Bundessozialgericht

Festakt zum Amtswechsel am Bundessozialgericht

Ausgabejahr 2024
Nummer 4
Datum 14.02.2024

Mit rund 500 geladenen Gästen verabschiedete der Bundesminister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil am 13. Februar 2024 im Rahmen eines Festakts im Kongress Palais der Stadt Kassel den Präsidenten des Bundessozialgerichts Prof. Dr. Rainer Schlegel in den Ruhestand und begrüßte seine Nachfolgerin, die Präsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts Dr. Christine Fuchsloch. Sie wird das Amt zum 1. März 2024 übernehmen. Mit ihr steht zum ersten Mal eine Frau an der Spitze des Bundessozialgerichts.

von links nach rechts: Rainer Schlegel, Hubertus Heil, Christine Fuchsloch von links nach rechts: Rainer Schlegel, Hubertus Heil, Christine Fuchsloch

Nach der Begrüßung durch den Vizepräsidenten des Bundessozialgerichts Andreas Heinz würdigte der Bundesminister den scheidenden Präsidenten. „Prof. Dr. Rainer Schlegel hat sich als Präsident des Bundessozialgerichts um unser Land, unsere Demokratie und unseren Sozialstaat verdient gemacht. Dafür danke ich ihm nicht nur im Namen der Bundesregierung, sondern auch persönlich. Das Bundessozialgericht ist seit 70 Jahren ein verlässlicher Pfeiler unseres sozialen Rechtsstaates. Seine Urteile betreffen Millionen von Menschen. Rainer Schlegel hat in seiner Amtszeit als Präsident diese Aufgabe in hervorragender Weise und meinungsstark ausgeübt.“ Zugleich betonte er: „Mit Dr. Christine Fuchsloch folgt ihm nun eine Präsidentin nach, die alle Kompetenzen und Fähigkeiten mitbringt, um dieses verantwortungsvolle Amt auszuüben. Ich bin mir sicher, dass unter ihrer Leitung das Bundessozialgericht weiterhin seinen Beitrag dafür leisten wird, dass Rechtssicherheit und sozialer Frieden in Deutschland gewahrt bleiben.“

Neben der Vorsitzenden des Richterrats beim Bundessozialgericht Prof. Dr. Ursula Waßer und der Vorsitzenden des Personalrats Susanne Pfitzenmeier richteten auch Dr. Sven Schoeller, Oberbürgermeister der Stadt Kassel sowie Christian Heinz, Hessischer Minister der Justiz und für den Rechtsstaat, Grußworte an die Anwesenden. Es dürfe, so Minister Heinz, nicht aus dem Blick geraten, dass ein Sozialstaat ohne qualifizierte Mitarbeitende und deren effizienten Einsatz nicht funktioniere. Dies gelte gleichermaßen für die Justiz.

In seiner Abschiedsrede betonte Schlegel: „Der Sozialstaat zieht seine Kraft aus der Mitte der Gesellschaft. Diese finanziert ihn durch Beiträge und Steuern, was nicht aus dem Blick geraten darf. Notwendige Veränderungen müssen plausibel gemacht, gut erklärt und von einer breiten politischen Mehrheit getragen werden. Mut entsteht aus Optimismus, nicht aus Angst.“ Eine wichtige Rolle für die Akzeptanz des Rechts- und Sozialstaats komme dabei den Richterinnen und Richtern der Sozialgerichtsbarkeit zu. Zugleich drückte er sein Bedauern darüber aus, dass die Sozialrechtswissenschaft in der universitären Ausbildung immer stärker an Bedeutung verliere. Auf sein Lebenswerk rückblickend schloss Schlegel: „Ich habe mein Amt als Richter und auch meine Aufgabe als Präsident des Bundessozialgerichts mit großer Freude und zugleich mit Demut ausgeübt. Mein Dank gilt Allen, die mich auf diesem Weg begleitet und unterstützt haben.“

