Verhandlung B 1 KR 37/18 R - ohne mündliche Verhandlung
Verhandlungstermin
27.08.2019 00:00 Uhr
Terminvorschau
M.-L. W. ./. BARMER
Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin unterzog sich im Juni 2017 privatärztlich auf eigene Kosten einer medizinisch nicht indizierten operativen Brustvergrößerung mittels Mamma-Augmentationsplastik. Bei der privaten Folgebehandlung wegen Wundheilungsstörungen mit Serom und Nahtdehiszenz im Oktober 2017 wurden die Brustimplantate ausgewechselt. Wegen Wundheilungsstörungen mit Serom, Nahtdehiszenz und Kapselfibrose entfernte ein zugelassenes Krankenhauses in vollstationärer Behandlung die perforierten Brustimplantate Mitte November 2017 zu Lasten der Beklagten (4589,80 Euro). Die Beklagte verpflichtete die Klägerin, zur Beteiligung an diesen Kosten 2294,90 Euro zu zahlen. Dies sei angemessen unter Berücksichtigung der Höhe der Leistungsaufwendungen, des Bruttoeinkommens der Klägerin (60 224,78 Euro im Jahr 2017), ihrer Pflicht, ihrem Kind Unterhalt zu leisten sowie dem Rechtsgedanken der Zumutbarkeitsgrenze gemäß § 33 Abs 3 EStG. Das SG hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen: Die Beklagte habe ihr Ermessen hinsichtlich der Höhe der Eigenbeteiligung fehlerfrei ausgeübt. Die Beteiligung Versicherter an Folgebehandlungen medizinisch nicht indizierter Schönheitsoperationen sei verfassungsgemäß.
Die Klägerin rügt mit ihrer Sprungrevision die Verletzung von § 52 Abs 2 SGB V iVm Art 3 und Art 2 GG.
Vorinstanz:
Sozialgericht Berlin - S 81 KR 1075/18, 05.11.2018
Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 38/19.
Terminbericht
Der Senat hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Die beklagte Krankenkasse verpflichtete die Klägerin rechtmäßig, zur Beteiligung an den Kosten der stationären Krankenhausbehandlung 2294,90 Euro zu zahlen. Der Gesetzgeber hat mit der Verpflichtung der Krankenkassen, Versicherte in angemessener Höhe an den Behandlungskosten von Krankheiten zu beteiligen, die sie sich aufgrund medizinisch nicht indizierter ästhetischer Operationen zugezogen haben, in verhältnismäßiger Weise den Bereich der Eigenvorsorge umrissen. Sollten tatsächlich Frauen zu einem höheren Prozentsatz als Männer Schönheitsoperationen in Anspruch nehmen, beruht dies nicht auf struktureller Benachteiligung. Soweit die Entscheidung Betroffener für ästhetische Operationen auf einem überkommenen Rollenbild aufbaut, gibt die Verfassung keinen Anlass, dieses zu verfestigen. Die Ungleichbehandlung der Kostenbeteiligungsfälle gegenüber bloß abstrakt risikobehaftetem Verhalten ohne Kostenbeteiligung - wie ungesunder Ernährung - ist sachlich gerechtfertigt. Abstrakt risikobehaftetes Verhalten tastet nicht unmittelbar die körperliche Integrität an und ist nur schwer zu erfassen.
Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 38/19 und dem Nachtrag zum Terminbericht 38/19.