Bundessozialgericht

Bundessozialgericht Urteil vom 23.04.2024, B 12 BA 9/22 R

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. September 2022 wird zurückgewiesen. 

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen. 

Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 5000 Euro festgesetzt. 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den versicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen bei seinen Einsätzen für die Klägerin als Flugzeugführer in der Zeit vom 15.4.2015 bis zum 31.12.2016. 

Die Klägerin ist ein Wurstwaren produzierendes und vertreibendes Unternehmen. Zu ihrer Unternehmensgruppe gehört die A. Logistik GmbH & Co KG, die neben Kraftfahrzeugen über ein Flugzeug verfügte und dieses auch an die Unternehmensgruppe vermietete. Die Klägerin nutzte das Flugzeug ua für die Beförderung von Personal zu ihrem Produktionsstandort. Sie schloss hierfür mit dem Beigeladenen am 1.1.2015 einen "Rahmen-Dienstvertrag über freie Mitarbeiter eines Flugzeugführers (Freelance)" (im Folgenden: RDV); im Januar 2017 wurde der Vertrag einvernehmlich aufgelöst. Zeitpunkt, Dauer, Art und Umfang eines jeden Einsatzes wurden im Einzelfall zwischen den Parteien vereinbart, wobei der Beigeladene berechtigt war, Angebote auf Durchführung eines Fluges abzulehnen (§ 1 Satz 4 und 6 RDV). Der Beigeladene unterlag nach den vertraglichen Bestimmungen nicht der Weisungsbefugnis der Klägerin und war örtlich sowie zeitlich an diese nicht gebunden (§ 1 Satz 5 RDV). Zu seinen Aufgaben gehörten die Vorbereitung und Durchführung von Flügen als verantwortlicher Flugzeugführer sowie deren Nachbereitung und Dokumentation einschließlich besonderer Vorkommnisse (§ 2 Satz 1 RDV). Er war verpflichtet, die Aufträge persönlich durchzuführen (§ 3 Satz 6 RDV) und wurde grundsätzlich nach dem jeweiligen Einsatz mit 300 Euro pro Tag vergütet (§ 5 Satz 1 und 5 RDV). Ihm war es gestattet, auch für Dritte tätig zu sein (§ 8 RDV). Außer dem vollgetankt zur Verfügung gestellten Flugzeug wurden andere Arbeitsmittel nicht benötigt. 

Die Beklagte stellte im Statusfeststellungsverfahren fest, dass der Beigeladene aufgrund Beschäftigung bei der Klägerin ab 1.1.2015 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) unterlegen habe (Bescheide vom 15.2.2017; Widerspruchsbescheid vom 7.6.2017). Das SG hat die Verwaltungsentscheidung aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Der Beigeladene habe als freier Mitarbeiter bei seinen Einsätzen keinem Weisungsrecht der Klägerin unterlegen und sei auch nicht in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Sein Unternehmerrisiko liege in der Unregelmäßigkeit und der ungewissen Zahl monatlicher Flüge (Gerichtsbescheid vom 11.8.2021)

In der mündlichen Verhandlung vor dem LSG hat die Beklagte den Bescheid vom 15.2.2017 abgeändert und festgestellt, dass der Beigeladene ab dem ersten Flugeinsatz für die Klägerin am 15.4.2015 der Versicherungspflicht in der GRV unterlegen habe. Das LSG hat den Gerichtsbescheid auf die Berufung der Beklagten aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Beigeladene sei bei einer Gesamtschau wegen Beschäftigung in der GRV versicherungspflichtig gewesen. Für die Beurteilung sei auf die jeweiligen Einzeleinsätze abzustellen. Dem Willen der Vertragsparteien, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen, komme nur indizielle Bedeutung zu. Der Beigeladene sei in eine von der Klägerin vorgegebene betriebliche Ordnung zu deren Geschäftszwecken eingegliedert gewesen. Er habe hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung seiner Tätigkeit in erheblichem Umfang einem Weisungsrecht der Klägerin unterlegen. Hierfür sei nicht entscheidend, dass die Klägerin ihr Direktionsrecht nicht durch Einzelweisungen während des Auftrags, sondern durch vorab im RDV getroffene generelle Festlegungen ausgeübt habe. Der Beigeladene sei nach einem Tagessatz vergütet worden und habe kein unternehmerisches Risiko getragen. Das Flugzeug sei ihm kostenfrei bereitgestellt worden. Eine Haftung für Schäden am Flugzeug habe der RDV nicht vorgesehen (Urteil vom 29.9.2022)

