Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. Mai 2024 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1943,47 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Vergütungsanspruch für eine Krankenhausbehandlung im Wege der Aufrechnung erloschen ist.
Die Klägerin betreibt ein Plankrankenhaus (§ 108 Nr 2 SGB V) und behandelte dort eine bei der beklagten Krankenkasse (KK) Versicherte in der Zeit vom 4. bis zum 6.5.2019 stationär. Hierfür berechnete sie der Beklagten 1943,47 Euro (Rechnung vom 9.5.2019), die den Betrag zunächst beglich.
Am 30.10.2020 erklärte die Beklagte die Aufrechnung in Höhe der Gesamtsumme gegen einen unstreitigen Vergütungsanspruch der Klägerin. Nach einem Gutachten des Medizinischen Dienstes (MD) vom 17.7.2020 sei eine ambulante Behandlung ausreichend gewesen (sog primäre Fehlbelegung).
Das SG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin 1943,47 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Der von der Beklagten erklärten Aufrechnung habe das Aufrechnungsverbot nach § 109 Abs 6 Satz 1 SGB V entgegengestanden. Die in der Übergangsvereinbarung zur Prüfverfahrensvereinbarung vom 10.12.2019 (Übergangs-PrüfvV) beschlossene Weitergeltung der bestehenden Aufrechnungsregelungen sei nicht von der Ausnahmemöglichkeit nach § 109 Abs 6 Satz 3 SGB V gedeckt (Urteil vom 9.11.2022).
Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und unter Zulassung der Revision die Sache an das SG zurückverwiesen. Die Zurückverweisung sei in entsprechender Anwendung des § 159 Abs 1 Nr 1 SGG möglich, weil das SG dem Antrag der Klägerin allein aufgrund des von ihm angenommenen Aufrechnungsverbots stattgegeben habe. Zu der im Kern streitigen medizinischen Notwendigkeit der vollstationären Behandlung habe es sich nicht geäußert. Die Aufrechnung sei jedoch entgegen der Auffassung des SG zulässig gewesen. Die mit der Übergangs-PrüfvV getroffene zeitlich begrenzte Vereinbarung der Fortgeltung der in § 10 Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) 2016 geregelten Aufrechnungsmöglichkeit der KK ab dem 1.1.2020 sei von der Ermächtigungsgrundlage in § 17c Abs 2 Satz 1 KHG und der Abweichungsbefugnis in § 109 Abs 6 Satz 3 SGB V gedeckt. Danach seien weitere Ausnahmen vom Aufrechnungsverbot erlaubt. Auch wenn in den Gesetzesmaterialien nur sachgerechte Einzelausnahmen vom Aufrechnungsverbot erwähnt seien, beinhalte der Wortlaut von § 109 Abs 6 Satz 3 SGB V keine Einschränkungen für mögliche Vereinbarungen. Eine sachliche Begrenzung liege zudem in der lediglich als Übergangsregelung vereinbarten zeitlichen Begrenzung. Durch die Übergangs-PrüfvV sei das Aufrechnungsverbot faktisch suspendiert worden und die Beklagte sei im Zeitpunkt der Aufrechnung hierzu berechtigt gewesen. Der Anwendbarkeit der Übergangs-PrüfvV stehe nicht entgegen, dass die Beklagte gegen eine unstreitige Forderung aufgerechnet habe, die nicht Gegenstand eines Prüfverfahrens des MD gewesen sei. Lediglich der zur Aufrechnung gestellte Erstattungsanspruch der KK müsse Gegenstand eines MD-Prüfverfahrens gewesen sein (Urteil vom 13.5.2024).
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 109 Abs 6 SGB V iVm § 17c Abs 2 KHG sowie von § 159 SGG. Zum Zeitpunkt der Aufrechnung und der zur Aufrechnung herangezogenen Gegenforderung habe das Aufrechnungsverbot nach § 109 Abs 6 Satz 1 SGB V gegolten. Ein Ausnahmetatbestand habe nicht vorgelegen. Entgegen der Auffassung des LSG sei das Aufrechnungsverbot auch nicht wirksam durch die PrüfvV 2016 in ihren Übergangs- und Ergänzungsfassungen abbedungen worden. Als Ausnahmevorschrift sei § 109 Abs 6 Satz 3 SGB V eng auszulegen. Nach dem Wortlaut seien nur abweichende Regelungen, kein vollständiges Abbedingen oder Außerkraftsetzen des Verbots möglich. Das genaue Gegenteil oder ein vollständiger Dispens seien nicht mehr vom Wortsinn des Abweichens erfasst. Das ergebe sich auch aus der systematischen Stellung von § 109 Abs 6 Satz 3 SGB V im direkten Anschluss an die gesetzlich geregelten Ausnahmen in Satz 2 sowie aus der Gesetzeshistorie und dem Gesetzeszweck. Das Ziel des Aufrechnungsverbots, Liquiditätsengpässe der Krankenhäuser zu verhindern, das Prozessrisiko auf die KKn zu verlagern und die Zahl der sozialgerichtlichen Streitigkeiten zu reduzieren, lasse sich nur erreichen, wenn die Ausnahmen eng begrenzt blieben. Allein in der zeitlich begrenzten Weitergeltung der Aufrechnungsmöglichkeit liege keine sachliche Begrenzung, denn ein rechtswidriger Zustand sei nicht damit zu rechtfertigen, dass er nur für einen kurzen Zeitraum gelte. Überdies dürften Ausnahmefälle nur in der PrüfvV, mithin nur zur Gestaltung des MD-Prüfverfahrens geregelt werden, während die der Aufrechnung ausgesetzte (unstreitige) Vergütungsforderung der Klägerin nicht Gegenstand eines Prüfverfahrens gewesen sei. Die Tatsache, dass die PrüfvV durch die Selbstverwaltungspartner vereinbart worden sei, spreche nicht - auch nicht unter Berücksichtigung des Gebots von Treu und Glauben - für ihre Rechtmäßigkeit. Schließlich beruhe das angegriffene Urteil aufgrund der Zurückverweisung an das SG auch auf einer Verletzung von § 159 SGG. Zudem stehe der Beklagten kein Erstattungsanspruch zu.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. Mai 2024 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 9. November 2022 zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. Mai 2024 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist zulässig. Die im LSG-Urteil ausgesprochene Zurückverweisung der Sache an das SG steht der zugleich erfolgten Zulassung der Revision nicht entgegen (so implizit bereits BSG vom 13.3.1956 - 2 RU 179/55 - BSGE 2, 245 = SozR Nr 11 zu § 150 SGG bei einer entsprechenden Tenorierung des LSG). Die Zurückverweisung an das SG steht unter der innerprozessualen aufschiebenden Bedingung, dass die durch das Urteil beschwerten Beteiligten nicht erfolgreich Revision einlegen. Insoweit gilt im Ergebnis nichts anderes als in den Fällen, in denen ein Beteiligter bei Zurückverweisung des Rechtsstreits durch das LSG an das SG mit einer erfolgreichen Nichtzulassungsbeschwerde ein Revisionsverfahren (§ 160a Abs 4 Satz 4 SGG) oder eine sogenannte Durchzurückverweisung (§ 160a Abs 5 SGG) erzwingt, die zur Aufhebung des LSG-Urteils führen. Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG auch begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Der Senat kann nicht abschließend über den von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsanspruch entscheiden.
