.11.2009 aaO) folgenden Beitragspflicht fest (vgl BSG Urteil vom 7.9.2004 - B 2 U 46/03 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 3 RdNr 16).

Damit die Rentenversicherungsträger ihrer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe als Prüfbehörde gerecht werden können, muss ihnen ein mit Mitteln der Verwaltungsvollstreckung durchsetzbares Einsichts- und Auskunftsrecht zukommen. Zweck der hoheitlichen Prüfung durch die Rentenversicherungsträger nach §§ 212, 212a SGB VI ist es gerade, auch Fälle aufzudecken, für die von der Festsetzungsstelle für die Beihilfe zu Unrecht keine Versicherungs- und Beitragspflicht erkannt wurde. Sie dient zugleich dem Schutz der Versicherten und der Solidargemeinschaft (vgl hierzu Segebrecht in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl 2021, Stand 1.4.2021, § 212a RdNr 25). Es wäre der Effektivität des Prüfauftrags und der rechtzeitigen sowie vollständigen Erhebung der Einnahmen (§ 76 Abs 1 SGB IV idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl I 3710) demgegenüber nicht dienlich, wenn die Rentenversicherungsträger zur ordnungsgemäßen Durchführung ihres Prüfauftrags darauf angewiesen wären, zunächst Leistungsklage zu erheben (vgl BSG Urteil vom 16.8.1989 - 7 RAr 82/88 - SozR 4100 § 144 Nr 1 S 4 f = juris RdNr 24; LSG Berlin Urteil vom 4.8.2004 - L 9 KR 31/02 - juris RdNr 15). Der Erlass eines Verwaltungsakts stellt insofern eine Sicherungsmaßnahme in verfahrensrechtlicher Hinsicht dar. So wird von vornherein der Anschein verhindert, eine Behörde könne bei ihrer Einschätzung, ob Versicherungs- oder Beitragspflicht vorliegt, aus eigenem, gerade der eigenen Körperschaft dienenden Interesse handeln (vgl BSG Urteile vom 16.7.2019 - B 12 KR 5/18 R - juris RdNr 52 und - B 12 KR 6/18 R - BSGE 128, 277 = SozR 4-2400 § 7a Nr 12, RdNr 50).

Auch § 212a Abs 3 Satz 3 SGB VI steht der Befugnis, Prüfhilfen durch Verwaltungsakt einzufordern, nicht entgegen. Danach treffen die Zahlungspflichtigen und die Träger der Rentenversicherung im Zusammenhang mit den angemessenen Prüfhilfen (Satz 1) "entsprechende Vereinbarungen". Es kann dahinstehen, ob sich Satz 3 - wie die Beklagte meint - insbesondere auf die in Satz 2 genannten automatisierten Abrechnungsverfahren bezieht; denn der Beklagten geht es hier gerade auch um "maschinelle" Prüfhilfen unter Einbeziehung von Daten aus dem Abrechnungssystem des Klägers. Jedenfalls folgt aus dem bloßen gesetzlichen Auftrag, Vereinbarungen zu schließen, kein Verbot anderer Handlungsformen der Verwaltung. Vielmehr entspricht es den Grundsätzen des (Sozial-)Verwaltungsrechts, dass auch im Bereich hoheitlicher Eingriffsverwaltung öffentlich-rechtliche (Subordinations-)Verträge geschlossen werden können, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen (vgl § 53 Abs 1 Satz 2 SGB X, § 54 Satz 2 VwVfG). Das Bestehen eines Über- und Unterordnungsverhältnisses wird für derartige Vereinbarungen sogar vorausgesetzt (vgl Engelmann in Schütze, SGB X, 9. Aufl 2020, § 53 RdNr 39) und die damit typischerweise einhergehende Verwaltungsaktbefugnis wird durch die zusätzliche Möglichkeit einer einvernehmlichen Entscheidungsform nicht ausgeschlossen.

