Bezieher von Elterngeld Plus als Partnerschaftsbonus sind auch dann "erwerbstätig", wenn sie ihre auf die gesetzlich vorgeschriebene Zahl an Wochenstunden festgelegte Tätigkeit während einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit nicht tatsächlich ausüben können, sofern das Arbeitsverhältnis fortbesteht und die konkrete Tätigkeit voraussichtlich wieder aufgenommen werden wird.
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 20. Juni 2022 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Elterngeld Plus, das dem Kläger als Partnerschaftsbonus für den 14. bis 17. Lebensmonat seines Sohnes als Partnerschaftsbonus vorläufig bewilligt worden war.
Der Kläger erhielt für den 7. und 13. Lebensmonat seines am 28.1.2016 geborenen Sohnes zunächst Basiselterngeld (Bescheid vom 11.7.2016). Für den 14. bis 17. Lebensmonat beantragten beide Eltern Elterngeld Plus als Partnerschaftsbonus. Für diesen Zeitraum vereinbarte der Kläger mit seinem Arbeitgeber eine Reduzierung der zuvor in Vollzeit ausgeübten Berufstätigkeit auf 30 Wochenstunden. Die Mutter vereinbarte eine wöchentliche Arbeitszeit von 25 Stunden mit ihrem Arbeitgeber. Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin vorläufig für diese vier Monate Elterngeld Plus in Höhe von monatlich 160,77 Euro (Bescheid vom 27.12.2016).
Ab Beginn des 14. Lebensmonats seines Sohnes am 28.2.2017 arbeitete der Kläger - wie vereinbart - nur noch 30 Stunden wöchentlich. Vom 8.3.2017 bis zum 26.6.2017 war er arbeitsunfähig erkrankt und befand sich vom 19. bis zum 22.5.2017 in stationärer Behandlung. Für die ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit wurde sein Entgelt vom Arbeitgeber fortgezahlt. Vom 19.4.2017 bis zum 26.6.2017 erhielt er Krankengeld. Anschließend nahm er seine Tätigkeit im vereinbarten Umfang wieder auf.
Mit Bescheid vom 11.6.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.1.2019 hob die Beklagte die Bewilligung des Elterngelds ab dem 28.2.2017 auf und setzte die Leistung neu fest. Das als Partnerschaftsbonus gewährte Elterngeld Plus für den 14. bis 17. Lebensmonat des Kindes forderte sie vom Kläger zurück, weil er die tatbestandliche Voraussetzung der Erwerbstätigkeit nicht erfüllt habe. Die Erwerbstätigkeit habe mit dem Auslaufen der Entgeltfortzahlung geendet.
Die hiergegen gerichtete Klage hat das SG abgewiesen (Urteil vom 18.2.2022). Auf die Berufung des Klägers hat das LSG das Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide aufgehoben, weil ungeachtet der vorübergehenden Erkrankung des Klägers die Voraussetzungen für den Bezug von Elterngeld Plus im 14. bis 17. Lebensmonat des Sohnes erfüllt seien. Eine Überzahlung liege - auch unter Anrechnung des Krankengelds - nicht vor. Beide Elternteile erfüllten die Grundvoraussetzungen des Elterngeldanspruchs und seien jeweils im vorgeschriebenen Umfang erwerbstätig gewesen. Die krankheitsbedingte Unterbrechung der Berufstätigkeit des Klägers sei unschädlich, weil deren vertraglich vereinbarter Umfang den gesetzlichen Vorgaben entsprochen habe. Abhängig vom Tätigkeitsstatus führe die Anknüpfung an die Entgeltfortzahlung zu sachwidrigen Ungleichbehandlungen. Zudem widerspreche es dem gesetzgeberischen Ziel der Förderung einer partnerschaftlichen Aufgabenteilung, wenn der Elterngeldanspruch von unbeeinflussbaren Zufallsfaktoren wie dem Eintritt einer Krankheit abhängig sei (Urteil vom 20.6.2022).
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 4 Abs 4 BEEG (idF des Gesetzes vom 18.12.2014, BGBl I 2325). Der Kläger habe keinen Anspruch auf Elterngeld Plus als Partnerschaftsbonus gehabt, weil er infolge seiner Arbeitsunfähigkeit nicht erwerbstätig gewesen sei. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sei Erwerbstätigkeit nicht nur das passive Innehaben einer Arbeitsstelle, sondern die aktive Ausübung der Berufstätigkeit. Löse der Krankengeldanspruch den Entgeltfortzahlungsanspruch ab, könne nicht mehr von einer Erwerbstätigkeit oder ihrer nur vorübergehenden Unterbrechung ausgegangen werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 20. Juni 2022 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Hannover vom 18. Februar 2022 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 11.6.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.1.2019 (§ 95 SGG) ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, weil die Beklagte sein Elterngeld Plus zu niedrig festgesetzt und zu Unrecht überzahltes Elterngeld Plus zurückgefordert hat. Das LSG hat diese Bescheide daher zu Recht aufgehoben.
A. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist das allein von der Beklagten angegriffene Urteil des LSG, mit dem es das klageabweisende Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben hat.
Gegen diese Bescheide hat sich der Kläger zulässig mit der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Alt 1 SGG) gewandt (vgl BSG Urteil vom 8.3.2018 - B 10 EG 8/16 R - BSGE 125, 162 = SozR 4-7837 § 2c Nr 3, RdNr 18 mwN). Denn sein Klagebegehren (§ 123 SGG) war allein auf die Wiederherstellung der zuvor durch Bescheid vom 27.12.2016 erfolgten Bewilligung von Elterngeld Plus auch für den 14. bis 17. Lebensmonat seines Kindes gerichtet. Die nur vorläufige Bewilligung steht einer gerichtlichen Entscheidung nicht entgegen (stRspr; zB BSG Urteil vom 27.10.2022 - B 10 EG 4/20 R - juris RdNr 20, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen).
B.Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Aufhebung der zuvor erfolgten vorläufigen Bewilligung von Elterngeld Plus als Partnerschaftsbonus für die Zeit ab dem 28.2.2017 und dessen Rückforderung ist rechtswidrig.
Zwar war die Beklagte grundsätzlich nach § 8 Abs 3 Satz 1 Nr 4 BEEG in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 18.12.2014 (BGBl I 2325) befugt, die vorläufige Bewilligung durch Bescheid vom 27.12.2016 mit dem Änderungsbescheid vom 11.6.2018 teilweise aufzuheben (vgl BSG Urteil vom 27.10.2022 - B 10 EG 4/20 R - juris RdNr 22, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen) und nach § 42 Abs 2 Satz 2 SGB I die Erstattung der (vermeintlich) entstandenen Überzahlung zu verlangen (stRspr; zB BSG, aaO, RdNr 55; BSG Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 10/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 14 RdNr 39 ff). Die Voraussetzungen hierfür lagen jedoch nicht vor. Denn der dem Kläger bereits zuerkannte Anspruch auf Elterngeld Plus als Partnerschaftsbonus für den 14. bis 17. Lebensmonat seines Sohnes war weder entfallen (dazu unter 1.) noch gemindert (dazu unter 2.).
1. Der Kläger hat Anspruch auf Elterngeld Plus als Partnerschaftsbonus für den 14. bis 17. Lebensmonat seines Sohnes.
Anspruch auf vier weitere Monatsbeträge Elterngeld Plus als Partnerschaftsbonus besteht nach § 4 Abs 4 Satz 3 BEEG (in der hier noch anzuwendenden, ab 1.1.2015 geltenden Fassung des Gesetzes zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz vom 18.12.2014, BGBl I 2325) für jeden Elternteil, wenn beide Elternteile in vier aufeinander folgenden Lebensmonaten gleichzeitig (1.) nicht weniger als 25 und nicht mehr als 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig sind (dazu unter b) und (2.) die Voraussetzungen des § 1 BEEG erfüllen (dazu unter a). Diese Voraussetzungen müssen schon dem Wortlaut nach während des gesamten Zeitraums von beiden Elternteilen erfüllt werden, was auch durch die Gesetzesmaterialien (Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz <Regierungsentwurf EGPlusG>, BT-Drucks 18/2583, S 28 f) bestärkt wird.
a) Die Voraussetzungen des § 1 BEEG (idF des Gesetzes vom 18.12.2014, BGBl I 2325) wurden von beiden Eltern während des 14. bis 17. Lebensmonat ihres Sohnes erfüllt.
Nach den unangegriffenen und deshalb bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG hatten beide Eltern ihren Wohnsitz in Deutschland (§ 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 BEEG), lebten mit ihrem Kind in einem Haushalt (§ 1 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BEEG), waren mit nicht mehr als 30 Wochenstunden nicht voll erwerbstätig (§ 1 Abs 1 Satz 1 Nr 4; Abs 6 BEEG) und betreuten und erzogen das Kind selbst (§ 1 Abs 1 Satz 1 Nr 3 BEEG).
Der persönlichen Betreuung und Erziehung iS von § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 3 BEEG durch den Kläger stehen weder dessen viertägige stationäre Behandlung noch die weitere Zeit der Arbeitsunfähigkeit entgegen. Sofern die Betreuung und Erziehung des Kindes aus einem wichtigen Grund unterbrochen werden muss, bleibt der Anspruch auf Elterngeld - wie in § 1 Abs 5 BEEG ausdrücklich geregelt - unberührt. Als wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn sich - wie vorliegend - die berechtigte Person vorübergehend in Krankenhausbehandlung befindet oder begeben muss (vgl Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes, BT-Drucks 16/1889, S 19). Für die weitere Zeit der Arbeitsunfähigkeit hat das Berufungsgericht eine unter Anpassung der wechselseitigen Beiträge an die vorübergehenden krankheitsbedingten Besonderheiten fortbestehende persönliche Betreuung und Erziehung des Kindes durch beide Eltern festgestellt.
b) Beide Eltern waren auch in vier aufeinanderfolgenden Lebensmonaten gleichzeitig im nach § 4 Abs 4 Satz 3 Nr 1 BEEG vorgeschriebenen Umfang von nicht weniger als 25 und nicht mehr als 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig.
