Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Oktober 2023 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Auszahlung der ungekürzten pauschalen Pflegezulage für die Pflege des Klägers durch seine Pflegeeltern im Zeitraum von Juli 2018 bis August 2019.
Der im Juli 2014 geborene Kläger erlitt im November 2014 ein Schütteltrauma durch einen tätlichen Angriff seines Vaters. Bei ihm sind seitdem ua Blindheit und eine Hirnschädigung als Schädigungsfolgen anerkannt sowie ein Grad der Schädigungsfolgen von 100 festgestellt. Er ist in einer Pflegefamilie untergebracht. Die Pflegeeltern sind gemeinschaftlich zu seinen Vormündern bestellt. Neben anderen Leistungen (ua Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage der Stufe VI) nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) bezog der Kläger von dem Beklagten auch eine pauschale Pflegezulage der Stufe V (Bescheide vom 19.7.2016, 24.1.2017 und 20.2.2018).
Im Juni 2018 beantragte er die Übernahme der Kosten für seine Nachtbetreuung durch zwei eigens zu diesem Zweck angestellte Pflegekräfte. Der Beklagte bewilligte die volle Übernahme der Kosten für die nächtliche Betreuung im hier streitgegenständlichen Zeitraum. Die Leistungsgewährung erfolgte jedoch unter vollständiger Anrechnung auf die pauschale Pflegezulage (Bescheide vom 19.7.2018, 16.10.2018, 18.4.2019 und 7.5.2019; Widerspruchsbescheid vom 24.5.2019).
Das SG hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 26.3.2021). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die ungekürzte Pflegezulage für die Pflege durch seine Pflegeeltern zusätzlich zur vollständigen Übernahme der Kosten für die auf arbeitsvertraglicher Grundlage geleistete Hilfe Dritter bei seiner Pflege. Die Voraussetzungen für ein teilweises oder vollständiges Verbleiben der pauschalen Pflegezulage (sogenanntes familiäres Privileg) beim Kläger lägen nicht vor. Der Elternbegriff des BVG erfasse nicht Pflegeeltern. Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestünden nicht (Urteil vom 18.10.2023).
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 35 Abs 2 Satz 2 und 3 BVG. Das LSG habe den Begriff des Elternteils zu eng verstanden. Die Norm enthalte zumindest eine Gesetzeslücke, die im Wege der Analogie zur schließen sei. Andernfalls sei der Grundrechtsschutz von Pflegekindern und -eltern aus Art 3 Abs 1 und Art 6 Abs 1 GG nicht gewährleistet.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Urteils des LSG Rheinland-Pfalz vom 18.10.2023 und Aufhebung des Urteils des SG Koblenz vom 26.3.2021 sowie Abänderung der Bescheide vom 19.7.2018, 16.10.2018, 18.4.2019 und 7.5.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.5.2019 in der Fassung des Teilvergleichs vom 18.10.2023 zu verurteilen, ihm die pauschale Pflegezulage der Stufe V nach § 35 Abs 1 BVG für die Zeit vom 1.7.2018 bis zum 31.8.2019 ungekürzt auszuzahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene LSG-Urteil.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).
Das LSG hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der ungekürzten pauschalen Pflegezulage für die Pflege durch seine Pflegeeltern im hier streitgegenständlichen Zeitraum von Juli 2018 bis August 2019 zusätzlich zu der ihm bereits gewährten erhöhten Pflegezulage für die entgeltliche Nachtpflege durch die Fremdpflegekräfte. Die Bescheide des Beklagten vom 19.7.2018, 16.10.2018, 18.4.2019 und 7.5.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.5.2019 (§ 95 SGG) in der Fassung des Teilvergleichs vom 18.10.2023 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
A. Den Anspruch auf Zahlung der ungekürzten pauschalen Pflegezulage verfolgt der Kläger zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4, § 56 SGG). Wie die gesetzliche Aufzählung in § 9 Abs 1 Nr 3 BVG zeigt, kann die Pflegezulage als selbstständige Leistung gesondert geltend gemacht werden (BSG Urteil vom 14.6.2018 - B 9 V 3/17 R - SozR 4-3100 § 35 Nr 7 RdNr 13).
Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 1 Abs 1 Satz 1 OEG iVm § 35 Abs 2 Satz 2 und 3 BVG in der vom 21.12.2007 bis zum 31.12.2023 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts vom 13.12.2007 (BGBl I 2904).
1. Der Kläger erfüllt zwar die Voraussetzungen für die Gewährung einer pauschalen Pflegezulage der Stufe V nach § 35 Abs 1 Satz 4 BVG, wie sich aus den bestandskräftigen Bescheiden des Beklagten vom 24.1.2017 und 20.2.2018 ergibt. Auch hat der Kläger für den streitigen Zeitraum gemäß § 35 Abs 2 Satz 1 BVG einen Anspruch auf eine über diese pauschale Pflegezulage hinausgehende erhöhte Pflegezulage für die entgeltliche Nachtpflege durch zwei Fremdpflegekräfte. Dies folgt aus den streitgegenständlichen, hinsichtlich des Anspruchs auf erhöhte Pflegezulage ebenfalls bestandskräftig gewordenen Bescheiden des Beklagten vom 19.7.2018, 16.10.2018, 18.4.2019 und 7.5.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.5.2019 (§ 95 SGG) in der Fassung des Teilvergleichs vom 18.10.2023.
2. Der Kläger kann aber nicht beanspruchen, dass der Beklagte ihm zusätzlich zu dieser erhöhten Pflegezulage die pauschale Pflegezulage nach § 35 Abs 2 Satz 2 und 3 BVG ungekürzt belässt. Nach diesen Vorschriften ist die Pflegezulage so zu erhöhen, dass Beschädigte nur ein Viertel der von ihnen aufzuwendenden angemessenen Kosten aus der pauschalen Pflegezulage zu zahlen haben und ihnen mindestens die Hälfte der pauschalen Pflegezulage verbleibt, wenn sie mit ihrem Ehegatten, Lebenspartner oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft leben. In Ausnahmefällen kann dem Beschädigten die pauschale Pflegezulage in voller Höhe verbleiben, wenn ihm sein Ehegatte, Lebenspartner oder ein Elternteil neben den Dritten in außergewöhnlichem Umfang zusätzliche Hilfe leistet.
Die Pflegeeltern des Klägers erfüllen die Voraussetzungen dieser Vorschriften nicht, weil sie keine Elternteile im Sinne von § 35 Abs 2 Satz 2 und 3 BVG sind. Das ergibt sich aus Wortlaut (dazu unter a), Systematik (dazu unter b) sowie Sinn und Zweck der Normen (dazu unter c). Ebenso wenig folgt ein Anspruch des Klägers auf den Verbleib der vollen pauschalen Pflegezulage aus einer analogen Anwendung von § 35 Abs 2 Satz 2 und 3 BVG (dazu unter 3.). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis bestehen nicht (dazu unter 4.).
a) Der Begriff "Elternteil" meint im allgemeinen juristischen Sprachgebrauch und insbesondere demjenigen des BGB nur rechtliche Eltern im Sinne des Abstammungsrechts, also Vater und Mutter nach den §§ 1591 und 1592 BGB. Die Zuordnung des Kindes zu seinen Eltern als Statusverhältnis mit Wirkung für und gegen jedermann erfolgt über die im BGB geregelte rechtliche Elternschaft (BVerfG Urteil vom 9.4.2024 - 1 BvR 2017/21 - juris RdNr 2 mwN). Nach den dafür maßgeblichen familienrechtlichen Vorschriften ist Mutter eines Kindes die Frau, die es geboren hat (§ 1591 BGB). Vater eines Kindes ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet war, die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt worden ist (§ 1592 BGB). Den Eltern in diesem Sinne stellt § 1754 BGB Adoptiveltern gleich.