Streitgegenstand ist ein Vergütungsanspruch der Klägerin, den die Beklagte nach Grund und Höhe zwar nicht bestreitet, sie hält ihn aber aufgrund der von ihr erklärten Aufrechnung in Höhe von 1943,47 Euro für erloschen (§ 69 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm § 389 BGB). Dieser Aufrechnung stand kein Aufrechnungsverbot entgegen (hierzu 1.). Der Senat kann aber auf Grundlage der Feststellungen des SG nicht abschließend über das Bestehen des von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Erstattungsanspruchs entscheiden (hierzu 2.). Das Urteil des LSG ist auch bezüglich der Zurückverweisung an das SG aufzuheben, weil diese rechtswidrig war und die Klägerin unter Verstoß gegen § 159 Abs 1 Nr 1 SGG in ihrem Anspruch auf Sachverhaltsaufklärung und Entscheidung in der Sache durch das LSG verletzte (hierzu 3.).
1. Nach § 109 Abs 6 SGB V (idF durch Art 1 Nr 6 des Gesetzes für bessere und unabhängigere Prüfungen <MDK-Reformgesetz> vom 14.12.2019, BGBl I 2789) können KKn gegen Forderungen von Krankenhäusern, die aufgrund der Versorgung von ab dem 1.1.2020 aufgenommenen Patientinnen und Patienten entstanden sind, nicht mit Ansprüchen auf Rückforderung geleisteter Vergütungen aufrechnen. Die Aufrechnung ist abweichend von Satz 1 möglich, wenn die Forderung der KK vom Krankenhaus nicht bestritten wird oder rechtskräftig festgestellt wurde. In der Vereinbarung nach § 17c Abs 2 Satz 1 KHG können abweichende Regelungen vorgesehen werden.
Der von der Beklagten am 30.10.2020 erklärten Aufrechnung gegen eine Vergütungsforderung der Klägerin vom 28.10.2020 für die Behandlung des Versicherten C stand kein Aufrechnungsverbot entgegen. Dabei kann letztlich offenbleiben, ob überhaupt der zeitliche Anwendungsbereich der Vorschrift eröffnet war. Das LSG hat nicht festgestellt, dass der unstreitigen Vergütungsforderung der Klägerin eine Aufnahme ab dem 1.1.2020 zugrunde lag. Sollte die Behandlung schon vor dem 1.1.2020 begonnen worden sein, was eher fernliegend ist, würde das gesetzliche Aufrechnungsverbot nach § 109 Abs 6 Satz 1 SGB V schon deshalb nicht greifen.
Sollte der zeitliche Anwendungsbereich der Vorschrift eröffnet sein, greift das Aufrechnungsverbot nach § 109 Abs 6 Satz 1 SGB V nicht durch, weil in der Vereinbarung nach § 17c Abs 2 Satz 1 KHG eine abweichende Regelung getroffen wurde (hierzu a). Diese ist von der Ermächtigungsvorschrift des § 109 Abs 6 Satz 3 SGB V iVm § 17c Abs 2 Satz 1 KHG gedeckt (hierzu b). Sie steht im Einklang mit höherrangigem Recht (hierzu c).
a) Nach Art 1 Satz 2 und 3 Übergangs-PrüfvV (Übergangsvereinbarung zur Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Absatz 1c SGB V <Prüfverfahrensvereinbarung - PrüfvV> gemäß § 17c Absatz 2 KHG vom 3.2.2016 zwischen dem GKV-Spitzenverband <GKV-SV> und der Deutschen Krankenhausgesellschaft <DKG> vom 10.12.2019) finden für die Überprüfung bei Patienten, die ab dem 1.1.2020 in ein Krankenhaus aufgenommen werden, ua die Aufrechnungsregeln nach § 10 PrüfvV weiterhin Anwendung. Nach § 10 Satz 1 PrüfvV kann die KK einen nach Beendigung des Vorverfahrens einvernehmlich als bestehend festgestellten oder nach § 8 mitgeteilten Erstattungsanspruch mit einem unstreitigen Leistungsanspruch des Krankenhauses aufrechnen. Art 2 Nr 2 Übergangs-PrüfvV bestimmt, dass die Vereinbarung bis zum Inkrafttreten einer überarbeiteten PrüfvV gilt.
