Bundessozialgericht

Beitragsmittel der Krankenversicherung zur Finanzierung einer Behörde des Bundesgesundheitsministeriums?

Ausgabejahr 2021
Nummer 11
Datum 07.05.2021

Dürfen Krankenkassen durch Gesetz angeordnete Zahlungen an die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung verweigern? Hierüber wird der 1. Senat des Bundessozialgerichts am 18. Mai 2021 um 10.00 Uhr mündlich verhandeln und entscheiden (Aktenzeichen B 1 A 2/20 R).

Durch das Präventionsgesetz wurden 2015 die Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung neu geregelt. Unter anderem erbringen die Krankenkassen danach Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in sogenannten Lebenswelten (zum Beispiel Kindertageseinrichtungen, Schulen, Freizeit-, Senioren- und Pflegeeinrichtungen). Dabei sollen sie von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung unterstützt werden. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ist eine unmittelbar dem Bundesministerium für Gesundheit unterstellte Bundesbehörde. Der GKV-Spitzenverband ist gesetzlich verpflichtet, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit Unterstützungsleistungen im Bereich Prävention zu beauftragen und ihr eine von den Krankenkassen aus Beitragsmitteln aufzubringende pauschale Vergütung zu zahlen. Die Mindesthöhe dieser Vergütung ist gesetzlich festgelegt und unabhängig von den Leistungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zu erbringen. Sie betrug 2016 circa 31,8 und 2019 circa 35 Millionen Euro. Für 2020 wurde die Vergütung wegen der Corona-Pandemie ausgesetzt.

Der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes sperrte den für die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Haushaltsplan für das Jahr 2016 vorgesehenen Betrag. Den entsprechenden Beschluss hob das Bundesministerium für Gesundheit als Aufsichtsbehörde wieder auf. Hiergegen wehrt sich der GKV-Spitzenverband. Er hält die gesetzlichen Regelungen über die verpflichtende Beauftragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung für verfassungswidrig. Das Bundesministerium für Gesundheit sei nicht berechtigt gewesen, den Verwaltungsratsbeschluss selbst aufzuheben. Im Übrigen dürften Beitragsgelder der gesetzlichen Krankenversicherung nicht für die Finanzierung von Bundesbehörden verwendet werden.

Hinweise zur Rechtslage:

§ 20a Abs. 3 und 4 SGB V Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten

(3) Zur Unterstützung der Krankenkassen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten für in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte, insbesondere in Kindertageseinrichtungen, in sonstigen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, in Schulen sowie in den Lebenswelten älterer Menschen und zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der Leistungen beauftragt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ab dem Jahr 2016 insbesondere mit der Entwicklung der Art und der Qualität krankenkassenübergreifender Leistungen, deren Implementierung und deren wissenschaftlicher Evaluation. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt dem Auftrag die nach § 20 Absatz 2 Satz 1 festgelegten Handlungsfelder und Kriterien sowie die in den Rahmenvereinbarungen nach § 20f jeweils getroffenen Festlegungen zugrunde. Im Rahmen des Auftrags nach Satz 1 soll die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung geeignete Kooperationspartner heranziehen. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erhält für die Ausführung des Auftrags nach Satz 1 vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen eine pauschale Vergütung in Höhe von mindestens 0,45 Euro aus dem Betrag, den die Krankenkassen nach § 20 Absatz 6 Satz 2 für Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten aufzuwenden haben. Die Vergütung nach Satz 4 erfolgt quartalsweise und ist am ersten Tag des jeweiligen Quartals zu leisten. Sie ist nach Maßgabe von § 20 Absatz 6 Satz 5 jährlich anzupassen. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung stellt sicher, dass die vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen geleistete Vergütung ausschließlich zur Durchführung des Auftrags nach diesem Absatz eingesetzt wird und dokumentiert dies nach Maßgabe des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen. Abweichend von Satz 4 erhält die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Jahr 2020 keine pauschale Vergütung für die Ausführung des Auftrags nach Satz 1.

(4) Das Nähere über die Beauftragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung nach Absatz 3, insbesondere zum Inhalt und Umfang, zur Qualität und zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit sowie zu den für die Durchführung notwendigen Kosten, vereinbaren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erstmals bis zum 30. November 2015. Kommt die Vereinbarung nicht innerhalb der Frist nach Satz 1 zustande, erbringt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung die Leistungen nach Absatz 3 Satz 1 unter Berücksichtigung der vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen nach § 20 Absatz 2 Satz 1 festgelegten Handlungsfelder und Kriterien sowie unter Beachtung der in den Rahmenvereinbarungen nach § 20f getroffenen Festlegungen und des Wirtschaftlichkeitsgebots nach § 12. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen regelt in seiner Satzung das Verfahren zur Aufbringung der erforderlichen Mittel durch die Krankenkassen. § 89 Absatz 3 bis 5 des Zehnten Buches gilt entsprechend.

 

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