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 7 Abs 1 SGB IV. Das LSG hätte die freie Rechtsformwahl der Beteiligten berücksichtigen müssen. Wegen der gegenseitigen Vereinbarung über Zeit und Ort der Leistung habe insoweit kein einseitiges Weisungsrecht gemäß § 106 Gewerbeordnung (GewO) bestanden. Der Beigeladene habe über seine Zeit vollkommen frei verfügen können. Eine Eingliederung in den Betrieb im Sinne eines arbeitsteiligen Zusammenwirkens mit anderen Arbeitnehmern habe nicht vorgelegen. Der Beigeladene habe die von ihm geschuldete Dienstleistung vollständig alleine geleistet. Die Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung spreche nicht gegen einen freien Dienstvertrag. Dass die Pflichten des Beigeladenen deutlich über die eigentlichen Flugleistungen hinausgegangen seien und nicht lediglich "Eckpunkte" des jeweiligen Auftrags betroffen hätten, sei zwar richtig. Die vertragliche Festlegung von einzelnen Inhalten der Arbeitsleistung führe jedoch nicht zu einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Die Versorgung von Fluggästen mit Getränken sei nicht Gegenstand des RDV und damit ein weiteres Zeichen für die Selbstständigkeit des Beigeladenen. Soweit sich das sog unternehmerische Risiko überhaupt als Abgrenzungskriterium eigne, habe dieses darin bestanden, dass weitere Einzelaufträge nicht erteilt würden. Der Beigeladene habe für Schäden nach §§ 280, 823 BGB gehaftet. Anders als ein Arbeitnehmer habe er keinem Wettbewerbsverbot unterlegen. Die Gesamtschau aller Umstände bedinge - vergleichbar mit der früheren Entscheidung des BSG vom 28.5.2008 (B 12 KR 13/07 R - juris) - eine selbstständige Tätigkeit. 

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. September 2022 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 11. August 2021 zurückzuweisen. 

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen. 

Sie teilt die Auffassung des LSG

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Zu Recht hat das LSG auf die Berufung der Beklagten das der Klage stattgebende Urteil des SG aufgehoben. Der angefochtene Statusfeststellungsbescheid der Beklagten vom 15.2.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.6.2017 und des Abänderungsbescheids vom 29.9.2022 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beigeladene unterlag in seinen Einsätzen für die Klägerin als Flugzeugführer der Versicherungspflicht in der GRV.

1. Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Statusfeststellungsbescheids ist § 7a Abs 1 Satz 1, Abs 2 SGB IV (in der Fassung <idF> der Bekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl I 3710). Danach entscheidet die Beklagte auf Antrag über die Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung in den Zweigen der Sozialversicherung (BSG Urteil vom 19.10.2021 - B 12 R 1/21 R - BSGE 133, 57 = SozR 4-2400 § 7 Nr 60, RdNr 11)

Die Beklagte hat mit ihrem den zeitlichen Geltungsbereich der bisherigen Verwaltungsentscheidung einschränkenden und den Beginn der Versicherungspflicht ab dem ersten Flugeinsatz am 15.4.2015 regelnden Abänderungsbescheid (§ 96 SGG) vom 29.9.2022 erkennbar auf die Einzelaufträge abgestellt (vgl BSG Urteil vom 19.10.2021 - B 12 KR 29/19 R - BSGE 133, 49 = SozR 4-2400 § 7 Nr 62, RdNr 18). Eine nachträgliche Beschränkung des Zeitraums der Versicherungspflicht auf die Einsatztage ist als teilweise Rücknahme des insofern belastenden angefochtenen Bescheids während des gerichtlichen Verfahrens zugunsten der Klägerin (§ 44 Abs 2 Satz 2 SGB X) ohne Prüfung eventuellen Vertrauensschutzes des Beigeladenen möglich (vgl § 49 SGB X). Die sinngemäße Begrenzung auf die tatsächlichen Einsatzzeiten genügt auch ohne Benennung aller konkreten Tage den Anforderungen an die Bestimmtheit eines Statusfeststellungsbescheids (vgl zuletzt BSG Urteil vom 12.12.2023 - B 12 R 10/21 R - juris RdNr 14 <Augenärztin>, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG Urteil vom 19.10.2021 - B 12 R 1/21 R - BSGE 133, 57 = SozR 4-2400 § 7 Nr 60, RdNr 19).

