Bundessozialgericht

Durfte das Gesundheitsministerium die AOK Bayern zur Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung anweisen?

Ausgabejahr 2018
Nummer 12
Datum 15.03.2018

Darf die Aufsichtsbehörde eine Krankenkasse anweisen, den von einer Schiedsperson festgesetzten Vertrag über die hausärztliche Versorgung ihrer Versicherten durchzuführen, bevor die Rechtmäßigkeit des Vertrages gerichtlich geklärt ist? Über diese Frage wird der 6. Senat des Bundessozialgerichts am 21. März 2018 um 15.00 Uhr mündlich verhandeln und entscheiden (Aktenzeichen B 6 KA 59/17 R).

Seit 2007 sind die Krankenkassen verpflichtet, ihren Versicherten eine spezielle hausärztliche Versorgung anzubieten, die anders gestaltet ist als die reguläre hausärztliche Versorgung über die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV). Zur Umsetzung dieser "hausarztzentrierten Versorgung" im Sinne des § 73b SGB V müssen die Krankenkassen Verträge mit solchen Gemeinschaften von Ärzten schließen, die mindestens die Hälfte der in einem KÄV-Bezirk zugelassenen Hausärzte vertreten. Kommt ein solcher Vertrag nicht zustande, setzt eine neutrale Schiedsperson dessen Inhalt fest.

In Bayern ist im Jahr 2014 ein neuer Vertrag zwischen der klagenden AOK und dem Hausärzteverband, dem die Mehrzahl der bayerischen Hausärzte angehört, nicht zustande gekommen. Deshalb hat eine Schiedsperson den Inhalt des Vertrages festgesetzt. Diesen Schiedsspruch hat die klagende AOK gerichtlich angefochten; eine Entscheidung steht noch aus. Das Gesundheitsministerium des beklagten Freistaats Bayern hat die Klägerin verpflichtet, den Vertrag mit dem von der Schiedsperson festgesetzten Inhalt auch schon vor einer gerichtlichen Entscheidung über dessen Rechtmäßigkeit umzusetzen.

Gegen diese für sofort vollziehbar erklärte aufsichtsrechtliche Verpflichtung wendet sich die klagende AOK. Vor dem Bayerischen Landessozialgericht, das in aufsichtsrechtlichen Streitverfahren als erstinstanzliches Gericht zuständig ist, hat die Klägerin keinen Erfolg gehabt.

Hinweis auf Rechtsvorschriften

§ 73b SGB V (Auszug)

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.
(2)
(3)
(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. […]
(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. […]

§ 89 SGB IV (Auszug)
(1) Wird durch das Handeln oder Unterlassen eines Versicherungsträgers das Recht verletzt, soll die Aufsichtsbehörde zunächst beratend darauf hinwirken, dass der Versicherungsträger die Rechtsverletzung behebt. Kommt der Versicherungsträger dem innerhalb angemessener Frist nicht nach, kann die Aufsichtsbehörde den Versicherungsträger verpflichten, die Rechtsverletzung zu beheben. Die Verpflichtung kann mit den Mitteln des Verwaltungsvollstreckungsrechts durchgesetzt werden, wenn ihre sofortige Vollziehung angeordnet worden oder sie unanfechtbar geworden ist. […]

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