Eltern im Sinne des Abstammungsrechts schulden ihren Kindern Unterhalt und sind berechtigt und verpflichtet, die elterliche Sorge auszuüben (§ 1626 Abs 1 BGB). Die elterliche Sorge ist ein dem Interesse des minderjährigen und daher hilfebedürftigen Kindes dienendes, umfassendes familienrechtliches Schutzverhältnis, kraft dessen die Eltern im Verhältnis zum Staat und Dritten ein absolutes, subjektives höchstpersönliches Recht und dem Kind gegenüber vielfältige Rechte und Pflichten haben (vgl BSG Urteil vom 21.9.2017 - B 8 SO 5/16 R - BSGE 124, 153 = SozR 4-3500 § 24 Nr 1, RdNr 23; BGH Beschluss vom 28.5.1976 - IV ZB 56/75 - BGHZ 66, 334 - juris RdNr 9; OLG Hamm Beschluss vom 27.10.2023 - II-4 WF 129/23 ua - juris RdNr 20; Döll in Erman, BGB, Kommentar, 17. Aufl 2023, § 1626 RdNr 1). Es bildet Teil des Elternrechts, das nach Art 6 Abs 2 Satz 1 GG grundrechtlichen Schutz genießt (vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 2.12.2010 - 1 BvR 2414/10 - BVerfGK 18, 274 - juris RdNr 22; BVerfG Beschluss vom 17.2.1982 - 1 BvR 188/80 - BVerfGE 60, 79 - juris RdNr 34).
Pflegepersonen - oder im allgemeinen Sprachgebrauch auch Pflegeeltern - unterscheiden sich rechtlich wesentlich von Eltern im Sinne des Abstammungsrechts. Sie erlangen ihre ganz andersgeartete Stellung nicht von Gesetzes wegen aufgrund rechtlicher Abstammung, sondern im Ausgangspunkt durch einen Realakt. Denn zur Pflegeperson wird, wer ein Kind oder einen Jugendlichen - bei längerer Dauer mit der erforderlichen Erlaubnis (vgl § 44 Abs 1 Satz 2 SGB VIII) - über Tag und Nacht in seinen Haushalt aufnimmt (vgl OVG Rheinland-Pfalz Urteil vom 24.10.2008 - 7 A 10444/08 - juris RdNr 30 mwN). Pflegekindschaftsverhältnisse mit Ausnahme der Adoptionspflege sind auf eine Rückführung in die Eltern- bzw Herkunftsfamilie und damit institutionell auf Zeit angelegt (vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 29.11.2012 - 1 BvR 335/12 - BVerfGK 20, 135 - juris RdNr 21; BVerfG Beschluss vom 12.10.1988 - 1 BvR 818/88 - BVerfGE 79, 51 - juris RdNr 30; Patjens/Wegert, ZKJ 2009, 232, 233; Windel, FamRZ 1997, 713, 715; vgl auch § 37 Abs 1 Satz 2 SGB VIII). Sie bezwecken daher grundsätzlich keinen Aufbau eines der Verwandtschaft vergleichbaren, familiären Näheverhältnisses (vgl Kraus, Grundlagen des Unterhaltsrechts, 2011, S 122). Eine Rückkehr zu den Eltern muss auch nach längerer Fremdunterbringung möglich bleiben, soweit Kindeswohlbelange nicht entgegenstehen (BVerfG <Kammer> Beschluss vom 15.11.2022 - 1 BvR 1667/22 - juris RdNr 17; BGH Beschluss vom 22.1.2014 - XII ZB 68/11 - BGHZ 200, 86 - juris RdNr 22, jeweils mwN). Pflegeeltern sind nicht kraft Gesetzes mit der umfassenden Ausübung der elterlichen Sorge betraut (vgl § 1630 Abs 3 BGB; s auch Stähr in Hauck/Noftz SGB VIII, 1. Ergänzungslieferung 2024, § 33 RdNr 24 f mwN). Sie schulden dem Pflegekind keinen Unterhalt und können dieses umgekehrt auch nicht auf Unterhalt in Anspruch nehmen (§ 1601 BGB). Vielmehr beziehen Pflegeeltern für den Unterhalt ihres Pflegekindes und die Kosten der Erziehung in der Regel eine öffentlich-rechtliche Gegenleistung insbesondere in Gestalt eines Pflegegelds (vgl BSG Urteil vom 15.8.2000 - B 14 EG 4/99 R - SozR 3-7833 § 1 Nr 23, juris RdNr 21; Kraus, Grundlagen des Unterhaltsrechts, 2011, S 122 f; Nellissen in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl 2022, § 33 RdNr 84, Stand 16.5.2024) und/oder Unterhalt von den rechtlichen Eltern (vgl BSG Beschluss vom 19.6.2012 - B 4 KG 2/11 B - juris RdNr 10).
