Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 17. März 2022 aufgehoben, soweit es das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 9. August 2019 hinsichtlich der Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 1. November 2014 bis zum 30. November 2016 für die Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 1. aufgehoben hat. Insoweit wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten in allen Rechtszügen zu 80 vom Hundert zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die rückwirkende Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV für den Zeitraum vom 1.11.2014 bis zum 30.11.2016 einschließlich der Erstattung von Beiträgen.
Der Kläger war nach seinem erfolgreich bestandenen Zweiten Juristischen Staatsexamen ab dem 1.11.2014 bei dem Beigeladenen zu 1. versicherungspflichtig beschäftigt. Er beantragte zunächst keine Zulassung als Rechtsanwalt. Später stellte er am 29.3.2016 bei der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg einen Antrag auf Zulassung als Syndikusrechtsanwalt für seine seit November 2014 ununterbrochen ausgeübte Tätigkeit. Zugleich begehrte er am 30.3.2016 bei der Beklagten die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI sowie die rückwirkende Befreiung (§ 231 Abs 4b SGB VI) und die Erstattung zu Unrecht zur Rentenversicherung gezahlter Pflichtbeiträge an die berufsständische Versorgungseinrichtung. Die Rechtsanwaltskammer ließ den Kläger aufgrund seiner bei dem Beigeladenen zu 1. ausgeübten Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt zu (Bescheid vom 7.9.2016). Die Zulassungsurkunde wurde am 9.11.2016 übergeben. Infolgedessen befreite die Beklagte den Kläger von der Rentenversicherungspflicht ab dem 1.12.2016 (Bescheid vom 19.12.2016). Die rückwirkende Befreiung für die in der Zeit vom 1.11.2014 bis 30.11.2016 ausgeübte Beschäftigung lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, erst seit dem 1.12.2016 sei die Voraussetzung einer Pflichtmitgliedschaft in einem Versorgungswerk erfüllt (Bescheid vom 8.3.2017; Widerspruchsbescheid vom 14.5.2018).
Das SG hat die die Rückwirkung ablehnende Verwaltungsentscheidung aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger für die Zeit vom 1.11.2014 bis zum 30.11.2016 von der Versicherungspflicht in der GRV zu befreien sowie die zu Unrecht gezahlten Beiträge zu erstatten. Für eine rückwirkende Befreiung sei keine Mitgliedschaft in einem Versorgungswerk über den gesamten Rückwirkungszeitraum erforderlich (Urteil vom 9.8.2019). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zwar seien die Voraussetzungen für eine Rückwirkung nach dem Wortlaut der Rückwirkungsvorschrift erfüllt. Diese sei aber im Kontext der übrigen Regelungen und nach ihrem Zweck so zu verstehen, dass über den kompletten Rückwirkungszeitraum ein Bezug zum Versorgungswerk bestehen müsse (Urteil vom 17.3.2022).
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI. Dessen Tatbestand setze keine Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk oder eine Zulassung als Rechtsanwalt für den kompletten Rückwirkungszeitraum voraus. Eine Zulassung als Rechtsanwalt sei bei Aufnahme der Tätigkeit als Syndikus aufgrund der Rechtsprechung des BSG gar nicht möglich gewesen. Die Möglichkeit einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt sei erst zum 1.1.2016 geschaffen worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 17. März 2022 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 9. August 2019 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend. Ergänzend weist sie darauf hin, das Versorgungswerk könne zu erstattende Beiträge für den streitgegenständlichen Zeitraum gar nicht annehmen, da für diese Zeit keine Mitgliedschaft und keine Beitragspflicht des Klägers bestanden hätten.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Klägers ist überwiegend begründet. Das Urteil des LSG ist aufzuheben und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, soweit es das Urteil des SG hinsichtlich der Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV für die Zeit vom 1.11.2014 bis zum 30.11.2016 für die Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 1. aufgehoben hat (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Die Revision ist unbegründet und zurückzuweisen, soweit der Kläger die Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge begehrt (§ 170 Abs 1 Satz 2 SGG). Insoweit ist die Klage mangels vorheriger Verwaltungsentscheidung unzulässig.