2. Der Versicherungspflicht in der GRV unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI idF des Gesetzes zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung vom 24.4.2006, BGBl I 926)

Beschäftigung ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl I 3710). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer von der Arbeitgeberin persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht der Arbeitgeberin unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl BSG Urteil vom 20.7.2023 - B 12 BA 1/23 R - juris RdNr 13 f, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSG Urteil vom 28.6.2022 - B 12 R 3/20 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 65 RdNr 11). Die sich an diesen Maßstäben orientierende Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit ist nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder vorzunehmen. Es ist daher möglich, dass ein und derselbe Beruf - je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen und der gelebten Praxis - entweder in Form der Beschäftigung oder als selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird. Abstrakte, einzelfallüberschreitende Aussagen im Hinblick auf bestimmte Berufs- oder Tätigkeitsbilder sind daher grundsätzlich nicht - auch nicht im Sinne einer "Regel-Ausnahme-Aussage" - möglich (BSG Urteil vom 28.6.2022 - B 12 R 3/20 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 65 RdNr 13 mwN <Musikschullehrerin>)

Dabei ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Die wertende Zuordnung zum Typus Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit kann aber nicht mit bindender Wirkung für die Sozialversicherung durch die Vertragsparteien vorgegeben werden, indem sie zB vereinbaren, eine selbstständige Tätigkeit zu wollen. Denn der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person - als selbstständig oder beschäftigt - allein die Vertragschließenden entscheiden. Über zwingende Normen kann nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden. Vielmehr kommt es entscheidend auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse an (vgl BSG Urteil vom 19.10.2021 - B 12 R 10/20 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 59 RdNr 22 mwN). Allenfalls wenn nach der Gesamtabwägung aller Umstände diese gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine abhängige Beschäftigung sprechen, kann im Einzelfall dem Willen der Vertragsparteien eine gewichtige indizielle Bedeutung zukommen (vgl BSG Urteil vom 28.6.2022 - B 12 R 3/20 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 65 RdNr 12 <Musikschullehrerin>; weiter noch BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - juris RdNr 16).

3. Nach diesen Maßstäben und den nicht mit zulässigen sowie begründeten Rügen angefochtenen und daher bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) überwiegen nach dem Gesamtbild die Indizien für die abhängige Beschäftigung.

a) Dem Willen der Vertragsparteien und der Bezeichnung des RDV kommt insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung zu (vgl oben 2.). § 611a Abs 1 Satz 6 BGB, wonach es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht ankommt, wenn die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses zeigt, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, steht dem nicht entgegen. Entgegen der aus dieser Vorschrift abgeleiteten Auffassung der Klägerin ist für eine von dem zwischen den Parteien vereinbarten Status abweichende Bewertung nicht erforderlich, dass sich die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses deutlich von den vereinbarten Umständen unterscheidet. Zwar gilt auch im Sozialrecht, dass bei Divergenzen zwischen der Vertragsdurchführung und der Vereinbarung die gelebte Praxis der formellen Vereinbarung grundsätzlich vorgeht (vgl BSG Urteil vom 7.6.2019 - B 12 R 6/18 R - BSGE 128, 205 = SozR 4-2400 § 7 Nr 44, RdNr 23). Von der übereinstimmenden Einordnung der Tätigkeit als "freie Mitarbeit" kann aber auch ohne divergierende Durchführungspraxis abgewichen werden. Die sozialversicherungsrechtliche Zuordnung zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit macht eine rechtliche Wertung über den gelebten Inhalt der Vereinbarung erforderlich, über die nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden kann (vgl hierzu BSG Urteil vom 24.10.2023 - B 12 R 9/21 R - juris RdNr 13, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Auch Vertragsklauseln wie zB der Ausschluss von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer- oder Beschäftigtenstatus gegebenenfalls anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen oder zu vermeiden, kommt daher keine eigenständige Bedeutung zu (vgl BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 27).

