Nullfeststellung auch bei gescheiterter Bedarfsgemeinschaft?
Ausgabejahr 2023
Nummer 44
Datum 11.12.2023
Der 7. Senat des Bundessozialgerichts wird in seiner Sitzung am 13. Dezember 2023 um 11:30 Uhr im Elisabeth-Selbert-Saal darüber entscheiden, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine sogenannte „Nullfeststellung“ des Anspruchs auf existenzsichernde Leistungen nach dem SGB II nach Auflösung einer Bedarfsgemeinschaft möglich ist (Aktenzeichen B 7 AS 24/22 R).
Die Kläger, eine Mutter und ihr 2016 geborener Sohn, bildeten eine Bedarfsgemeinschaft, zusammen mit ihrem Ehemann beziehungsweise Vater. Dieser war im Leistungszeitraum von November 2018 bis April 2019 selbstständig erwerbstätig. Das beklagte Jobcenter bewilligte wegen seines Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit nur vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Im Mai 2019 trennten sich die Eheleute. Zur abschließenden Feststellung der Leistungsansprüche forderte der Beklagte ab Mai 2019 die Klägerin beziehungsweise den Ehemann mehrfach erfolglos auf, Unterlagen zum Beleg der Einnahmen aus der selbstständigen Tätigkeit vorzulegen. Im August setzte der Beklagte den Leistungsanspruch im streitigen Zeitraum auch gegenüber den Klägern „auf Null“ fest. Zugleich machte er eine Erstattungsforderung in Höhe von rund 4.300 Euro geltend. Während die Klage vor dem Sozialgericht Erfolg hatte, gab das Landessozialgericht der Berufung des Beklagten statt und wies die Klage ab. Die Kläger seien zutreffend über die Folgen der mangelnden Mitwirkung belehrt worden. Die fehlende Mitwirkung des Ehemanns sei ihnen zuzurechnen, denn zum Zeitpunkt der Erbringung der vorläufigen Leistungen hätte die Bedarfsgemeinschaft noch Bestand gehabt.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger eine Verletzung des § 41a Absatz 3 SGB II. Weder seien sie im Zeitpunkt der Aufforderung Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft mit dem Ehemann und Vater, noch tatsächlich in der Lage gewesen, Unterlagen, die sich auf dessen selbstständige Tätigkeit bezogen hätten, vorzulegen.
Hinweise zur Rechtslage:
Zweites Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende
§ 41a Vorläufige Entscheidung (in der Fassung des Gesetzes vom 26.7.2016, BGBl. I S. 1824 mWv 1.8.2016)
(1) 1Über die Erbringung von Geld- und Sachleistungen ist vorläufig zu entscheiden, wenn
1. …
2. ein Anspruch auf Geld- und Sachleistungen dem Grunde nach besteht und zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist.
2Besteht eine Bedarfsgemeinschaft aus mehreren Personen, ist unter den Voraussetzungen des Satzes 1 über den Leistungsanspruch aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft vorläufig zu entscheiden.
(3) 1Die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheiden abschließend über den monatlichen Leistungsanspruch, sofern die vorläufig bewilligte Leistung nicht der abschließend festzustellenden entspricht oder die leistungsberechtigte Person eine abschließende Entscheidung beantragt. 2Die leistungsberechtigte Person und die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen sind nach Ablauf des Bewilligungszeitraums verpflichtet, die von den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende zum Erlass einer abschließenden Entscheidung geforderten leistungserheblichen Tatsachen nachzuweisen; die §§ 60, 61, 65 und 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. 3Kommen die leistungsberechtigte Person oder die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen ihrer Nachweis- oder Auskunftspflicht bis zur abschließenden Entscheidung nicht, nicht vollständig oder trotz angemessener Fristsetzung und schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen nicht fristgemäß nach, setzen die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende den Leistungsanspruch für diejenigen Kalendermonate nur in der Höhe abschließend fest, in welcher seine Voraussetzungen ganz oder teilweise nachgewiesen wurden. 4Für die übrigen Kalendermonate wird festgestellt, dass ein Leistungsanspruch nicht bestand.
…
(5) 1Ergeht innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Bewilligungszeitraums keine abschließende Entscheidung nach Absatz 3, gelten die vorläufig bewilligten Leistungen als abschließend festgesetzt.