Verhandlung B 5 RS 1/19 R
Verhandlungstermin
26.09.2019 10:30 Uhr
Terminvorschau
H. S. ./. Deutsche Rentenversicherung Bund - Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme -
Die Beteiligten streiten im Überprüfungsverfahren darüber, ob die Entgelte, die der Kläger als Stellvertreter des Ministers für Kohle und Energie in der ehemaligen DDR erzielt hat, der in § 6 Abs 2 Nr 4 iVm Anlage 5 des AAÜG vorgesehenen "Deckelung" unterliegen.
Der Kläger war vom 1.10.1979 bis 20.12.1989 als Stellvertreter des Ministers für Kohle und Energie der DDR tätig und gehörte ab dem Beginn dieser Tätigkeit der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates an (Nr 19 der Anlage 1 zum AAÜG).
Mit Überführungsbescheid vom 29.1.1996 stellte die Beklagte für den Kläger für die Zeit von 1963 bis 1990 Daten nach dem AAÜG fest. Für den Zeitraum vom 1.10.1979 bis 20.12.1989 wurden für die erzielten Arbeitsentgelte nach § 6 Abs 2 AAÜG nur die sich aus Anlage 5 AAÜG ergebenden Beträge festgestellt. Auch in weiteren, aufgrund von Änderungen des AAÜG ergangenen Bescheiden verblieb es für den streitbefangenen Zeitraum bei der Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze.
Eine Rücknahme des letzten Bescheides vom 14.12.2005 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 3.5.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.8.2016 ab. Klage und Berufungsverfahren waren erfolglos. Das LSG hat in seinem Urteil ausgeführt, § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG erfasse nach seinem eindeutigen Wortlaut "stellvertretende Minister".
Mit seiner Revision wendet sich der Kläger gegen die Anwendung von § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG auf seine Tätigkeit. Aus der Formulierung der Vorschrift sei abzuleiten, dass nur stimmberechtigte Minister und stellvertretende Minister gemeint seien. Er sei zwar formal Stellvertreter des Ministers, tatsächlich aber nur Bereichs-Stellvertreter ohne Stimmberechtigung gewesen.
Vorinstanzen:
Sozialgericht Berlin - S 23 R 2245/16, 05.03.2018
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 33 R 264/18, 12.12.2018
Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 44/19.
Terminbericht
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Die Entgelte, die der Kläger in seiner Tätigkeit als Stellvertreter des Ministers für Kohle und Energie in der ehemaligen DDR erzielt hat, wurden zu Recht nach § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG iVm der Anlage 5 begrenzt.
Nach dieser Vorschrift ist für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem nach Anlage 1 oder Anlage 2 Nr 1 bis 3 bis zum 17.3.1990, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt wurde ua als "Minister, stellvertretender Minister oder stimmberechtigtes Mitglied von Staats- oder Ministerrat oder als ihre jeweiligen Stellvertreter" den Pflichtbeitragszeiten als Verdienst höchstens der jeweilige Betrag der Anlage 5 zugrundezulegen. Als Stellvertreter des Ministers in der Zeit vom 1.10.1979 bis 20.12.1989 erfüllte der Kläger diese Voraussetzungen. Entgegen seiner Auffassung erfordert die Anwendung der Vorschrift nicht, dass er auch stimmberechtigt im Staats- oder Ministerrat war.
Das Gesetz geht typisierend davon aus, dass Funktionen auf höchster Ebene der Exekutive entscheidend durch Parteilichkeit und Systemtreue erlangt wurden und die gewährten Entgelte und Vorteile genau dies honorierten. Aufgrund dieser typisierten Betrachtungsweise ist unerheblich, ob der Kläger in seiner Funktion als Stellvertreter des Ministers ein niedigeres Entgelt erhielt als zuvor in seiner Position als Generaldirektor. Das BVerfG hat die Typisierung in § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG in seiner Entscheidung vom 6.7.2010 (1 BvL 9/06, 1 BvL 2/08) gebilligt. Raum für eine vom Wortlaut abweichende teleologische Reduktion der Regelung auf im Staats- oder Ministerrat stimmberechtigte Personen besteht zur Überzeugung des Senats nicht.
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