b) Bei Vertragsgestaltungen, in denen - wie hier - auf der Grundlage eines Rahmenvertrags - vorliegend des RDV - die Übernahme einzelner Dienste individuell vereinbart und kein Dauerschuldverhältnis mit Leistungen auf Abruf begründet wird, ist für die Frage der Versicherungspflicht allein auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge bestehen. Die einzelnen Flugeinsätze wurden nach den Bedingungen des RDV jeweils individuell vereinbart (vgl § 1 Satz 4 RDV). Dabei war der Beigeladene ausdrücklich berechtigt, Angebote auf Durchführung eines Fluges abzulehnen (§ 1 Satz 6 RDV). Relevant sind daher nur die im Zeitraum vom 15.4.2015 bis zum 31.12.2016 erbrachten Einzeleinsätze des Beigeladenen, die hier jeweils durch Rechnungsstellung belegt sind. Außerhalb der Einzeleinsätze liegt schon deshalb keine die Versicherungspflicht begründende "entgeltliche" Beschäftigung iS des § 7 Abs 1 SGB IV vor, weil keine latente Verpflichtung des Beigeladenen bestand, Tätigkeiten für die Klägerin auszuüben, und diese umgekehrt auch kein Entgelt zu leisten hatte (vgl BSG Urteil vom 19.10.2021 - B 12 R 17/19 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 63 RdNr 19).

c) Für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung während der Einzeleinsätze spricht, dass der Beigeladene in die von der Klägerin zur Erreichung ihres Geschäftszwecks geplanten Abläufe mit dem von ihr zur Verfügung gestellten Flugzeug als wesentliches Betriebsmittel eingegliedert war, ohne selbst nachhaltig unternehmerisch Einfluss nehmen zu können.

aa) Dem steht nicht entgegen, dass der Klägerin kein beschäftigungstypisches Weisungsrecht gegenüber dem Beigeladenen zustand. Die auf alle Arbeitnehmer anwendbare Vorschrift des § 106 Satz 1 iVm § 6 Abs 2 GewO regelt als Weisungsrecht des Arbeitgebers, dass jener Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen kann, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Kennzeichnend für das Direktionsrecht ist somit grundsätzlich - worauf die Klägerin hinweist - die einseitige Ausübung im Gegensatz zum einvernehmlich vereinbarten Vertragsinhalt. 

Der RDV regelt zum Procedere der Einzelvereinbarungen (§ 1 Satz 7 ff RDV), dass der Beigeladene seinem Ansprechpartner bei der Klägerin schriftlich bekannt gibt, an welchen Tagen und zu welchen Zeiten er im Folgemonat Aufträge der Klägerin annehmen könne und möchte. Die Klägerin "teilt daraufhin dem freien Mitarbeiter die durchzuführenden Aufträge in der Regel spätestens sieben Kalendertage vorher und bei kurzfristigem Bedarf so schnell wie möglich mit. Durch Überlassung des entsprechenden Dienstplanes bzw. der Festlegung der Details des Einzelauftrags, schriftlich per E-Mail, werden die jeweiligen Einzelaufträge für beide Parteien verbindlich." Aufgrund dieser Verfahrensweise wurde der Gegenstand der einzelnen Aufträge formal zum Inhalt gegenseitiger Vereinbarungen, so dass für einseitige Weisungen grundsätzlich kein Raum mehr blieb. Unabhängig davon bestimmt der RDV auch ausdrücklich, dass der Beigeladene keiner Weisungsbefugnis der Klägerin unterliegt (§ 1 Satz 5 RDV)

Allerdings kann sich eine Weisungsgebundenheit - wie § 611a Abs 1 Satz 3 BGB (eingeführt durch das Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 21.2.2017, BGB I 258) über die den Arbeitsvertrag kennzeichnende Weisungsgebundenheit zeigt - auch aus einer detaillierten und den Freiraum für die Erbringung der geschuldeten Leistung stark einschränkenden rechtlichen Vertragsgestaltung oder tatsächlichen Vertragsdurchführung ergeben (BAG Urteil vom 1.12.2020 - 9 AZR 102/20 - BAGE 173, 111 RdNr 33). Selbst die Arbeitnehmereigenschaft kann - worauf das LSG abstellt - im Einzelfall nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass der Dienstgeber die wenigen erforderlichen Weisungen bereits in den Vertrag aufnimmt (BAG aaO RdNr 37; BAG Urteil vom 16.7.1997 - 5 AZR 312/96 - BAGE 86, 170, juris RdNr 22). Inwieweit die Weisungsgebundenheit nach arbeitsrechtlichen Maßstäben im Einzelnen reicht, kann hier allerdings dahinstehen. Denn es besteht kein vollständiger Gleichklang des arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs mit dem Beschäftigtenbegriff nach § 7 SGB IV. Nach Abs 1 Satz 1 der Vorschrift ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, "insbesondere in einem Arbeitsverhältnis". Daraus folgt, dass grundsätzlich eine Beschäftigung vorliegt, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht, allerdings auch, dass eine Beschäftigung selbst dann ausgeübt werden kann, wenn kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist (stRspr; vgl zB BSG Urteil vom 24.10.2023 - B 12 R 9/21 R - juris RdNr 13, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR  vorgesehen)

