Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 8. Juli 2021 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Arbeitslosengeld (Alg) für den 1.5.2019.
Nachdem die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31.1.2019 gekündigt hatte, meldete sich der Kläger am 28.1.2019 bei der Beklagten zum 1.2.2019 arbeitslos und beantragte Alg. Vom 30.1.2019 bis 30.4.2019 war der Kläger ärztlich attestiert arbeitsunfähig. Am 2.5.2019 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger Alg für die Zeit ab dem 2.5.2019 zunächst vorläufig (Bescheid vom 7.5.2019) und sodann endgültig (Bescheide vom 15. und 16.5.2019). Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, ihm sei bereits ab dem 1.5.2019 Alg zu bewilligen. Da die Agentur für Arbeit wegen eines gesetzlichen Feiertags an diesem Tag nicht dienstbereit gewesen sei, habe er sich erst am Folgetag arbeitslos melden können. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 29.5.2019). Die Sonderregelung über die Rückwirkung der persönlichen Arbeitslosmeldung in § 141 Abs 3 SGB III aF betreffe den Fall, dass die zuständige Agentur für Arbeit am ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit des Arbeitslosen nicht dienstbereit sei. Der Kläger sei bereits seit dem 1.2.2019 beschäftigungslos und habe danach lediglich wegen Arbeitsunfähigkeit Krankengeld bezogen.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.1.2020), das LSG die von ihm zugelassene Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 8.7.2021). Die persönliche Arbeitslosmeldung des Klägers vom 2.5.2019 wirke nicht auf den 1.1.2019 (gemeint: 1.5.2019) zurück.
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 141 Abs 3 SGB III aF. Er sei seit dem 1.5.2019 arbeitslos gewesen. Seine Arbeitslosmeldung vom 2.5.2019 wirke auf den 1.5.2019 zurück, da die Beklagte an diesem Tag nicht dienstbereit gewesen sei. Die Norm sei erweiternd auszulegen; entscheidend sei der Zweck der Regelung. Jedenfalls sei die Norm analog anzuwenden.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 8. Juli 2021 und das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 7. Januar 2020 aufzuheben sowie die Beklagte unter Abänderung ihrer Bescheide vom 15. und 16. Mai 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Mai 2019 zu verurteilen, ihm auch für den 1. Mai 2019 Arbeitslosengeld zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte in Abwesenheit der Bevollmächtigten des Klägers verhandeln und entscheiden, weil in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 165 Satz 1 iVm § 153 Abs 1 iVm § 110 Abs 1 Satz 2 SGG).
Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind neben den vorinstanzlichen Entscheidungen die Bescheide vom 15. und 16.5.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.5.2019 (§ 95 SGG). Zwar enthalten die Bescheide vom 15. und 16.5.2019 ausdrücklich lediglich die Bewilligung von Alg ab dem 2.5.2019 und keine Ablehnung für den 1.5.2019; sie stellen aber, wie es in dem Widerspruchsbescheid vom 29.5.2019 unmittelbar zum Ausdruck kommt, inhaltlich die Ablehnung des Begehrens des Klägers dar, ihm Alg bereits ab dem 1.5.2019 zu gewähren (vgl BSG vom 19.3.1986 - 7 RAr 48/84 - BSGE 60, 43 [44] = SozR 4100 § 105 Nr 2 S 2 = juris RdNr 13). Der Bescheid vom 7.5.2019 über die vorläufige Alg-Bewilligung, der ursprünglich Gegenstand des Vorverfahrens war, hat sich durch die endgültige Bewilligung in den Bescheiden vom 15. und 16.5.2019 erledigt (§ 39 Abs 2 SGB X).
2. Die Klage ist mangels allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
a) Jeder Rechtsbehelf setzt zu seiner Zulässigkeit ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis voraus (vgl BVerfG vom 5.12.2001 - 2 BvR 527/99 ua - BVerfGE 104, 220 [232]; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, Vorbemerkung vor § 51 RdNr 16a). Diese allen Prozessordnungen gemeinsame Sachentscheidungsvoraussetzung ergibt sich aus dem auch im Prozessrecht geltenden Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB), dem Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte sowie dem auch für die Gerichte geltenden Grundsatz der Effizienz staatlichen Handelns (BVerfG vom 5.12.2001 - 2 BvR 527/99 ua - BVerfGE 104, 220 [232]; BSG vom 12.7.2012 - B 14 AS 35/12 R - BSGE 111, 234 = SozR 4-1500 § 54 Nr 28, RdNr 17). Das Rechtsschutzbedürfnis muss noch im Zeitpunkt der Entscheidung bestehen und ist auch vom Rechtsmittelgericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (BSG vom 22.3.2012 - B 8 SO 24/10 R - juris RdNr 10 mwN).