A. Streitgegenständlich sind der Bescheid der Beklagten vom 8.3.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.5.2018 (§ 95 SGG) betreffend die Ablehnung der rückwirkenden Befreiung des Klägers nach § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI sowie die Erstattung der insoweit zur GRV gezahlten Beiträge. Den Bescheid vom 19.12.2016 über die laufende Befreiung (erst) ab 1.12.2016 hat der Kläger nicht angegriffen.
B. Die Revision ist begründet, soweit der Kläger einen Anspruch auf rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht vom 1.11.2014 bis zum 30.11.2016 für die Beschäftigung als "Verbandssyndikusrechtsanwalt" bei dem Beigeladenen zu 1. geltend macht.
Rechtsgrundlage für das klägerische Begehren ist § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI (eingefügt durch das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21.12.2015, BGBl I 2517). Danach wirkt eine Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI, die unter Berücksichtigung der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) in der ab dem 1.1.2016 geltenden Fassung erteilt wurde, auf Antrag vom Beginn derjenigen Beschäftigung an, für die die Befreiung von der Versicherungspflicht erteilt wird. Der Antrag auf rückwirkende Befreiung ist innerhalb der Frist bis zum 1.4.2016 zu stellen (§ 231 Abs 4b Satz 1 und 6 SGB VI). Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger.
a) Nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) wurde der Kläger für die seit 1.11.2014 ausgeübte streitgegenständliche Tätigkeit ab dem 1.12.2016 nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI unter Berücksichtigung der ab 1.1.2016 maßgeblichen berufsrechtlichen Vorschriften von der Rentenversicherungspflicht befreit. Der Antrag auf rückwirkende Befreiung ging am 30.3.2016 und damit fristgemäß (§ 231 Abs 4b Satz 6 SGB VI) bei der Beklagten ein.
b) Weitere Tatbestandsvoraussetzungen stellt § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI nicht auf (vgl BSG Urteil vom 26.2.2020 - B 5 RE 2/19 R - SozR 4-2600 § 231 Nr 7 RdNr 17 ff). Die Norm setzt weder als ausdrückliches noch als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal eine Mitgliedschaft in einem Versorgungswerk über den kompletten Rückwirkungszeitraum voraus. Eine entsprechende Voraussetzung ergibt sich weder aus dem Wortlaut (dazu aa) noch aus der Systematik (dazu bb), der Historie (dazu cc) oder aus dem Sinn und Zweck (dazu dd) der Vorschrift. Für eine teleologische Reduktion ist kein Raum (dazu ee). Dies steht mit dem Grundgesetz im Einklang (dazu ff).
aa) Der Wortlaut des § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI spricht von der Rückwirkung einer nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI erteilten Befreiung. Er fordert dafür nicht, dass Syndikusrechtsanwälte über den gesamten Rückwirkungszeitraum Mitglied in der Rechtsanwaltskammer und/oder in der berufsständischen Versorgung waren.
Eine wegen der Beschäftigung als zugelassener Syndikusrechtsanwalt aktuell bestehende Mitgliedschaft in einem Versorgungswerk wird für die Befreiung nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI vorausgesetzt (vgl auch BSG Urteil vom 26.2.2020 - B 5 RE 2/19 R - SozR 4-2600 § 231 Nr 7 RdNr 17 f). Insoweit stellt auch § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI einen Bezug zum Versorgungswerk her. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI wird nur für eine Beschäftigung erteilt, wegen der die Betroffenen aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Bei dieser Entscheidung ist der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung an die bestandskräftige Entscheidung der Rechtsanwaltskammer zur Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Syndikusrechtsanwalt gebunden (§ 46a Abs 2 Satz 4 und 1 BRAO).