Für die Mutter ist dies durch das LSG bindend festgestellt und zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Für den Kläger steht dies bis zum Ende der Entgeltfortzahlung am 18.4.2017 ebenfalls außer Streit. Er hatte mit seinem Arbeitgeber für den 14. bis 17. Lebensmonat seines Sohnes eine wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden vereinbart und mit Ausnahme der Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit vom 8.3. bis zum 26.6.2017 tatsächlich geleistet. Aber auch für die Zeit nach Auslaufen der Entgeltfortzahlung ist eine Erwerbstätigkeit des Klägers iS von § 4 Abs 4 Satz 3 Nr 1 BEEG nicht entfallen. Dem steht nicht entgegen, dass er wegen seiner Arbeitsunfähigkeit vorübergehend keine Arbeitsleistung für seinen Arbeitgeber erbracht und von diesem kein Entgelt erhalten hat.
Soweit sich die Beklagte für ihre gegenteilige Auffassung auf Ziff 4.4.3.2 der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) herausgegebenen Richtlinien zum BEEG (Stand 08/2016 bzw 05/2017; heute Ziff 4b.1.1. Stand August 2023) beruft, sind diese wegen ihrer fehlenden Qualität als Gesetz iS von Art 20 Abs 3, Art 97 Abs 1 GG (BVerfG Beschluss vom 31.5.1988 - 1 BvR 520/83 - BVerfGE 78, 214 - juris RdNr 37; BSG Urteil vom 4.9.2013 - B 10 EG 4/12 R - SozR 4-7837 § 1 Nr 5 RdNr 17) für den Senat nicht verbindlich. Solche Verwaltungsvorschriften sind grundsätzlich Gegenstand, nicht jedoch Maßstab richterlicher Kontrolle (BVerfG Beschluss vom 31.5.2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 - juris RdNr 71; BVerfG Beschluss vom 31.5.1988 - 1 BvR 520/83 - BVerfGE 78, 214 - juris RdNr 37). Beruht eine angefochtene Verwaltungsentscheidung - wie hier mit dem Begriff "erwerbstätig" - auf der Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, so ist deren Konkretisierung grundsätzlich Sache der Gerichte, die die Rechtsanwendung der Verwaltungsbehörden uneingeschränkt nachzuprüfen haben (BVerfG Beschluss vom 31.5.2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 - juris RdNr 70).
Ausgehend hiervon ergibt eine Auslegung des Begriffs "erwerbstätig" in § 4 Abs 4 Satz 3 BEEG, dass Berechtigte auch dann "erwerbstätig" sind, wenn sie ihre auf die gesetzlich vorgeschriebene Zahl an Wochenstunden festgelegte Tätigkeit während einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit nicht tatsächlich ausüben können, sofern das Arbeitsverhältnis oder - bei Selbstständigen - der Geschäftsbetrieb fortbestehen und die konkrete Tätigkeit voraussichtlich wieder aufgenommen werden wird. Dies kann zwar nicht allein dem für eine solche Auslegung offenen Wortlaut der Norm entnommen werden (dazu unter aa), jedoch sprechen hierfür entscheidend die Systematik (dazu unter bb) und der Sinn und Zweck (dazu unter cc) der Bestimmungen über den Partnerschaftsbonus.
aa) Der Wortlaut des § 4 Abs 4 Satz 3 BEEG ist entgegen der Ansicht der Beklagten offen für eine Auslegung im Sinne des Fortbestands einer im vorgeschriebenen Umfang vereinbarten und tatsächlich ausgeübten Erwerbstätigkeit während einer vorübergehenden krankheitsbedingten Unterbrechung auch nach Ende der Lohnfortzahlung. Dies gilt zunächst für das BEEG selbst (dazu unter <1>). Aber auch außerhalb des BEEG gibt es weder ein allgemeines noch ein juristisches Wortverständnis von "erwerbstätig", das vorübergehende Unterbrechungen der tatsächlichen Tätigkeitsausübung ausschließt (dazu unter <2>).
(1) Der Begriff "erwerbstätig" ist im BEEG nicht gesetzlich definiert. Zwar wird "erwerbstätig" oder "Erwerbstätigkeit" auch an anderer Stelle im BEEG verwendet. Jedoch steht das Wort "Erwerbstätigkeit" dort jeweils in einem spezifischen Begriffs- bzw Satzzusammenhang, weshalb die dortige Auslegung nicht auf § 4 Abs 4 Satz 3 Nr 1 BEEG übertragen werden kann.
