Bundessozialgericht

Verhandlung B 3 KS 1/18 R

Verhandlungstermin 28.03.2019 09:30 Uhr

Terminvorschau

Literarische Agentur D. ./. Künstlersozialkasse
Im Streit steht die Abgabepflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens.

Die Klägerin betreibt eine Literarische Agentur in Köln. Sie vermittelt literarische Werke von Autoren aus der Russischen Föderation, Weißrussland und der Ukraine, indem sie die - in die englische Sprache - übersetzten Exposés bzw Manuskripte nach eigener Auswahl Verlagen in Deutschland und im Ausland anbietet. Aufgrund von "Vertretungsverträgen", die zwischen ihr und den Autoren vereinbart werden, präsentiert sie das literarische Werk für einen bestimmten Zeitraum, berät und verhandelt "Lizenzverträge", die zwischen Autor und Verlag geschlossen werden. Hierfür erhält sie bei einem (Publikations-)Vertragsabschluss eine zuvor vereinbarte Provision vom Autor, die sich auf alle aus den Verträgen gezahlten Gelder bezieht. Teilweise übernimmt sie auch das Inkasso der Autorenhonorare. Mit bestandskräftigen Erfassungsbescheiden hatte die beklagte Künstlersozialkasse die Abgabepflicht der Klägerin dem Grunde nach festgestellt. Die Beklagte erstellte zudem Abrechnungsbescheide und errechnete Vorauszahlungen über die von der Klägerin zu entrichtende Künstlersozialabgabe (KSA). Der im Oktober 2011 gestellte Antrag auf Überprüfung der bestandskräftigen Bescheide blieb erfolglos.

Die Klägerin hat ihr Begehren vor dem SG und dem LSG auf die Überprüfung der Zurücknahme der Erfassungsbescheide wegen der Feststellung ihrer Abgabepflicht dem Grunde nach beschränkt. Das Klage- und Berufungsverfahren ist erfolglos geblieben. Das LSG hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des SG zurückgewiesen: Die Erfassungsbescheide seien rechtmäßig ergangen, weil die Klägerin nach den beispielhaft vorgelegten Musterverträgen ein sonstiges Unternehmen betreibe, dessen wesentlicher Zweck darauf gerichtet sei, zumindest mittelbar für die Darbietung publizistischer Werke zu sorgen. Die vom BSG entwickelten Grundsätze zur Abgabepflicht bei der Vermittlung von Kunst durch Konzertdirektionen, Kunsthändler etc, seien auf das Geschäftsmodell der Literaturagentur zu übertragen. Die Abgabepflicht bestehe dem Grunde nach auch dann, wenn keine abgabepflichtigen Umsätze erzielt worden seien, aber im Einzelfall über den bloßen Gelegenheitsnachweis hinaus vermittelte Geschäfte vorlägen. Über die Höhe der entrichteten KSA könne nicht entschieden werden, weil Abrechnungsbescheide nicht im Streit stünden. Da die Klägerin aber überwiegend an nicht der Abgabepflicht unterliegende ausländische Verlage vermittle, führte dies zu dem unwirtschaftlichen Ergebnis, dass die Klägerin nicht nur auf die Provisionen, sondern auf alle aus den Verträgen an den Autor gezahlte Gelder KSA zu entrichten habe.

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts (§ 24 Abs 1 S 1 Nr 3 KSVG, § 44 Abs 1 S 1 SGB X). Ihre Tätigkeit sei im Kern auf eine reine Vermittlungstätigkeit beschränkt, die nicht abgabepflichtig sei. Die Höhe der KSA sei existenzbedrohend und habe erdrosselnde Wirkung iS von Art 14 GG, weil auf alle ausländischen Autorenentgelte KSA zu entrichten sei, obwohl lediglich Maklerprovisionen eingenommen würden. Hierin liege eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung iS von Art 3 Abs 1 GG und eine Diskriminierung nach Art 18 AEUV im Vergleich zu Literaturagenten, die nur an deutsche Verlage Bücher vermittelten und die keine KSA entrichten müssten.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Köln - S 16 KR 231/12, 26.02.2015
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 5 KR 160/15, 30.11.2017

Terminbericht

Die Revision der Klägerin ist erfolglos geblieben. Die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, dass die Klägerin als Betreiberin einer Literarischen Agentur dem Grunde nach der Abgabepflicht nach dem KSVG unterliegt. Daher besteht kein Rechtsanspruch auf Zurücknahme der bestandskräftigen Erfassungsbescheide. Die Klägerin betreibt ein "sonstiges Unternehmen" iS von § 24 Abs 1 S 1 Nr 3 KSVG, dessen wesentlicher Zweck darauf gerichtet ist, zumindest mittelbar für die Darbietung publizistischer Werke oder Leistungen zu sorgen. Zu solchen typischerweise abgabepflichtigen Unternehmen zählen insbesondere auch Vermittlungs- oder Kommissionsgeschäfte. Dies hat der Senat bereits wiederholt für den Bereich des Kunsthandels entschieden. Die dort aufgezeigten Maßstäbe hat das LSG unter Berücksichtigung der beispielhaft vorgelegten Musterverträge in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf den Betrieb der Literarischen Agentur übertragen. Bei Vermittlungsgeschäften greift die Bemessungsgrundlage der KSA (§ 25 Abs 3 S 2 Nr 2 KSVG) nur dann, wenn die Tätigkeiten über den reinen Gelegenheitsnachweis hinausgehen. Davon ist das LSG zutreffend ausgegangen, wenn die Klägerin die Qualität von Exposés und Manuskripten einschätzt, die passgenaue Auswahl der Verlage trifft, die Präsentation der Werke, bis hin zur Vertragsberatung und teilweisen Inkassotätigkeit der Honorare übernimmt. Der grundsätzlichen Abgabepflicht steht auch nicht entgegen, wenn Autoren an in Deutschland ansässige und selbst abgabepflichtige Verlage vermittelt werden. Denn es soll lediglich eine Doppelerhebung der KSA für professionelle Kunst- bzw Publizistikvermarkter vermieden werden (s § 25 Abs 3 S 2 letzter Halbs KSVG). Soweit die Klägerin die ihrer Ansicht nach unangemessene Höhe der tatsächlich entrichteten Abgabe einwendet, kann der Senat dem nicht weiter nachgehen. Denn die Klägerin hat den Rechtsstreit in den Vorinstanzen allein auf die Abgabepflicht dem Grunde nach beschränkt. Für welche konkreten Vermittlungstätigkeiten und in welcher Höhe KSA zu entrichten ist, betrifft hier nicht zu überprüfende Abrechnungsbescheide. Der Senat hat bereits mehrmals zu "Auslandsgeschäften" entschieden und die Bemessungsgrundlage für die KSA zuletzt dahin einschränkend ausgelegt (§ 25 Abs 1 S 1 KSVG), dass Auslandshonorare dann nicht mit der Abgabe belastet werden dürfen, wenn die Verwertung oder Nutzung der Werke oder Leistungen des selbstständigen Künstlers oder Publizisten im Geltungsbereich des KSVG, also in Deutschland, gänzlich ausgeschlossen ist, weil keine Verwertungs- oder Nutzungsmöglichkeit auf dem deutschen Kunst- oder Publizistikmarkt besteht. Ob diese Maßgaben im Falle der Klägerin greifen, wird die Beklagte zu prüfen haben.

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