Bundessozialgericht

Verhandlung B 13 R 23/18 R - ohne mündliche Verhandlung

Verhandlungstermin 20.05.2020 00:00 Uhr

Terminvorschau

J. L. ./. Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland
Im Streit steht der Anspruch auf eine (abschlagsfreie) Altersrente für besonders langjährig Versicherte.

Der im Juli 1951 geborene Kläger war zunächst bei der S-GmbH an deren einzigen Standort in A beschäftigt. Mit der Verschmelzung der S-GmbH auf die M-GmbH im Juli 2011 ging das Arbeitsverhältnis auf M-GmbH, ein Unternehmen mit mehreren Standorten, über. Der Standort A wurde in der Zeit vom 31.10.2011 bis 31.12.2012 vollständig stillgelegt und die Produktion ins Ausland verlagert. Im Rahmen des hierüber abgeschlossenen Interessenausgleichs und Sozialplans vereinbarten der Kläger, die M-GmbH und die A-GmbH in einem dreiseitigen Vertrag die Beendigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses zum 30.6.2012 aus betriebsbedingten Gründen. Gleichzeitig wurde ein bis zum 31.12.2012 befristetes Arbeitsverhältnis des Klägers bei der im Rahmen des Sozialplans geschaffenen, von der A-GmbH getragenen Transfergesellschaft (betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit) begründet. Nach Ablauf der Befristung war der Kläger arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld bis Ende Dezember 2014.

Zum 1.1.2015 bewilligte der beklagte RV-Träger dem Kläger eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Den Antrag auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab August 2014 lehnte er ab. Die erforderliche Wartezeit von 45 Jahren sei nicht erfüllt. Das Versicherungskonto enthalte statt der erforderlichen 540 Beitragsmonate lediglich 532 auf diese Wartezeit anrechenbare Beitragsmonate. Zeiten des Bezuges von Arbeitslosengeld in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn seien nicht zu berücksichtigen, weil diese nicht Folge einer Insolvenz oder vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers seien. Im Widerspruchsverfahren blieb der Kläger ebenfalls erfolglos.

Das SG hat die Klage abgewiesen und das LSG die Berufung zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, die von dem Kläger von Januar 2013 bis Juli 2014 zurückgelegten 19 Monate Beitragszeit seien als Zeiten des Bezuges von Arbeitslosengeld in den letzten zwei Jahren vor dem gewünschten Rentenbeginn vom RV-Träger zu Recht nicht auf die Wartezeit von 45 Jahren angerechnet worden. Die gesetzliche Rückausnahme, wonach solche Zeiten dennoch anzurechnen seien, wenn der Bezug von Entgeltersatzleistungen durch Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt sei, liege nicht vor. Das Beschäftigungsverhältnis mit dem letzten Arbeitgeber vor dem Bezug von Arbeitslosengeld, der Transfergesellschaft, habe aufgrund Zeitablaufs wegen des befristeten Arbeitsvertrages geendet.

Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 51 Abs 3a iVm § 236b SGB VI. Das Tatbestandsmerkmal der "vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers" in § 51 Abs 3a SGB VI sei weit auszulegen und umfasse auch eine Betriebsänderung, wie sie Anlass für den Sozialplan und die Gründung der Transfergesellschaft gewesen sei. Hierauf beruhe der Aufhebungsvertrag über sein Arbeitsverhältnis mit der M-GmbH und der spätere Bezug von Entgeltersatzleistungen. Im Übrigen liege eine vollständige Geschäftsaufgabe der Transfergesellschaft vor, wobei auf die betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit und nicht auf die sie tragende A-GmbH abzustellen sei. Zudem verstoße § 51 Abs 3a Satz 1 Nr 3 SGB VI gegen Art 3 Abs 1 und 3 GG. Eine Differenzierung zwischen Versicherten, deren Leistungsbezug seine Ursache in der "Insolvenz" oder "vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers" habe, und solchen mit ebenso unverschuldetem Leistungsbezug aus anderen Gründen sei nicht zu rechtfertigen.

In den beiden nachfolgenden Revisionsverfahren steht die Gewährung einer Rente unter Berücksichtigung von sogenannten "Ghetto-Beitragszeiten" nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) im Streit. Fraglich ist dabei insbesondere, ob ein einzelnes von Juden bewohntes Haus innerhalb eines Dorfes während der deutschen Besetzung Polens als ein Ghetto im Sinne des ZRBG angesehen werden kann.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Chemnitz - S 19 R 23/15, 06.10.2017
Sächsisches Landessozialgericht - L 4 R 791/17, 25.10.2018

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 18/20.

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Wir verwenden ausschließlich Sitzungs-Cookies, die für die einwandfreie Funktion unserer Webseite erforderlich sind. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir diese Cookies einsetzen. Unsere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den Link Datenschutz.

OK