Bundessozialgericht

Weg vom Bett ins Homeoffice gesetzlich unfallversichert?

Ausgabejahr 2021
Nummer 35
Datum 02.12.2021

Ist ein Beschäftigter, der auf dem morgendlichen erstmaligen Weg vom Bett ins Homeoffice stürzt, durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt? Mit dieser Frage befasst sich der 2. Senat des Bundessozialgerichts in seiner Sitzung am 8. Dezember 2021 um 11.30 Uhr im Jacob-Grimm-Saal (Aktenzeichen B 2 U 4/21 R).

Der Kläger befand sich auf dem Weg zur Arbeitsaufnahme von seinem Schlafzimmer in das eine Etage tiefer gelegene häusliche Büro. Üblicherweise beginnt er dort unmittelbar zu arbeiten, ohne vorher zu frühstücken. Beim Beschreiten der die Räume verbindenden Wendeltreppe rutschte er aus und brach sich einen Brustwirbel. Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte Leistungen aus Anlass des Unfalls ab. Auf dem Weg von den Privaträumen in den betrieblichen Bereich zum Zwecke der Arbeitsaufnahme beginne der Unfallversicherungsschutz erst mit Erreichen der Betriebsräume. Während das Sozialgericht den erstmaligen morgendlichen Weg vom Bett ins Homeoffice als versicherten Betriebsweg ansah, beurteilte das Landessozialgericht ihn als unversicherte Vorbereitungshandlung, die der eigentlichen Tätigkeit nur vorausgeht.

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII. Nicht zuletzt in Anbetracht der aktuellen Pandemielage arbeiteten viele Menschen von zu Hause aus. Diese dürften hinsichtlich des Schutzes der gesetzlichen Unfallversicherung nicht schlechter stehen, als die Arbeitnehmer im Betrieb. Es müsse sich deshalb beim Weg zur erstmaligen Aufnahme der Tätigkeit im Homeoffice um einen versicherten Betriebsweg handeln.

Hinweis auf Rechtsvorschriften

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung -

§ 8 Arbeitsunfall (idF des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254)

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1. das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,

§ 8 Arbeitsunfall (idF des Gesetzes vom 14. Juni 2021, BGBl. I S. 1762)

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV)

§ 1 Ziel, Anwendungsbereich

(1) Diese Verordnung dient der Sicherheit und dem Schutz der Gesundheit der Beschäftigten beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten.

(4) Für Telearbeitsplätze gelten nur

1. § 3 bei der erstmaligen Beurteilung der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsplatzes,

2. § 6 und der Anhang Nummer 6,

soweit der Arbeitsplatz von dem im Betrieb abweicht. Die in Satz 1 genannten Vorschriften gelten, soweit Anforderungen unter Beachtung der Eigenart von Telearbeitsplätzen auf diese anwendbar sind.

§ 2 Begriffsbestimmungen

(7) Telearbeitsplätze sind vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat. Ein Telearbeitsplatz ist vom Arbeitgeber erst dann eingerichtet, wenn Arbeitgeber und Beschäftigte die Bedingungen der Telearbeit arbeitsvertraglich oder im Rahmen einer Vereinbarung festgelegt haben und die benötigte Ausstattung des Telearbeitsplatzes mit Mobiliar, Arbeitsmitteln einschließlich der Kommunikationseinrichtungen durch den Arbeitgeber oder eine von ihm beauftragte Person im Privatbereich des Beschäftigten bereitgestellt und installiert ist.

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