Bundessozialgericht

Verhandlung B 6 KA 65/17 R

Verhandlungstermin 15.05.2019 13:15 Uhr

Terminvorschau

M. R. ./. KÄV Baden-Württemberg
Zwischen den Beteiligten ist die Zulässigkeit der rückwirkenden Korrektur eines Bescheids über die Zuweisung eines Regelleistungsvolumens (RLV) streitig.

Die Klägerin war im Quartal 1/2009 im Bezirk der beklagten KÄV als Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Weiterhin verfügte die Klägerin über eine Anstellungsgenehmigung, auf der im Vorjahresquartal 1/2008 eine angestellte Ärztin vollzeitig tätig war. Im streitbefangenen Quartal 1/2009 war diese Ärztin nur noch auf einer Viertelstelle (Anrechnungsfaktor 0,25) angestellt; ferner wurde ein weiterer Arzt auf einer ¾ Stelle (Anrechnungsfaktor 0,75) angestellt.

Der RLV-Zuweisungsbescheid vom 19.12.2008 für das Quartal 1/2009 legte für die angestellte Ärztin weiterhin die RLV-relevante Fallzahl aus dem Vorjahresquartal (1.388) zugrunde und zusätzlich für den auf einer ¾ Stelle neu angestellten Arzt ein entsprechendes RLV. Das der Praxis zugewiesene RLV entsprach damit rechnerisch insgesamt 2,75 Arztstellen.

Der Honorarbescheid vom 7.10.2009 für das Quartal 1/2009 berücksichtigte für die angestellte Ärztin indes nur noch eine reduzierte RLV-relevante Fallzahl (348) entsprechend ihres reduzierten Tätigkeitsumfangs. Der dagegen gerichtete Widerspruch ist erfolglos geblieben.

Das SG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Beklagte das RLV für das Quartal 1/2009 rechtsfehlerfrei gemäß § 45 SGB X korrigiert und auf dieser Grundlage das Honorar zutreffend festgesetzt habe. Der RLV-Zuweisungsbescheid sei rechtswidrig gewesen, weil der reduzierte Tätigkeitsumfang der angestellten Ärztin nicht zutreffend abgebildet worden sei. Vertrauensschutz scheide aus, da die Klägerin die Rechtswidrigkeit des RLV-Zuweisungsbescheides hätte erkennen müssen.

Das LSG hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Im Ausgangspunkt seien die Grundsätze der sachlich-rechnerischen Richtigstellung gemäß § 106a SGB V aF heranzuziehen, die allerdings bezogen auf den Vertrauensschutz des Vertragsarztes im Falle nachträglicher RLV-Richtigstellung wegen der Unterschiede zwischen Honorarbescheid einerseits und RLV-Zuweisungsbescheid andererseits zu modifizieren seien.

Die Klägerin macht mit ihrer Revision geltend, dass § 87b Absatz 5 SGB V aF einer rückwirkenden Reduzierung des RLV entgegenstehe und dass überdies § 106a SGB V aF auf RLV-Zuweisungen nicht anwendbar sei.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Stuttgart - S 4 KA 5134/13, 23.07.2015
Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 5 KA 3809/15, 25.10.2017

Terminbericht

Die Revision der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass die von der Beklagten im Honorarbescheid vorgenommene Richtigstellung der RLV-Festsetzung für das Quartal 1/2009 rechtmäßig und die Klage deshalb abzuweisen ist.

Fehlerhafte RLV-Zuweisungsbescheide können auf der Grundlage des § 106a (aF) bzw heute § 106d SGB V korrigiert werden. Zwar regeln RLV-Bescheide nicht unmittelbar die Abrechnung des Vertragsarztes, doch setzen sie wesentliche Teilelemente des nachfolgenden Honorarbescheides fest.

Allerdings genießen RLV-Zuweisungsbescheide einen höheren Vertrauensschutz als Honorarbescheide, die innerhalb von vier Jahren ohne wesentliche Einschränkungen korrigiert werden können. Nach dem Wortlaut des § 87b Abs 5 SGB V aF sind rückwirkende Korrekturen des RLV im Grundsatz ausgeschlossen. Wie der Senat bereits mit Urteil vom 2.8.2017 entschieden hat, sind davon jedoch Ausnahmen etwa dann geboten, wenn das RLV auf Falschabrechnungen des Arztes im maßgeblichen Vorjahresquartal beruht oder wenn sich die KÄV eine Korrektur des RLV rechtmäßig vorbehalten hat. Zudem kann eine rechtswidrige RLV-Zuweisung - wie sie hier mit Bescheid vom 19.12.2008 erfolgt ist - bei Vorliegen der in § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X normierten Vertrauensausschlussgründe auch noch nach Beginn ihres Geltungszeitraumes rückwirkend reduziert werden.

Die mit vollem Versorgungsauftrag zugelassene Klägerin verfügte nur über eine Anstellungsgenehmigung für eine (weitere) volle Stelle, die zunächst von der Ärztin Dr. De. alleine ausgefüllt wurde. Auf dieser Grundlage wurde auch das RLV der Praxis ursprünglich bemessen. Die - bedarfsplanungsrechtlich neutrale - Einstellung eines weiteren Arztes auf einer ¾-Stelle bei gleichzeitiger Reduzierung der vollen Anstellung der Ärztin De. auf 1/4 kann ersichtlich nicht dazu führen, dass der Bemessung des RLV für die Praxis der Klägerin einschließlich der Angestellten nunmehr 2,75 anstelle von zwei Stellen zugrunde zu legen ist. Der Klägerin musste sich daher der Schluss aufdrängen, dass die Bemessung des RLV auf der Grundlage von 2,75 Arztstellen rechtswidrig war (vgl § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X).

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