An dieser grundsätzlich schwächer ausgestalteten und weniger verfestigten rechtlichen Stellung von Pflegeeltern im Vergleich zu Eltern im Sinne des Abstammungsrechts (vgl BSG Urteil vom 28.2.1996 - 14 REg 3/95 - juris RdNr 13) ändert sich auch nichts, wenn Pflegeeltern in auf Dauer angelegten Pflegeverhältnissen für ihre Pflegekinder faktisch die Funktion der Eltern wahrnehmen (vgl BVerwG Urteil vom 1.9.2011 - 5 C 20/10 - BVerwGE 140, 305 - juris RdNr 14 mwN), weil sie mit ihnen durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden und damit "soziale Eltern" geworden sind (vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 22.5.2014 - 1 BvR 2882/13 - juris RdNr 32; BSG Urteil vom 19.11.1997 - 14/10 RKg 18/96 - juris RdNr 16, jeweils mwN). Insbesondere sind auch solche Pflegeeltern und -kinder weder miteinander verwandt noch sich wechselseitig zum Unterhalt verpflichtet. Selbst ihre Bestellung zu Vormündern wie im Fall des Klägers stellt Pflegeeltern rechtlichen Eltern nicht vollständig gleich. Zwar ersetzt die Vormundschaft die fehlende elterliche Sorge (vgl § 1789 Abs 1 Satz 1 BGB). Von der Rechtsstellung sorgeberechtigter Eltern unterscheidet sich die des Vormunds jedoch, indem der Vormund in seinen Sorgebefugnissen stärkeren Einschränkungen (Anzeigepflichten, Genehmigungserfordernissen) sowie erhöhter Kontrolle durch Familiengericht und Jugendamt unterworfen ist (vgl Bettin in BeckOK, BGB, 71. Edition, Stand 1.8.2024, § 1789 RdNr 1; Schneider in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl 2024, § 1789 RdNr 4 ff; Schulte-Bunert in Erman, BGB, Kommentar, 17. Aufl 2023, § 1789 RdNr 2). Auch bleibt das Rechtsverhältnis zwischen Pflegeeltern und -kindern unbeschadet einer Vormundschaft institutionell auf Zeit angelegt.
b) Entgegen der Ansicht des Klägers enthält § 35 Abs 2 Satz 2 und 3 BVG keinen besonderen versorgungsrechtlichen Begriff der Elternschaft, der über die aufgezeigte allgemeine Definition hinausgeht. Dies zeigt der systematische Vergleich mit anderen Normen des BVG. Vielmehr hat der BVG-Gesetzgeber die unterschiedliche Rechtsstellung von Eltern und Pflegeeltern - im Anschluss an das Reichsversorgungsgesetz (RVG) - als grundlegende soziale Tatsache seit jeher im Blick gehabt und die maßgeblichen Unterschiede nur für bestimmte Fälle durch eine ausdrückliche Gleichstellung beider Gruppen für unbeachtlich erklärt. So stellt § 49 Abs 2 Nr 2 BVG, der an das RVG anknüpft (vgl BT-Drucks 1/1333 S 61 zu § 48 BVG-E und § 44 Nr 2 RVG zuletzt idF des Gesetzes vom 1.4.1939, RGBl I S 663), Pflegeeltern den Eltern (nur dann) für den Bezug von Elternrente gleich, wenn die Pflegeeltern den Verstorbenen vor der Schädigung unentgeltlich unterhalten haben und sich dadurch in einem wesentlichen Aspekt der Stellung unterhaltspflichtiger Eltern angenähert hatten (vgl seit 1.1.2024 die Gleichstellungsregelung in § 88 Abs 3 SGB XIV als inhaltsgleiche Nachfolgebestimmung für monatliche Entschädigungszahlungen an Eltern nach dem Tod des Geschädigten; s hierzu Kador in Schlegel/Voelzke in jurisPK-SGB XIV, § 88 RdNr 51.1, Stand 30.7.2024). Soweit vertreten wird (Heinz, ZFSH/SGb 2018, 197, 205 f), dass für Pflegeeltern das familiäre Privileg in § 35 Abs 2 Satz 2 und 3 BVG gelten soll, wenn sie die Grundvoraussetzungen für einen Anspruch auf Elternrente nach § 49 Abs 2 Nr 2 BVG erfüllen, lässt der Senat offen, ob er dieser Auffassung folgt. Denn im Fall des Klägers erfolgt durch die Pflegeeltern keine unentgeltliche Unterhaltsgewährung.
