Verhandlung B 1 KR 1/19 R
Verhandlungstermin
27.08.2019 10:40 Uhr
Terminvorschau
S. G. ./. AOK Nordost - Die Gesundheitskasse
Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin beantragte nach massiver Gewichtsabnahme die Versorgung mit einer Bauchdeckenstraffung und einer Brustvergrößerung (Schreiben vom 24.6.2015). Die Beklagte bat erfolglos um Vorlage weiterer Unterlagen (ua Arztbericht vom plastischen Chirurgen, Fotodokumentation vom Leistungserbringer; Verordnung für Krankenhausbehandlung) und versagte schließlich mehr als zwei Monate nach Antragstellung die beantragte Leistung. Die Klägerin, die vorträgt, die Schreiben der Beklagten nicht vor Fristablauf erhalten zu haben, hat mit ihrem Begehren, sie mit der beantragten Bauchdeckenstraffung und Brustvergrößerung zu versorgen, weder beim SG noch beim LSG Erfolg gehabt. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen einer Genehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a SGB V) seien nicht erfüllt. Die Klägerin habe nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Beklagte den Antrag ohne Einreichung medizinischer Unterlagen genehmigen würde.
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 13 Abs 3a SGB V.
Vorinstanzen:
Sozialgericht Berlin - S 166 KR 4207/15, 08.07.2016
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 1 KR 416/16, 29.11.2018
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Terminbericht
Der Senat hat auf die Revision der Klägerin die Ablehnungs- und Entziehungsentscheidung der Beklagten aufgehoben und die beklagte Krankenkasse verurteilt, die Klägerin mit einer Abdominalplastik und Mammaaugmentation zu versorgen. Die Klägerin hat hierauf Anspruch aufgrund fingierter Genehmigung ihres Antrags. Die Klägerin handelte insbesondere nicht rechtsmissbräuchlich. Die Fiktion der Genehmigung einer nicht rechtsmissbräuchlich beantragten Leistung setzt nicht zusätzlich voraus, dass der Antragsteller darauf vertrauen darf, die KK werde den Antrag ohne weitere Ermittlungen bewilligen. Die Entziehung der fingierten Genehmigung ist rechtswidrig. Die Beklagte war zwar grundsätzlich berechtigt, die Klägerin zur Mitwirkung aufzufordern und die fiktiv genehmigte Leistung bei einer fehlenden Mitwirkung zB zur Begründung von Hinweisen auf konkrete günstige Möglichkeiten angemessener Selbstbeschaffung zu entziehen. Die Beklagte wies die Klägerin indes weder erweislich zuvor schriftlich auf die mögliche Rechtsfolge einer Mitwirkungsverweigerung hin noch übte sie das erforderliche Ermessen aus.
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