Bundessozialgericht

Verhandlung B 6 KA 25/18 R

Verhandlungstermin 12.02.2020 11:30 Uhr

Terminvorschau

S.-MVZ GmbH ua ./. HÄVG AG ua
Die Kläger, niedergelassene Fachärzte für Laboratoriumsmedizin bzw Laboratorien für Laboratoriumsmedizin, begehren gegenüber den beklagten Vertragspartnern eines in 2008 abgeschlossenen Vertrages zur hausarztzentrierten Versorgung (HzV-Vertrag) die Feststellung ihrer Berechtigung, Allgemeine Laborleistungen nach dem Abschnitt 32.2. des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) von an der HzV teilnehmenden Hausärzten überwiesen zu bekommen und gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) abzurechnen.

Die dem HzV-Vertrag beigetretenen Hausärzte erbringen gemäß § 5 des Vertrages Leistungen einer besonderen hausärztlichen Versorgung im Sinne des § 73b SGB V. Der HzV-Vertrag umfasst neben einem besonderen Leistungsangebot nahezu das gesamte Spektrum der hausärztlichen Versorgung. Sämtliche in Anlage 12 Anhang 1 (sog HzV-Ziffernkranz) des Vertrages aufgeführten Leistungen werden durch Pauschalen vergütet. Hiervon sind auch die Allgemeinen Laborleistungen nach Abschnitt 32.2 des EBM-Ä fast vollständig umfasst. Die Kläger erhoben 2013 Feststellungsklage beim SG. Mit dem HzV-Vertrag, an dessen Aushandlung sie bzw ihre Berufsverbände nicht beteiligt gewesen seien, würden sie von der Erbringung des ganz überwiegenden Teils der Laborleistungen ausgeschlossen; denn diese Leistungen müssten von den HzV-Hausärzten selbst erbracht und über die Pauschalen abgerechnet werden.

Klage und Berufung blieben ohne Erfolg. Das LSG hat ausgeführt, die Klage sei als sog Interessentenklage unzulässig. Die Kläger seien durch die im HzV-Vertrag geregelte Selbsterbringung von Leistungen des Allgemeinlabors durch die HzV-Ärzte nicht in subjektiven Rechten betroffen. Durch die Regelungen des HzV-Vertrages solle verhindert werden, dass durch die HzV-Ärzte erbrachte Leistungen doppelt vergütet würden, nämlich einmal als HzV-Eigenleistung durch die Grundpauschale und zum anderen als Überweisungsleistung aus der Gesamtvergütung. Zwar werde den Klägern ein Teil des bisherigen Umsatzes genommen, jedoch schütze das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit weder vor Konkurrenz, noch begründe es einen Rechtsanspruch auf den unveränderten Fortbestand günstiger Erwerbsaussichten. Im Übrigen handele es sich bei dem HzV-Vertrag nicht um Rechtsnormen, sondern der Vertrag binde nur die Vertragspartner.

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision eine Verletzung ihres durch Art 12 Abs 1 GG geschützten Zulassungsstatus. Der HzV-Vertrag, der als Normsetzungsvertrag zu qualifizieren sei, statuiere ein Überweisungsverbot. Denn alle Leistungen des Allgemeinlabors nach Abschnitt 32.2. EBM-Ä müssten von den am HzV-Vertrag teilnehmenden Hausärzten zwingend selbst erbracht werden und dürften nicht an Laborärzte überwiesen werden. Dieses Überweisungsverbot schließe sie - die Kläger - von einem wesentlichen Teil ihres vertragsärztlichen Leistungsspektrums aus. Dieser Ausschluss sei unvermeidliche Folge des Ziels der Beklagten, die Systemgeschlossenheit der hausarztzentrierten Versorgung sicherzustellen. Dadurch werde direkt und unmittelbar auf die Möglichkeiten der Laborärzte zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eingewirkt.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Stuttgart - S 5 KA 3811/13, 25.08.2016
Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 5 KA 3686/16, 14.11.2018

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Terminbericht

Die Revision der klagenden laborärztlichen Leistungserbringer ist ohne Erfolg geblieben. Diese haben keinen Anspruch auf Feststellung ihrer Berechtigung, Allgemeine Laborleistungen nach Abschnitt 32.2 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) von an der Hausarztzentrierten Versorgung (HzV) teilnehmenden Vertragsärzten überwiesen zu bekommen und gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) abzurechnen.

Der Senat hat offen gelassen, ob die Klagen überhaupt zulässig sind; jedenfalls sind sie unbegründet. Zwar handelt es sich bei den von den Klägern angegriffenen Regelungen im HzV-Vertrag um normativvertragliche Bestimmungen. Jedoch beeinträchtigen diese Vereinbarungen zur Erbringung von bestimmten Allgemeinen Laborleistungen durch die Hausärzte den Status der klagenden Laborärzte nicht. Nach der beanstandeten Regelung der Anlage 12 iVm Anhang 1 des HzV-Vertrages verpflichten sich am Vertrag teilnehmende Ärzte dazu, etwas zu tun, was sie berufsrechtlich und vertragsarztrechtlich dürfen, nämlich Basislaborleistungen selbst zu erbringen oder sich zu beschaffen. Damit soll der Wechsel zwischen dem HzV-System und dem vertragsärztlichen Vergütungssystem innerhalb eines Behandlungsfalles vermieden werden, soweit Leistungen betroffen sind, die zur hausärztlichen Versorgung im Sinne des § 73b SGB V und § 73 SGB V rechnen. Dieses trifft für die Laborleistungen des „Ziffernkranzes“ im Anhang 1 zu; der Vertrag zur HzV greift deshalb nicht auf Leistungen über, die nur Fachärzte wie die Kläger erbringen dürfen.

Die Beklagten verfolgen mit der angegriffenen Regelung Ziele, die der Intention des Gesetzgebers bei der Einführung der HzV entsprechen. Die Krankenkassen wurden verpflichtet, ihren Versicherten eine besonders hoch stehende hausärztliche Versorgung anzubieten und ihnen wurde zugleich ein erweiterter Spielraum in der einzelvertraglichen Ausgestaltung des hausärztlichen Versorgungsgeschehens im kollektivvertraglichen Rahmen eingeräumt. Im Mittelpunkt steht der Hausarzt, der als erster Ansprechpartner des Versicherten im Krankheitsfalle die ambulante Versorgung gestaltet und vergleichbar einem Lotsen koordiniert. Auch wenn der Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit der Kläger (Art 12 Abs 1 GG) betroffen sein sollte, würden sich die Regelungen unter Berücksichtigung der Zielrichtungen der HzV und der geringen Eingriffsintensität als sachlich gerechtfertigt und auch verhältnismäßig erweisen. Die Kläger werden deshalb nicht in ihren Grundrechten verletzt.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 2/20.

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