Der Abschluss von "entsprechenden Vereinbarungen" ist vielmehr als zusätzliche Handlungsoption zu verstehen. Diese Auslegung trägt der gesetzgeberischen Intention des § 212a Abs 3 SGB VI Rechnung, eine "zügige und umfassende Prüfung wie bei § 28p SGB IV zu ermöglichen" (vgl BT-Drucks 15/3654 S 74 zu §§ 212a und 212b). Während eine Regelung von Prüfhilfen durch Verwaltungsakt als eine auf den Einzelfall (vgl § 31 Satz 1 SGB X) abstellende Maßnahme allein das konkrete Verhältnis zwischen dem prüfenden Rentenversicherungsträger und dem geprüften Adressaten betrifft, bieten Vereinbarungen nach § 212a Abs 3 Satz 3 SGB VI darüber hinaus die Möglichkeit, den Umfang angemessener Prüfhilfen - im gegenseitigen Einverständnis - umfassender zu regeln. Insbesondere könnten die Durchführung der Prüfung unterstützende Maßnahmen unabhängig von konkreten Prüfzeiträumen sowie unter Beteiligung mehrerer in Betracht kommender Zahlungspflichtiger und Rentenversicherungsträger getroffen werden. Kommt aber eine Vereinbarung mit einem Zahlungspflichtigen - wie hier - nicht zustande, muss dieser hinnehmen, dass die für eine ordnungsgemäße Prüfung erforderlichen und damit von ihm zu leistenden Prüfhilfen für den konkreten Prüfzeitraum einseitig von der Verwaltung mittels Verwaltungsakt konkretisiert werden. Anderenfalls würde die erwünschte Effektivität der Prüfung in ihr Gegenteil verkehrt.

3. Der angefochtene Bescheid ist formell und materiell rechtmäßig. Er ist insbesondere hinreichend bestimmt (vgl § 33 Abs 1 SGB X), da er sich auf einen eingegrenzten Prüfzeitraum bezieht sowie - zumindest im Begründungsteil - ausführt, welche konkreten Leistungen als Prüfhilfen verlangt werden und inwieweit die Einsichtnahme in Beihilfeunterlagen gefordert wird. In der Sache hat die Beklagte zu Recht den Kläger aufgefordert, maschinelle Prüfhilfen bereitzustellen (dazu a) und die Einsichtnahme in Beihilfeunterlagen zu gewähren (dazu b).

a) Rechtsgrundlage für das Prüfhilfeverlangen ist § 212a Abs 3 Satz 1 SGB VI. Danach haben die Zahlungspflichtigen "angemessene Prüfhilfen" zu leisten. Die erforderliche Angemessenheit ist als unbestimmter Rechtsbegriff gerichtlich voll überprüfbar und hier gewahrt. Sie richtet sich insbesondere daran aus, "dass die für die Prüfung erforderlichen Unterlagen in einer Weise vorgelegt werden, dass den Prüfern die Arbeit nicht erschwert wird" (vgl Gesetzesbegründung zur insoweit parallelen Vorschrift des § 28p Abs 5 SGB IV - BT-Drucks 11/2221 S 29 zu § 28p Abs 5).