Die Übergangs-PrüfvV wurde ein erstes Mal mit der am 1.4.2020 in Kraft getretenen Ergänzungs-Übergangs-PrüfvV (Ergänzungsvereinbarung zur Übergangsvereinbarung vom 10.12.2019 zur Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Absatz 1c SGB V <Prüfverfahrensvereinbarung - PrüfvV> gemäß § 17c Absatz 2 KHG vom 3.2.2016 zwischen dem GKV-SV und der DKG vom 2.4.2020) ergänzt. Vor dem Hintergrund zu erwartender Belastungen infolge der (damals) aktuellen Situation (COVID-19/SARS-CoV-2) sollten die Krankenhäuser durch eine Verlängerung der Unterlagenübermittlungsfrist entlastet werden (vgl Präambel Ergänzungs-Übergangs-PrüfvV). Weitere Änderungen der Übergangs-PrüfvV, insbesondere solche bezüglich der Weitergeltung der Aufrechnungsregeln, waren damit nicht verbunden.
Selbst wenn - was das LSG nicht festgestellt hat - zur Zeit der hier von der Beklagten eingeleiteten Abrechnungsprüfung die Ergänzungs-Übergangs-PrüfvV bereits in Kraft war (laut Verwaltungsakte: Schreiben der Prüfanzeige vom 7.6.2019), galt für Aufrechnungen Art 1 Satz 2 und 3 Übergangs-PrüfvV weiter. Denn diese Regelung hat durch die Ergänzungs-Übergangs-PrüfvV keine Änderung oder Ergänzung erfahren. Die Ergänzungs-Übergangs-PrüfvV stellt keine überarbeitete PrüfvV iS des Art 2 Nr 2 Übergangs-PrüfvV dar. Dass es sich bei ihr lediglich um eine Ergänzung zur Übergangs-PrüfvV, nicht um deren Ablösung handelt, folgt aus der nur sehr partiellen neuen Regelung. Dies wird auch bereits an der Bezeichnung der Vereinbarung hinlänglich deutlich.
b) Die Weitergeltung der Aufrechnungsmöglichkeit über den 1.1.2020 hinaus ist auch von der Ermächtigungsvorschrift des § 109 Abs 6 Satz 3 SGB V iVm 17c Abs 2 Satz 1 KHG umfasst.
aa) Unerheblich ist, dass die Übergangs-PrüfvV vom 10.12.2019 vor Ausfertigung (14.12.2019), Verkündung (20.12.2019) und Inkrafttreten (1.1.2020) des MDK-Reformgesetzes beschlossen wurde.
Nach § 17c Abs 2 Satz 1 KHG (idF durch Art 3 Nr 2 Buchst b DBuchst aa des MDK-Reformgesetzes) regeln der GKV-SV und die DKG das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275c Abs 1 SGB V. Die Vertragsparteien waren aber auch schon vor dem MDK-Reformgesetz nach § 17c Abs 2 Satz 1 KHG (idF durch Art 5c Nr 2 Buchst c des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15.7.2013, BGBl I 2423) gesetzlich ermächtigt, das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs 1c SGB V zu vereinbaren und abweichende Regelungen zu § 275 Abs 1c Satz 2 SGB V zu treffen. Durch den Verweis in § 17c Abs 2 Satz 1 KHG auf § 275c Abs 1 SGB V ab dem 1.1.2020 ist die allgemeine, die PrüfvV als solche betreffende Ermächtigungsgrundlage unverändert geblieben.
Hingegen haben die Vertragsparteien im Hinblick auf die mit Wirkung zum 1.1.2020 durch das MDK-Reformgesetz erfolgte Einfügung eines Abs 6 in § 109 SGB V im Vorgriff hierauf mit Art 1 Übergangs-PrüfvV eine ebenfalls zum 1.1.2020 in Kraft getretene, von § 109 Abs 6 Satz 1 SGB V abweichende Vereinbarung getroffen. Einer neuen Vereinbarung der Übergangs-PrüfvV zu einem späteren Zeitpunkt, insbesondere ab Inkrafttreten der Ermächtigungsgrundlage nach § 109 Abs 6 Satz 3 SGB V, bedurfte es jedoch nicht. Der Senat hat in einem ähnlich gelagerten Fall bereits entschieden, dass eine durch die Ermächtigungsgrundlage noch nicht gedeckte Regelung in der PrüfvV 2014 durch die nachträgliche Schaffung der Ermächtigungsgrundlage in § 275 Abs 1c Satz 4 SGB V mit Inkrafttreten der Ermächtigungsgrundlage legitimiert wird. Von den Vertragsparteien danach nochmals eine förmliche Bestätigung ihres übereinstimmenden Willens zu verlangen, auch unter Geltung der ergänzten und die Vereinbarung nunmehr in vollem Umfang legitimierenden Ermächtigungsgrundlage an der Vereinbarung festhalten zu wollen, wäre letztlich eine bloße Förmelei (BSG vom 10.11.2021 - B 1 KR 36/20 R - BSGE 133, 126 = SozR 4-2500 § 275 Nr 36, RdNr 15 f; BSG vom 22.6.2022 - B 1 KR 27/21 R - juris RdNr 11). Erst recht nichts anderes gilt dann, wenn die Vertragsparteien bewusst und gewollt eine Regelung im Hinblick auf eine ihnen bekannte Gesetzesnovellierung im zeitlichen Gleichklang mit dieser für die Zukunft vereinbaren. Damit maßen sie sich noch nicht einmal an, eine solche Regelung mit Geltungswirkung schon vor Inkrafttreten der Ermächtigungsgrundlage vereinbaren zu wollen.
