Verhandlung B 6 KA 63/17 R
Verhandlungstermin
15.05.2019 12:00 Uhr
Terminvorschau
Dr. I. H. ./. KÄV Baden-Württemberg
beigeladen: 1. GKV-Spitzenverband, 2. Kassenärztliche Bundesvereinigung
Die Beteiligten streiten um sachlich-rechnerische Richtigstellungen des Honorars des Klägers für die Quartale 3/2008 bis 2/2012.
Der Kläger ist Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO). Er betreut ua Wachkomapatienten eines Pflegeheims. Aufgrund von Auffälligkeiten (Überschreitung einer Quartalsarbeitszeit von 780 Stunden) im Quartal 2/2008 führte die Beklagte eine Plausibilitätsprüfung durch und wertete Behandlungsunterlagen des Klägers bezogen auf dieses Quartal aus. Anschließend berichtigte sie die Honorarabrechnung zwar nicht für das Quartal 2/2008, jedoch für die Folgequartale 3/2008 bis 2/2012 bezogen auf alle vom Kläger in Ansatz gebrachte Bronchoskopien nach Gebührenordnungsposition (GOP) 09315 EBM-Ä. Ferner berichtigte sie die Abrechnungen des Klägers für die genannten Quartale bezogen auf die GOP 09332 EBM-Ä (Abklärung Schluckstörungen …) und die GOP 09331 EBM-Ä (Untersuchung der Sprache und des Sprechens), soweit der Kläger diese mehrfach pro Behandlungsfall in Ansatz gebracht hatte. Der dagegen nach erfolglosem Widerspruch eingelegten Klage gab das SG allein bezogen auf die sachlich-rechnerische Richtigstellung der GOP 09332 EBM-Ä statt.
Die Berufung, mit der sich der Kläger noch gegen die Honorarkürzungen bezogen auf die GOP 09315 und 09331 EBM-Ä wandte, blieb ohne Erfolg. Der Kläger habe das Endoskop nach eigenen Angaben nur in die Luftröhre der Patienten eingeführt und von dort die Bronchien betrachtet. Damit habe er den Leistungsinhalt der GOP 09315 EBM-Ä (Bronchoskopie) nicht erbracht. Auch die Leistungen nach GOP 09331 EBM-Ä (Untersuchung der Sprache und des Sprechens) habe der Kläger nach den aus dem Quartal 2/2008 vorliegenden Dokumentationen nicht vollständig erbracht. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, die für das Quartal 2/2008 gewonnenen Erkenntnisse auf die Folgequartale 3/2008 bis 2/2012 zu übertragen, da der Kläger ein grundsätzliches Fehlverständnis von der Abrechnungsfähigkeit der beiden GOP deutlich gemacht habe.
Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend, dass er sowohl die Bronchoskopien als auch die Untersuchung des Sprechens und der Sprache vollständig erbracht habe. Der Begriff der Bronchoskopie müsse bei der Erbringung durch HNO-Ärzte einschränkend ausgelegt werden, weil Ärzte dieser Arztgruppe keine vollständige Untersuchung der Bronchien durchführen dürften. Die Beklagte sei ferner nicht berechtigt, die Ergebnisse der für das Quartal 2/2008 durchgeführten Prüfung auf nachfolgende Quartale zu übertragen.
Vorinstanzen:
Sozialgericht Stuttgart - S 20 KA 3371/13, 15.06.2016
Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 5 KA 3288/16, 31.03.2017
Terminbericht
Die Beklagte hat ein - vom Kläger angenommenes - Teilanerkenntnis abgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben, soweit sich die Richtigstellung auf Leistungen nach GOP 09331 EBM-Ä ( Untersuchung des Sprechens und der Sprache) bezieht. Im Übrigen - also bezogen auf die Berichtigung der Leistungen nach GOP 09315 EBM-Ä (Bronchoskopien) - war die Revision des Klägers ohne Erfolg.
Nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen des LSG hat der Kläger das Endoskop nicht in die Bronchien eingeführt, sondern nur in die Luftröhre. Zwar hat er die oberen Bronchien von dort einsehen können. Das genügt jedoch nicht zur vollständigen Erbringung des Leistungsinhalts nach GOP 09315 EBM-Ä. Dagegen kann der Kläger auch nicht mit Erfolg einwenden, dass die vollständige Erbringung einer Bronchoskopie für ihn als HNO-Arzt fachfremd wäre. Ob Bronchoskopien für HNO-Ärzte fachfremd sind, erscheint aus Sicht des Senats angesichts der ausdrücklichen Regelung der entsprechenden GOP im Kapitel für fachärztliche Leistungen der HNO-Ärzte des EBM-Ä fraglich, kann jedoch offen bleiben, weil der Kläger unabhängig davon keine Leistungen abrechnen kann, die er nicht vollständig erbracht hat. Indes bestätigt das Vorbringen des Klägers, dass seiner Abrechnung bezogen auf die GOP 09315 EBM-Ä ein generell unrichtiges Verständnis der Leistungslegende zugrunde lag. Dass er das Endoskop immer nur in die Luftröhre und nicht in die Bronchien einführte, entspricht seinen eigenen Angaben. Unter diesen Umständen begegnet es keinen Bedenken, dass die Beklagte die aus der Auswertung von Behandlungsunterlagen des Quartals 2/2008 gewonnenen Erkenntnisse auf die Quartale 3/2008 bis 2/2012 übertragen hat, obwohl Abrechnungsauffälligkeiten in Gestalt einer Überschreitung von Tages- oder Quartalszeitprofilen in diesen Folgequartalen nicht vorgelegen haben.
Etwas anderes gilt, soweit sich die sachlich-rechnerische Richtigstellung ursprünglich auch auf die GOP 09331 EBM-Ä (Zusatzpauschale Untersuchung des Sprechens und der Sprache) bezog. Umstände die auf ein generelles Fehlverständnis des Klägers bezogen auf diese GOP schließen lassen, konnte der Senat den Feststellungen des LSG nicht entnehmen. Dass die Beklagte die nach dieser GOP abgerechneten Leistungen nur berichtigt hat, soweit sie mehrfach im Behandlungsfall abgerechnet wurden, spricht ebenfalls gegen ein generelles Fehlverständnis. Unter diesen Umständen durfte die Beklagte aus Abrechnungsfehlern in dem (hier nicht streitbefangenen) Quartal 2/2008 EBM-Ä jedenfalls nicht ohne nähere Prüfung auf eine unrichtige Abrechnung auch in den Folgequartalen 3/2008 bis 2/2012 schließen. Auf den entsprechenden Hinweis des Senats hat die Beklagte mit dem Teilanerkenntnis reagiert.