Die Beklagte fordert Leistungsdaten aus dem vom Kläger maschinell geführten System, das die Berechnung und Ablieferung der Beiträge zur GRV durchführt. Verlangt werden Beitragslisten unter Angabe der rentenversicherungspflichtigen Pflegepersonen und der ihnen zugeordneten Beiträge sowie Auflistungen der rentenversicherungspflichtigen Pflegepersonen, bei denen im geprüften Zeitraum die Rentenversicherungspflicht erstmals oder erneut festgestellt (Neufälle) oder die Beitragszahlung unterbrochen (Unterbrechungsfälle) oder beendet (Beendigungsfälle) worden ist. Diese Listen sollen einerseits den Namen und Vornamen sowie die Rentenversicherungsnummer der Pflegeperson und andererseits den Namen und Vornamen, das Geburtsdatum sowie die Stammnummer des Pflegebedürftigen enthalten. Damit hat die Beklagte zur (zügigen) Erfüllung ihres Prüfauftrags geeignete und erforderliche sowie im Übrigen angemessene Prüfhilfen gefordert. Sie entsprechen grundsätzlich den Prüfhilfen, die auch Arbeitgeber bei der vergleichbaren Prüfung nach § 28p SGB IV iVm der aufgrund der Ermächtigung des § 28p Abs 9 SGB IV erlassenen Beitragsverfahrensverordnung (BVV vom 3.5.2006 <BGBl I 1138>, zuletzt geändert durch das Gesetz Digitale Rentenübersicht vom 11.2.2021 <BGBl I 154>) leisten müssen. Danach hat der Arbeitgeber in die Entgeltunterlagen Angaben über den Beschäftigten aufzunehmen (§ 8 BVV), zur Prüfung der Vollständigkeit der Entgeltabrechnung für jeden Abrechnungszeitraum ein Verzeichnis aller Beschäftigten mit bestimmten Angaben, ua mit Namen und Vornamen, dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt sowie dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag, zu erfassen sowie lesbar zur Verfügung zu stellen (§ 9 BVV) und diese Aufzeichnungen so zu führen, dass bei einer Prüfung innerhalb angemessener Zeit ein Überblick über die formelle und sachliche Richtigkeit der Entgeltabrechnung gewährleistet ist; der Arbeitgeber muss die dafür erforderlichen Darstellungsprogramme sowie Maschinenzeiten und sonstigen Hilfsmittel bereitstellen (§ 10 Abs 1 Satz 1 und 2 BVV). Solange die speziell in § 212a Abs 6 SGB VI eingeräumte Verordnungsermächtigung noch nicht umgesetzt ist, sind die Normen der BVV für die Prüfung nach § 212a SGB VI sinngemäß heranzuziehen (vgl Scheer/Kellner, RVaktuell 2012, 84, 86 f; Finke in Hauck/Noftz, SGB VI, Februar 2021, § 212a RdNr 10). Denn es besteht kein sachlicher Grund, an Arbeitgeber weitergehende Anforderungen als an eine nach § 212a SGB VI zahlungspflichtige Behörde zu stellen (vgl Segebrecht in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl 2021, Stand 1.4.2021, § 212a RdNr 58 mwN).

Dass insbesondere auch eine maschinelle Bereitstellung der Prüfhilfen angemessen ist, ergibt sich aus § 212a Abs 3 Satz 2 SGB VI, wonach automatisierte Abrechnungsverfahren in die Prüfung einbezogen werden sollen. Außerdem ordnet § 212a Abs 5 Satz 6 SGB VI an, die für die Prüfung erforderlichen Daten an die DRV Bund und die Datenstelle der Rentenversicherung zu übermitteln. Da diese Daten in Dateisystemen gespeichert werden sollen (§ 212a Abs 5 Satz 1 und 3 SGB VI) und die Übermittlung auch durch Abruf im automatisierten Verfahren erfolgen darf (§ 212a Abs 5 Satz 7 SGB VI), wird die Zulässigkeit der Einbeziehung vorhandener maschinell lesbarer Daten in die angemessenen Prüfhilfen grundsätzlich vorausgesetzt.

b) Auch das Einsichtsverlangen in die Beihilfeunterlagen von Pflegebedürftigen, bei denen der Kläger keine Pflichtbeiträge zur GRV für Pflegepersonen gezahlt hat, ist rechtmäßig.

