Kinderwunschbehandlung bei gleichgeschlechtlichen Ehepaaren zulasten der Krankenkassen?
Ausgabejahr 2021
Nummer 27
Datum 04.11.2021
Haben gleichgeschlechtliche Ehepaare einen Anspruch gegen die gesetzlichen Krankenkassen auf eine Kinderwunschbehandlung? Darüber wird der 1. Senat des Bundessozialgerichts am 10. November 2021 ab 14.30 Uhr verhandeln und entscheiden (Aktenzeichen: B 1 KR 7/21 R).
Die in gleichgeschlechtlicher Ehe lebende und an einer Fertilitätsstörung leidende Klägerin begehrt von der beklagten Krankenkasse die Erstattung der Kosten einer Kinderwunschbehandlung. Vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht hatte die Klägerin hiermit keinen Erfolg. Die maßgebliche Norm des § 27a Absatz 1 Nummer 4 SGB V verlange, dass ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten zu verwenden seien (sogenannte homologe Insemination). Die von der Klägerin begehrte Behandlung mit Spendersamen (sogenannte heterologe Insemination) sei nicht erfasst. Diese verletzte nicht die Grundrechte der Klägerin.
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision insbesondere die Verletzung des Gleichheitssatzes. Die Regelung benachteilige verfassungswidrig miteinander verheiratete Frauen, die naturgemäß im Rahmen der Kinderwunschbehandlung auf Spendersamen angewiesen seien. Die Norm führe dazu, dass faktisch nur verschieden geschlechtliche Ehepaare eine Kinderwunschbehandlung verlangen könnten. Dies unterlaufe die vom Gesetzgeber gewollte Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Ehe.
Hinweise zur Rechtslage:
§ 27a SGB V Künstliche Befruchtung
1) Die Leistungen der Krankenbehandlung umfassen auch medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft, wenn
1. diese Maßnahmen nach ärztlicher Feststellung erforderlich sind,
2. nach ärztlicher Feststellung hinreichende Aussicht besteht, daß durch die Maßnahmen eine Schwangerschaft herbeigeführt wird; eine hinreichende Aussicht besteht nicht mehr, wenn die Maßnahme drei Mal ohne Erfolg durchgeführt worden ist,
3. die Personen, die diese Maßnahmen in Anspruch nehmen wollen, miteinander verheiratet sind,
4. ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden und
5. sich die Ehegatten vor Durchführung der Maßnahmen von einem Arzt, der die Behandlung nicht selbst durchführt, über eine solche Behandlung unter Berücksichtigung ihrer medizinischen und psychosozialen Gesichtspunkte haben unterrichten lassen und der Arzt sie an einen der Ärzte oder eine der Einrichtungen überwiesen hat, denen eine Genehmigung nach § 121a erteilt worden ist.