Nach sozialversicherungsrechtlichen Maßstäben kann sich die eine abhängige Beschäftigung kennzeichnende persönliche Abhängigkeit auch ohne typische Weisungsabhängigkeit allein aus der Eingliederung in den Betrieb ergeben. Die in § 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV genannten Merkmale sind schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nur "Anhaltspunkte" für eine persönliche Abhängigkeit und keine abschließenden Bewertungskriterien. Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander noch müssen sie stets kumulativ vorliegen. Eine Eingliederung geht nicht zwingend mit einem umfassenden Weisungsrecht einher (vgl hierzu und zur Abgrenzung zu § 611a BGB näher BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R - BSGE 128, 191 = SozR 4-2400 § 7 Nr 42, RdNr 29 f). 

Dies gilt auch für Tätigkeiten, die - wie hier - mit besonderer Eigenverantwortung und fachlicher Selbstständigkeit bei der Aufgabenerledigung verbunden sind. Dass der Beigeladene die gesetzlichen und behördlichen Voraussetzungen für die Tätigkeit als Flugzeugführer und für den Betrieb des überlassenen Fluggeräts selbstverantwortlich einzuhalten hatte, lässt noch nicht auf eine selbstständige Tätigkeit schließen. Insbesondere bei Hochqualifizierten oder Spezialisierten (sog Diensten höherer Art) ist das Weisungsrecht oftmals aufs Stärkste eingeschränkt. Dennoch kann die Dienstleistung in solchen Fällen fremdbestimmt sein, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in deren Dienst die Arbeit verrichtet wird. Die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers verfeinert sich in solchen Fällen "zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" (stRspr; zB BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R - BSGE 128, 191 = SozR 4-2400 § 7 Nr 42, RdNr 29; zur Einordnung von Chefärzten bereits BSG Urteil vom 29.9.1965 - 2 RU 169/63 - BSGE 24, 29 = SozR Nr 1 zu § 539 aF RVO).

bb) Im Rahmen der Eingliederung sind grundsätzlich auch Rahmenvereinbarungen, regulatorische Rahmenbedingungen oder "in der Natur der Sache" liegende Umstände zu berücksichtigen (vgl BSG Urteil vom 19.10.2021 - B 12 R 17/19 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 63 RdNr 30 <ambulante Pflegekraft>; BSG Urteil vom 27.4.2021 - B 12 R 16/19 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 58 RdNr 15 <Fahrkartenkontrolleur>; BSG Urteil vom 28.6.2022 - B 12 R 3/20 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 65 RdNr 18 <Musikschullehrerin>). Solchen Bedingungen ist zwar nicht zwingend eine entscheidende Indizwirkung für eine abhängige Beschäftigung beizumessen; umgekehrt ist eine abhängige Beschäftigung aber auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sich bestimmte Vorgaben aus der Eigenart der Tätigkeit ergeben oder ihr innewohnen (vgl BSG Urteil vom 27.4.2021 aaO RdNr 15). Denn für das nicht an der Privatautonomie ausgerichtete Sozialversicherungsrecht kommt es weniger darauf an, woraus Abhängigkeiten und Bindungen resultieren, sondern darauf, ob und inwieweit im Einzelfall noch Raum für unternehmerische Freiheit zur Gestaltung der Tätigkeit mit entsprechenden Chancen und Risiken verbleibt (vgl BSG Urteil vom 28.6.2022 - B 12 R 3/20 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 65 RdNr 18 <Musikschullehrerin>; vgl zum Verhältnis von Rahmenvorgaben und Einzelanweisungen Bergner, Festschrift für Rainer Schlegel, CH Beck 2024, S 373 f). 