Der darauf gerichtete Anspruch ergibt sich aus § 212a Abs 1 SGB VI iVm § 98 Abs 1 Satz 2 und 3 sowie Abs 3 SGB X (idF der Bekanntmachung vom 18.1.2001, BGBl I 130). Danach haben Personen, die wie ein Arbeitgeber Beiträge für eine kraft Gesetzes versicherte Person zu entrichten haben (§ 98 Abs 3 SGB X), auf Verlangen über alle Tatsachen Auskunft zu erteilen, die für die Erhebung der Beiträge notwendig sind, sowie Geschäftsbücher, Listen oder andere Unterlagen, aus denen die für die Beitragserhebung erforderlichen Angaben hervorgehen, zur Einsicht vorzulegen. Da das SGB X für alle Sozialleistungsbereiche des SGB gilt, soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt (§ 37 Satz 1 SGB I idF des 4. Euro-Einführungsgesetzes vom 21.12.2000, BGBl I 1983), sind diese Regelungen auch für den Prüfauftrag aus § 212a Abs 1 SGB VI maßgebend. Auch wenn der Gesetzgeber bei Einführung des § 98 Abs 3 SGB X vor allem Unternehmer, Entleiher und Zwischenmeister im Blick hatte (vgl BT-Drucks 9/95 S 23 zur Entwurfsregelung des § 104 Abs 3 SGB X), unterliegen wegen der nicht eingeschränkten Gleichsetzung von Arbeitgebern und anderen Personen, die wie ein Arbeitgeber Beiträge für eine kraft Gesetzes versicherte Person zu entrichten haben - entgegen der Auffassung des Klägers - auch Zahlungspflichtige iS von § 212a Abs 1 SGB VI der Auskunfts- und Unterlagenüberlassungspflicht (vgl Kühn in Kreikebohm, SGB VI, 5. Aufl 2017, § 212a RdNr 7; Scheer/Kellner, RVaktuell 2012, 84, 86; aA für Sozialleistungsträger, die nach §§ 3, 4 SGB X zur Amtshilfe verpflichtet sind: Scholz in Kasseler Komm, Stand Dezember 2020, § 98 SGB X RdNr 40).

Das Verlangen der Beklagten auf Einsicht auch in Unterlagen von beihilfeberechtigten Pflegebedürftigen, bei denen keine Rentenversicherungsbeiträge für Pflegepersonen entrichtet worden sind, ist von diesem Informationsrecht umfasst. Denn es bezieht sich auf Tatsachen, die "für die Erhebung der Beiträge notwendig" (§ 98 Abs 1 Satz 2 SGB X) sind, und zwar unabhängig davon, ob der Kläger diese Beitragspflicht zutreffend erkannt hat. An der Notwendigkeit fehlt es nicht deshalb, weil bei den Pflegekassen die entsprechenden Daten womöglich ebenfalls vorhanden sind und nur die Pflegekassen insoweit Meldepflichten unterliegen (§ 44 Abs 3 SGB XI idF des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007, BGBl I 378). Es trifft zwar zu, dass eine entsprechende Meldepflicht für die Festsetzungsstellen für die Beihilfe nicht normiert ist (vgl hierzu Segebrecht in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl 2021, Stand 1.4.2021, § 212a RdNr 46). Das berechtigt diese Stellen jedoch nicht, gegebenenfalls noch nicht als relevant erkannte Daten zurückzuhalten, wenn sie - und nicht die jeweilige Pflegekasse - nach § 212a Abs 1 SGB VI geprüft wird.

Gegenstand einer Prüfung nach § 212a SGB VI (vgl hierzu Segebrecht in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl 2021, Stand 1.4.2021, § 212a RdNr 35 ff) sind nach dem Wortlaut der Vorschrift sowohl Meldepflichten als auch die "sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch im Zusammenhang mit der Zahlung von Pflichtbeiträgen", insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen selbst (Abs 1 Satz 1 und 2). Die Pflicht zur Beitragszahlung des Klägers entsteht kraft Gesetzes unabhängig von der Erfüllung der Mitteilungspflicht der Pflegekasse (vgl oben 2.). Wie das LSG näher ausgeführt hat, soll die Mitteilung der Pflegekasse an die Festsetzungsstelle für die Beihilfe nach § 44 Abs 5 SGB XI (idF des Verwaltungsvereinfachungsgesetzes vom 21.3.2005, BGBl I 818) nicht der Entlastung des Klägers, sondern der Verwaltungsvereinfachung im Sinne einer beschleunigten Weiterleitung von Informationen dienen (vgl BT-Drucks 15/4751 S 48 zu § 44). Zu prüfen ist daher nicht nur, ob die Festsetzungsstelle für die Beihilfe nach Mitteilung durch die Pflegekasse (§ 44 Abs 5 Satz 2 SGB XI) fehlerfrei und mit der erforderlichen Sorgfalt tätig geworden ist. Gegenstand der Prüfung ist vielmehr, ob sie generell ihre Zahlungspflicht - auch unabhängig von einer solchen Mitteilung - erfüllt hat. Denn die Prüfung nach § 212a SGB VI dient der Herstellung des objektiv rechtmäßigen Zustands mit dem Ziel, die Finanzierung und Funktionsfähigkeit der GRV sicherzustellen. Zur Gewährleistung einer vollständigen Beitragszahlung ist es erforderlich, die Erhebung objektiv geschuldeter Beiträge auch für den Fall zu ermöglichen, dass der Beitragsschuldner von seiner Beitragszahlungspflicht keine Kenntnis gehabt haben sollte. Der Schutz Zahlungspflichtiger vor einer unerwarteten Belastung mit Beitragsnachforderungen wird nach der gesetzlichen Konzeption vorrangig über Verjährungsregelungen gewahrt (vgl BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr 6, RdNr 55). Entgegen der Auffassung des Klägers sind daher grundsätzlich alle Unterlagen beihilfeberechtigter Pflegebedürftiger für die Prüfung "rentenversicherungsrechtlich relevant" und erforderlich, auch wenn sich im Ergebnis tatsächlich keine Anhaltspunkte für eine Rentenversicherungspflicht finden lassen.

