Bundessozialgericht

Höheres Elterngeld für arbeitslose Frauen wegen beruflicher Einschränkung durch die Schwangerschaft?

Ausgabejahr 2023
Nummer 6
Datum 06.03.2023

Der 10. Senat des Bundessozialgerichts wird sich am 9. März 2023 ab 11.15 Uhr im Elisabeth-Selbert-Saal (Aktenzeichen B 10 EG 1/22 R) mit der Frage befassen, ob Frauen höheres Elterngeld verlangen können, wenn sie arbeitslos waren und ihren bisherigen Beruf schwangerschaftsbedingt nicht mehr wie zuvor ausüben konnten.

Die Klägerin arbeitet seit 2001 als Kameraassistentin insbesondere bei Filmproduktionen. Wie in der Filmbranche üblich, setzt sich ihre Erwerbsbiografie aus einer Vielzahl von befristeten abhängigen Beschäftigungsverhältnissen zusammen, zwischen denen jeweils Zeiten der Arbeitslosigkeit liegen. Das letzte Beschäftigungsverhältnis der Klägerin endete im Juli 2017. Anschließend war sie arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld. Nach Beginn der Arbeitslosigkeit wurde bei ihr eine Schwangerschaft festgestellt. Die auch körperlich anspruchsvolle Beschäftigung als Kameraassistentin konnte die Klägerin aus Gründen des Arbeitsschutzes nach dem Mutterschutzgesetz nicht mehr wie zuvor ausüben. Ihr Antrag, für die Berechnung des Elterngelds deshalb statt der Monate der Arbeitslosigkeit frühere Monate mit Erwerbseinkommen heranzuziehen, blieb ohne Erfolg.

Das Sozialgericht hat die auf Gewährung höheren Elterngelds gerichtete Klage abgewiesen. Die Klägerin sei arbeitslos und nicht krank gewesen. Deshalb scheide eine Verschiebung des Bemessungszeitraums wie bei einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung aus.

Das Landessozialgericht hat den Beklagten zur Neuberechnung des Elterngelds verurteilt. Bei dessen Berechnung müssten auch solche Monate unberücksichtigt bleiben, in denen die Klägerin durch ihre Schwangerschaft an der Wiederaufnahme ihres Berufs gehindert gewesen sei. Dies ergebe sich aus einer analogen Anwendung der gesetzlichen Regelung für den Fall einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung. Dafür spreche auch der verfassungsrechtliche Anspruch von schwangeren Frauen auf Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft.

Mit seiner Revision wendet sich der Beklagte gegen die analoge Anwendung der Regelung für schwangerschaftsbedingte Erkrankungen bei der Klägerin. Die gesetzlich normierten Ausklammerungstatbestände seien abschließend. Auch fehle es an einer Vergleichbarkeit. Die analoge Anwendung würde zu einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand führen. Der Gesetzgeber sei von Verfassungs wegen nicht gehalten, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen.

Hinweise zur Rechtslage:
Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG)
§ 2b Absatz 1 BEEG (idF vom 23.5.2017, BGBl I 1228)
Bemessungszeitraum

Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c vor der Geburt sind die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich. Bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums nach Satz 1 bleiben Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person
1. im Zeitraum nach § 4 Absatz 1 Satz 1 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat,
2. während der Schutzfristen nach § 3 des Mutterschutzgesetzes nicht beschäftigt werden durfte oder Mutterschaftsgeld nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch oder nach dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat,
3. eine Krankheit hatte, die maßgeblich durch eine Schwangerschaft bedingt war, oder
4. Wehrdienst nach dem Wehrpflichtgesetz in der bis zum 31. Mai 2011 geltenden Fassung oder nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes oder Zivildienst nach dem Zivildienstgesetz geleistet hat
und in den Fällen der Nummern 3 und 4 dadurch ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte.

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