Ein Erfordernis einer durchgängigen Mitgliedschaft über den gesamten Rückwirkungszeitraum bis 1.4.2014 in der Rechtsanwaltskammer und/oder der berufsständischen Versorgung ist § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI dagegen nicht zu entnehmen. § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI stellt vielmehr ausdrücklich auf die Befreiung nach dem ab 1.1.2016 geltenden Recht der BRAO ab. Anforderungen zum Zeitraum bis 31.12.2015 (nach altem Recht) enthält die Vorschrift nicht (zur Trennung der Voraussetzungen nach § 6 SGB VI und § 231 Abs 4b SGB VI, vgl BSG Urteil vom 26.2.2020 - B 5 RE 2/19 R - SozR 4-2600 § 231 Nr 7 RdNr 24). Da eine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt erst nach dem ab 1.1.2016 geltenden Recht befreiungsfähig ist (vgl zur Doppelberufstheorie BSG Urteil vom 3.4.2014 - B 5 RE 13/14 R - BSGE 115, 267 = SozR 4-2600 § 6 Nr 12, RdNr 48), impliziert bereits der Wortlaut, dass für die konkrete Beschäftigung in der Vergangenheit - vorbehaltlich der weiteren Einschränkungen nach § 231 Abs 4b Satz 3 und 4 SGB VI - kein befreiungsrelevanter Bezug zum Versorgungswerk bestehen konnte. Dem entspricht auch die Rechtsprechung des 5. Senats zu § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI hinsichtlich der Frage des Erfordernisses einer Pflichtmitgliedschaft statt einer nur freiwilligen Mitgliedschaft in einem Versorgungswerk. Der 5. Senat stellte entscheidungstragend fest, dass der Gesetzeswort- laut (insbesondere) keine durch die Pflichtmitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer bedingte Pflichtmitgliedschaft in einem Versorgungswerk für den Rückwirkungszeitraum erfordere (vgl BSG Urteil vom 26.2.2020 - B 5 RE 2/19 R - SozR 4-2600 § 231 Nr 7 RdNr 18 f).
bb) Die systematische Auslegung stützt dieses Ergebnis.
(1) § 231 Abs 4b SGB VI regelt für verschiedene Konstellationen unterschiedliche Anforderungen und stellt dabei abgestufte Voraussetzungen auf. Für den Fall einer zeitlichen Rückwirkung (begrenzt bis 1.4.2014, vgl Satz 3) bei identischer Tätigkeit beinhaltet Satz 1 die geringsten Anforderungen. Ausreichend ist danach die (aktuelle) Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk, die der Befreiung nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI zugrunde liegt. Für die rückwirkende Befreiung anderer früherer Beschäftigungen fordert Satz 2 während des diesbezüglichen Rückwirkungszeitraums eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk. Für die rückwirkende Befreiung für Zeiten vor dem 1.4.2014 stellt Satz 4 die zusätzliche Forderung auf, dass während dieses Rückwirkungszeitraums einkommensbezogene Pflichtbeiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk gezahlt worden sind (vgl BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 19.7.2016 - 1 BvR 2584/14 - juris RdNr 16; BSG Urteil vom 23.9.2020 - B 5 RE 3/19 R - BSGE 131, 32 = SozR 4-2600 § 231 Nr 8, RdNr 14 ff). Diese hinsichtlich der Anforderungen gestufte Regelungssystematik spricht dagegen, über den Wortlaut des Satz 1 SGB VI hinaus für den kompletten Rückwirkungszeitraum einen zusätzlichen Bezug zur berufsständischen Versorgung zu fordern.
(2) Die Unterschiede und das Zusammenspiel zwischen § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Abs 4 Satz 1, Abs 5 Satz 1 SGB VI und § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI stützen dieses Ergebnis.
(a) Im Gegensatz zu § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Abs 4 Satz 1 SGB VI macht § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI eine Rückwirkung nicht vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen im Rückwirkungszeitraum abhängig.
