Stationäre Einrichtungen der Psychiatrie und Psychosomatik müssen Personaluntergrenzen einhalten
Ausgabejahr 2024
Nummer 37
Datum 20.12.2024
Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss erlassene „Richtlinie über die Ausstattung der stationären Einrichtungen der Psychiatrie und Psychosomatik mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal gemäß § 136a Absatz 2 Satz 1 SGB V (Richtlinie zur Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik)“ ist rechtmäßig. Die ab 2026 vorgesehenen Vergütungseinbußen für den Fall, dass stationäre Einrichtungen der Psychiatrie und Psychosomatik bis dahin nicht mit dem festgesetzten Mindest-personal ausgestattet sind, sind aufgrund ihrer moderaten Höhe und der langen Übergangsfristen für den Personalaufbau verhältnismäßig. Dies hat der 1. Senat des Bundessozialgerichts in seiner Sitzung am 19. Dezember 2024 entschieden (Aktenzeichen B 1 KR 16/23 R, B 1 KR 17/23 R, B 1 KR 19/23 R, B 1 KR 26/23 R).
Der Gemeinsame Bundesausschuss ist ermächtigt, in der Richtlinie zur Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik zwingende Mindestvorgaben für die Ausstattung der stationären Einrichtungen mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal festzusetzen. Das umfasst auch das Pflegefachpersonal. Nachdem der Gemeinsame Bundesausschuss keine evidenzbasierten Anhaltspunkte für die erforderliche Personalausstattung in der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung ermitteln konnte, durfte er die Anhaltszahlen der Psychiatrie-Personalverordnung als Mindestvorgaben für die Einrichtungen der Psychiatrie festsetzen. Das gilt auch für den Rückgriff auf die in der Praxis seit längerer Zeit angewandten Erfahrungswerte zur Festsetzung der Mindestvorgaben für Einrichtungen der Psychosomatik. Die so festgesetzten Mindestvorgaben durfte der Gemeinsame Bundesausschuss anpassen, soweit eine hinreichend plausible Grundlage für deren Erhöhung feststellbar war. Dieses schrittweise Vorgehen des Gemeinsamen Bundesausschusses entspricht der gesetzlichen Vorgabe, dass die Mindestpersonalvorgaben „möglichst evidenzbasiert“ sein sollen und trägt den Schwierigkeiten der Ermittlung von Evidenz auf diesem Feld Rechnung. Der Gemeinsame Bundesausschuss durfte in der Richtlinie zur Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik schließlich auch die Nichteinhaltung der Personaluntergrenzen sowie die Verletzung von Nachweispflichten der Einrichtungen durch den ab 2026 vorgesehenen partiellen Vergütungswegfall sanktionieren.
Hinweise zur Rechtslage:
§ 136a SGB V Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Qualitätssicherung in ausgewählten Bereichen (in der Fassung des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes vom 5. Dezember 2024)
(1) ….
(2) 1Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in seinen Richtlinien nach § 136 Absatz 1 geeignete Maßnahmen zur Sicherung der Qualität in der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung fest. 2Dazu bestimmt er insbesondere verbindliche Mindestvorgaben für die Ausstattung der stationären Einrichtungen mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal sowie Indikatoren zur Beurteilung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität für die einrichtungs- und sektorenübergreifende Qualitätssicherung in der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung. 3Die Mindestvorgaben zur Personalausstattung nach Satz 2 sollen möglichst evidenzbasiert sein und zu einer leitliniengerechten Behandlung beitragen. 4Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt zu den Mindestvorgaben zur Personalausstattung nach Satz 2 notwendige Ausnahmetatbestände und Übergangsregelungen. 5Den betroffenen medizinischen Fachgesellschaften ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. 6Die Stellungnahmen sind durch den Gemeinsamen Bundesauschuss in die Entscheidung einzubeziehen. 7Bei Festlegungen nach den Sätzen 1 und 2 für die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung hat er die Besonderheiten zu berücksichtigen, die sich insbesondere aus den altersabhängigen Anforderungen an die Versorgung von Kindern und Jugendlichen ergeben. 8Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die verbindlichen Mindestvorgaben und Indikatoren nach Satz 2 erstmals bis spätestens zum 30. September 2019 mit Wirkung zum 1. Januar 2020 zu beschließen. 9Der Gemeinsame Bundesausschuss hat als notwendige Anpassung der Mindestvorgaben erstmals bis zum
30. September 2021 mit Wirkung zum 1. Januar 2022 sicherzustellen, dass die Psychotherapie entsprechend ihrer Bedeutung in der Versorgung psychisch und psychosomatisch Erkrankter durch Mindestvorgaben für die Zahl der vorzuhaltenden Psychotherapeuten abgebildet wird. 10Informationen über die Umsetzung der verbindlichen Mindestvorgaben zur Ausstattung mit therapeutischem Personal und die nach der Einführung mit den Indikatoren nach Satz 2 gemessenen und für eine Veröffentlichung geeigneten Ergebnisse sind in den Qualitätsberichten nach § 136b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 darzustellen.
(3)….
§ 137 SGB V Durchsetzung und Prüfung der Qualitätsanforderungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (in der Fassung des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes vom 5. Dezember 2024)
(1) 1Der Gemeinsame Bundesausschuss hat zur Förderung der Qualität ein gestuftes System von Folgen der Nichteinhaltung von Qualitätsanforderungen nach den §§ 136 bis 136c festzulegen. 2Er ist ermächtigt, neben Maßnahmen zur Beratung und Unterstützung bei der Qualitätsverbesserung je nach Art und Schwere von Verstößen gegen wesentliche Qualitätsanforderungen angemessene Durchsetzungsmaßnahmen vorzusehen. 3Solche Maßnahmen können insbesondere sein
1. Vergütungsabschläge,
2. der Wegfall des Vergütungsanspruchs für Leistungen, bei denen Mindestanforderungen nach § 136 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 nicht erfüllt sind,
3. die Information Dritter über die Verstöße,
4. die einrichtungsbezogene Veröffentlichung von Informationen zur Nichteinhaltung von Qualitätsanforderungen.
4Die Maßnahmen sind verhältnismäßig zu gestalten und anzuwenden. 5Der Gemeinsame Bundesausschuss trifft die Festlegungen nach den Sätzen 1 bis 4 und zu den Stellen, denen die Durchsetzung der Maßnahmen obliegt, in grundsätzlicher Weise in einer Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 13. 6Die Festlegungen nach Satz 5 sind vom Gemeinsamen Bundesausschuss in einzelnen Richtlinien und Beschlüssen jeweils für die in ihnen geregelten Qualitätsanforderungen zu konkretisieren. 7Bei wiederholten oder besonders schwerwiegenden Verstößen kann er von dem nach Satz 1 vorgegebenen gestuften Verfahren abweichen.
(2)…
Richtlinie
Die aktuelle Fassung der Richtlinie über die Ausstattung der stationären Einrichtungen der Psychiatrie und Psychosomatik mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal gemäß § 136a Absatz 2 Satz 1 SGB V (Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie – PPP-RL) sowie die älteren Fassungen und die zum 1. Januar 2025 in Kraft tretende Fassung einschließlich der Anlagen und der jeweiligen tragenden Gründe finden sich zum Beispiel unter: https://www.g-ba.de/richtlinien/113/