Anders als noch in der Entscheidung vom 28.5.2008 (B 12 KR 13/07 R - juris RdNr 23) misst der Senat daher hier auch den vertraglichen Rahmenbedingungen, die zu einer geminderten Autonomie des Flugzeugführers führen, Bedeutung für dessen persönliche Abhängigkeit bei. Diese bestimmen den vorgegebenen organisatorischen Ablauf. Insbesondere die Aufgabenbeschreibung (§ 2 RDV) und die Durchführungspflicht (§ 3 RDV) ließen dem Beigeladenen keinen eigenen Spielraum mehr zur unternehmerischen Gestaltung der Tätigkeit. Die Eckdaten der einzelnen Flugaufträge wurden letztlich von der Klägerin durch Mitteilung der "durchzuführenden Aufträge" und "Überlassung des entsprechenden Dienstplanes" vorgegeben. Bereits dadurch wurden die Einzelaufträge für beide Parteien verbindlich (vgl § 1 RDV). Dass es sich formal um eine vertragliche Abrede gehandelt hat, ändert insoweit nichts daran, dass die Klägerin die einzelnen Einsätze insbesondere auch hinsichtlich Einsatzflughafen, Ziel und zu transportierender Güter bzw Personen entsprechend ihrem konkreten Bedarf bestimmt hat und der Beigeladene daran an den vom ihm zur Verfügung gestellten Arbeitstagen auch zeitlich gebunden war. Der Beigeladene hatte sich in die im Wesentlichen fremdbestimmten Abläufe einzufügen. Für die Eingliederung kommt es nicht auf einen örtlichen Aspekt (Eingliederung in eine feste Betriebsstätte) an (vgl BSG Urteil vom 24.3.2016 - B 12 KR 20/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 29 RdNr 23 <Physiotherapeutin>; BSG Urteil vom 19.10.2021 - B 12 R 17/19 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 63 RdNr 29 <ambulante Pflegekraft>)

Der Beigeladene hatte wegen der höchstpersönlichen Durchführungspflicht (§ 3 RDV) seine Arbeitskraft bei der Flugleistung und den vertraglich bestimmten Vor- und Nacharbeiten zur Verfügung zu stellen und nicht nur den Transport an einen bestimmten Ort durch eine ihm überlassene Vorgehensweise zu bewirken. Dem Beigeladenen verblieb damit kein Freiraum, den Umfang seiner eigenen Arbeitskraft im Rahmen der einzelnen Aufträge selbst zu bestimmen. Die Pflicht, die Leistung persönlich zu erbringen, stellt grundsätzlich ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar, auch wenn nach § 613 Satz 1 BGB (idF der Bekanntmachung vom 2.1.2002, BGBl I 42) der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste nur "im Zweifel" in Person zu leisten hat (vgl BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 33; BAG Urteil vom 19.11.1997 - 5 AZR 653/96 - BAGE 87, 129, 137 f = AP Nr 90 zu § 611 BGB Abhängigkeit)

Von wesentlicher Bedeutung für die Eingliederung ist hier neben den vorgegebenen Abläufen, dass der Beigeladene ausschließlich Betriebsmittel der Klägerin genutzt hat (aA LAG Niedersachsen Urteil vom 20.8.2020 - 5 Sa 614/20 - juris RdNr 78 zum Arbeitsverhältnis eines Flugzeugführers). Ihm wurde das für seine Dienstleistung unentbehrliche Flugzeug nach den Feststellungen des LSG kostenfrei - ohne Nutzungsentgelt oder Auswahlmöglichkeit - bereitgestellt. Dass die Klägerin das Flugzeug selbst von einem Unternehmen ihrer Unternehmensgruppe gemietet hat, stellt die Zuordnung des Flugzeugs als ihr Betriebsmittel nicht in Frage (vgl zur Zuordnung des Rettungsdienstbetriebs BSG Urteil vom 19.10.2021 - B 12 KR 29/19 R - BSGE 133, 49 = SozR 4-2400 § 7 Nr 62, RdNr 23). Vorhaltung und Betrieb des Flugzeugs erfolgten auf Rechnung der Klägerin. Die Belege für den Betrieb des Flugzeugs waren insoweit auch im Original bei der Klägerin einzureichen (§ 2 Satz 4 RDV)

Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass ein arbeitsteiliges Zusammenwirken mit weiterem Personal bei der Flugdienstleistung nicht stattgefunden habe, ist ein solches bei einer Dienstleistung singulärer Art - wie sie die Flugdienstleistung als einzelner Pilot für das klägerische Unternehmen darstellt - auch nicht erforderlich. Die "in der Natur" der Dienstleistung liegende Eigenverantwortlichkeit ist hier kein Anzeichen für eine unternehmerische Freiheit. Das fehlende Zusammenwirken mit Personal der Klägerin wird nicht etwa durch die Einbindung eigener Mitarbeiter des Beigeladenen ersetzt.

cc) Die genannten Gesichtspunkte geben zwar letztlich nur einen Rahmen für die Durchführung des Flugauftrags vor; dieser ließ dem Beigeladenen aber keinen ausreichenden Raum für unternehmerische Chancen und Risiken bei der Ausführung des Auftrags. Das LSG hat insoweit keine für Selbstständigkeit sprechenden Anhaltspunkte von erheblichem Gewicht festgestellt, die die Eingliederung des Beigeladenen hätten auf- oder überwiegen können. 

Der Beigeladene hatte zwar weitgehende Freiheit bei der Gestaltung und Verteilung seiner Arbeitszeit. Anders als in einem typischen Arbeitsverhältnis hat er keine ständige Dienstbereitschaft zugesagt, innerhalb dessen die Klägerin über ihn durch Ausübung eines Direktionsrechts hätte verfügen können. Die Feststellung der Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung umfasst deshalb aber auch nicht die gesamte Laufzeit der Rahmenvereinbarung, sondern nur die Einzelaufträge (vgl oben). Einer großen Gestaltungsfreiheit bezüglich der Arbeitszeit kommt nur dann erhebliches Gewicht zu, wenn sich deren Grenzen nicht einseitig an dem durch die Bedürfnisse des Auftraggebers vorgegebenen Rahmen orientieren (vgl BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 29). Bei Durchführung des einzelnen Flugauftrags hatte sich der Beigeladene aber an den Auftragsinhalt auch in zeitlicher Hinsicht zu halten. Im Übrigen bestand die Möglichkeit zum Abschluss eines Flugauftrags auch nur bei Bedarf der Klägerin. Das Sozialversicherungsrecht ordnet Versicherungspflicht nicht nur für unbefristete Dauerbeschäftigungen an. Vielmehr sind - sofern wie hier die Geringfügigkeitsgrenzen überschritten sind - auch zeitlich befristete Arbeitseinsätze der Sozialversicherungs- und Beitragspflicht unterworfen. Für unständig Beschäftigte sieht das Sozialversicherungsrecht ebenfalls spezielle Regelungen vor, ohne generell Versicherungsfreiheit anzuordnen. Eine zusätzlich hauptberuflich ausgeübte selbstständige Tätigkeit hat lediglich für die Kranken- und Pflegeversicherung (§ 5 Abs 5 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 1 SGB XI) Bedeutung (BSG Urteil vom 7.6.2019 - B 12 R 6/18 R - BSGE 128, 205 = SozR 4-2400 § 7 Nr 44, RdNr 32)

Die Vergütung wurde pauschal in Höhe eines Tagessatzes geleistet (§ 5 RDV). Der Beigeladene erhielt keine Erfolgsbeteiligung oder Entgelte aus Beförderungsverträgen mit einzelnen Fluggästen. Er hatte keine Möglichkeit, den Umsatz aus den einzelnen Flugaufträgen durch eigene Gestaltung oder Vorhaltung von Betriebsmitteln oder Mitarbeitern zu beeinflussen. Die im RDV nicht vorgesehene, aber geltend gemachte Bewirtung mit Getränken führt nicht zu einem unternehmerischen Umsatz, da nach den Feststellungen des LSG die entsprechenden Einkaufsbelege bei der Klägerin eingereicht worden sind. 

