Bundessozialgericht

Verhandlung B 6 KA 67/17 R

Verhandlungstermin 03.04.2019 13:00 Uhr

Terminvorschau

Klinikum S. ./. KÄV Bayerns, 2 Beigeladene
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung ambulanter Notfallbehandlungen und die Abrechenbarkeit der GOP 22230 EBM-Ä (klinisch-neurologische Basisdiagnostik) neben den Notfallpauschalen nach GOP 01210 ff EBM-Ä.

In Reaktion auf das Senatsurteil vom 12.12.2012 (B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr. 13), welches die Regelungen des EBM-Ä 2008 zur Vergütung ambulanter Notfallbehandlungen mit höherrangigem Recht für unvereinbar erklärt hatte, setzte der Bewertungsausschuss rückwirkend zum 01.01.2008 Neuregelungen in Kraft. Die im Senatsurteil vom 12.12.2012 beanstandeten Zusatzpauschalen für die Besuchsbereitschaft wurden gestrichen. Nunmehr sind Leistungsinhalt und Leistungsbewertung der punktsummenneutral umstrukturierten Neuregelungen sowohl für die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser als auch für Vertragsärzte im organisierten Not(-fall)dienst identisch. Allerdings wurde das den Vertragsärzten im Jahr 2008 gewährte Honorar für die höher bewertete Besuchsbereitschaftspauschale aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht zurückgefordert.

Das klagende Krankenhaus war in den streitbefangenen Quartalen 2/2008 bis 4/2008 mit seinen auf höhere Vergütung gerichteten Klagen vor dem SG und LSG erfolglos. Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, dass der Bewertungsausschuss keine rechtskonforme Neuregelung für die Vergangenheit geschaffen habe. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG dürften Notfallbehandlungen in den Krankenhausambulanzen grundsätzlich nicht schlechter honoriert werden als entsprechende Leistungen der Vertragsärzte im organisierten Not(-fall)dienst. Sie habe deshalb Anspruch auf Vergütung der Notfallbehandlungen in derselben Höhe, wie sie den Vertragsärzten unter Geltung der Zusatzpauschalen für die Besuchsbereitschaft im Jahr 2008 gewährt worden sei.

Weiterhin sei die GOP 22230 EBM-Ä im Quartal 4/2008 von der beklagten KÄV zu Unrecht abgesetzt worden. Nach Wortlaut und Systematik von Ziffer 1 der Präambel zum Anhang 1 des EBM-Ä sei diese Leistung neben den GOP 01210 ff EBM-Ä abrechnungsfähig.

Vorinstanzen:
Sozialgericht München - S 43 KA 1124/14, 10.03.2015
Bayerisches Landessozialgericht - L 12 KA 85/15, 08.02.2017

Terminbericht

Hinsichtlich der Berechnungsfähigkeit der GOP 22230 EBM-Ä neben den Notdienstpauschalen haben die Beteiligten für das Quartal 4/2008 einen Verfahrensvergleich geschlossen.

Im Übrigen war die Revision der Klägerin erfolglos.

Die rückwirkenden Neuregelungen des Bewertungsausschusses ab dem 1.1.2008 zur Vergütung von Notfallbehandlungen, mit denen die Notfallbehandlungen in Krankenhäusern und bei Vertragsärzten gleichgestellt wurden, sind rechtmäßig und wurden bei der Nachvergütung der Klägerin für die streitbefangenen Quartale zutreffend angewandt.

In der Rechtsprechung des Senats wie der des BVerfG finden sich unterschiedliche Ansätze zum Gestaltungsspielraum des Normgebers bei der Beseitigung normativ induzierter Ungleichbehandlungen in der Vergangenheit.

Im Lichte der Rechtsprechung des BVerfG kann ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss für den Zeitraum bis zum Inkrafttreten der Neuregelung jedenfalls nicht nur dadurch behoben werden, dass die höheren Leistungen auch der bislang benachteiligten Gruppe gewährt werden, sondern auch dadurch, dass die gleichheitswidrige Begünstigung zwar ganz abschafft wird, aber alle von der Neuregelung Betroffenen wirtschaftlich schlechter gestellt bleiben als die ehemals gleichheitswidrig begünstigte Gruppe.

Auch nach dem Urteil des Senats vom 12.12.2012 war der Bewertungsausschuss nicht verpflichtet, für eine Anhebung der Vergütung der Krankenhäuser auf das Niveau der rechtswidrigen Vergütungstatbestände der ursprünglich geltenden Regelung zu sorgen.

Daran hält der Senat fest. Um aber eine faktische Benachteiligung für die Vergangenheit soweit wie möglich zu begrenzen, stellt der Senat für künftige Streitfälle zu Gleichheitsverstößen bei der Notdienstvergütung klar, dass der Bewertungsausschuss nach der bestandskräftigen gerichtlichen Feststellung des Gleichheitsverstoßes durch EBM-Ä-Regelungen innerhalb eines Jahres - ab dem Ende des Quartals, in dem das Urteil den Beteiligten zugestellt worden ist - eine Neuregelung (auch) für die Vergangenheit schaffen muss. Zudem sind die KÄVen ab diesem Zeitpunkt verpflichtet, die Honorarbescheide gegenüber den Angehörigen der begünstigten Gruppe mit einem Vorbehalt zu versehen, der es ermöglicht, die Vergütungsansprüche für die Zeit bis zur Neuregelung auf das Niveau abzusenken, dass sich (rückwirkend) nach Inkrafttreten der Neuregelung ergibt.

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Wir verwenden ausschließlich Sitzungs-Cookies, die für die einwandfreie Funktion unserer Webseite erforderlich sind. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir diese Cookies einsetzen. Unsere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den Link Datenschutz.

OK