Bundessozialgericht

Verhandlung B 3 KR 15/18 R

Verhandlungstermin 04.06.2019 00:00 Uhr

Terminvorschau

Ohne mündliche Verhandlung
D. ./. AOK Rheinland-Pfalz/Saarland
Die im Februar 1953 geborene Klägerin wohnt in Frankreich und ist bei der beklagten deutschen Krankenkasse versichert. Seit 1.5.2014 bezieht sie eine Altersrente vom regionalen Träger der französischen Alterssicherung der staatlichen Sozialversicherung mit Sitz in Straßburg (in Höhe von 420,22 Euro monatlich). Daneben ist sie bei einer in Deutschland ansässigen Firma mit einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden versicherungspflichtig beschäftigt. Am 13.4.2015 erkrankte sie arbeitsunfähig. Ihre AU wurde lückenlos bis zum 7.6.2015 ärztlich bescheinigt. Die Klägerin bezog bis zum 25.5.2015 Lohnfortzahlung im Krankheitsfall von ihrem Arbeitgeber. Ende Mai 2015 erhielt die Beklagte vom Altersrentenbezug in Frankreich Kenntnis und lehnte die gleichzeitige Zahlung von Krg ab. Der Widerspruch, mit dem sich die Klägerin auf das Diskriminierungsverbot (Art 45 AEUV) und auf Rechtsprechung des EuGH berief, blieb erfolglos. Das Klagebegehren, mit dem die Klägerin geltend gemacht hat, nur eine Alters-Teilrente für in Frankreich zurückgelegte Versicherungszeiten zu beziehen, ist in den Vorinstanzen ebenfalls erfolglos geblieben. Das LSG hat sich im Wesentlichen auf die Gründe des klageabweisenden Urteils bezogen: Die Klägerin sei vom Krg-Bezug nach § 50 Abs 1 S 1 Nr 1 und Nr 4 SGB V ausgeschlossen, da sie eine der deutschen Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung ihrer Art nach vergleichbare Leistung aus dem Ausland beziehe. Die Vermeidung einer Doppelversorgung mit Lohnersatzleistungen sei verfassungsrechtlich unbedenklich und widerspreche nicht dem europäischen Koordinierungsrecht (Art 12 VO <EWG> 1408/71 bzw Art 5 VO <EG> 883/2004). Das Urteil des EuGH vom 15.9.1983 (C 279/82) sei nicht einschlägig, da der streitige Krg-Anspruch nicht aufgrund der Anwendung von Vorschriften des europäischen Koordinierungsrechts entstanden sei. Der Ausschluss von Krg beim Bezug einer Vollrente wegen Alters gelte gleichermaßen für in Deutschland wie auch für in einem anderen Mitgliedstaat der EU bezogene Leistungen.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 50 Abs 1 S 1 Nr 1 und Nr 4 SGB V, Art 48 AEUV, Art 10 VO <EG> 883/2004). Nach dem in Bezug genommenen Urteil des EuGH sei der Ausschluss des Krg nicht europarechtskonform und in Grenzgängerfällen nicht anwendbar.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Speyer - S 7 KR 241/16, 27.11.2017
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz - L 5 KR 97/18, 07.06.2018

Terminbericht

Die Revision der Klägerin war im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet. Der Senat konnte auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden, ob der Krg-Anspruch der Klägerin wegen des Bezugs der Altersrente aus der Staatlichen Sozialversicherung in Frankreich ausgeschlossen war. Zwar handelt es sich bei der französischen Altersrente grundsätzlich um eine ihrer Art nach mit einer deutschen Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) vergleichbare Leistung. Im Zusammenhang mit dem Bezug von Krg ist allerdings zu unterscheiden und bislang nicht hinreichend geprüft worden, ob die Klägerin eine ihrer Art nach vergleichbare Vollrente bezog, die den Krg-Anspruch nach § 50 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V ausschließt oder nur eine der Teilrente wegen Alters aus der GRV vergleichbare ausländische Leistung nach § 50 Abs 2 Nr 4 SGB V. Sollte die französische Altersrente mit einer Teilrente aus der GRV vergleichbar sein, käme allerdings eine Kürzung des Krg-Anspruchs der Klägerin nicht in Betracht, weil die Altersrente vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin zuerkannt worden war. Im zurückverwiesenen Berufungsverfahren wird das LSG nach weiteren Sachverhaltsermittlungen unter Beachtung der rechtlichen Beurteilung des Senats die Grundkonzeption der in Frankreich konkret gewährten Altersrente feststellen müssen, um anschließend die notwendige rechtsvergleichende Qualifizierung der Altersrente aus dem Blickwinkel des deutschen Sozialrechts vorzunehmen, bei der es entscheidend darauf ankommt, ob mit dem Bezug der ausländischen Altersrente regelmäßig ein komplettes oder nur ein teilweises Ausscheiden aus dem Erwerbsleben verbunden ist. Darüber hinaus sind vertiefte Ausführungen zum europäischen Primär- bzw sekundären Koordinierungsrecht derzeit nicht angezeigt.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 26/19 und dem Nachtrag zum Terminbericht 26/19.

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