Fuchsloch griff in ihrer Antrittsrede die geplante Einführung einer Kindergrundsicherung auf. „Bei der Kindergrundsicherung geht es um ein absolut wichtiges Ziel: die Chancengleichheit von Kindern. Die bisherigen Pläne führen im Ergebnis jedoch zu enorm komplizierten Verwaltungsstrukturen mit Schnittstellen zwischen Jobcenter, Familienkasse und Wohngeldstelle. Auch ein geteilter Rechtsweg für Leistungen der Kindergrundsicherung sowohl zu den Finanz- als auch zu den Sozialgerichten ist abzulehnen. Die Zuständigkeit für die Kindergrundsicherung ist in der Sozialgerichtsbarkeit richtig aufgehoben.“ Zugleich warnte sie vor einem leichtfertigen Umgang mit den Systemen Künstlicher Intelligenz. „Meine Überzeugung ist: Künstliche Intelligenz braucht menschliche Intelligenz, um klug und gemeinwohlorientiert eingesetzt zu werden“, so Fuchsloch. An diesem Punkt habe die Diskussion gerade erst begonnen.

Umrahmt wurde der Festakt durch das Heeresmusikkorps Kassel.

Prof. Dr. Rainer Schlegel ist 1958 geboren und in Albstadt (Baden-Württemberg) aufgewachsen. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Eberhard-Karls Universität Tübingen, wo er 1989 auch promoviert wurde, begann Schlegel nach dem juristischen Vorbereitungsdienst seine richterliche Laufbahn im April 1987 am Sozialgericht Stuttgart. Von Januar 1991 bis Dezember 1992 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Bundessozialgericht und, nach seiner Ernennung zum Richter am Landessozialgericht, von Juli 1994 bis Dezember 1996 an das Bundesverfassungsgericht abgeordnet.

Im Januar 1997 wurde Schlegel zum Richter am Bundessozialgericht ernannt. Seine Ernennung zum Vorsitzenden Richter erfolgte im August 2008. Im April 2010 wechselte er als Leiter der Abteilung III (Arbeitsrecht und Arbeitsschutz) in das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Nach seiner Rückkehr an das Bundessozialgericht im Januar 2014 wurde Schlegel im Juli 2014 zum Vizepräsidenten des Bundessozialgerichts und im Oktober 2016 zum Präsidenten des Bundessozialgerichts ernannt.

In seiner Zeit am Bundessozialgericht war Prof. Dr. Schlegel in unterschiedlichsten Rechtsgebieten tätig. Als Präsident des Bundessozialgerichts leitete er zunächst den für das Kranken- und Pflegeversicherungsrecht zuständigen 3. Senat, ab Januar 2017 drei Jahre den für das Beitragsrecht zuständigen 12. Senat und seit Januar 2020 den für das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung zuständigen 1. Senat des Bundessozialgerichts.

Sein breites wissenschaftliches Interesse an arbeits- und sozialrechtlichen Fragestellungen kommt insbesondere durch Veröffentlichungen, Vorträge, Interviews und Stellungnahmen zu den Grundlagen des Sozialrechts, dem Solidaritätsgedanken in der Sozialversicherung unter besonderer Berücksichtigung deren wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen, nicht zuletzt auch in der Corona-Pandemie, zum Ausdruck. Über sozialrechtliche Fragestellungen hinaus wurde Schlegel der breiten Öffentlichkeit zudem als Schlichter in der Baubranche und Vorsitzender der Kommission „Rechtssicherheit in der Betriebsratsvergütung“ bekannt. Er ist außerdem Mitherausgeber zahlreicher sozialrechtlicher Kommentare und Zeitschriften und seit 2002 beziehungsweise 2005 Honorarprofessor der Universitäten Kassel und Gießen.

Schlegel war zudem von 2009 bis 2017 Vorsitzender des Vorstands des Deutschen Sozialrechtsverbandes. Seit 2016 ist er Mitglied der ständigen Deputation des Deutschen Juristentags.

Prof. Dr. Schlegel ist verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne. Er lebt in Berlin und Albstadt.

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