An einem solchen Rechtsschutzbedürfnis fehlt es, wenn der Rechtsbehelf demjenigen, der ihn erhebt oder einlegt, keinen tatsächlichen oder rechtlichen Vorteil bringen kann (vgl BSG vom 22.3.2012 - B 8 SO 24/10 R - juris RdNr 10; BVerwG vom 28.5.2020 - 1 VR 2.19 - Buchholz 310 § 82 VwGO Nr 30 = juris RdNr 13; BVerwG vom 28.10.2021 - 10 C 3.20 - BVerwGE 174, 66 = Buchholz 404 IFG Nr 46, RdNr 24 mwN; BGH vom 31.3.1993 - XII ZR 234/91 - juris RdNr 12). Das ist der Fall, wenn die begehrte gerichtliche Entscheidung die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des Betroffenen nicht verbessern würde (BSG vom 22.3.2012 - B 8 SO 24/10 R - juris RdNr 10).
b) Gemessen daran fehlt es dem Kläger mit Blick auf seinen Antrag, ihm auch für den 1.5.2019 Alg zu bewilligen, am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis.
aa) Dies gilt zunächst mit Blick auf den geltend gemachten Anspruch auf Alg selbst. Ist Alg für einen vollen Kalendermonat zu zahlen, ist dieser gemäß § 154 Satz 2 SGB III mit 30 Tagen anzusetzen. Da dem Kläger bereits für den 2. bis 31.5.2019 und damit für 30 Tage Alg bewilligt worden ist, würde ihm die Verurteilung der Beklagten, auch für den 1.5.2019 Alg zu bewilligen, keinen weiteren Zahlungsanspruch verschaffen.
bb) Es ist auch nicht ersichtlich, dass mit der Bewilligung von Alg für den 1.5.2019 sonstige rechtliche oder tatsächliche Vorteile für den Kläger verbunden wären.
Ein Krankenversicherungsschutz des Klägers für den 1.5.2019 folgt jedenfalls aus § 19 Abs 2 Satz 1 SGB V. Danach besteht Anspruch auf Leistungen längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, wenn die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger endet. Der Kläger war zunächst als abhängig Beschäftigter bis zum 31.1.2019 in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V). Diese Mitgliedschaft ist über das Ende der Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung hinaus erhalten geblieben, solange er Anspruch auf Krankengeld hatte (§ 192 Abs 1 Nr 2 SGB V), also bis zum 30.4.2019. Am 1.5.2019 bestand ein nachgehender Leistungsanspruch aufgrund § 19 Abs 2 Satz 1 SGB V (vgl auch - im Umkehrschluss - BSG vom 4.3.2014 - B 1 KR 17/13 R - SozR 4-2500 § 192 Nr 6 RdNr 21 ff), sofern der Kläger nicht familienversichert war. Eine solche Familienversicherung nach § 10 SGB V hat Vorrang (§ 19 Abs 2 Satz 2 SGB V). Wäre der Kläger aber am 1.5.2019 familienversichert gewesen, hätte also zwar kein Anspruch nach § 19 Abs 2 Satz 1 SGB V bestanden, aber eine Versicherung nach § 10 SGB V.
Da im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung ein Kalendermonat, der nur zum Teil mit rentenrechtlichen Zeiten belegt ist, gemäß § 122 Abs 1 SGB VI als voller Monat gilt, würde dem Kläger auch insofern die Bewilligung von Alg für den 1.5.2019 keinen Vorteil verschaffen. Aufgrund der Bewilligung von Alg ab dem 2.5.2019 änderte sich durch die Bewilligung auch für den 1.5.2019 nichts an der rentenrechtlichen Bewertung des Mai 2019.
Andere Umstände, die ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für sein Begehren begründen könnten (zB hinsichtlich der Vorversicherungszeit des § 33 SGB XI oder Ansprüchen des Klägers auf Pflegeleistungen für den 1.5.2019), sind von diesem - trotz vorherigen Hinweises des Senats auf das fehlende Rechtsschutzbedürfnis - weder behauptet worden noch sonst ersichtlich.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG.
Meßling B. Schmidt Burkiczak