Bundessozialgericht

Verhandlung B 10 LW 1/17 R

Verhandlungstermin 28.03.2019 10:00 Uhr

Terminvorschau

R. B. ./. Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau
Für den Kläger bestand seit November 2007 Versicherungspflicht in der Alterssicherung der Landwirte (AdL). Hiervon wurde er vorläufig befreit, weil sein außerlandwirtschaftliches Arbeitseinkommen als Rechtsanwalt die Einkommensgrenze von 4800 Euro jährlich überschreite. Aus dem Steuerbescheid für 2009 ergaben sich später - im Unterschied zu den anderen Jahren - Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit unterhalb der Einkommensgrenze. Die Beklagte hob den vorläufigen Bescheid für das Jahr 2009 auf und stellte rückwirkend für diese Zeit die Versicherungspflicht endgültig fest. Anders als das SG hat das LSG die Beklagte verpflichtet, den Kläger im streitigen Zeitraum endgültig von der Versicherungspflicht zu befreien. Nach der anzustellenden Prognoseentscheidung hätten bei dem Kläger im Jahr 2009 auch nachträglich die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht vorgelegen. Auch nachträglich habe eine vorausschauende Betrachtungsweise stattzufinden, ob der maßgebliche Grenzbetrag von 4800 Euro überschritten werde. Danach seien keine Umstände erkennbar, dass der Kläger im streitigen Zeitraum mit seinem regelmäßigen außerlandwirtschaftlichen Arbeitseinkommen unterhalb der Einkommensgrenze von 4800 Euro bleibe.

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 3 Abs 1 Nr 1 ALG und § 20 Abs 1 SGB X. Die Vorinstanz habe das Verbot des vorzeitigen Verfahrensabschlusses unbeachtet gelassen und verlange von der Beklagten eine Entscheidung unter Verstoß gegen den Grundsatz der objektiven Beweislast. Durch die Bestandskraft der vorläufigen Befreiung sei eine vorausschauende Betrachtung nicht mehr geboten gewesen. Eine entsprechende Prognose könne im Übrigen selbst im Falle einer nachträglich vorausschauenden Betrachtung nicht angenommen werden.

Vorinstanzen:
Sozialgericht München - S 30 LW 91/13, 20.11.2013
Bayerisches Landessozialgericht - L 1 LW 2/14, 29.03.2017

Terminbericht

Die Revision der Beklagten war ohne Erfolg. Die Beklagte ist verpflichtet, den Kläger für das Jahr 2009 entsprechend seinem Antrag endgültig von der Versicherungspflicht in der AdL zu befreien. Über die Befreiungsvoraussetzungen ist nach § 3 Abs 1 Nr 1 ALG - wie auch sonst bei Statusentscheidungen im Versicherungsrecht - vorausschauend im Rahmen einer Prognose zu befinden, ob die Entgeltgrenze überschritten werden wird. Bei schwankendem Arbeitseinkommen selbstständig Tätiger ist der zu erwartende Verdienst unter Heranziehung der in den Vorjahren erzielten Einkünfte zu schätzen, wobei bei einer auf das Jahr bezogenen Prognose von dem bekannten letzten Jahreseinkommen ausgegangen werden darf. Diese Prognose darf nicht dadurch umgangen werden, dass die Berücksichtigung erst nachträglich erlangter Erkenntnisse vorbehalten und der Antragsteller vorläufig über seinen versicherungsrechtlichen Status im Ungewissen gelassen wird. Ist im Nachhinein zu entscheiden, ob während eines in der Vergangenheit liegenden Zeitraums Versicherungsfreiheit wegen Überschreitens der Einkommensgrenze bestand, so ist deshalb nachträglich eine vorausschauende Betrachtung vorzunehmen. Nach diesem Maßstab überschritt das Einkommen des Klägers aus seiner freiberuflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt trotz der gegenteiligen Angaben im später ergangenen Steuerbescheid die jährliche Einkommensgrenze von 4800 Euro auch im Jahr 2009.

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Wir verwenden ausschließlich Sitzungs-Cookies, die für die einwandfreie Funktion unserer Webseite erforderlich sind. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir diese Cookies einsetzen. Unsere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den Link Datenschutz.

OK