bb) Inhaltlich wird mit ArtArt 1 Übergangs-PrüfvV Näheres zum Prüfverfahren nach § 275c Abs 1 SGB V geregelt. § 10 Satz 1 PrüfvV räumt den KKn eine umfassende Aufrechnungsmöglichkeit ein, die das Aufrechnungsverbot nach § 109 Abs 6 Satz 1 SGB V aufhebt, soweit die PrüfvV Anwendung findet (hierzu 1). Dies umfasst auch die Aufrechnung gegenüber unstreitigen Vergütungsansprüchen (hierzu 2). Dies befindet sich im Einklang mit § 109 Abs 6 Satz 3 SGB V. Diese Regelung ermächtigte die Vertragspartner zur Vereinbarung eines solchen Ausschlusses. Die Ermächtigungsgrundlage beschränkte die Vereinbarungspartner nicht darauf, nur für Ausnahmefälle eine vom gesetzlich festgelegten Aufrechnungsverbot nach Satz 1 abweichende Regelung zu vereinbaren. Für eine auf Ausnahmeregelungen beschränkte Ermächtigung bieten weder der Wortlaut (hierzu 3), noch die Entstehungsgeschichte (hierzu 4) oder der Regelungszweck (hierzu 5) hinreichende Anhaltspunkte. Schließlich wären die Grenzen der den Vereinbarungspartnern nach § 109 Abs 6 Satz 3 SGB V eingeräumten Dispositionsbefugnis aufgrund der lediglich übergangsweise geltenden Suspendierung des gesetzlichen Aufrechnungsverbots selbst dann gewahrt, wenn die Ermächtigungsgrundlage eine unbefristete Abweichung vom Aufrechnungsverbot ausschlösse (hierzu 6).
(1) § 10 Satz 1 Alt 2 PrüfvV erlaubt den KKn uneingeschränkt Erstattungsforderungen, die auf einem Prüfverfahren beruhen, als Gegenforderungen gegen Leistungsansprüche des Krankenhauses aufzurechnen, auch wenn diese die Erstattungsforderung bestreiten. Voraussetzung ist insoweit lediglich, dass der Erstattungsanspruch dem Krankenhaus nach § 8 PrüfvV mitgeteilt wurde, dh dass die KK dem Krankenhaus ihre abschließende Entscheidung zur Wirtschaftlichkeit der Leistung oder zur Korrektur der Abrechnung und den daraus folgenden Erstattungsanspruch unter Darlegung der wesentlichen Gründe innerhalb von 11 Monaten nach Übermittlung der Prüfanzeige nach § 6 Abs 3 PrüfvV mitgeteilt hat. Einvernehmen über das Bestehen eines Erstattungsanspruchs oder wenigstens ein Bemühen darum bedarf es danach zur Aufrechnung nicht.
(2) Der gesetzliche Regelungsauftrag für das Prüfverfahren nach § 275c Abs 1 SGB V wird nicht dadurch überschritten, dass der nach Art 1 Satz 3 Übergangs-PrüfvV in Bezug genommene § 10 Satz 1 PrüfvV der KK die Aufrechnung von Erstattungsansprüchen mit unstreitigen Vergütungsansprüchen des Krankenhauses ermöglicht. Diese sind rechtlich kein zwingender Gegenstand eines Prüfverfahrens; sie sind es in der Regel auch tatsächlich nicht. Soweit § 109 Abs 6 Satz 3 SGB V ausdrückliche Regelungen zur Aufrechnungsmöglichkeit in der PrüfvV mit Erstattungsansprüchen (Gegenforderungen) zulässt, bezieht sich diese Ermächtigung auch und gerade auf Aufrechnungen gegen alle unstreitigen (Haupt-)Forderungen von Krankenhäusern, die aufgrund der Versorgung von ab dem 1.1.2020 aufgenommenen Patientinnen und Patienten entstehen (§ 109 Abs 6 Satz 1 SGB V).
Eine Beschränkung der Aufrechnungslage auf Hauptforderungen, die ihrerseits Gegenstand eines Prüfverfahrens sind oder waren, lässt sich weder dem Gesetzestext noch den Gesetzesmaterialien entnehmen. Eine ausdrückliche Regelung wäre aber umso mehr zu erwarten gewesen, als diese Fallgestaltung das Gros der Aufrechnungssachverhalte darstellte, als das MDK-Reformgesetz die Aufrechnungsbefugnis der KKn beschränkte. Es gibt auch keinen sachlichen Grund für die Annahme, dass nicht nur die Gegenforderung, sondern auch die unstreitige Hauptforderung zwingend Gegenstand eines Prüfverfahrens nach der PrüfvV sein oder gewesen sein muss, um den Vertragsparteien der PrüfvV einen Gestaltungsspielraum für Ausnahmeregelungen zu eröffnen. Warum aus dem Blickwinkel des besonderen Schutzes der Zahlungsfähigkeit der Krankenhäuser, der mit der Beschränkung der Aufrechnungsbefugnis der KKn herbeigeführt werden soll, gerade geprüfte Vergütungsforderungen anders, also weniger schutzwürdig, zu behandeln sein sollen, als ungeprüfte, aber von den KKn nicht bestrittene Vergütungsforderungen, erschließt sich nicht.
(3) Die Ermächtigung zur Vereinbarung abweichender Regelungen nach § 109 Abs 6 Satz 3 SGB V iVm § 17c Abs 2 Satz 1 KHG ist nach ihrem Wortlaut nicht auf Vereinbarungen von Ausnahmen zum Aufrechnungsverbot beschränkt. Vielmehr umfasst der Begriff der Abweichung im allgemeinen Sprachgebrauch auch Gegenteiliges von einer Regel. Eine Beschränkung auf Ausnahmen hätte einfach und deutlich zum Ausdruck gebracht werden können, zB mit der Formulierung "In der Vereinbarung nach § 17c Abs 2 Satz 1 KHG können weitere Ausnahmen vorgesehen werden". Der Gesetzgeber hat aber dementgegen das Aufrechnungsverbot unter den umfassenden Vorbehalt "abweichender" Vereinbarungen gestellt und damit die Realisierung des Aufrechnungsverbots in die Hände der Vereinbarungspartner gelegt.
