Geldentschädigung für den anwaltlich vertretenen Beteiligten eines überlangen Streitwertfestsetzungsverfahrens?
Ausgabejahr 2019
Nummer 57
Datum 05.12.2019
Ist die Streitwertfestsetzung als Voraussetzung der Gebührenabrechnung des Rechtsanwalts auch für dessen Mandanten so bedeutsam, dass diesem bei überlanger Dauer des Streitwertfestsetzungsverfahrens eine Entschädigung in Geld zugebilligt werden muss? Hierüber wird der 10. Senat des Bundessozialgerichts am Donnerstag, 12. Dezember 2019 um 10.00 Uhr mündlich verhandeln und eine Entscheidung verkünden (Aktenzeichen B 10 ÜG 3/19 R).
Der Großvater des Klägers wehrte sich ursprünglich gegen die Rückforderung überzahlter Rentenleistungen in Höhe von 38 525 Euro. Das nach seinem Tod von seiner Ehefrau, der Großmutter des Klägers, fortgeführte Verfahren endete im Berufungsverfahren durch Anerkenntnis des Rentenversicherungsträgers im März 2012. Für die von ihm im Berufungsverfahren vertretene Großmutter beantragte ihr Prozessbevollmächtigter 2012 beim Sozialgericht Kostenfestsetzung und beim Landessozialgericht Festsetzung eines Streitwerts in Höhe von 38 525 Euro. Nachdem das Sozialgericht die anwaltlichen Kosten lediglich auf der Grundlage geringerer Betragsrahmengebühren festgesetzt hatte, vertrat das Landessozialgericht die Auffassung, für eine Festsetzung des Streitwerts bleibe kein Raum mehr. Eine (ablehnende) Entscheidung über den Antrag auf Streitwertfestsetzung traf das Landessozialgericht erst über vier Jahre nach Antragseingang mit Beschluss vom 14. Juli 2016.
Im anschließenden Klageverfahren wegen überlanger Verfahrensdauer hat das Entschädigungsgericht zugunsten des Klägers als Erbe seiner Großmutter eine Verzögerung des Streitwertfestsetzungsverfahrens um 26 Monate festgestellt, die auf Geldentschädigung in Höhe von 2500 Euro gerichtete Klage aber abgewiesen. Für die Großmutter des Klägers sei die Streitwertfestsetzung - anders als für ihren Prozessbevollmächtigten - ohne nennenswerte Bedeutung gewesen.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision.
Hinweis auf Rechtsvorschriften
§ 198 Gerichtsverfassungsgesetz idF des Gesetzes vom 24.11.2011 (BGBl I 2302)
(1) 1Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. 2Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) 1Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. 2Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. 3Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. 4Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) …
(4) 1Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. 2Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. 3Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
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