Dies gilt zunächst für die §§ 2 ff BEEG, in denen der Begriff der "Erwerbstätigkeit" anders als in § 4 Abs 4 Satz 3 Nr 1 BEEG nicht im Sinne des "Tätigseins" verwendet wird, sondern ausschließlich als kombinierter Begriff "Einkommen aus Erwerbstätigkeit". Ausschließlich dieser kombinierte Begriff wird durch § 2 Abs 1 Satz 3 BEEG und dem darin enthaltenen Verweis auf § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 Einkommensteuergesetz (EStG) gesetzlich definiert und dient der Abgrenzung der nach § 2 Abs 1 Satz 3 BEEG zu berücksichtigenden Einkünfte gegenüber solchen, die nicht zu berücksichtigen sind. Demgegenüber bezieht sich § 4 Abs 4 Satz 3 Nr 1 BEEG nicht auf Einkunftsarten, sondern auf den Umfang einer Erwerbstätigkeit.
Ebenfalls nicht übertragbar ist die Begriffsbildung zu § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 4 BEEG, wo "Erwerbstätigkeit" - anders als in § 4 Abs 4 Satz 3 Nr 1 BEEG - mit dem Wort "ausübt" verknüpft ist. Der Senat hat sein zunächst durch das tatsächliche Verhalten (tatsächliches Nichterbringen der Arbeitsleistung während einer Freistellung durch den Arbeitgeber; vgl BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 7/11 R - SozR 4-7837 § 1 Nr 3 RdNr 26) geprägtes Verständnis (sich hierauf stützend SG Berlin Urteil vom 22.1.2020 - S 2 EG 19/19 - juris RdNr 31, 34; vgl auch SG Hamburg Urteil vom 12.2.2020 - S 35 EG 3/19 - juris RdNr 5) dieser Norm zuletzt erweitert und entschieden, dass Erholungsurlaub die tatsächlich ausgeübte Erwerbstätigkeit nicht beendet, sodass die Inanspruchnahme von Erholungsurlaub im unverändert fortbestehenden Vollzeitarbeitsverhältnis nicht dazu führt, dass iS von § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 4 BEEG keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausgeübt wird (BSG Urteil vom 15.12.2015 - B 10 EG 3/14 R - BSGE 120, 189 = SozR 4-7837 § 1 Nr 8, RdNr 12 ff).
(2) Auch außerhalb des BEEG besteht weder ein allgemeines noch ein juristisches Wortverständnis von "erwerbstätig", das vorübergehende Unterbrechungen der tatsächlichen Tätigkeitsausübung ausschließt.
Im Duden (https://www.duden.de/rechtschreibung/erwerbstaetig; letzter Aufruf 14.7.2023) wird die Bedeutung von "erwerbstätig" mit "einen Beruf zu Erwerbszwecken ausübend" angegeben. "Ausübend" umschreibt dabei zwar ein aktives Tätigsein, das aber nach allgemeinem Verständnis nicht an sieben Tagen in der Woche für jeweils 24 Stunden ununterbrochen erfolgen muss. Es ist nicht erforderlich, dass die Person tagtäglich eine bestimmte Tätigkeit ausübt, sondern nur vom Grundsatz her einen bestimmten Beruf hat (Organista, NZS 2021, 171, 172). Damit umschreibt "erwerbstätig" (jedenfalls auch) eine Eigenschaft im Sinne einer längerfristigen Kategorisierung zB im Rahmen der Unterscheidung zwischen Erwerbstätigen und Nichterwerbstätigen (vgl Röhl in Rolfs/Giesen/Meßling/Udsching, BeckOK Arbeitsrecht, 69. Edition, § 1 BEEG RdNr 17, Stand 1.9.2023).
In diesem Sinne wird der Begriff "Erwerbstätige" auch für statistische Zwecke definiert. Das Statistische Bundesamt geht von der in der Revisionsbegründung der Beklagen zitierten Definition der International Labour Organization (ILO) aus und zählt als Erwerbstätige "Personen im Alter von 15 Jahren und mehr, die mindestens eine Stunde in der Woche gegen Entgelt irgendeiner beruflichen Tätigkeit nachgehen beziehungsweise in einem Arbeitsverhältnis stehen (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) oder selbstständig ein Gewerbe, einen freien Beruf, ein Handwerk oder eine Landwirtschaft betreiben oder als mithelfende Familienangehörige im Betrieb eines Familienmitgliedes mitarbeiten, ohne dafür Lohn oder Gehalt zu beziehen. Einbezogen sind - insoweit von der Beklagten nicht mehr zitiert - "ferner Soldatinnen und Soldaten und Personen in Freiwilligendiensten. Als Erwerbstätige gelten auch Personen, die vorübergehend nicht arbeiten, sofern sie formell mit ihrem Arbeitsplatz verbunden sind (zum Beispiel Urlaub, Krankheit, Streik, Aussperrung, Mutterschafts- und Elternurlaub, Schlechtwettergeld und so weiter). Die Bedeutung des Ertrages der Tätigkeit für den Lebensunterhalt ist hierbei irrelevant." (https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Glossar/erwerbstaetige.html; letzter Aufruf 14.7.2023). Danach wäre der Kläger im streitigen Zeitraum statistisch als Erwerbstätiger zu erfassen.