(4) Unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung wird § 109 Abs 6 Satz 3 SGB V in der Kommentarliteratur häufig lediglich als Öffnungsklausel für die Bestimmung von Ausnahmen zum grundsätzlichen Aufrechnungsverbot verstanden (vgl Becker in Becker/Kingreen, SGB V, 8. Aufl 2022, § 109 RdNr 8; zumindest für die Ermächtigung zu einer übergangsweisen Aufhebung des Aufrechnungsverbots: Bockholdt in Hauck/Noftz SGB V, 5. Erg-Lieferung 2024, § 109 RdNr 221g; Wahl in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl 2020, § 109 RdNr 256, 261, Stand 13.7.2023; offenlassend Grühn in v. Koppenfels-Spies/Wenner, 4. Aufl 2022, § 109 RdNr 25; vgl auch Hess in BeckOGK, Kasseler Komm, § 109 RdNr 16 SGB V, Stand Mai 2020, der den möglichen Regelungsinhalt der abweichenden Vereinbarung nach Satz 3 dem Satz 2 des § 109 Abs 6 SGB V entnimmt; wiederum anders Stollmann in BeckOK KHR, Dettling/Gerlach, RdNr 28, Stand 1.6.2024, der neben Ausnahmen auch Verschärfungen des Aufrechnungsverbots von der Vorschrift gedeckt sieht). Denn die Gesetzesbegründung nimmt ausschließlich auf die Bestimmung von sachgerechten Ausnahmen Bezug. Allerdings hat der Gesetzgeber die dort beispielhaft aufgeführten sachgerechten Ausnahmen vom Verbot der Aufrechnung bei unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Vergütungsforderungen der Krankenhäuser (vgl BT-Drucks 19/13397 S 54) im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens bereits in § 109 Abs 6 Satz 2 SGB V aufgenommen. An der Möglichkeit, nach § 109 Abs 6 Satz 3 SGB V abweichende Regelungen zu vereinbaren, hat er zusätzlich festgehalten. Anhaltspunkte dafür, dass sich diese zusätzliche Möglichkeit allein auf die Vereinbarung von Ausnahmeregelungen beziehen sollte, finden sich nun nicht mehr. Der Gesetzgeber hat die Einfügung nicht begründet. Eine Beschränkung dieser Ermächtigung auf die Vereinbarung von Ausnahmeregelungen ließe jetzt aber die Vorschrift in der Praxis weitgehend leerlaufen. Weitere sinnvolle und praktikable, aber nur in einzelnen Fallgestaltungen geltende, sachgerechte Ausnahmen vom Aufrechnungsverbot sind kaum erkennbar.
Auch der Gesetzesbegründung zu § 17c Abs 2a KHG lässt sich eine Beschränkung der Abweichungsbefugnis nicht entnehmen (BT-Drucks 19/13397 S 87).
(5) Der Zweck des gesetzlichen Aufrechnungsverbots nach § 109 Abs 6 Satz 1 SGB V wird auch dann nicht verfehlt, wenn die Vereinbarungspartner - wie hier - eine vollständige Aufhebung des Verbots vereinbaren.
Der Senat übersieht nicht, dass der Aufrechnung von Erstattungsforderungen der KKn gegen unstreitige Vergütungsansprüche von Krankenhäusern in der Praxis eine erhebliche Bedeutung zukommt. Denn in Landesverträgen nach § 112 SGB V sind regelmäßig kurze Zahlungsfristen vereinbart. Zudem sehen gesetzliche Vorschriften Abschlagszahlungen, angemessene monatliche Teilzahlungen und Verzugszinsen bei verspäteter Zahlung vor (§ 8 Abs 7 Satz 2, 3, § 11 Abs 1 Satz 3 KHEntgG, § 8 Abs 4, § 11 Abs 1 Satz 3 BPflV). Diese Regelungen sind dem kompensatorischen Beschleunigungsgebot zum Ausgleich der Vorleistung der Krankenhäuser geschuldet und bewirken eine unbedingte und vom Abschluss der Rechnungsprüfung unabhängige Zahlungsverpflichtung der KKn. In der Folge muss die KK, wenn sie nach Durchführung eines Prüfverfahrens zu der abschließenden Entscheidung einer Überzahlung gekommen ist, diese gegenüber dem Krankenhaus geltend machen (§ 8 PrüfvV) und nutzt zu ihrer Durchsetzung in der Regel die Möglichkeit der Aufrechnung. Diese schränkt ihrerseits die durch das kompensatorische Beschleunigungsgebot gesicherte Liquidität der Krankenhäuser ein (vgl BSG vom 11.5.2023 - B 1 KR 14/22 R - SozR 4-2500 § 112 Nr 9 RdNr 29).
Die gesetzliche Normierung des Aufrechnungsverbots stärkt jedoch die Verhandlungsposition der DKG beim Abschluss einer PrüfvV. Ohne deren Zustimmung bleibt es bei der gesetzlichen Regelung. Sie hat also die Möglichkeit, ihre Zustimmung von der Vereinbarung vorteilhafter Regelungen für die Krankenhäuser abhängig zu machen, also die die Liquidität der Krankenhäuser belastenden, abweichenden Aufrechnungsregelungen von sonstigen, ihre Liquidität schützenden Regelungen abhängig zu machen. Vor der Normierung des ökonomisch besonders relevanten Aufrechnungsverbots waren die Verhandlungspositionen demgegenüber von der grundsätzlichen Zulässigkeit einer Aufrechnung nach § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm § 387 BGB geprägt, sodass der GKV-SV seine Zustimmung zur Einschränkung dieser Möglichkeit von der Vereinbarung eines Ausgleichs zugunsten der KKn abhängig machen konnte. Mit dem MDK-Reformgesetz wurden diese Rollen vertauscht. Hierauf haben die Vertragspartner wie folgt verhandelt: Im Gegenzug zur Suspendierung des Aufrechnungsverbots haben sie in der Übergangs-PrüfvV auch das Verbot der Rechnungskorrektur durch das Krankenhaus suspendiert. Dieses Verbot ist zeitgleich mit dem Aufrechnungsverbot durch das MDK-Reformgesetz eingeführt worden, ebenfalls mit der Möglichkeit, abweichende Regelungen in der PrüfvV zu vereinbaren (§ 17c Abs 2a KHG).
