Bundessozialgericht

Verhandlung B 10 EG 5/18 R

Verhandlungstermin 27.03.2020 11:00 Uhr

Terminvorschau

M. A. ./. Land Berlin
Die Klägerin ist kroatische Staatsangehörige und hält sich seit Dezember 2012 in Deutschland auf. Sie ist ua Mutter einer am 4.4.2015 geborenen Tochter, die mit ihr in einem gemeinsamen Haushalt lebt und von ihr betreut und erzogen wird. Bis zur Geburt ihrer 2015 geborenen Tochter war die Klägerin weder abhängig beschäftigt noch selbstständig erwerbstätig. Sie war nicht krankenversichert und bezog kein Mutterschaftsgeld. Zwischen Juli 2015 und Oktober 2015 war sie in einem Umfang von 6 bzw 10 Wochenstunden mit einem geringfügigen Einkommen beschäftigt. Eine förmliche Feststellung über das Nichtbestehen oder den Wegfall des Freizügigkeitsrechts der Klägerin existiert nicht.

Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin auf Elterngeld für die ersten 12 Lebensmonate ihrer 2015 geborenen Tochter ab, weil die Klägerin nicht freizügigkeitsberechtigt sei. Das SG hat den Beklagten verurteilt, der Klägerin antragsgemäß Elterngeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen. Die Klägerin sei als Unionsbürgerin freizügigkeitsberechtigte Ausländerin.

Mit der Sprungrevision rügt der Beklagte die Verletzung von § 1 Abs 1 und Abs 7 BEEG. Nach der Rechtsprechung des BSG zum Grundsicherungsrecht müsse das Vorliegen der materiellen Freizügigkeitsberechtigung geprüft werden. Dies gelte auch für das BEEG. Die Rechtsprechung des BFH zum Kindergeld, auf die sich das SG bezogen habe, überzeuge nicht. Die Vermutung der Freizügigkeit sei widerlegt.

Vorinstanz:
Sozialgericht Berlin - S 2 EG 57/15, 07.03.2018

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 12/20.

Terminbericht

Die Sprungrevision des beklagten Landes hatte keinen Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf Elterngeld für die ersten 12 Lebensmonate der im April 2015 geborenen Tochter. Die Klägerin zählt als Staatsangehörige eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union zu den Ausländern, die § 1 BEEG nach dem Prinzip der Inländergleichbehandlung beim Bezug von Elterngeld grundsätzlich deutschen Staatsbürgern gleichstellt und die deshalb nicht den Beschränkungen für nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer unterfallen (§ 1 Abs 7 BEEG). Bis zu einer formellen Feststellung des Verlustes oder des Nichtbestehens der Freizügigkeit der dafür allein zuständigen Ausländerbehörde nach dem FreizügG/EU - woran es hier fehlt - gilt für Unionsbürger eine generelle Freizügigkeitsvermutung. Elterngeldstellen und Sozialgerichte haben insoweit keine eigenständige Kompetenz, das Bestehen oder Nichtbestehen einer materiellen Freizügigkeitsberechtigung eines Unionsbürgers nach dem FreizügG/EU in eigener Zuständigkeit zu prüfen. Dem steht die Rechtsprechung des BSG zum Grundsicherungsrecht zu der anders strukturierten Regelung des § 7 Abs 1 Satz 2 SGB II nicht entgegen, wonach die Grundsicherung für Arbeitsuchende bei EU-Ausländern maßgeblich an bestimmte materielle Aufenthaltsrechte nach dem FreizügG/EU geknüpft ist, die Job-Center und Sozialgerichte in eigener Kompetenz zu prüfen haben.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 12/20 vom 27. März 2020 sowie in dem Terminbericht 12/20 vom 18. Mai 2020.

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