Im rechtlichen Kontext wird Erwerbstätigkeit für das Einkommensteuerrecht als eine auf die Erzielung von Einkünften gerichtete Tätigkeit umschrieben (BFH Urteil vom 16.5.1975 - VI R 143/73 - BFHE 116, 133 - juris RdNr 7 f in Abgrenzung zum Hochschulstudium; Hessisches Finanzgericht Gerichtsbescheid vom 21.5.2015 - 2 K 155/13 - juris RdNr 17; vgl auch Loschelder in Schmidt, EStG, 42. Aufl 2023, § 32 EStG RdNr 64). Nach der Rechtsprechung des BVerwG kennzeichnet eine "Tätigkeit […] gegen Vergütung" auch die "selbstständige Erwerbstätigkeit" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (BVerwG Urteil vom 26.1.2011 - 8 C 46/09 - BVerwGE 139, 1 - juris RdNr 22). Als Erwerbstätigkeit iS des § 8 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) ist nach der Rechtsprechung des BAG jede gegen Entgelt ausgeübte Tätigkeit anzusehen ohne Rücksicht darauf, ob sie in einem Arbeitsverhältnis, freien Dienstverhältnis oder Werkvertragsverhältnis ausgeübt wird (vgl BAG Urteil vom 25.2.1988 - 8 AZR 596/85 - BAGE 57, 366 - juris RdNr 21; BAG Urteil vom 20.10.1983 - 6 AZR 590/80 - juris RdNr 10; Schinz in Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 10. Aufl 2022, § 8 BUrlG RdNr 5; Fischinger in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2022, BGB § 611a RdNr 1945). Vergleichbar hat das BSG - wiederum in Abgrenzung zu einem Hochschulstudium - als Erwerbstätigkeit iS der § 1 Abs 1 und § 2 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) die unselbstständige Beschäftigung gegen Entgelt oder die selbstständige Tätigkeit zur Erzielung eines wirtschaftlichen Erfolges angesehen (BSG Urteil vom 13.5.1998 - B 14 EG 2/97 R - SozR 3-7833 § 2 N 6 - juris RdNr 11). Vermutlich im Anschluss hieran definieren die - wie oben bereits ausgeführt - die Gerichte nicht bindenden Richtlinien des BMFSFJ zum BEEG in Ziff 1.1.1.3.2 als Erwerbstätigkeit eine Tätigkeit, die zu Erwerbseinkünften iS des § 2 Abs 1 Satz 3 BEEG führt. Dies können auch Null- oder Negativeinkünfte sein. Tätigkeiten, die zu Einkünften führen, die gemäß § 3 EStG steuerfrei gestellt sind (etwa Einkünfte aus Tätigkeiten als Übungsleiterin oder Übungsleiter, sog Übungsleiterpauschale), sollen demgegenüber keine Erwerbstätigkeit darstellen und daher auch stundenmäßig nicht zu berücksichtigen sein (Richtlinien zum BEEG, Stand 08/2016 und 05/2017 sowie aktuell nach Stand 08/2023).
Der zitierten Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes kann damit zwar als gemeinsamer Kern des Begriffs Erwerbstätigkeit entnommen werden, dass es sich um eine Tätigkeit gegen Entgelt oder zur Erzielung von Einkünften handeln muss. Aus ihr erschließt sich jedoch nicht, welche Folgen im jeweiligen Regelungskontext an die vorübergehende Nichtausübung der konkreten Tätigkeit oder den Ausfall der hierfür vereinbarten Vergütung geknüpft sind.
Dass die Nichtausübung selbst innerhalb desselben Gesetzes unterschiedliche Behandlung erfahren kann, zeigen zwei Beispiele aus der Rechtsprechung des BSG zum SGB III. Erwerbstätigkeit ist nach der Legaldefinition des § 138 Abs 3 Satz 1 SGB III die Ausübung einer Beschäftigung, selbstständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder mithelfender Familienangehöriger. Diese Erwerbstätigkeit schließt die Beschäftigungs- und damit Arbeitslosigkeit nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst. Hierfür kommt es auf die vereinbarte oder nach der Natur einer Tätigkeit zu erwartende Arbeitszeit an. Auf einen tatsächlich geringeren Tätigkeitsumfang kann sich der Versicherte nicht berufen (stRspr; zB BSG Urteil vom 29.10.2008 - B 11 AL 52/07 R - SozR 4-4300 § 118 Nr 2 RdNr 14 mwN). Umgekehrt haben die für Arbeitsförderungsrecht zuständigen Senate des BSG gerade für Fallgestaltungen langfristig erkrankter oder leistungsgeminderter Arbeitnehmer, die tatsächlich nicht mehr beschäftigt werden, entschieden, dass selbst nach Auslaufen des Krankengeldbezugs und Freistellung durch den Arbeitgeber nicht ohne Weiteres Beschäftigungslosigkeit vorliegt (vgl BSG Urteil vom 12.9.2019 - B 11 AL 20/18 R - juris RdNr 20 mwN).
