Verhandlung B 3 KR 21/18 R
Verhandlungstermin
08.08.2019 14:00 Uhr
Terminvorschau
F. ./. Deutsche Rentenversicherung Knappschaft/Bahn/See als Trägerin der Krankenversicherung
Die 1965 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin leidet an Diabetes mellitus, einem Zustand nach Unterschenkelamputation sowie einer Augenerkrankung. Sie ist mit einem Rollstuhl mit Greifreifen versorgt. Ihr bei der Beklagten im März 2015 gestellter Antrag auf Versorgung mit einem Elektrorollstuhl für den Außenbereich ist erfolglos geblieben (Bescheid vom 13.7.2015; Widerspruchsbescheid vom 23.10.2015). Das SG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, weil sie die Fristen der Genehmigungsfiktion von § 13 Abs 3a SGB V zur Entscheidung über den Leistungsantrag versäumt habe. Daher greife die gesetzliche Fiktion über die Genehmigung der Sachleistung.
Im Berufungsverfahren hat die Beklagte die "fiktive Genehmigung" gemäß § 45 SGB X vorsorglich zurückgenommen; dagegen ist ein gesondertes Klageverfahren anhängig.
Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und offen gelassen, ob auch ein Sachleistungsanspruch nach § 33 SGB V bestehe. Der Anwendung von § 13 Abs 3a SGB V stehe die Ausschlussregelung nach Satz 9 nicht entgegen, da die Versorgung mit dem Elektrorollstuhl nicht zu den "Leistungen der medizinischen Rehabilitation" gehöre; dieser Begriff sei eng auszulegen. Die eingetretene Genehmigungsfiktion bleibe wirksam, weil die Beklagte die Fiktion nicht habe zurücknehmen dürfen.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 13 Abs 3a SGB V sowie von § 45 SGB X iVm § 2 Abs 1, § 12 Abs 1 SGB V: Entgegen der vom LSG vertretenen Ansicht finde die Genehmigungsfiktion mit Rücksicht auf deren Satz 9 von vornherein keine Anwendung, da der begehrte Elektrorollstuhl eine Leistung der medizinischen Rehabilitation darstelle, die der Gesetzgeber dem Regelungsbereich des SGB IX zugewiesen habe. Eine etwaige fiktive Genehmigung sei inzwischen gemäß § 45 SGB X wirksam zurückgenommen worden.
Vorinstanzen:
Sozialgericht für das Saarland - S 23 KR 804/15, 08.07.2016
Landessozialgericht für das Saarland - L 2 KR 60/16, 12.12.2017
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Terminbericht
Der Senat hat das von der Beklagten angefochtene Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen. Die Versorgung der Klägerin mit einem Elektrorollstuhl lässt sich - abweichend von der Einschätzung des LSG - nicht auf die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a Satz 6 SGB V stützen, weil Satz 9 der Vorschrift Leistungen zur medizinischen Rehabilitation dem Regelungssystem des SGB IX zuweist. Der sachliche Anwendungsbereich der krankenversicherungsrechtlichen Norm erfasst solche Leistungen nicht, sondern ist nur für Hilfsmittel zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung iS von § 33 Abs 1 Satz 1 Var 1 SGB V eröffnet (vgl näher Senatsurteil vom 15.3.2018 - B 3 KR 18/17 R, BSGE 125, 189 = SozR 4 2500 § 13 Nr 41). Bei dem streitigen Elektrorollstuhl handelt es sich jedoch um ein Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich. Daher fehlen Feststellungen des LSG sowohl zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Versorgung mit einem Elektrorollstuhl nach § 33 Abs 1 Satz 1 Var 3 SGB V als auch zu den Voraussetzungen eines Sachleistungsanspruchs aus dem Bereich eines anderen Rehabilitationsträgers; für den letztgenannten Anspruch ist die Beklagte als erstangegangene Rehabilitationsträgerin iS von § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX zuständig geworden. Vor diesem Hintergrund konnte der Senat nicht abschließend selbst in der Sache entscheiden.
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