Gesundheitsministerium durfte die AOK Bayern zur Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung anweisen
Ausgabejahr 2018
Nummer 20
Datum 22.03.2018
Die Anordnung, mit der das bayerische Gesundheitsministerium als Aufsichtsbehörde im Jahr 2015 die AOK Bayern zur Umsetzung des von einer Schiedsperson festgesetzten Vertrags mit dem Bayerischen Hausärzteverband über eine hausarztzentrierte Versorgung der AOK-Versicherten verpflichtete, ist rechtmäßig. Das hat der 6. Senat des Bundessozialgerichts gestern entschieden (Aktenzeichen B 6 KA 59/17 R).
Die AOK Bayern verletzte ihre Rechtspflichten, als sie sich mit Beschluss ihres Verwaltungsrats vom 12. Mai 2015 weiterhin weigerte, den von der Schiedsperson im Dezember 2014 für die Zeit ab 1. April 2015 festgesetzten Vertrag zur hausarztzentrierten Versorgung umzusetzen. Die Verpflichtung zur Umsetzung des Vertrags bestand, obwohl die AOK Bayern gegen den Bayerischen Hausärzteverband damals bereits Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Vertrags erhoben hatte. Im Spannungsverhältnis zwischen Aufsichtsmaßnahmen und gerichtlichem Rechtsschutz spricht allerdings viel dafür, dass die Aufsichtsbehörde die Umsetzung eines Vertrags zur hausarztzentrierten Versorgung nicht mehr anordnen darf, sobald im Rechtsstreit zwischen den Vertragsparteien ein Gericht bereits entschieden hat, dass der Vertrag wegen rechtlicher Mängel nicht ausgeführt werden muss. Eine solche Entscheidung war bei Erlass des Aufsichtsbescheids am 28. Mai 2015 aber noch nicht ergangen; die Klägerin hatte einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht erst am 26. Mai 2015 gestellt. Nach den Gesamtumständen war das Ministerium auch unter dem Gesichtspunkt einer maßvollen Ausübung der Rechtsaufsicht nicht verpflichtet, zumindest den erstinstanzlichen Abschluss des Verfahrens abzuwarten. Eine Verletzung des Gewaltenteilungsgrundsatzes oder der Unabhängigkeit der Gerichte lag unter diesen Umständen nicht vor.