4. Datenschutzrecht steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die erst am 25.5.2018 in Kraft getretene DSGVO (Verordnung <EU> 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG, ABl L 119 vom 4.5.2016 S 1 <DSGVO>; Art 99 Abs 2 DSGVO) auf den hier im September 2014 erlassenen Verwaltungsakt überhaupt Anwendung findet. Jedenfalls sind die Grenzen der Datenverarbeitung sowohl des Art 6 als auch des Art 9 DSGVO eingehalten. Einer Vorlage an den EuGH bedarf es angesichts der eindeutigen Rechtslage nicht. Denn eine Vorlage des letztinstanzlichen Hauptsachegerichts (Art 267 Abs 3 Vertrag über die Arbeitsweise der EU) kann über den Fall mangelnder Entscheidungserheblichkeit hinaus dann unterbleiben, wenn sich das Gericht unter Anwendung und Auslegung des materiellen Unionsrechts die vertretbare Überzeugung bildet, dass die Rechtslage entweder von vornherein eindeutig ("acte clair") oder durch die Rechtsprechung in einer Weise geklärt ist, die keinen vernünftigen Zweifel offenlässt ("acte éclairé", vgl zuletzt BVerfG <Kammer> Beschluss vom 4.3.2021 - 2 BvR 1161/19 - juris RdNr 55).

Die Verarbeitung (vgl Art 4 Nr 2 DSGVO) der Daten von Pflegepersonen und Pflegebedürftigen ist von Art 6 Abs 1 Satz 1 Buchst e DSGVO gedeckt. Danach ist die Verarbeitung rechtmäßig, wenn sie - wie hier - für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde. Die Rechtsgrundlage hierfür wird entweder durch das Unionsrecht oder das Recht der Mitgliedstaaten festgelegt, dem der Verantwortliche unterliegt (Art 6 Abs 3 Satz 1 DSGVO). Sie ergibt sich für das Abfragen von Daten zum Zweck der Beitragsüberwachung durch die Beklagte aus - wie ausgeführt - § 212a Abs 3 SGB VI sowie § 98 Abs 1 Satz 2 und 3 iVm Abs 3 SGB X. Der damit verfolgte Erhalt der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der GRV (vgl oben) liegt im öffentlichen Interesse (vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 5.2.2009 - 1 BvR 1631/04 - juris RdNr 15 mwN).