(b) Der Zusammenhang mit § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Abs 5 Satz 1 SGB VI lässt ebenfalls darauf schließen, dass im Anwendungsbereich des § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI allein die aktuelle Pflichtmitgliedschaft auch für die rückwirkende Befreiung ausreichend ist. Anknüpfungspunkt der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ist die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit (so ausdrücklich zB in § 6 Abs 5 Satz 1 SGB VI, vgl dazu BSG Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 16 ff). Die Befreiungsvoraussetzungen des § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI beziehen sich daher auf dieselbe Beschäftigung ("… für die Beschäftigung, wegen der …",vgl BSG Urteil vom 3.4.2014 - B 5 RE 13/14 R - BSGE 115, 267 = SozR 4-2600 § 6 Nr 12, RdNr 28). Die Beschäftigung als Syndikus war jedoch nach der Rechtsprechung des BSG vom 3.4.2014 bis zur Gesetzesänderung am 1.1.2016 nicht der anwaltlichen Berufsausübung zuzuordnen und begründete keine Mitgliedschaft zur Rechtsanwaltskammer und zum Versorgungswerk (Doppelberufstheorie, vgl BSG Urteil vom 3.4.2014 - B 5 RE 13/14 R - BSGE 115, 267 = SozR 4-2600 § 6 Nr 12, RdNr 31, 48). Ein Bezug zum Versorgungswerk (freiwillige oder Pflichtmitgliedschaft) könnte demnach im Rückwirkungszeitraum allenfalls infolge einer anderen, zusätzlichen Tätigkeit (etwa der als Rechtsanwalt) bestehen. Darauf wird in § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI aber im Gegensatz zu § 231 Abs 4b Satz 2 SGB VI (“während dieser Beschäftigungen“) gerade nicht abgestellt. Dies wäre jedoch für eine Ausnahmeregelung zur beschäftigungsbezogenen Befreiung nach § 6 Abs 5 Satz 1 SGB VI erforderlich gewesen (wie etwa auch bei § 6 Abs 5 Satz 2 SGB VI).
(3) Eine andere Beurteilung ist nicht aufgrund § 286f SGB VI veranlasst. Die Vorschrift enthält ein vereinfachtes Verfahren zur Rückabwicklung der an die GRV durch den Arbeitgeber abgeführten Beiträge aus Beschäftigung ohne Einbindung der Einzugsstellen (vgl BSG Urteil vom 26.2.2020 - B 5 RE 2/19 R - SozR 4-2600 § 231 Nr 7 RdNr 25). Über die von der Beklagten geäußerten Bedenken, der Beigeladene zu 2. könnte möglicherweise "mangels Mitgliedschaft und Beitragspflicht des Klägers" die im Rahmen einer Rückabwicklung erfolgenden Zahlungen der Beklagten nicht annehmen, muss der Senat nicht unmittelbar entscheiden. Konkrete Anhaltspunkte für eine Verweigerung der Annahme von Beiträgen durch den Beigeladenen zu 2. trotz der entsprechenden Regelung in § 286f SGB VI sind auch weder festgestellt noch ersichtlich. Unabhängig davon schließt der Wortlaut des § 286f Satz 3 SGB VI eine Erstattung der im Rückabwicklungsverfahren beanstandeten Beiträge nach den allgemeinen Vorschriften nicht generell, sondern nur im Fall einer unmittelbaren Erstattung an die berufsständische Versorgungseinrichtung (Sätze 1 und 2) aus.
cc) Die Gesetzeshistorie steht dieser Auslegung nicht entgegen. Soweit es in den Gesetzesmaterialien zu § 231 Abs 4b SGB VI heißt, Voraussetzung sei in allen Fällen der Sätze 1 bis 3, dass während der Beschäftigungen zumindest eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk bestanden habe, mithin ein Bezug zur berufsständischen Versorgung gegeben gewesen sei (BT-Drucks 18/5201 S 46), findet sich eine entsprechende ausdrückliche Tatbestandsvoraussetzung in den Sätzen 2 und 4, nicht jedoch in Satz 1. Hieraus hat bereits der 5. Senat des BSG den Schluss gezogen, dass die Gesetzesmaterialien "jedenfalls keinen zwingenden Schluss von der Begründung auf ein entgegen dem Wortlaut bestehendes Erfordernis der Pflichtmitgliedschaft" zulassen (vgl BSG Urteil vom 26.2.2020 - B 5 RE 2/19 R - SozR 4-2600 § 231 Nr 7 RdNr 21). Hieran hält der erkennende Senat fest. Dies gilt auch für das Erfordernis einer freiwilligen Mitgliedschaft während des Rückwirkungszeitraums; für § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI ist der über die Befreiung nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI hergestellte Bezug zur Versorgungseinrichtung ausreichend.