bb) Angesichts des damit für unterschiedliche Auslegungen offenen Wortlauts spricht die Systematik deutlich für einen Fortbestand der Erwerbstätigkeit während einer vorübergehenden Unterbrechung der Tätigkeitsausübung.
Dies gilt zunächst mit Blick auf das Fehlen einer den Ausnahmen für das Tatbestandsmerkmal "Betreuung" in § 1 Abs 5 BEEG und § 4 Abs 6 Satz 1 Nr 3 BEEG (idF des Gesetzes vom 18.12.2014, BGBl I 2325) vergleichbaren Regelung. Der Anspruch auf Elterngeld bleibt nach § 1 Abs 5 BEEG unberührt, wenn die Betreuung und Erziehung des Kindes aus einem wichtigen Grund nicht sofort aufgenommen werden kann oder wenn sie unterbrochen werden muss. Nach § 4 Abs 6 Satz 1 Nr 3 BEEG kommt ein alleiniger Bezug von Elterngeld Plus als Partnerschaftsbonus in Betracht, wenn die Betreuung durch den anderen Elternteil unmöglich ist, insbesondere weil er wegen einer schweren Krankheit oder Schwerbehinderung sein Kind nicht betreuen kann. Erwerbstätigkeit und Betreuung sind unterschiedliche Voraussetzungen des Elterngeldanspruchs, zwischen denen das Gesetz in § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 3 und 4 BEEG ausdrücklich differenziert. Hierauf nimmt auch § 4 Abs 4 Satz 3 Nr 2 BEEG Bezug, wobei die in § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 4 BEEG festgesetzte Höchstgrenze der Erwerbstätigkeit in § 4 Abs 4 Satz 3 Nr 1 BEEG lediglich um eine Untergrenze (25 Wochenstunden) ergänzt wird. Vor diesem Hintergrund legt es das Fehlen einer Ausnahmeregelung für krankheitsbedingte Unterbrechungen in § 4 Abs 4 Satz 3 BEEG nahe, dass der Gesetzgeber solche Unterbrechungen - anders als bei der Betreuung - von vornherein als grundsätzlich unschädlich für das Tatbestandsmerkmal "erwerbstätig" angesehen hat.
Vor allem aber spricht die gesetzlich vorgesehene Anrechnung von Krankengeld dafür, dass der Elterngeldbezug nicht mit dem Einsetzen des Krankengeldbezugs endet. Dass entgegen der Ansicht der Beklagten der Bezug von Krankengeld den gleichzeitigen Bezug von Elterngeld Plus nicht ausschließt, ergibt sich aus § 3 Abs 1 Satz 1 Nr 5 BEEG, der anstelle eines gegenseitigen Ausschlusses der Ansprüche bereits dem Grunde nach eine Anrechnung von der berechtigten Person zustehenden Entgeltersatzleistungen vorsieht. Dies betrifft nicht nur das Basiselterngeld, sondern auch Ansprüche auf Elterngeld Plus, wie der Senat mit Urteil vom 18.3.2021 (B 10 EG 3/20 R - BSGE 132, 14 = SozR 4-7837 § 3 Nr 2) bereits entschieden hat.
Die Anrechnung dürfte auch dazu führen, dass es anders als von der Beklagten befürchtet regelmäßig zu keiner Überkompensation des ausgefallenen Erwerbseinkommens kommt (vgl noch zum Doppelbezug von Krankengeld und Erziehungsgeld nach BErzGG BSG Urteil vom 18.2.2016 - B 3 KR 10/15 R - BSGE 121, 1 = SozR 4-2500 § 45 Nr 2, RdNr 28). Dies gilt auch mit Blick auf den jedenfalls verbleibenden Mindestbetrag des Elterngeld Plus in Höhe von 150 Euro (§ 3 Abs 2 Satz 1 iVm § 4 Abs 4 Satz 3, Abs 3 Satz 3 Nr 4 BEEG). Dieser Mindestbetrag dient gerade der Anerkennung der Betreuungsleistung durch den Elternteil und ist unabhängig von einer Bedürftigkeit und auch unabhängig von einem Erwerbseinkommen nach der Geburt zu gewähren (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 7/11 R - SozR 4-7837 § 1 Nr 3 RdNr 33 mwN).
cc) Schließlich spricht auch der Sinn und Zweck des Partnerschaftsbonus, wie er sich aus den Gesetzesmaterialien erschließt, für ein Fortbestehen der Erwerbstätigkeit iS des § 4 Abs 4 Satz 3 Nr 1 BEEG obwohl der Berechtigte seine auf den vorgeschriebenen Umfang festgelegte Tätigkeit während einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit nicht tatsächlich ausüben kann.