Soweit Gesundheitsdaten der Pflegebedürftigen wie zB Pflegegutachten betroffen sind, ist deren Verarbeitung trotz ihrer besonderen Schutzwürdigkeit nicht nach Art 9 Abs 1 DSGVO untersagt. Sie ist ausnahmsweise zulässig, da erforderlich, damit der Verantwortliche oder die betroffene Person die ihm oder ihr ua aus dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erwachsenden Rechte ausüben und seinen oder ihren diesbezüglichen Pflichten nachkommen kann, soweit dies nach Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten oder einer Kollektivvereinbarung nach dem Recht der Mitgliedstaaten, das geeignete Garantien für die Grundrechte und die Interessen der betroffenen Person vorsieht, zulässig ist (Art 9 Abs 2 Buchst b DSGVO). Insoweit weist das LSG zutreffend darauf hin, dass eine Einsichtnahme auch in ärztliche Gutachten erforderlich ist, weil sich daraus Tatsachen für die Versicherungspflicht einer (zB bislang unerwähnten) Pflegeperson ergeben können. Das nationale Recht schränkt die Rechte der Pflegebedürftigen zum Schutz der wirtschaftlichen und finanziellen Interessen der sozialen Sicherheit unionsrechtskonform unter Achtung des Wesensgehalts der Grundrechte und Grundfreiheiten in verhältnismäßiger Weise ein (Art 14, 23 Abs 1 Buchst e DSGVO) und beachtet die Grenzen der Datenverarbeitung aus Art 5 DSGVO.

Als nationales Recht ist (ergänzend) § 67a SGB X zu beachten (§ 35 Abs 2 SGB I). Sowohl nach seiner bei Erlass des angegriffenen Verwaltungsakts geltenden Fassung (Gesetz zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes und anderer Gesetze vom 18.5.2001, BGBl I 904) als auch der ab Inkrafttreten der DSGVO am 25.5.2018 geänderten Fassung (Gesetz zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften vom 17.7.2017, BGBl I 2541) ist die Erhebung von Sozialdaten - auch Gesundheitsdaten - zulässig, wenn ihre Kenntnis - wie hier - zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist (Abs 1). Die Sozialdaten sind zwar grundsätzlich bei der betroffenen Person zu erheben, dürfen hier aber ohne deren Mitwirkung erhoben werden, weil § 212a Abs 3 SGB VI sowie § 98 Abs 1 Satz 2 und 3 iVm Abs 3 SGB X ihre Übermittlung an die Beklagte im Wege der Prüfhilfen- und Auskunftspflicht (vgl oben) iS des § 67a Abs 2 Satz 2 Nr 2 Buchst a SGB X vorschreiben.

Die Speicherung, Veränderung, Nutzung, Übermittlung, Einschränkung der Verarbeitung und Löschung von Sozialdaten - einschließlich der Gesundheitsdaten - ist zudem nach § 67b Abs 1 SGB X (idF des Gesetzes zur Organisationsreform in der GRV vom 9.12.2004, BGBl I 3242, und des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften vom 17.7.2017, BGBl I 2541) iVm § 69 Abs 1 Nr 1 SGB X (idF des Gesetz zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes und anderer Gesetze vom 18.5.2001, BGBl I 904, und des Gesetzes vom 17.7.2017, aaO) zulässig. Die Übermittlung ist zur Aufgabenerfüllung der Beklagten als Leistungsträger nach dem SGB (§ 35 Abs 1 SGB I) erforderlich; die Verarbeitung ist durch § 212a Abs 5 Satz 2 SGB VI "nur für die Prüfung" erlaubt. Dadurch werden, ergänzt durch §§ 81 ff SGB X, zugleich die Rechte der betroffenen Person und die Einhaltung der Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten gesichert. Auch ist damit - entgegen der Ansicht des Klägers - der Grundsatz der "Datenminimierung" (Art 5 Abs 1 Buchst c DSGVO) gewahrt, wonach die personenbezogenen Daten dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein müssen. Darüber hinaus sind sowohl die Beklagte als auch der Kläger als Körperschaften öffentlichen Rechts umfassend dem Datenschutz verpflichtet und unterliegen insbesondere der Wahrung des Sozialgeheimnisses gemäß § 35 Abs 1 SGB I.

5. Inwieweit schließlich Art 105 BayBG die Weitergabe von Beihilfeakten einschränkt, kann dahinstehen. Zum einen handelt es sich dabei nicht um revisibles Bundesrecht (§ 162 SGG). Zum anderen gehen der Landesnorm die Regeln der DSGVO und des SGB X als Bundesrecht vor (Art 31 GG).

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Der unterlegene Kläger ist als Land gerichtskostenbefreit (§ 2 Abs 1 Satz 1 GKG).

Heinz                    Beck                     Bergner

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