Bundessozialgericht

Verhandlung B 13 R 35/17 R

Verhandlungstermin 12.03.2019 10:00 Uhr

Terminvorschau

1. M.T. K., 2. C. S. ./. Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz
Im Streit steht, ob eine Urlaubsabgeltung auf eine unbefristete volle Rente wegen Erwerbsminderung als Hinzuverdienst anzurechnen ist.

Die Klägerinnen sind die Rechtsnachfolgerinnen des im April 2017 verstorbenen Versicherten. Er war seit März 2007 arbeitsunfähig erkrankt. Der beklagte RV-Träger bewilligte dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Oktober 2007, zunächst befristet bis 30. Juni 2009 und im Anschluss daran auf Dauer. Im November 2010 wurde das Arbeitsverhältnis des Versicherten beendet. Rund 10 Monate später (September 2011) schlossen der Versicherte und sein ehemaliger Arbeitgeber einen Vergleich vor dem Arbeitsgericht. In diesem verpflichtete sich der ehemalige Arbeitgeber einen Betrag von 5.104,00 EUR brutto als Urlaubsabgeltung zum Ausgleich sämtlicher Urlaubsansprüche des Versicherten aus dem Arbeitsverhältnis, das von 1981 bis November 2010 Bestand hatte, an den Versicherten zu zahlen.

Nach Anhörung hob der beklagte RV-Träger die Rentenbewilligung für den Monat Oktober 2011 wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse iS des § 48 SGB X vollständig auf und forderte einen Betrag in Höhe von 1.138,46 EUR von dem Versicherten zurück. Die einmalig im Oktober 2011 gezahlte Urlaubsabgeltung aufgrund des Vergleichs sei als Hinzuverdienst gemäß § 96a Abs 1 SGB VI zu berücksichtigen.

Das SG hat der Anfechtungsklage des Versicherten stattgegeben und den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid aufgehoben. Auch im Berufungsverfahren ist der beklagte RV-Träger erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt, zwar handele es sich bei der Urlaubsabgeltung um Arbeitsentgelt iS des § 96a SGB VI iVm § 14 SGB IV. Es stamme jedoch nicht aus einer Beschäftigung iS von § 96a SGB VI während des Rentenbezuges. Das Beschäftigungsverhältnis habe wegen der Arbeitsunfähigkeit faktisch geruht. Zumindest ab dem Zeitpunkt des Rentenbeginns mangele es an einer Tätigkeit nach Weisungen des Arbeitgebers und einer Eingliederung in dessen Arbeitsorganisation.

Mit seiner Revision rügt der beklagte RV-Träger eine Verletzung des § 96a SGB VI aF.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Koblenz - S 10 R 767/13/, 17.07.2015
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz - L 2 R 319/15, 06.11.2017

Terminbericht

Der beklagte RV-Träger konnte mit seiner Revision nicht durchdringen. Das LSG hat die Aufhebung des streitgegenständlichen Aufhebungs- und Erstattungsbescheids durch das SG im Ergebnis zu Recht bestätigt. Zwar handelt es sich bei der Urlaubsabgeltung hier um einen Hinzuverdienst aus einem während des Rentenbezugs noch laufenden Beschäftigungsverhältnis. Der RV-Träger war jedoch nicht berechtigt, die dem Versicherten von seinem ehemaligen Arbeitgeber gezahlte Urlaubsabgeltung als Hinzuverdienst iS des § 96a Abs 1 SGB VI aF im Monat Oktober 2011 anzurechnen. In diesem Monat ist die für eine Aufhebung nach § 48 SGB X erforderliche wesentliche Änderung der Verhältnisse nicht eingetreten.

Der Zeitpunkt des Eintritts der wesentlichen Änderung wird nach § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 und S 3 SGB X iVm § 96a Abs 1 S 2 aF und § 100 Abs 1 SGB VI aF bestimmt. Danach ist die Urlaubsabgeltung auf die Rente grundsätzlich in dem Monat anzurechnen, in dem der Anspruch auf die Urlaubsabgeltung entsteht. Dies gilt sowohl für den gesetzlichen Mindesturlaub als auch für den darüber hinausgehenden arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich vereinbarten Mehrurlaub. Der erkennende Senat folgt insoweit dem 5. Senat in seiner Entscheidung vom 26. April 2018 (B 5 R 26/16 R). Der Monat Oktober 2011, in dem die Urlaubsabgeltung zugeflossen und die Beklagte die Anrechnung vorgenommen hat, kann unter keinem rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkt der Monat der Entstehung des Urlaubsabgeltungsanspruchs im konkreten Fall sein.

Der Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs entsteht nach § 7 Abs 4 BUrlG zwingend mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses; hier also am 15. November 2010. Diese Regelung steht nicht zur Disposition der Beteiligten.

Zwar mangelt es an Feststellungen des LSG zur Abgeltung eines etwaigen Mehrurlaubsanspruchs. Der Senat sah sich gleichwohl nicht daran gehindert eine endgültige Entscheidung in der Sache zu treffen. Denn jedenfalls stellt der Vergleichsschluss am 6. September 2011 den spätesten in Betracht zu ziehenden Zeitpunkt der Entstehung eines Anspruchs auf Abgeltung des Mehrurlaubs dar. Damit wäre der Anspruch auf diesen Hinzuverdienst ebenfalls vor dem von der Beklagten angenommenen Monat der wesentlichen Änderung der Verhältnisse, also vor Oktober 2011, entstanden.

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