Bundessozialgericht

Verhandlung B 6 KA 13/18 R

Verhandlungstermin 11.09.2019 13:15 Uhr

Terminvorschau

L.S. ./. KÄV Schleswig Holstein
Die Beteiligten streiten über eine Honorarrückforderung wegen Überzahlung des Honorarkontos.
Der Kläger, ein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Anästhesist, war bis zur Gründung einer Gemeinschaftspraxis im Bezirk der beklagten KÄV in Einzelpraxis tätig und nahm bis zum Quartal 1/2006 an diversen Strukturverträgen "Ambulantes Operieren" mehrerer Krankenkassen und Kassenverbände teil. Hierfür erhielt er jeweils nach Quartalsende Abschlagszahlungen. Erst nach Aufgabe der Einzelpraxis erstellte die Beklagte die Endabrechnungen für das Ambulante Operieren und buchte die daraus resultierenden Gutschriften und Belastungsbeträge auf das Einzelpraxisabrechnungskonto des Klägers. Ab Juli 2007 wandte sich die Beklagte mit zahlreichen Schreiben an den Kläger mit der Bitte um Ausgleich des Honorarkontos, welches eine Überzahlung aufweise.

Mit Bescheid vom 28.2.2011 machte die Beklagte sodann eine Erstattungsforderung in Höhe von 3549,20 Euro geltend. Der Rückforderungsbetrag ergebe sich unter Berücksichtigung von Sollpositionen für den Leistungsbereich Ambulantes Operieren aus den Quartalen 2/2005 bis 4/2005. Der Widerspruch des Klägers, zu dessen Begründung er die Einrede der Verjährung erhob, blieb ebenso ohne Erfolg wie seine Klage und Berufung. Das LSG hat die Regelung des § 42 Abs 2 SGB I herangezogen, wonach vorschussweise erbrachte Leistungen zu erstatten sind, soweit sie die zustehenden Leistungen überschreiten. Es sei kein Grund erkennbar, warum diese erleichterte Rückabwicklungsmodalität bei erhaltenen Vorschüssen nur auf Sozialleistungsempfänger und nicht auf Vertragsärzte Anwendung finden solle. Die Erstattungsforderung sei auch nicht verjährt.

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, § 42 SGB I gelte ausschließlich im Verhältnis zwischen Sozialleistungsträger und Sozialleistungsempfänger und könne auf die vorliegende Konstellation keine Anwendung finden. Die Honoraransprüche und -zahlungen dienten zwar der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz des Arztes, stellten aber keine Sozialleistungen dar. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Erstattungsforderung richte sich hier vielmehr nach § 50 Abs 2 SGB X, denn die Überzahlungen des Honorarkontos seien ohne Verwaltungsakt erbracht und zu Unrecht ausgezahlt worden, da ein geringerer Vergütungsanspruch bestanden habe. Der Rückforderungsbescheid sei jedoch außerhalb der Jahresfrist des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X ergangen.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Kiel - S 16 KA 355/11, 09.09.2015
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht - L 4 KA 3/16, 24.04.2018

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 40/19.

Terminbericht

Die Revision des klagenden Arztes ist ohne Erfolg geblieben. Die Entscheidung des LSG ist im Ergebnis zutreffend. Allerdings teilt der Senat nicht die Auffassung, dass der Rückzahlungsanspruch der Beklagten wegen der Überzahlung von Honorar aus der Teilnahme des Klägers an verschiedenen Strukturverträgen zum ambulanten Operieren in 2005 auf § 42 Absatz 2 SGB I gestützt werden kann. Diese Vorschrift, die sich mit dem Ausgleich von Vorschüssen auf Sozialleistungen befasst, findet, wie der Kläger zu Recht geltend macht, auf vertragsärztliche Honorarzahlungen keine Anwendung. Diese sind keine Sozialleistungen und können auch nicht so behandelt werden.

Anspruchsgrundlage ist vielmehr der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Ein solcher Anspruch besteht, wenn in einer öffentlich-rechtlich geprägten Leistungsbeziehung Zahlungen ohne rechtlichen Grund erbracht worden sind. Insoweit genügt es, wenn nach Abschluss des maßgeblichen Leistungszeitraums feststeht, dass die Behörde mehr gezahlt hat, als sie rechtmäßig hätte zahlen müssen. Welches Honorar dem Kläger für seine Leistungen im Rahmen der Strukturverträge zum ambulanten Operieren zusteht, ergibt sich aus den zwischen 2006 und 2008 erfolgten Endabrechnungen der beteiligten Krankenkassen. Da die Beklagte seinem Honorarkonto einen insgesamt um ca 3500 höheren Betrag zugwiesen hat, muss der Kläger diesen Betrag zurückzahlen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch verjährt innerhalb von vier Jahren, und diese Frist hat die Beklagte mit Erlass des Rückforderungsbescheides in 2011 gewahrt.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 40/19.

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