Mit dem Elterngeld Plus und dem Partnerschaftsbonus sowie mit einer Flexibilisierung der Elternzeit durch das EGPlusG sollten Eltern zielgenauer darin unterstützt werden, ihre Vorstellungen einer partnerschaftlichen Vereinbarkeit von Familie und Beruf umzusetzen. Eine frühere Rückkehr zur Erwerbstätigkeit beider Partner in Teilzeit, die gleichzeitig eine (gemeinsame) Fürsorge für das neugeborene Kind ermöglicht, sollte sich stärker lohnen als bisher. Durch die neuen Gestaltungskomponenten sollten das Elterngeld und die Elternzeit wirksam dazu beitragen, die wirtschaftliche Existenz von beiden Elternteilen auf Dauer zu sichern, die Gefahr der Abhängigkeit von staatlichen Transferleistungen zu mindern, Vätern und Müttern Zeit mit dem Kind zu sichern, ohne den Bezug zum Erwerbsleben zu verlieren und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten von Frauen zu verbessern (Regierungsentwurf EGPlusG, BT-Drucks 18/2583, S 2). Speziell das Elterngeld Plus ist eine Unterstützungsleistung beim Wiedereinstieg in die Erwerbstätigkeit. Es soll dazu beitragen, dass Elternpaare frühzeitig die Chancen einer partnerschaftlichen Aufgabenteilung in Familie und Beruf in Erwägung ziehen und nutzen können (Regierungsentwurf EGPlusG, BT-Drucks 18/2583, S 25). Die Teilzeittätigkeit von Eltern nach der Geburt eines Kindes soll mit dem Elterngeld Plus wirtschaftlich abgesichert werden (Regierungsentwurf EGPlusG, BT-Drucks 18/2583, S 16).
Der Partnerschaftsbonus ergänzt das Elterngeld Plus (Regierungsentwurf EGPlusG, BT-Drucks 18/2583, S 17). Seine Ausgestaltung ist darauf ausgerichtet, durch die Voraussetzung einer Erwerbstätigkeit im Umfang von etwa 60 - 75 % einer Vollzeitbeschäftigung eine merkliche Verringerung der Arbeitszeit zugunsten der Betreuung des Kindes zu erreichen. Gleichzeitig soll die Erwerbstätigkeit in einem Umfang von mehr als nur einer halben Stelle die dauerhafte wirtschaftliche Absicherung in Familien gewährleisten. Dies soll ein nachhaltiges und belastbares Zeitarrangement zwischen den Eltern begünstigen (Regierungsentwurf EGPlusG, BT-Drucks 18/2583, S 28 f) und es Eltern erleichtert, in einer frühen Phase der Elternschaft in die partnerschaftliche Arbeitsteilung hineinzufinden (Regierungsentwurf EGPlusG, BT-Drucks 18/2583, S 18). Dem dient auch die viermonatige Länge der Partnerschaftsbonus-Zeit, die den Eltern einen Anlass geben soll, das gesetzlich vorgegebene Zeitarrangement auszuprobieren. Dabei entspricht es der Intention des Gesetzentwurfs, dass die Voraussetzungen für den Partnerschaftsbonus von beiden Elternteilen erfüllt werden müssen und das (Fehl-)Verhalten allein eines Elternteils zur Aufhebung der Elterngeldbewilligung führen kann (Regierungsentwurf EGPlusG, BT-Drucks 18/2583, S 29).
Eine Auslegung des § 4 Abs 4 Satz 3 Nr 1 BEEG, wonach die Erwerbstätigkeit durch eine vorübergehende krankheitsbedingte Unterbrechung entfiele, widerspräche dem im Gesetzentwurf ausdrücklich formulierten Ziel, die Teilzeittätigkeit von Eltern nach der Geburt eines Kindes durch Elterngeld Plus wirtschaftlich abzusichern, und ließe gleichzeitig die Anreizfunktion des Partnerschaftsbonus entfallen. Dies gilt nach der auf die Richtlinien des BMFSFJ zum BEEG gestützten Lesart der Beklagten insbesondere auch im Hinblick auf Selbstständige, die keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall haben. Bei ihnen ließe im Extremfall schon ein einziger Krankheitstag den Anspruch auf Partnerschaftsbonus entfallen. Zwar wäre mit Blick auf die Maßgeblichkeit des Monatsdurchschnitts der Arbeitszeit (§ 4 Abs 4 Satz 3 Nr 1 BEEG: "im Durchschnitt des Monats") möglicherweise eine Nacharbeit der ausgefallenen Stunden denkbar, jedoch ginge dies im Rahmen des zwischen den Eltern getroffenen Zeitarrangements zu Lasten der vom Betroffenen zu erbringenden Kinderbetreuung. Der hieran anknüpfende Ausfall oder die Rückforderung des gesamten, beiden Eltern als Partnerschaftsbonus gewährten Elterngeld Plus stellt in Verbindung mit dem durch die für diesen Zeitraum getroffenen Arbeitszeitdispositionen bedingten Einkommensausfall ein regelmäßig nicht unerhebliches wirtschaftliches Risiko dar. Dadurch wird nicht nur das Ziel einer wirtschaftlichen Absicherung während des Partnerschaftsbonus verfehlt. Vielmehr ist dieses Risiko gerade wegen der Unkalkulierbarkeit von Erkrankungen (insbesondere auch des Kindes) geeignet, die vom Gesetzgeber gewünschte Anreizfunktion des Partnerschaftsbonus zu konterkarieren.