dd) Gegen das Erfordernis einer Pflichtmitgliedschaft oder einer freiwilligen Mitgliedschaft für den Rückwirkungszeitraum nach § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI sprechen auch Sinn und Zweck der Regelung (vgl zur Pflichtmitgliedschaft BSG Urteil vom 26.2.2020 - B 5 RE 2/19 R - SozR 4-2600 § 231 Nr 7 RdNr 26). Die Änderungen durch das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte waren die Reaktion auf Brüche in den Versicherungsbiografien, die aus den Entscheidungen des BSG vom 3.4.2014 (aaO) für Syndizi folgten (vgl BT-Drucks 18/5201 S 1). Sinn und Zweck der Übergangsregelungen in § 231 SGB VI ist es, die durch diese Rechtsprechung verursachten Folgen zu regeln und einen Wechsel der Versicherungsbiografie möglichst zu vermeiden. § 231 Abs 4b SGB VI soll stattdessen (wieder) eine "geschlossene Versicherungsbiographie" ermöglichen (vgl BT-Drucks 13/2590 S 18; BSG Urteil vom 23.9.2020 - B 5 RE 3/19 R - BSGE 131, 32 = SozR 4-2600 § 231 Nr 8, RdNr 29). Danach sollen "Syndikusanwälte wie bisher - unter bestimmten Voraussetzungen auch rückwirkend - von der Rentenversicherungspflicht befreit werden und in den anwaltlichen Versorgungswerken verbleiben können" (BT-Drucks 18/5201 S 2, 22; BSG Urteil vom 26.2.2020 - B 5 RE 2/19 R - SozR 4-2600 § 231 Nr 7 RdNr 26). Geschützt wird einerseits das durch die Rechtspraxis vor der Entscheidung des BSG vom 3.4.2014 geschaffene Vertrauen auf die Wirksamkeit einer erfolgten Beitragszahlung zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen; andererseits sollte auch der Tatsache Rechnung getragen werden, dass infolge der Rechtsprechung des BSG die Möglichkeit zur Befreiung für Syndikusanwälte vorübergehend gar nicht gegeben war (vgl BT-Drucks 18/5201 S 46; zur Aufgabe(Rückgabe) der Anwaltszulassung infolge dieser Entscheidungen, vgl § 231 Abs 4c SGB VI, BT-Drucks 18/6915 S 26). Dem entspricht es, dass eine Beschäftigung, für die unter der Geltung dieses neuen Rechts eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ausgesprochen wird, von ihrem Beginn an (auf Antrag) - jedenfalls (frühestens) ab 1.4.2014 - von der Versicherungspflicht zur GRV gelöst und die Beitragszahlung rückabgewickelt werden kann. Erfasst wird nach diesem Verständnis nicht nur der (auch) in Abs 4c geregelte Fall der Rückgabe der Anwaltszulassung infolge der Entscheidungen des BSG aus dem Jahr 2014, sondern auch der spiegelbildliche Fall des Absehens von einem Zulassungsantrag infolge mangelnder Befreiungsmöglichkeit nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI. Durch die Rückwirkung nach § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI wird ein Wechsel in der Versicherungsbiografie innerhalb der Beschäftigung als Syndikus(rechts)anwalt vermieden.