Auch die Regelungen für die Rangfolge der Verteilung eines möglichen Überschusses beim Bestattungsgeld in § 36 Abs 4 Satz 3 BVG in der ab 1.7.2018 geltenden Fassung des Gesetzes vom 12.12.2019 (BGBl I 2652; zuvor § 36 Abs 2 Satz 3 BVG idF des Gesetzes vom 16.2.2001, BGBl I 266) und beim Anspruch auf Sterbegeld in § 37 Abs 2 Satz 1 BVG (idF des Gesetzes vom 16.2.2001, BGBl I 266) erwähnen Pflegeeltern ausdrücklich neben den Eltern. Dafür hätte kein Anlass bestanden, wenn der Gesetzgeber beide Gruppen hinsichtlich der wesentlichen Aspekte als vergleichbar angesehen und Pflegeeltern deshalb generell unter den Begriff der Eltern oder Elternteile im Sinne des BVG gefasst hätte.
c) Sinn und Zweck der Regelung des § 35 Abs 2 Satz 2 und 3 BVG bestätigt ebenfalls die vom Gesetzgeber getroffene eindeutige Unterscheidung zwischen rechtlichen Eltern und Pflegeeltern. Dieses sogenannte familiäre Privileg zielt darauf ab, den oft überobligatorischen persönlichen Einsatz von bestimmten besonders nahen Angehörigen des Beschädigten bei der Pflege zu honorieren, den auch eine arbeitsvertraglich geschuldete Pflege durch dritte Personen in der Regel nicht entbehrlich macht (vgl BSG Urteil vom 14.6.2018 - B 9 V 3/17 R - SozR 4-3100 § 35 Nr 7 RdNr 23). Der Gesetzgeber wollte mit dieser Regelung neben Ehegatten und Lebenspartnern mit der Elternschaft ein besonders enges Verwandtschaftsverhältnis begünstigen. Pflegeeltern sind mit ihren Pflegekindern dagegen gerade nicht verwandt; ihre rechtliche Stellung unterscheidet sich - wie oben ausgeführt - maßgeblich von der rechtlicher Eltern.
3. Zutreffend hat das LSG auch einen Anspruch des Klägers aus einer analogen Anwendung des § 35 Abs 2 Satz 2 und 3 BVG verneint (zustimmend Bienert, NZS 2024, 637).
a) Ein Analogieschluss setzt voraus, dass die geregelte Norm analogiefähig ist, das Gesetz nach der erkennbaren Regelungsabsicht des Gesetzgebers eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von denselben Grundsätzen hätte leiten lassen, wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (stRspr; zB BSG Urteil vom 26.10.2023 - B 10 EG 1/23 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen - juris RdNr 29; BSG Urteil vom 9.3.2023 - B 10 EG 1/22 R - SozR 4-7837 § 2b Nr 6 RdNr 21).
Eine vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Regelungslücke muss aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können. Dies ist danach zu beurteilen, ob die vom Regelungsprogramm des Gesetzgebers erfassten Fälle in den gesetzlichen Vorschriften tatsächlich Berücksichtigung gefunden haben. Eine Gesetzeslücke ist zu bejahen, wenn festzustellen ist, dass der Wortlaut der Vorschrift nicht alle Fälle erfasst, die nach dem Sinn und Zweck der Regelung aber erfasst sein sollten. Hierfür bedarf es des sicheren Nachweises, dass sich die Regelungsabsicht des Gesetzgebers im Normtext nicht niedergeschlagen hat. Diese ist anhand der Gesetzgebungsmaterialien zu bestimmen (vgl BSG Urteil vom 14.12.2023 - B 11 AL 2/23 R - SozR 4-4300 § 131a Nr 4 <vorgesehen> - juris RdNr 26; BSG Urteil vom 3.11.2021 - B 11 AL 2/21 R - SozR 4-4300 § 131a Nr 1 RdNr 24, jeweils mwN).