Ein gewichtiges Unternehmerrisiko lag nicht vor. Insoweit ist maßgebend, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist (stRspr; zB BSG Urteil vom 7.6.2019 - B 12 KR 8/18 R - juris RdNr 27 mwN; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - juris RdNr 25). Zu einer Abkehr von diesem Kriterium sieht sich der Senat nicht veranlasst. Der Beigeladene hat seine Arbeitskraft angesichts der festen Vergütung nicht mit dem Risiko ungewissen Erfolgs eingesetzt. Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft gegebenenfalls nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko bezüglich der einzelnen Einsätze (vgl BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 36). Die mit der Aufrechterhaltung der Flugberechtigung verbundenen Kosten (zB fliegerärztliche Bescheinigungen) dienten dazu, beruflich überhaupt ein Flugzeug führen und die Flugberechtigung auch für andere Aufträge nutzen zu dürfen. Demgegenüber hat der Senat in seiner Entscheidung vom 28.5.2008 (B 12 KR 13/07 R - juris RdNr 27) das unternehmerische Risiko anders bewertet, weil im dortigen Sachverhalt die Durchführung der Flüge im Wesentlichen der Erfüllung der Auflagen zur Aufrechterhaltung der Fluglizenzen gedient hatte und die Freelancer das Risiko eines (dauerhaften) Ausfalls ihres Hinzuverdienstes durch den Verfall ihrer Fluglizenzen getragen hatten. Der Belastung mit diesen Risiken stand auf der anderen Seite bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des einzelnen Einsatzes eine größere Unabhängigkeit gegenüber. 

Dass der Beigeladene auch für andere Auftraggeber tätig werden durfte und auch war, spricht nicht für seine Selbstständigkeit im Rahmen der Einzelaufträge. Auch wenn ein Wettbewerbsverbot grundsätzlich für Arbeitnehmer typisch ist, stellt dessen Fehlen hier kein Indiz für die Selbstständigkeit des Beigeladenen dar (vgl auch BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - BSGE 123, 50 = SozR 4-2400 § 7 Nr 30, RdNr 49). Zwar hat der Senat entschieden, dass eine Tätigkeit für andere Auftraggeber ein Indiz für eine ganz erhebliche Dispositionsfreiheit in Bezug auf die zu beurteilende Tätigkeit sein kann, wenn sie in relevantem Umfang oder sogar schwerpunktmäßig stattfindet, weil sie dann die zeitliche Verfügbarkeit des Auftragnehmers erheblich einschränkt (BSG Urteil vom 4.9.2018 - B 12 KR 11/17 R - BSGE 126, 235 = SozR 4-2400 § 7a Nr 10, RdNr 23). Die Dispositionsfreiheit des Auftragnehmers wird hier jedoch schon insoweit berücksichtigt, als für die Beurteilung auf den jeweiligen Einzelauftrag (vgl oben) abgestellt wird (vgl BSG Urteil vom 19.10. 2021 - B 12 R 1/21 R - BSGE 133, 57 = SozR 4-2400 § 7 Nr 60, RdNr 30). Auch (teilzeitbeschäftigte) Arbeitnehmer können gegebenenfalls mehrere Arbeitsverhältnisse bei verschiedenen Arbeitnehmern in derselben Branche nebeneinander haben (vgl BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - BSGE 123, 50 = SozR 4-2400 § 7 Nr 30, RdNr 49)

Die den Beigeladenen persönlich treffende Gefahr der Haftung für durch schuldhaftes Verhalten entstandene Schäden begründet ebenfalls kein Unternehmerrisiko (vgl BSG Urteil vom 23.2.2021 - B 12 R 15/19 R - BSGE 131, 266 = SozR 4-2400 § 7 Nr 54 RdNr 29 mwN). Den Beigeladenen traf nicht die Gefährdungshaftung als Luftfahrzeughalter nach § 33 Luftverkehrsgesetz.

4. Eine Versicherungsfreiheit aufgrund geringfügiger Beschäftigung (§ 8 Abs 1 SGB IV idF des Gesetzes zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung vom 5.12.2012, BGBl I 2474) kommt nicht in Betracht. Die Tätigkeit war nicht zeitgeringfügig auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahrs ihrer Eigenart nach oder im Voraus vertraglich begrenzt (aaO Nr 2). Dass die Einkünfte des Beigeladenen aus der Tätigkeit bei der Klägerin regelmäßig die Geringfügigkeitsgrenze (aaO Nr 1) nicht überschritten, ist nach den Feststellungen des LSG nicht ersichtlich.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.

6. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 52 Abs 1 und 2, § 47 Abs 1 Satz 1 iVm § 63 Abs 2 Satz 1 GKG und bestimmt sich nach dem Auffangstreitwert in Höhe von 5000 Euro.

Heinz                               Padé                          Bergner

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