Das Argument, der Zweck des Aufrechnungsverbots, Liquiditätsengpässe der Krankenhäuser und eine Verlagerung des Prozessrisikos auf diese zu vermeiden (vgl hierzu BT-Drucks 19/13397 S 45, 54; BR-Drucks 359/19 S 45, 56), könne bei einer vollständigen Aufhebung des Aufrechnungsverbots nicht realisiert werden, greift aufgrund der Umkehrung der Verhandlungspositionen zu kurz. Im Nachhinein über die Ausgewogenheit solcher Vereinbarungen zu entscheiden, kann grundsätzlich nicht Aufgabe der Gerichte sein, soweit die Grenzen normvertraglicher Vereinbarungsspielräume eingehalten werden.
Die Bedeutung des Aufrechnungsverbots für die Liquidität der Krankenhäuser und für ihr Prozessrisiko zu bemessen und gegebenenfalls in Relation zu anderen vorteilhaften Regelungen für die Krankenhäuser zu setzen, ist nach § 109 Abs 6 Satz 3 SGB V Aufgabe der DKG, nicht der Gerichte.
(6) Selbst wenn § 109 Abs 6 Satz 3 SGB V einer unbefristeten gänzlichen Aufhebung des Aufrechnungsverbots entgegenstünde, wäre die Übergangs-PrüfvV durch die Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Denn das gesetzliche Aufrechnungsverbot nach § 109 Abs 6 Satz 1 SGB V wurde mit der Übergangs-PrüfvV aufgrund besonderer Umstände lediglich vorübergehend suspendiert (vgl Art 2 Nr 2 Übergangs-PrüfvV). Es handelt sich um Übergangsvorschriften, welche die Vereinbarungspartner zur Anpassung der PrüfvV an die mit dem MDK-Reformgesetz eingeführten Neuregelungen für notwendig befanden, um kurzfristig und frühzeitig Verfahrenssicherheit herzustellen (vgl Präambel der Übergangs-PrüfvV; ebenso Bockholdt in Hauck/Noftz SGB V, 5. Erg-Lieferung 2024, § 109 RdNr 221g; Wahl in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl 2020, § 109 RdNr 261, Stand 13.7.2023). Zwar würde eine gegen das Recht verstoßende Vereinbarung nicht deshalb wirksam, weil sie nur für kurze Zeit gilt. Allerdings kommt den Vereinbarungspartnern - wie jedem Normgeber - eine inhaltliche Gestaltungsfreiheit zu, deren Umfang bei einer lediglich übergangsweisen Geltung grundsätzlich großzügiger zu bemessen ist (vgl Waßer, KrV 2019, 89, 94 mwN zu Anfangs- und Erprobungsrichtlinien). Hier bestanden jedenfalls sachliche Gründe, die bisherigen Regelungen zur Aufrechnung erst durch eine überarbeitete Gesamtregelung der PrüfvV abzulösen, die aufgrund des zeitlichen Rahmens des MDK-Reformgesetzes nicht ausreichend vor dessen Inkrafttreten vorbereitet werden konnte. Deshalb haben die Vereinbarungspartner mit der Übergangs-PrüfvV im Hinblick auf die Weitergeltung der Aufrechnungsmöglichkeit jedenfalls die Grenzen ihrer Dispositionsbefugnis nach § 109 Abs 6 Satz 3 SGB V iVm § 17c Abs 2 KHG eingehalten. Dass die angestrebte schnelle Überarbeitung der PrüfvV unter den nicht vorhersehbar aufgetretenen Pandemiebedingungen länger dauerte, als von der Übergangs-PrüfvV intendiert, führt ebenfalls nicht zu einem Verstoß gegen § 109 Abs 6 Satz 3 SGB V.
c) Ein Verstoß der geregelten Aufrechnungsmöglichkeit gegen sonstiges höherrangiges Recht ist weder geltend gemacht noch ersichtlich. Im Zuge der zahlreichen Sonderregelungen für die Krankenhäuser während der Corona-Pandemie ließ der Gesetzgeber § 109 Abs 6 SGB V auch in Kenntnis der bereits vereinbarten Übergangs-PrüfvV unverändert. Selbst als der Sicherung der Liquidität der Krankenhäuser aufgrund der Corona-Pandemie eine besondere Dringlichkeit zugemessen wurde (vgl BT-Drucks 19/18112 S 37), führte der Gesetzgeber zwar weitere Vorschriften zum Ausgleich der finanziellen Belastungen der Krankenhäuser ein (vgl Gesetz zum Ausgleich COVID-19 bedingter finanzieller Belastungen der Krankenhäuser und weiterer Gesundheitseinrichtungen <COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz> vom 27.3.2020, BGBl I 580), ließ § 109 Abs 6 SGB V aber - trotz der bereits vereinbarten Übergangs-PrüfvV - unberührt. Eine Entlastung der Krankenhäuser und zugleich eine deutliche Reduzierung der Aufrechnungsfälle bewirkte er stattdessen vor allem durch die Reduzierung der Prüfquote von 12,5 % auf 5 % (§ 275c Abs 2 Satz 1 SGB V). Dadurch fielen von vornherein deutlich weniger Erstattungsforderungen an. Auch die Vereinbarungspartner waren sich bei Erlass der Ergänzungs-Übergangs-PrüfvV vom 2.4.2020 einig, dass für eine Entlastung der Krankenhäuser neben einer Verlängerung der Unterlagenübermittlungsfrist vor allem die Berücksichtigung dieser nachträglich auf 5 % reduzierten Prüfquote bereits im ersten Quartal 2020 wesentlich war (Präambel Ergänzungs-Übergangs-PrüfvV) und vereinbarten deshalb deren Realisierung spätestens bis zum 31.5.2020 (Art 4 Ergänzungs-Übergangs-PrüfvV).