Zwar ist dieses Risiko für Beschäftigte weniger groß, weil ihr Einkommensausfall im Krankheitsfall durch Entgeltfortzahlung (§ 3 Abs 1 Entgeltfortzahlungsgesetz) und Krankengeld (§ 44 Abs 1 SGB V) begrenzt wird und die Beklagte - ohne dass dies eine Stütze im Wortlaut des § 4 Abs 4 Satz 3 Nr 1 BEEG fände - jedenfalls für die Dauer der Entgeltfortzahlung von einem Fortbestand der Erwerbstätigkeit im vereinbarten Umfang ausgeht. Jedoch zeigt gerade der vorliegende Fall, dass die Rückforderung von Elterngeld Plus in einer durch das (noch neue) Kind, den Entgeltausfall aufgrund des reduzierten Arbeitsumfangs und der wegen längerer Krankheit ausgelaufenen Entgeltfortzahlung ohnehin angespannten wirtschaftlichen Situation eine nicht unerhebliche Belastung darstellen kann. Auch dies ist geeignet, die nach den Gesetzesmaterialien angestrebte Anreizfunktion des Elterngeld Plus als Partnerschaftsbonus deutlich zu mindern.
Allerdings erfordern es die in den Gesetzesmaterialien genannten Zwecke, dass die tatsächliche Tätigkeitsausübung voraussichtlich nur vorübergehend unterbrochen und die Erwerbstätigkeit (ggf auch nach dem Ende der Partnerschaftsbonus-Zeit) im geplanten Umfang wieder aufgenommen wird. Denn nur dann besteht die Aussicht, dass die Eltern in eine partnerschaftliche Aufgabenteilung im Rahmen des gesetzlich vorgegebenen Zeitarrangements hineinwachsen und die angestrebte wirtschaftliche Absicherung der Familie unter partnerschaftlicher Aufgabenteilung in Familie und Beruf dauerhaft gewährleistet ist. Dies setzt notwendig voraus, dass das Arbeitsverhältnis oder bei Selbstständigen der Geschäftsbetrieb fortbestehen und keine anderen Gründe erkennbar sind, die einer Wiederaufnahme der konkreten Tätigkeitsausübung dauerhaft entgegenstehen.
dd) Nach alledem ist bereits nach der Systematik und dem Sinn und Zweck der Regelungen über das Elterngeld Plus als Partnerschaftsbonus die krankheitsbedingte Unterbrechung der konkreten Tätigkeitsausübung durch den Kläger als unschädlich für seinen Anspruch auf diese Leistung zu werten. Deshalb kann dahinstehen, ob dieses Ergebnis, wie im angegriffenen Berufungsurteil ausgeführt, auch aufgrund einer am allgemeinen Gleichheitssatz oder einem der speziellen Benachteiligungsverbote des Art 3 GG orientierten Auslegung geboten ist (vgl auch LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 25.4.2023 - L 4 EG 8/20 - juris RdNr 28) oder die an den Entgeltfortzahlungsanspruch anknüpfende Differenzierung angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung des Elterngelds (stRspr; vgl zB BSG Urteil vom 28.3.2019 - B 10 EG 6/18 R - SozR 4-7837 § 2b Nr 5 RdNr 25 ff) noch durch ausreichend gewichtige Gründe zu rechtfertigen wäre (so SG Hamburg Urteil vom 12.2.2020 - S 35 EG 3/19 - juris RdNr 5).
2. Der angefochtene Bescheid ist auch nicht zumindest teilweise rechtmäßig, weil es durch Lohnfortzahlung und Krankengeldbezug des Klägers zu einer Überzahlung von Elterngeld Plus gekommen wäre. Eine solche Überzahlung hat das LSG auf Grundlage der Proberechnung der Beklagten ausgeschlossen und wird von der Beklagten nicht geltend gemacht. Für eine solche Überzahlung bestehen auch sonst keine Anhaltspunkte.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und trägt dem Unterliegen der Beklagten als Revisionsführerin Rechnung.
Ch. Mecke Röhl Othmer