Bundessozialgericht

Verhandlung B 1 A 3/19 R

Verhandlungstermin 08.10.2019 13:50 Uhr

Terminvorschau

BARMER ./. Bundesrepublik Deutschland
Die klagende Ersatzkasse schloss mit der Consulting Firma L&B zwei Dienstleistungsverträge zur Planung und Durchführung eines Versorgungsmanagements. Der eine Vertrag betrifft Versicherte der Klägerin mit bestimmten schwerwiegenden Erkrankungen (ua Diabetes, Adipositas, Hypertonie, Herzinsuffizienz, Osteoporose, koronare Herzerkrankung, transitorische ischämische Attacke/Schlaganfall, Rückenschmerzen; Vertrag ProGesundheit). Der andere Vertrag (Vertrag ProVita) regelt die Zusammenarbeit bei der Durchführung eines "Fallmanagements" ("Planung, Organisation und Begleitung ausgewählter Versicherungs- und Versorgungsfälle") für psychisch erkrankte Versicherte in zwei Modulen: Das Modul 1.3 erfasst ein Fallmanagement für arbeitsunfähig erkrankte Versicherte und stationäre Behandlungsfälle, das Modul 3 ein individuelles Fall- und Versorgungsmanagement für Versicherte mit schwerwiegenden psychischen Erkrankungen. Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz beanstandete die beiden Programme, da eine Rechtsgrundlage fehle. Die beklagte Bundesrepublik - vertreten durch das Bundesversicherungsamt - forderte die Klägerin zur Beendigung der Verträge auf, beriet sie erfolglos und verpflichtete sie, die Verträge zu kündigen. Das LSG hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen: Die Verträge hätten Leistungen zum Gegenstand, für die der Klägerin überwiegend die Sachkompetenz fehle. Ein Versorgungsmanagement erfasse kein von der KK verantwortetes versichertenindividuelles Beratungs- und Coaching-Programm bei bestimmten kostenintensiven Erkrankungen.

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 30 SGB IV, § 11 Abs 4 und § 197b SGB V sowie § 284 Abs 1 und Abs 3 SGB V.

Vorinstanz:
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 9 KR 54/16 KL, 27.03.2019

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 46/19.

Terminbericht

Der Senat hat die Revision der klagenden KK zurückgewiesen. Das LSG hat zu Recht ihre Aufsichtsklage abgewiesen. Die beklagte Bundesrepublik verpflichtete die Klägerin rechtmäßig, die von ihr mit der Firma L & B abgeschlossenen Verträge über ein Versorgungsmanagement unverzüglich zu kündigen. Für diese fehlt eine gesetzliche Rechtsgrundlage. Die Klägerin ist nicht berechtigt, ohne die Einbindung von Leistungserbringern in Kooperation mit privaten Dritten Programme des Versorgungsmanagements durchzuführen. Der Anspruch der Versicherten auf ein Versorgungsmanagement richtet sich als Nebenleistung zum eigentlichen Behandlungsanspruch gegen die KK. Die KK erfüllt den Anspruch idR nicht selbst, sondern mittels der beteiligten Leistungserbringer. Die Aufgabe der KK besteht dabei lediglich darin, die Leistungserbringer bei konkreten Leistungsfällen zu unterstützen. Zudem tragen die KKn grundsätzlich die Strukturverantwortung für die Verfügbarkeit adäquater Behandlungskapazitäten der Leistungserbringer. Soweit die von der Klägerin vertraglich vereinbarten Maßnahmen als zulässige Unterstützungsleistungen in Betracht kommen, handelt es sich um Kernaufgaben, die sie nicht auf Dritte übertragen darf. Dies bewirkt zugleich einen Verstoß gegen nationales Recht zum Schutz der Sozialdaten der Versicherten. Die KKn dürfen Sozialdaten nur für gesetzeskonforme, abschließend benannte Zwecke der gesetzlichen Krankenversicherung erheben und speichern, verarbeiten und nutzen, nicht aber für ein gesetzeswidriges Versorgungsmanagement. Dies gilt auch bei Einbeziehung der Datenschutzgrundverordnung.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 46/19.

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