2. Der Senat kann auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht entscheiden, ob der Beklagten der aufgerechnete Erstattungsanspruch zustand. Hierzu hat das LSG keine Feststellungen getroffen. Die Zurückverweisung erfolgt gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG an das LSG. Hieran ist der Senat nicht durch die Zurückverweisung des Rechtsstreits im Urteilsausspruch des LSG gehindert (dazu 3.). Das LSG wird im zurückverwiesenen Verfahren die fehlenden Feststellungen nachzuholen haben.
3. Die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG im Urteil des LSG ist auf die entsprechende Rüge der Klägerin ebenfalls aufzuheben. Die Zurückverweisung durch das LSG war rechtswidrig. Die Voraussetzungen einer Zurückverweisung an das SG nach § 159 Abs 1 Nr 1 SGG liegen entgegen der Ansicht des LSG nicht vor. Dies begründet einen mit der Revision angreifbaren wesentlichen Verfahrensmangel (vgl Meßling in Hennig, SGG, Bd 2, § 159 RdNr 6, Stand 12.2013). § 159 SGG findet auf den Sachverhalt nicht unmittelbar Anwendung (dazu a). Eine analoge Anwendung der Vorschrift kommt hier auch nicht in Betracht (dazu b).
a) § 159 Abs 1 Nr 2 SGG ist von vornherein nicht einschlägig, wonach das LSG den Rechtsstreit an das SG zurückverweisen kann, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Für einen Verfahrensmangel ist hier weder etwas ersichtlich noch vom LSG auch nur behauptet worden. Aber auch § 159 Abs 1 Nr 1 SGG ist nicht unmittelbar anwendbar. Nach § 159 Abs 1 Nr 1 SGG kann das LSG den Rechtsstreit an das SG zurückverweisen, wenn dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden. Bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen stellt die Vorschrift eine Zurückverweisung an das SG in das Ermessen des LSG. Beide Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Das SG hatte weder die Klage abgewiesen, noch fehlte es an einer Entscheidung in der Sache selbst. Das SG hat der erhobenen Zahlungsklage in vollem Umfang stattgegeben.
b) Die Voraussetzungen einer ausdehnenden Auslegung oder analogen Anwendung des § 159 Abs 1 Nr 1 SGG liegen nicht vor.
aa) § 159 Abs 1 SGG ist grundsätzlich eng auszulegen (Meßling in Hennig, SGG, Bd 2, § 159 RdNr 6, Stand 12.2013; Rieke in Ory/Weth, jurisPK-ERV, Bd 3, 2. Aufl 2022, § 159 SGG RdNr 4, Stand 15.12.2022; Adolf in jurisPK-SGG, 2. Aufl 2022, § 159 RdNr 15, Stand 15.6.2022; Wolff-Dellen in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl 2020, § 159 RdNr 2, 4; Sommer in Roos/Wahrendorf/Müller, SGG, 3. Aufl 2023, § 159 RdNr 8; Kummer in Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 159 RdNr 9, Stand Januar 2024). Die enge Auslegung ergibt sich bereits aus dem Ausnahmecharakter der Norm und aus ihrem Zweck. Grundsätzlich prüft das LSG den Streitfall selbst und zwar im gleichen Umfang wie das SG (§ 157 SGG). § 159 SGG soll den Verlust einer Tatsacheninstanz verhindern, wenn in der Sache keine Entscheidung ergangen ist (§ 159 Abs 1 Nr 1 SGG) oder wenn das in der ersten Instanz durchgeführte Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist (§ 159 Abs 1 Nr 2 SGG). Selbst bei Vorliegen dieser Voraussetzungen ist aber eine Zurückverweisung nicht zwingend, sondern lediglich in das Ermessen des LSG gestellt. Dabei ist das Interesse an der Gewährleistung möglichst zweier Tatsacheninstanzen gegen das Interesse einer zügigen Verfahrensbeendigung abzuwägen. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist sogar im Rahmen des Ermessens im Zweifel die Entscheidung des LSG, den Rechtsstreit selbst zu entscheiden, im Interesse einer zügigen Erledigung des Verfahrens vorzugswürdig (vgl BSG vom 11.12.2002 - B 6 KA 1/02 R - SozR 3-2500 § 106 Nr 57 S 317; dem sich anschließend: BSG vom 16.12.2003 - B 13 RJ 194/03 B - juris RdNr 9; BSG vom 14.2.2006 - B 9a SB 22/05 B - juris RdNr 7; BSG vom 7.5.2009 - B 14 AS 91/08 B - juris RdNr 7; BSG vom 12.1.2017 - B 9 V 58/16 B - juris RdNr 15).
Eine restriktive Auslegung des § 159 Abs 1 SGG ist auch unter Berücksichtigung der Begründung des Gesetzes geboten, mit dem die Vorschrift 2011 deutlich enger gefasst wurde, um die Zurückverweisungsmöglichkeit des LSG erheblich einzuschränken (Viertes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011, BGBl I 3057). Dort heißt es: "die Zurückverweisung soll nur noch unter strengen Voraussetzungen möglich sein", um die erste Instanz zu entlasten und die Verfahrenslaufzeiten zu verringern (BT-Drucks 17/6764 S 27 zu Nr 8).
bb) Hat das SG der Klage stattgegeben, so ist - nach der nach wie vor geltenden Rechtsprechung des BSG - eine Zurückverweisung an das SG in entsprechender Anwendung des § 159 Abs 1 Nr 1 SGG auch dann nicht zulässig, wenn das SG nicht alle Rechtsfragen behandelt hat, auf die es nach der Auffassung des Berufungsgerichts ankommt (so ausdrücklich Leitsatz und näher die Gründe in BSG vom 13.3.1956 - 2 RU 179/55 - BSGE 2, 245, 252 f = juris RdNr 47 ff; bestätigend BSG vom 24.1.1962 - 7/9 RV 422/59 - juris RdNr 13; zustimmend Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 159 RdNr 2c; Meßling in Hennig, SGG, Bd 2, § 159 RdNr 18, Stand 12.2013; Sommer in Roos/Wahrendorf/Müller, SGG, 3. Aufl 2023, § 159 RdNr 9; Kummer in Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 159 RdNr 12, Stand Januar 2024).