b) Solche konkreten Umstände, die den sicheren Nachweis einer Regelungslücke ermöglichen, sind hier nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber hat die Regelung des § 35 Abs 2 Satz 2 und 3 BVG vielmehr gezielt auf Ehegatten, Lebenspartner und Eltern(teile) des Beschädigten beschränkt. Selbst Kinder, Geschwister und andere Angehörige hat er dagegen bewusst von den privilegierenden Reglungen ausgenommen (BSG Urteil vom 4.2.1998 - B 9 V 28/96 R - SozR 3-3100 § 35 Nr 8 - juris RdNr 13 unter Bezugnahme auf die Gesetzesmotive in BT-Drucks 11/5831 S 14). Hat der Gesetzgeber das familiäre Privileg damit mit Absicht auf eine enge Gruppe naher Angehöriger beschränkt, so spricht dies maßgeblich erst recht gegen die Annahme, er hätte gleichwohl beabsichtigt und es versehentlich versäumt, Pflegeeltern in derselben Weise wie rechtliche Eltern zu begünstigen, obwohl sie mit Pflegekindern nicht verwandt sind und das BVG diesem maßgeblichen Unterschied an anderer Stelle - wie oben aufgezeigt - durch eine ausdrückliche Gleichstellung Rechnung getragen hat.
Vielmehr war sich der Gesetzgeber der besonderen Stellung von pflegenden Personen, die dem Beschädigten nahestehen, ohne mit ihm verwandt zu sein, bewusst. Er hat sie bei der Neufassung des § 35 BVG zum 1.4.1990 ausdrücklich berücksichtigt. Der zeitgleich mit dem familiären Privileg des § 35 Abs 2 Satz 2 und 3 BVG durch das Gesetz zur Verbesserung der Struktur der Leistungen nach dem BVG (KOV-Strukturgesetz 1990) vom 23.3.1990 (BGBl I 582) geschaffene § 35 Abs 6 Satz 4 BVG (ab 1.6.1994 Abs 5 Satz 4, geändert durch Gesetz vom 26.5.1994, BGBl I 1014) begünstigt - über den Kreis der ausdrücklich dort genannten Angehörigen hinaus - auch dem Beschädigten nahestehende Personen, wenn deren stärkere Beteiligung an der Pflege medizinisch erforderlich ist. Damit hat der Gesetzgeber ein besonderes Näheverhältnis zwischen Beschädigtem und nicht mit ihm verwandter Pflegeperson in § 35 BVG berücksichtigt und daran rechtliche Vorteile geknüpft (BT-Drucks 11/5831 S 15), nicht allerdings die Gewährung des ausschließlich bestimmten engen Familienangehörigen vorbehaltenen Privilegs des § 35 Abs 2 Satz 2 und 3 BVG. Dies spricht ebenfalls dafür, dass der Gesetzgeber eine Gleichstellung dort nicht etwa vergessen, sondern den Anwendungsbereich des familiären Privilegs im Hinblick auf die privilegierten Angehörigen bewusst abschließend geregelt hat (so auch Fehl, ZfS 1992, 161, 163).
4. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Beschränkung des familiären Privilegs auf Eltern im Rechtssinne hat der Senat nicht.
a) Sie verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG, weil die Unterscheidung zwischen Eltern und Pflegeeltern in § 35 Abs 2 Satz 2 und 3 BVG im Rahmen des weiten gesetzgeberischen Gestaltungs- und Bewertungsspielraums für die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt ist (vgl zu diesen Maßstäben BVerfG <Kammer> Beschluss vom 15.4.2024 - 1 BvR 2076/23 - juris RdNr 17; BSG Urteil vom 16.12.2021 - B 9 V 2/20 R - SozR 4-3100 § 30 Nr 4 RdNr 34 mwN). Diese Gründe ergeben sich aus dem mit der Norm verfolgten legitimen Zweck der Privilegierung besonders naher Angehöriger und den aufgezeigten maßgeblichen rechtlichen Unterschieden zwischen Eltern und Pflegeeltern. Eine vollständige Gleichbehandlung von Eltern und Pflegeeltern in allen gesetzlichen Bereichen ist deshalb verfassungsrechtlich auch nicht geboten (vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 22.12.1993 - 1 BvR 54/93 - juris RdNr 10).
