Bundessozialgericht

Verhandlung B 12 R 28/18 R

Verhandlungstermin 07.07.2020 15:00 Uhr

Terminvorschau

Dr. S. R. ./. Deutsche Rentenversicherung Bund
Die beklagte DRV Bund erhob aufgrund einer Betriebsprüfung beim Kläger Beitragsnachforderungen für die Zeit vom 1.1. bis zum 31.12.2014 in Höhe von monatlich 14,94 Euro und für 2015 in Höhe von 32,15 Euro sowie Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 41 Euro. Zur Berechnung der Säumniszuschläge addierte sie die monatlichen Beitragsrückstände und setzte - beginnend mit einem Säumniszuschlag von 0,50 Euro seit Überschreiten der 50-Euro-Grenze im April 2014 - für jeden Monat den entsprechenden Säumniszuschlag fest.

Der Kläger, der sich allein gegen die Berechnung der Säumniszuschläge wendet, ist mit seinem Widerspruch sowie im Klage- und Berufungsverfahren erfolglos geblieben. Das LSG hat ausgeführt, die Berechnungsmethode der Beklagten sei in einer gemeinsamen Verlautbarung zur Erhebung von Säumniszuschlägen nach § 24 SGB IV von den Spitzenverbänden der Sozialversicherung festgelegt und in dieser Form auch von der Rechtsprechung immer wieder bestätigt worden. Danach seien rückständige Beiträge - abweichend vom Steuerrecht - grundsätzlich vor Anwendung der Abrundungsvorschrift zu addieren. Dies werde der doppelten Zwecksetzung von Säumniszuschlägen als Druckmittel und standardisiertem Mindestschadensausgleich gerecht.

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 24 Abs 1 SGB IV. Weil die einzelnen nachgeforderten Monatsbeiträge jeweils unter 50 Euro blieben, seien keine Säumniszuschläge zu erheben. Die Abrundungsvorschrift sei - wie im Steuerrecht - ohne vorhergehende Addition der Beiträge auf jeden einzelnen rückständigen Beitrag anzuwenden. Für Beiträge von geringer Höhe dürften unabhängig von der Dauer der Säumnis keine Säumniszuschläge erhoben werden. Regelungszweck und Wortlaut von § 24 Abs 1 SGB IV und § 240 Abgabenordnung (AO) seien identisch. Eine unterschiedliche Berechnung der Säumniszuschläge im Steuer- und Sozialversicherungsrecht, für die kein sachlicher Grund ersichtlich sei, widerspräche der Einheit der Rechtsordnung. Die Gemeinsame Verlautbarung der Spitzenverbände der Sozialversicherung enthalte keine verbindlichen Regelungen.

Vorinstanzen:
Sozialgericht München - S 25 R 3530/16, 24.10.2017
Bayerisches Landessozialgericht - L 7 BA 120/18, 15.11.2018

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 26/20.

Terminbericht

Der Senat hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Die Beklagte hat zu Recht ab April 2014 Säumniszuschläge erhoben und diese auf insgesamt 41 Euro festgesetzt. Säumniszuschläge sind nach § 24 Abs 1 Satz 1 SGB IV zu zahlen, sobald sich der nach Addition aller fälligen Beiträge ergebende rückständige Betrag auf insgesamt mindestens 50 Euro beläuft. Nur dieser Gesamtbetrag ist auf 50 Euro abzurunden. Das gilt auch, wenn die rückständigen Beiträge in verschiedenen Monaten fällig geworden sind. Diese Auslegung ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, der an unbestimmt viele "Beiträge" und "Beitragsvorschüsse" anknüpft, die zu einem rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten "Betrag" zusammen zu rechnen sind. Die doppelte Zwecksetzung der Säumniszuschläge, den säumigen Schuldner unter Druck zu setzen und zugleich einen standardisierten Mindestschadensausgleich zu bewirken, spricht ebenso für dieses Normverständnis wie der normative Grundsatz, alle Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben. Trotz der mit der Änderung des § 24 Abs 1 Satz 1 SGB IV beabsichtigten Anpassung an das Steuerrecht sind keine vollständig identischen Regelungen getroffen worden. § 240 Abs 1 Satz 1 AO knüpft singulär an "eine" Steuer an. Die sich daraus ergebende unterschiedliche Auslegung trägt den Besonderheiten der jeweils unterschiedlichen rechtlichen Ordnungsbereiche Rechnung. Von der Erhebung der Säumniszuschläge war weder nach § 24 Abs 1 Satz 2 SGB IV noch nach § 24 Abs 2 SGB IV abzusehen. Sie ist auch nicht unverhältnismäßig und unterliegt daher keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 26/20.

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