Bundessozialgericht

Verhandlung B 13 R 17/15 R

Verhandlungstermin 21.03.2018 10:00 Uhr

Terminvorschau

Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz ./. Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft
Im Streit steht, ob die beklagte Bau-BG als "zuständiger Träger der Versorgungslast" dem klagenden RV-Träger dessen Aufwendungen aufgrund von Rentenanwartschaften, die im Rahmen eines Versorgungsausgleichs durch das Familiengericht (FamG) begründet worden sind, zu erstatten hat.

Im September 2008 wurde die Ehe der früheren Eheleute M. geschieden und der Versorgungsausgleich geregelt. Dabei begründete das FamG zugunsten des bei dem RV-Träger geführten Versicherungskontos der Ehefrau Rentenanwartschaften "zu Lasten der Versorgung des Ehemannes bei der BG Bau". Von dieser bezog der Ehemann eine Verletztenrente. Die Entscheidung über den Versorgungsausgleich wurde den hier Beteiligten zugestellt und rechtskräftig. Einen späteren Antrag der Bau-BG auf Berichtigung der Entscheidung des FamG wies dieses zurück. Die Ehefrau bezieht seit November 2008 von der Klägerin eine Regelaltersrente unter Berücksichtigung der durch das familiengerichtliche Urteil begründeten Rentenanwartschaften. Ihrem früheren Ehemann wird die Verletztenrente seitens der Beklagten in vollem Umfang gezahlt.

Die Klägerin fordert von der Beklagten schlussendlich die Erstattung der ihr im Zeitraum von November 2008 bis Dezember 2010 entstandenen Aufwendungen durch an die Ehefrau geleistete Rentenzahlungen, soweit sie auf dem Versorgungsausgleich "zu Lasten der Versorgung des Ehemannes bei der BG Bau" beruhen. Die Beklagte lehnte dies ab. Auch vor dem SG und dem LSG ist der RV-Träger mit seinem Erstattungsbegehren gegen die Beklagte erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt, die Verletztenrente sei als Leistung mit Entschädigungscharakter dem Versorgungsausgleich nicht zugänglich. Die Beklagte sei kein "Träger der Versorgungslast" iS des § 225 Abs 1 S 1 SGB VI. Dies gelte auch dann, wenn sie durch eine falsche rechtskräftige Entscheidung des FamG in den Versorgungsausgleich einbezogen worden sei. Die materielle Rechtskraft der familiengerichtlichen Entscheidung regele allein Inhalt und Umfang des Versorgungsausgleichs, bestimme jedoch nicht den "zuständigen Träger der Versorgungslast" iS des Rentenversicherungsrechts.

Mit seiner Revision rügt der RV-Träger eine Verletzung von § 225 Abs 1 S 1 SGB VI.

Sozialgericht Speyer - S 8 U 213/09
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz - L 4 U 71/13

Terminbericht

Der klagende RV-Träger war mit seiner Revision erfolgreich. Er hat - auf Grundlage von § 225 Abs 1 S 1 SGB VI - einen Erstattungsanspruch in Höhe von 6031,42 Euro gegen den beklagten UV-Träger.

Danach werden die Aufwendungen des RV-Trägers aufgrund von Rentenanwartschaften, die durch Entscheidung des Familiengerichts begründet worden sind, von dem zuständigen Träger der Versorgungslast erstattet. Diese Voraussetzungen sind hier zu Lasten der Beklagten gegeben.

Durch rechtskräftiges Urteil des FamG sind Rentenanwartschaften für die geschiedene Ehefrau bei der Klägerin begründet worden. Die Entscheidung des FamG wirkt unmittelbar rechtsgestaltend. Dem steht nicht entgegen, dass der vom FamG in den Versorgungsausgleich einbezogene Verletztenrentenanspruch als Leistung mit Entschädigungscharakter kein ausgleichsfähiges Anrecht ist. Denn die materielle Rechtswidrigkeit der familiengerichtlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich ist für die Frage der Bindungswirkung des Urteils unerheblich.

Aufgrund der vom FamG begründeten Rentenanwartschaften "zu Lasten der Versorgung des Ehemannes" bei dem UV-Träger sind dem RV-Träger auch Aufwendungen entstanden. Die Ehefrau bezieht seit November 2008 von der Klägerin eine Regelaltersrente unter Berücksichtigung dieser Rentenanwartschaften. Ohne diese wären die Aufwendungen der Klägerin für die ausgleichsberechtigte Ehefrau zumindest niedriger gewesen.

Ebenso ist die Beklagte insoweit zuständiger Träger der Versorgungslast des RV-Trägers gemäß § 225 Abs 1 S 1 SGB VI. Zwar entscheidet das FamG nicht unmittelbar darüber, wer der zuständige Träger der Versorgungslast iS dieser Vorschrift ist. Da durch die Entscheidung des FamG jedoch bestimmt wird, zu Lasten welcher Anwartschaften oder Aussichten auf eine auszugleichende Versorgung des ausgleichspflichtigen Ehegatten der Ausgleich durch Begründung von Rentenanwartschaften - also der Versorgungsausgleich - erfolgt, ist der Träger der auszugleichenden Versorgung auch der "zuständige Träger der Versorgungslast".

Den zuständigen Träger der Versorgungslast trifft die Ausgleichspflicht nach § 225 Abs 1 S 1 SGB VI. Sie setzt nicht voraus, dass der Ausgleichsverpflichtete tatsächlich Träger eines ausgleichsfähigen Versorgungsanrechts ist. Hierfür spricht insbesondere der Sinn und Zweck der Vorschrift. Sie soll dem RV-Träger eine kostenneutrale Durchführung des Versorgungsausgleichs ermöglichen, also verhindern, dass die Versichertengemeinschaft mit den Scheidungsfolgen belastet wird. Diese haben allein die geschiedenen Eheleute zu tragen. Um eine Ausgleichsmöglichkeit auch beim (analogen) Quasi-Splitting zu gewährleisten, bei dem der begründeten Versorgung keine Vorleistungen des Ausgleichsverpflichteten beim RV-Träger gegenüberstehen, erfolgt der Ausgleich über die Erstattungspflicht des zuständigen Trägers, hier der Beklagten.

Hieran ändert es nichts, wenn die Ausgleichsverpflichtung materiell rechtswidrig ist. Denn auch dann steht dem auf Seiten des Ausgleichsberechtigten erworbenen Anrecht keine Vorleistung des Ausgleichsverpflichteten in der GRV gegenüber. Insoweit folgt nicht nur das Leistungsrisiko des RV-Trägers der Entscheidung des FamG sondern auch der Erstattungsanspruch.

Da die Beklagte von der Möglichkeit der Beschwerde gegen die (materiell rechtswidrige) Entscheidung des FamG über den Versorgungsausgleich keinen Gebrauch gemacht hat, muss sie die rechtsgestaltende Wirkung dieser rechtskräftigen Entscheidung auch gegen sich gelten lassen.

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