b) Ebenso wenig verstößt die gesetzgeberische Entscheidung, Pflegeeltern nicht in das familiäre Privileg einzubeziehen, gegen das verfassungsrechtlich geschützte Elterngrundrecht aus Art 6 Abs 2 GG. Schon der Schutzbereich dieses Grundrechts ist für Pflegeeltern nicht eröffnet (vgl BVerfG Beschluss vom 28.8.2023 - 1 BvR 1088/23 - juris RdNr 13; BVerfG Beschluss vom 12.10.1988 - 1 BvR 818/88 - BVerfGE 79, 51 - juris RdNr 30; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 18. Aufl 2024, Art 6 RdNr 47; Uhle in BeckOK, GG, 59. Edition, Stand 15.9.2024, Art 6 RdNr 59; Robbers in Huber/Voßkuhle, GG, 8. Aufl 2024, Art 6 RdNr 177). Daran ändert auch das Zusammenleben in einer sozial-familiären Gemeinschaft nichts. Denn "soziale Elternschaft" allein begründet grundsätzlich keine Elternposition im Sinne des Art 6 Abs 2 Satz 1 GG (BVerfG Beschluss vom 26.3.2019 - 1 BvR 673/17 - BVerfGE 151, 101 - juris RdNr 50; BVerfG Urteil vom 19.2.2013 - 1 BvL 1/11 ua - BVerfGE 133, 59 - juris RdNr 59). Der Schutzbereich ist hier auch nicht deshalb eröffnet, weil die Pflegeeltern des Klägers zugleich gemeinschaftlich seine Vormünder sind (vgl BVerfG Beschluss vom 10.2.1960 - 1 BvR 526/53 ua - BVerfGE 10, 302 - juris RdNr 77; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 18. Aufl 2024, Art 6 RdNr 47; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, 7. Aufl 2020, § 6 RdNr 28). Steht den Pflegeeltern das Elternrecht aus Art 6 Abs 2 Satz 1 GG aber nicht zu, kann auch der Kläger als deren Pflegekind sich nicht auf dieses Grundrecht (iVm Art 2 Abs 1 GG) berufen.
Schließlich ist auch das Familiengrundrecht aus Art 6 Abs 1 GG durch die Beschränkung des familiären Privilegs auf Eltern im Rechtssinne nicht verletzt. Zwar reicht der Schutz der Familie nach Art 6 Abs 1 GG insofern über das Elternrecht des Art 6 Abs 2 Satz 1 GG hinaus, als er auch Familiengemeinschaften im weiteren Sinne einbezieht, die als "soziale Familien" von einer rechtlichen Elternschaft unabhängig sind (BVerfG Beschluss vom 26.3.2019 - 1 BvR 673/17 - BVerfGE 151, 101 - juris RdNr 50 und 56 mwN). Daher können Pflegeeltern und Pflegekind bei länger andauerndem Pflegeverhältnis und enger Beziehung als Familie im Sinne des Art 6 Abs 1 GG gegen die Herausnahme des Kindes aus der Pflegefamilie geschützt sein (BVerfG Beschluss vom 17.10.1984 - 1 BvR 284/84 - BVerfGE 68, 176 - juris RdNr 42; Robbers in Huber/Voßkuhle, GG, 8. Aufl 2024, Art 6 RdNr 177). Zwar schützt das Familiengrundrecht aus Art 6 Abs 1 GG das familiäre Zusammenleben gegen solche staatlichen Eingriffe damit auch in Beziehungen, die einem Eltern-Kind-Verhältnis gleichkommen, ohne vom Elterngrundrecht des Art 6 Abs 2 Satz 1 GG erfasst zu sein. Dies bedeutet aber nicht, dass der Gesetzgeber diesen Schutz gerade durch Eröffnung des vollen Elternrechts gewähren und insbesondere Pflegeeltern leistungsrechtlich Eltern vollständig gleichstellen müsste (vgl BVerfG Beschluss vom 26.3.2019 - 1 BvR 673/17 - BVerfGE 151, 101 - juris RdNr 57; BVerfG Urteil vom 19.2.2013 - 1 BvL 1/11 ua - BVerfGE 133, 59 - juris RdNr 70).
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Unterliegen des Klägers Rechnung.