Verhandlung B 5 R 6/18 R
Verhandlungstermin
26.09.2019 11:30 Uhr
Terminvorschau
E. P.-B. ./. Deutsche Rentenversicherung Bund
Die Klägerin begehrt höhere Altersrente ab 1.7.2014 unter Berücksichtigung eines Zuschlags an persönlichen Entgeltpunkten (pEP) für die Erziehung ihrer vor 1992 geborenen Adoptivtochter N.
Die 1942 geborene Klägerin hat mit ihrem Ehemann zwei Kinder adoptiert. Am 11.2.1980 nahmen sie die am 29.7.1977 geborene N in Adoptionspflege und adoptierten sie im März 1981. Die am 4.7.1983 geborene C wurde am 25.11.1983 in Pflege genommen und im April 1985 adoptiert.
Ab dem 1.8.2007 bezog die Klägerin Regelaltersrente. Nach Inkrafttreten des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes vom 23.6.2014 setzte die Beklagte mit Bescheid vom 14.9.2014 die Regelaltersrente der Klägerin ab 1.7.2014 neu fest und zahlte höhere Altersrente unter Berücksichtigung eines Zuschlags nach § 307d SGB VI für die Tochter C. Den Widerspruch der Klägerin hiergegen mit dem Begehren, einen solchen Zuschlag auch für die Tochter N zu erhalten, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.2.2015 zurück.
Das SG hat die Klage abgewiesen. Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 307d SGB VI lägen nicht vor. Für N sei nicht, wie § 307d Abs 1 Nr 1 SGB VI dies fordere, in der Rente der Klägerin eine Kindererziehungszeit für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt angerechnet worden. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anknüpfung an diesen Zeitraum bestünden nicht.
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision einen Verstoß gegen Art 3 GG iVm Art 6 GG. Aufgrund der Umstände und der Dauer des Adoptivverfahrens könnten Adoptiveltern in der Regel einen Anspruch nach § 307d SGB VI nicht erlangen, wenn auf den 12. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt abgestellt werde.
Vorinstanzen:
Sozialgericht Bremen - S 31 R 100/15, 24.10.2016
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen - L 2/12 R 221/16, 20.06.2018
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Terminbericht
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente unter Berücksichtigung eines Zuschlags für Kindererziehung bzgl ihrer Adoptivtochter N.
Nach § 307d Abs 1 SGB VI wird ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung für ein vor dem 1.1.1992 geborenes Kind berücksichtigt, wenn am 30.6.2014 Anspruch auf Rente bestand und in der Rente eine Kinderziehungszeit für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt angerechnet wurde. Letzteres war bei der Klägerin nicht der Fall. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, für Adoptiveltern eine Sonderregelung zu schaffen, bestand nicht.
Nach der Rechtsprechung des BVerfG hat der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Familienlastenausgleichs einen weiten Spielraum, wie dies allgemein für den Bereich der gewährenden Staatstätigkeit gilt. Weder Art 6 noch Art 3 GG werden durch die Anknüpfung an den 12. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt verletzt. Die zugrundeliegende Annahme des Gesetzgebers, dass die Erziehung in diesem Monat in den ganz überwiegenden Fällen auch die tatsächlichen Erziehungsverhältnisse im zweiten Lebensjahr wiederspiegelt, ist sachlich vertretbar. Das Abstellen auf den letzten Monat der rentenrechtlich relevanten Kindererziehung diente der Verwaltungspraktikabilität und sollte eine möglichst zügige Umsetzung des Gesetzes ermöglichen. Diese Ansätze sind nicht zu beanstanden.
Die Regelung schließt Adoptiveltern nicht regelmäßig von der Leistung aus. Das Gesetz stellt nicht auf die rechtliche Zuordnung, sondern die tatsächliche Erziehung eines Kindes ab. Dementsprechend hat die Klägerin auch einen Zuschlag für die zweite Adoptivtochter erhalten, die sie ca 4 Monate nach der Geburt aufgenommen hat. Auch leibliche Eltern können von der Leistung ausgeschlossen sein, etwa wenn die Erziehung im Ausland stattfindet. Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass etwa 40 000 Adoptiveltern wegen der Anknüpfung an den 12. Monat nach Ablauf des Monats der Geburt keinen Zuschlag nach § 307d SGB VI erhalten haben - eine Angabe des Bundesverbandes der Pflege- und Adoptiveltern -, wäre dies eine verhältnismäßig kleine Zahl gemessen an den ca 9,5 Mio Bestandsfällen, die von der Regelung profitiert haben. Die Zulässigkeit der Typisierung in der gesetzlichen Regelung wird dadurch nicht in Frage gestellt.
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