Das BSG hat allerdings eine Zurückverweisung nach § 159 Abs 1 Nr 1 SGG in einem Fall für zulässig gehalten, in dem das SG die Klage wegen Versäumung der Widerspruchsfrist abgewiesen hatte. Es hat hierzu ausgeführt, dass die Vorschrift entsprechend anzuwenden sei, wenn das SG zu den materiellen Voraussetzungen des Anspruchs überhaupt nicht Stellung genommen und keinerlei Feststellungen getroffen habe (BSG vom 18.2.1981 - 3 RK 61/80 - BSGE 51, 202, 205 = SozR 1500 § 159 Nr 2, juris RdNr 18 f; zustimmend Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 159 RdNr 2b; Binder in Berchtold, SGG, 6. Aufl 2021, § 159 RdNr 6; Kummer in Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 159 RdNr 11, Stand Januar 2024, aber nur, weil der Sachverhalt dem einer Klage entspreche, die wegen Versäumung der Klagefrist als unzulässig abgewiesen worden sei; weitergehend Mushoff in Zeihe/Hauck, SGG, Stand Juni 2024, § 159 RdNr 7b, keine Sachentscheidung bei Aufhebung eines Widerspruchsbescheids wegen fehlerhafter Besetzung der Widerspruchsstelle; ablehnend Adolf in jurisPK-SGG, 2. Aufl 2022, § 159 RdNr 15, Stand 15.6.2022; Meßling in Hennig, SGG, Bd 2, § 159 RdNr 16, Stand 12.2013; Sommer in Roos/Wahrendorf/Müller, SGG, 3. Aufl 2023, § 159 RdNr 9). Methodisch ist allerdings den dortigen knappen Ausführungen schon nicht zweifelsfrei zu entnehmen, ob das BSG von einer echten Analogie ausgeht. Insoweit zeigt es schon keine Regelungslücke auf und spricht von einer "ausdehnenden Auslegung". Dem entsprechend meint es, es befinde sich "mit dieser Auslegung" in Einklang mit der Rechtsprechung des BVerwG.
Für diese Auslegung kann nicht die Rechtsprechung des BVerwG zu § 130 Abs 2 VwGO herangezogen werden. Der Wortlaut der Vorschrift für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist nicht mit dem deutlich restriktiver formulierten § 159 Abs 1 SGG identisch. § 159 Abs 1 Nr 1 SGG kumuliert die Voraussetzung einer fehlenden Sachentscheidung mit der weiteren Voraussetzung einer die Klage abweisenden Entscheidung durch das Ausgangsgericht. Diese zusätzliche Voraussetzung enthält § 130 Abs 2 Nr 2 VwGO nicht. Gerade durch die Kumulation begrenzt § 159 Abs 1 Nr 1 SGG - anders als § 130 Abs 2 Nr 2 VwGO - die Zurückverweisung ausdrücklich auf Prozessurteile. Andernfalls bliebe die Voraussetzung der Klageabweisung ohne Entscheidung in der Sache unverständlich (so auch Meßling in Hennig, SGG, Bd 2, § 159 RdNr 16, Stand 12.2013). Auf der anderen Seite setzt § 130 Abs 2 VwGO - ebenfalls anders als § 159 Abs 1 SGG - in jedem Fall voraus, dass ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt. Die Interessen der Verfahrensbeteiligten sind nach § 159 SGG demgegenüber erst im Rahmen des vom LSG auszuübenden Ermessens zu berücksichtigen.
Eine "ausdehnende Auslegung" bzw eine analoge Anwendung wird in der Instanzrechtsprechung und in der Literatur auch in anderen Konstellationen für zulässig gehalten (zB wenn das SG wegen Fehldeutung des Klageziels keine Entscheidung in der Sache getroffen habe, vgl Bayerisches LSG vom 20.10.2016 - L 17 U 118/16 - juris RdNr 21; oder wenn das SG den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid nach § 131 Abs 5 SGG aufgehoben hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, so LSG Nordrhein-Westfalen vom 17.3.2010 - L 8 R 145/09 - juris RdNr 16; LSG für das Saarland vom 27.6.2017 - L 5 SB 45/16 - juris RdNr 22 mwN; ausführlich Hessisches LSG vom 29.1.2019 - L 3 U 63/18 - juris RdNr 16 ff).
cc) Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Zurückverweisung an das SG ausnahmsweise auch über den Wortlaut von § 159 Abs 1 Nr 1 SGG hinaus weiterhin in Betracht kommen kann, wenn sich das SG lediglich mit formellen Voraussetzungen oder Vorfragen befasst hat und hierauf gestützt der Klage zumindest nicht in vollem Umfang stattgibt, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Das SG hat hier den Anspruch der Klägerin in der Sache geprüft und der Klage in vollem Umfang stattgegeben, auch wenn es - nach seiner Rechtsauffassung folgerichtig - weitere Rechtsfragen nicht behandelt hat, auf die es nach der Auffassung des Berufungsgerichts - und des erkennenden Senats - aber ankommt. Dies schließt nach der aufgezeigten Rechtsprechung des BSG (BSG vom 13.3.1956 - 2 RU 179/55 - BSGE 2, 245, 252 f = juris RdNr 47 ff; bestätigend BSG vom 24.1.1962 - 7/9 RV 422/59 - juris RdNr 13), der sich der Senat anschließt, eine Zurückverweisung an das SG aus. Eine Zurückverweisung an das SG bei einem - wie hier - der Klage in vollem Umfang stattgebenden Urteil wäre, ungeachtet der Gründe des SG, keine ausdehnende Auslegung bzw analoge Anwendung des § 159 Abs 1 Nr 1 SGG, sondern eine Anwendung contra legem.
4. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.