Bundessozialgericht

Verhandlung B 3 KR 22/17 R

Verhandlungstermin 28.03.2019 10:30 Uhr

Terminvorschau

T. ./. AOK Rheinland/Hamburg - Die Gesundheitskasse
Dem bei der beklagten Krankenkasse versicherten Kläger wurde während des Bezugs von Arbeitslosengeld (Alg) ab 4.5.2010 Arbeitsunfähigkeit (AU) ärztlich attestiert. Am 6.6.2010 bestätigte er die Kenntnisnahme eines schriftlichen Hinweises der Beklagten über die Erfordernisse für eine mitgliedschaftserhaltende Wirkung des Bezugs von Krankengeld (Krg). Nachdem die Bundesagentur für Arbeit die zunächst erfolgte Alg-Bewilligung wegen Ende der Leistungsfortzahlung ab 15.6.2010 aufgehoben hatte, bezog der Kläger von diesem Tag an von der Beklagten Krg. Am 14.6. erhielt er eine ärztliche Folgebescheinigung über eine bis 30.6.2010 fortbestehende AU. Erst am 1.7.2010 suchte er den Arzt erneut auf und erhielt eine weitere AU-Bescheinigung für die Zeit bis 16.7.2010. Die Beklagte beschied den Kläger dahin, dass sein Krg-Bezug am 30.6.2010 geendet habe, da die AU nicht spätestens an diesem Tag ärztlich festgestellt worden sei; die für Alg-Bezieher geltende Sonderregelung des § 47b Abs 1 S 2 SGB V, nach der diese Krg schon vom ersten Tag ihrer AU an beanspruchen könnten, blieb ohne Erfolg. Für die Zeit vom 1.7.2010 bis 21.7.2010 zahlte die Beklagte dem Kläger mit Blick auf § 19 Abs 2 SGB V Krg bis zum Beginn von SGB II-Grundsicherungsleistungen nach.

Das gegen die Beendigung des Krg-Bezugs am 30.6.2010 angerufene SG hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger am 1.7.2010 nicht mehr als Alg-Bezieher in der GKV pflichtversichert gewesen und diese Mitgliedschaft nicht nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V erhalten geblieben sei, da an diesem Tag keine Versicherung mit Anspruch auf Krg mehr bestanden habe. Für die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft sei es wegen § 46 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB V aF erforderlich gewesen, sich die AU spätestens am 30.6.2010 ärztlich bescheinigen zu lassen.

Das LSG hat die Berufung des Klägers - auf die Gründe des SG-Urteils verweisend und die Begründung vertiefend - zurückgewiesen. Auch während des Alg-Bezugs handele es sich (wie im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses) um eine Mitgliedschaft als Pflichtversicherter, welche zur Erlangung von Krg-Ansprüchen lückenlos bestehen müsse. Hier sei aber wegen der Aufhebung der Alg-Bewilligung zum 15.6.2010 und der nur bis 30.6.2010 bescheinigt gewesenen AU eine Unterbrechung des Krg-Bezugs eingetreten, weil der Kläger seinen Arzt erst am 1.7.2010 erneut aufgesucht habe.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 47b Abs 1 S 2 SGB V. Er ist der Ansicht, dass für das Fortbestehen des Krg-Anspruchs die erneute AU-Feststellung am 1.7.2010 rechtzeitig gewesen sei. Die Regelung sei als spezielle Vorschrift für Alg-Bezieher, bei denen der Krg-Anspruch am Tag der ärztlichen AU-Feststellung entstehe, nicht nur für das erstmalige Entstehen des Krg-Anspruchs maßgebend, sondern auch für dessen Fortbestehen.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Rostock - S 1 KR 95/10, 02.07.2015
Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern - L 6 KR 90/15, 09.03.2017

Terminbericht

Die Revision des Klägers blieb erfolglos. Für die Aufrechterhaltung seines Krg-Anspruchs ab 1.7.2010 musste die AU bei Ablauf eines jeden Krg-Bewilligungsabschnitts erneut ärztlich festgestellt werden (stRspr, vgl zB BSG SozR 4-2500 § 192 Nr 6). Der für den Krg-Anspruch hier nötige lückenlose Versicherungsschutz vom 1.7.2010 an bis 10.9.2010 fehlte jedoch, weil für den Kläger zuletzt vor dem streitigen Zeitraum eine ärztliche AU-Feststellung (nur) bis 30.6.2010 erfolgte und er auch nur bis dahin Krg bezog. Nach § 46 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB V (in der bis 22.7.2015 geltenden Fassung) konnte die Folgefeststellung der AU am 1.7.2010 die Krg-Gewährung dann erst wieder frühestens vom Folgetag an, dem 2.7.2010, auslösen, an dem er aber kein Versicherter mehr war. Nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V bleibt die Mitgliedschaft nämlich nur aufrecht erhalten, solange Anspruch auf Krg besteht. Die für Alg-Bezieher des SGB III nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V geltende Regelung des § 47b Abs 1 S 2 SGB V (Krg-Beginn ab dem Tag der AU-Feststellung) greift vorliegend nicht. Der Kläger gehörte nämlich ab 15.6.2010 gar nicht mehr zu diesem Personenkreis, weil seine Alg-Bewilligung schon ab diesem Zeitpunkt aufgehoben war und er anschließend bis 30.6.2010 nur noch Krg erhielt. Die Mitgliedschaft bestand nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V aber wegen der aus der AU-Feststellung erst am 1.7.2010 folgenden Krg-Lücke schon an diesem Tag nicht mehr. Die Fortgeltung sämtlicher Wirkungen im Zusammenhang mit der ursprünglich bestehenden Pflichtmitgliedschaft (hier: vorangegangener Alg-Bezug nach § 5 Abs 1 Nr 2 iVm § 47b Abs 1 S 2 SGB V) ordnet das Gesetz nicht an. Der Kläger war zudem durch ein Schreiben der Beklagten über die Rechtslage informiert. Sie zahlte ihm zu Recht auch nur bis 21.7.2010 (und nicht für einen vollen Monat ab 1.7.2010) mit Blick auf § 19 Abs 2 S 1 SGB V wegen beendeter Mitgliedschaft Krg nach, weil aus einem Alg II-Bezug ab 22.7.2010 ein vorrangiger eigenständiger Krankenversicherungsschutz folgte (vgl § 5 Abs 1 Nr 2a SGB V).

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