Bundessozialgericht

Verhandlung B 3 KR 7/18 R

Verhandlungstermin 05.12.2019 09:30 Uhr

Terminvorschau

E.  ./.  AOK Bayern - Die Gesundheitskasse
In den fünf Revisionsverfahren (B 3 KR 7/18 R, B 3 KR 8/18 R, B 3 KR 9/18 R, B 3 KR 10/18 R und B 3 KR 11/18 R) aus dem nichtärztlichen Leistungserbringerrecht streiten die Beteiligten über die Kürzung von Vergütung von in den Jahren 2010 bis 2015 erbrachten Leistungen der vorgeburtlichen Hebammenhilfe durch die beklagte AOK. Die jeweils klagenden Hebammen waren in diesem Zeitraum als freiberuflich selbstständige Beleghebammen an zwei Krankenhäusern in Bayern tätig. Die einzelnen Klägerinnen schlossen mit den Versicherten jeweils Behandlungsverträge, nach denen die Klägerinnen und weitere Hebammen Einsatz- und Vertretungspläne untereinander vereinbarten, sodass die Leistungserbringung für eine Versicherte durch verschiedene Hebammen erfolgen konnte. Die Klägerinnen erstellten für jede Versicherte zwei Rechnungen: zum einen für Geburtshilfe und im Wochenbett (Abschnitte B und C des Leistungsverzeichnisses zur Hebammen-Vergütungsvereinbarung - HebVV - Anlage 1 zum Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V) und zum anderen für Mutterschaftsvorsorge und Schwangerenbetreuung (Abschnitt A des Leistungsverzeichnisses). Hierbei stellten die Klägerinnen neben der Vergütung für persönlich erbrachte Leistungen auch solche für andere Beleghebammen desselben Krankenhauses in Rechnung, die ihnen jeweils abgetreten worden seien. Die Zahlungen der Leistungsträger wurden zwischen den Beleghebammen entsprechend ihren jeweiligen Anwesenheitszeiten untereinander aufgeteilt. Die Beklagte kürzte die vorliegend allein streitigen Abrechnungen für Leistungen der vorgeburtlichen Mutterschaftsvorsorge und Schwangerenbetreuung (abgezogener Gesamtbetrag je Hebamme zwischen 2956,50 Euro und 5030,77 Euro). Sie war der Ansicht, dass die Leistungen, die innerhalb eines Zeitraums von acht Stunden vor der jeweiligen Geburt erbracht worden waren, gemäß den Allgemeinen Bestimmungen des Abschnitts B des Leistungsverzeichnisses zur HebVV durch die Pauschalgebühr für die Geburtshilfe vollständig abgegolten seien ("Die Gebühren für die Leistungen nach den Nrn 090x bis 131x umfassen die Hilfe für die Dauer von bis zu acht Stunden vor der Geburt des Kindes oder einer Fehlgeburt … einschl. aller damit verbundenen Leistungen und Dokumentationen").

In den Revisionsverfahren B 3 KR 7/18 R sowie B 3 KR 9/18 R, B 3 KR 10/18 R und B 3 KR 11/18 R hat das SG Augsburg die auf Zahlung der Differenzbeträge, Verzugszinsen und einer zusätzlichen Verzugspauschale gerichteten Klagen abgewiesen. Im Revisionsverfahren B 3 KR 8/18 R hat das SG München die Beklagte demgegenüber zur Zahlung verurteilt. Das LSG hat die Berufungen der Klägerinnen gegen die klageabweisenden Urteile zurückgewiesen sowie auf die Berufung der Beklagten die Entscheidung des SG München aufgehoben und die Klage mit im Wesentlichen gleicher Begründung abgewiesen: Die streitigen Leistungen dürften nicht zusätzlich vergütet werden, da von der Pauschalgebühr nach Abschnitt B des Leistungsverzeichnisses alle innerhalb des maßgeblichen Zeitkorridors erbrachten Leistungen einschließlich der Dokumentationen erfasst worden seien. Weitere Leistungen nach Abschnitt A des Leistungsverzeichnisses, die von einer anderen Beleghebamme für dieselbe Versicherte erbracht worden seien, dürften nicht daneben vergütet werden. Die Leistungen seien im Rahmen einer Hebammengemeinschaft iS des Vertrags über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V iVm §§ 705 ff BGB erbracht und durch Zahlung auf ein gemeinschaftliches Konto abgerechnet worden. Daher komme es auch nicht darauf an, welche Hebamme die Leistung erbracht habe. Aus dem eine Hebammengemeinschaft betreffenden Urteil des BSG vom 21.8.1996 - 3 KR 22/95 (SozR 3-5595 § 2 Nr 1), in dem entschieden wurde, dass sich die Pauschale nur auf von der Geburtshebamme persönlich erbrachte Leistungen beziehe, folge nichts zugunsten der Klägerinnen. Seinerzeit habe die vorliegend anzuwendende HebVV noch nicht gegolten, die nun die Abrechnung von Leistungen auch durch Hebammengemeinschaften selbst vorsehe; hier habe es sich um eine solche Gemeinschaft mit eigenem Institutionskennzeichen gehandelt.

Mit ihren Revisionen rügen die Klägerinnen die Verletzung materiellen Rechts. Der Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V sehe entgegen der Ansicht des LSG keine Regelung vor, bereits entstandene Gebührenansprüche wieder entfallen zu lassen. Der Vergütungsvereinbarung liege die persönliche Leistungserbringung der Hebamme zugrunde. Die Kürzung der Vergütung von Leistungen, die eine andere Hebamme innerhalb des vorgeburtlichen Zeitkorridors erbringe, stelle einen Verstoß gegen die Berufsausübungsfreiheit aus Art 12 GG dar.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Augsburg - S 6 KR 629/15, 27.06.2017
Bayerisches Landessozialgericht - L 4 KR 498/17, 01.03.2018

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 56/19.

Terminbericht

Die Beteiligten haben auf Vorschlag des Senats in allen Revisionsverfahren jeweils einen den Rechtsstreit erledigenden Vergleich geschlossen.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 56/19.

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