Bundessozialgericht

Verhandlung B 10 EG 2/18 R

Verhandlungstermin 27.06.2019 10:45 Uhr

Terminvorschau

S. R. ./. Freistaat Bayern
Die Klägerin arbeitete vor der Geburt ihres Kindes im Mai 2014 als Studienrätin im Förderschulbereich. Ihre Arbeitszeit hatte sie ab August 2013 von 25 auf 26 Wochenstunden erhöht. Die daraus resultierende Gehaltsnachzahlung für August bis Dezember 2013 in Höhe von 745,12 Euro erfolgte erst im April des nächsten Jahres (2014). Der beklagte Freistaat bewilligte Elterngeld ohne Berücksichtigung dieser Gehaltsnachzahlung, weil es sich um einen sonstigen Bezug handele, der bei der Bemessung des Elterngelds keine Berücksichtigung finde. Die Vorinstanzen haben der dagegen gerichteten Klage stattgegeben. Das LSG hat ua ausgeführt, zwar habe der Dienstherr die Nachzahlung lohnsteuerrechtlich korrekt als sonstigen Bezug ausgewiesen. Auch nach Inkrafttreten des Elterngeldvollzugsvereinfachungsgesetzes vom 10.9.2012 finde aber im Elterngeldrecht das modifizierte Zuflussprinzip Anwendung. Danach gelte verspätet ausgezahltes Gehalt als in dem Monat zugeflossen, in dem es erarbeitet worden sei. Die strikte Anwendung lohnsteuerrechtlicher Vorschriften und hier der LStR R 39b.2. Abs 2 Satz 2 Nr 8 auf Nachzahlungen führe zu nicht hinnehmbaren Zufallsergebnissen und verstoße gegen Art 3 Abs 1 GG.

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 2c Abs 1 Satz 2 BEEG (idF der Gesetze vom 10.9.2012 und 18.12.2014). Die Einordnung als sonstiger Bezug habe dem Lohnsteuerrecht entsprochen. Unabhängig von der bindenden Wirkung einer bestandskräftigen Lohnsteuer-Anmeldung des Arbeitgebers sei ein lohnsteuerrechtlich sonstiger Bezug bedingt durch die Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht auch elterngeldrechtlich ein sonstiger Bezug.

Vorinstanzen:
Sozialgericht München - S 44 EG 20/15, 20.11.2015
Bayerisches Landessozialgericht - L 9 EG 27/16, 23.11.2017

Terminbericht

Die Revision des beklagten Freistaats ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Elterngeld unter Berücksichtigung der ihr im April 2014 zugeflossenen Gehaltsnachzahlung für die Monate August bis Dezember 2013. Denn diese zählt zu den von der Bemessung des Elterngelds ausgeschlossenen sonstigen Bezügen, für die § 2c Abs 1 S 2 BEEG auf das Lohnsteuerrecht (hier in Orientierung an die LStR R 39b.2 Abs 2 S 2 Nr 8) zurückzugreift. Bei einer lohnsteuerrechtlich als sonstiger Bezug zu bewertenden Gehaltsnachzahlung bleibt im Rahmen des § 2c Abs 1 S 2 BEEG (sowohl in seiner Fassung des Gesetzes vom 10.9.2012, BGBl I 1878, als auch in seiner Fassung des Gesetzes vom 18.12.2014, BGBl I 2325) aufgrund der Steuerakzessorietät des Elterngelds für ein elterngeldrechtlich modifiziertes Zuflussprinzip kein Raum mehr. Ein als sonstiger Bezug gezahlter Arbeitslohn kann unabhängig von der Frage seiner konkreten zeitlichen Zuordnung bei der Bemessung des Elterngelds von vornherein nicht herangezogen werden. Unerheblich ist daher, für welchen Zeitraum der Arbeitgeber die als sonstigen Bezug zugeflossene Gehaltsnachzahlung schuldet oder der Arbeitnehmer diese "erarbeitet" hat. Auch der Umstand, dass eine verspätete Zahlung des Gehalts und die dadurch bedingte elterngeldrechtliche Nichtberücksichtigung als sonstiger Bezug möglicherweise auf einem Fehlverhalten des Arbeitgebers beruht, rechtfertigt keine differenzierende Betrachtung. Es ist nicht Aufgabe der Elterngeldbehörden, den Umständen einer Gehaltsnachzahlung nachzugehen. Eine entsprechende Ermittlungstätigkeit der Elterngeldstellen würde das vom Gesetzgeber mit seinem steuerakzessorischen Regelungskonzept verfolgte legitime Ziel der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität im Bereich des BEEG unterlaufen.

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