ee) Das Erfordernis der Mitgliedschaft in einem Versorgungswerk kann nicht im Wege einer teleologischen Reduktion des § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI zur Voraussetzung gemacht werden. Eine teleologische Reduktion ist nur dann vorzunehmen, wenn die auszulegende Vorschrift auf einen Teil der von ihrem Wortlaut erfassten Fälle nicht angewandt werden soll, weil Sinn und Zweck der Norm, ihre Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (vgl ua BSG Urteil vom 4.12.2014 - B 2 U 18/13 R - BSGE 118, 18 = SozR 4-2700 § 101 Nr 2, RdNr 27 mwN). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben (vgl zur nicht erforderlichen Pflichtmitgliedschaft bei § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI BSG Urteil vom 26.2.2020 - B 5 RE 2/19 R - SozR 4-2600 § 231 Nr 7 RdNr 28). Für eine teleologische Reduktion könnte zwar sprechen, dass dadurch den grundsätzlichen Zielen des Befreiungsrechts, eine Mitgliedschaft in zwei Versicherungssystemen und Lücken in der Absicherung - die zB im Fall einer fehlenden unmittelbaren Beitragserstattung nach § 286f SGB VI entstehen würden - zu vermeiden, Rechnung getragen werden könnte. Die einschlägigen Regelungen dokumentieren aber auch das Ziel, Brüche in der Versicherungsbiografie durch einen Systemwechsel zu vermeiden (vgl oben RdNr 24). Daher räumen die Regelungen einem eng begrenzten Personenkreis das übergangsweise Recht ein, sich rückwirkend - auch erstmals - für ein anderes Versorgungssystem zu entscheiden. Angesichts des Wortlauts von § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI bestehen insoweit keine ausreichenden Anhaltspunkte, die eine einschränkende Auslegung erlauben würden.
ff) Verfassungsrecht erfordert keine abweichende Auslegung. Vielmehr ist es geboten, § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI jedenfalls nicht gegen den Wortlaut der Vorschrift eng auszulegen oder gar teleologisch zu reduzieren (vgl zu einer befreiungsfreundlichen Auslegung BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 19.7.2016 - 1 BvR 2584/14 - juris RdNr 13).
d) Ein Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikus(rechts)anwalt ist für die betreffende Beschäftigung auch nicht aufgrund einer vor dem 4.4.2014 ergangenen Entscheidung bestandskräftig abgelehnt worden (vgl § 231 Abs 4b Satz 5 SGB VI). Nach den nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hat der Kläger damals keine Zulassung als Rechtsanwalt beantragt und darüber hinaus die Beschäftigung erst zum 1.11.2014 aufgenommen.
e) Rechtsfolge ist die rückwirkende Befreiung für die streitgegenständliche Beschäftigung als "Verbandssyndikusrechtsanwalt" bei der Beigeladenen zu 1. über den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1.11.2014 bis 30.11.2016. Es kann dahinstehen, ob die laufende Befreiung nach § 6 Abs 1 Satz 1 SGB VI bereits vom Zeitpunkt des Eingangs des Antrags auf Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bei der Rechtsanwaltskammer am 29.3.2016 und nicht erst ab 1.12.2016 hätte erteilt werden müssen (vgl § 46a Abs 4 Nr 2, Abs 2 Satz 4 BRAO iVm § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Abs 4 SGB VI). Auch dieser - noch nicht der Befreiung unterliegende - Zeitraum wird jedenfalls von der in § 231 Abs 4b SGB VI geregelten Rückwirkung erfasst, ohne dass es einer ggf vorrangig zu verfolgenden Korrektur des Bescheides über die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI bedürfte.
Die Revision ist unbegründet, soweit der Kläger die Erstattung von Beiträgen begehrt. Das LSG hat das Urteil des SG diesbezüglich im Ergebnis zu Recht aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klage ist insoweit unzulässig, da es an einem Ausgangsverwaltungsakt fehlt, der Sachurteilsvoraussetzung für die erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist (§ 54 Abs 1, Abs 4 SGG; vgl BSG Urteil vom 6.6.2023 - B 4 AS 4/22 R - BSGE 136, 103 = SozR 4-4200 § 37 Nr 11 = juris RdNr 32 mwN; und zum erforderlichen Vorverfahren vgl BSG Urteil vom 13.11.2012 - B 1 KR 13/12 R - BSGE 112, 170 = SozR 4-1500 § 54 Nr 27, RdNr 13). Die Beklagte hat weder im streitgegenständlichen Bescheid noch im Widerspruchsbescheid über den Antrag des Klägers auf Erstattung der Beiträge entschieden. Sie befasst sich darin ausschließlich mit der rückwirkenden Befreiung (zur Befugnis zur Auslegung von Verwaltungsakten vgl ua BSG Urteil vom 16.6.2021 - B 5 RE 4/20 R - SozR 4-2600 § 6 Nr 22 RdNr 20 mwN).
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.