Bundessozialgericht

Verhandlung B 12 R 4/19 R

Verhandlungstermin 08.07.2020 12:00 Uhr

Terminvorschau

J. V. ./. Deutsche Rentenversicherung Bund, beigeladen: 1. H. F. B. E. GmbH & Co KG, 2. Bundesagentur für Arbeit
Der Kläger und seine Schwester sind Geschäftsführer der H. F. Verwaltung GmbH, die persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) der zu 1. beigeladenen H. F. GmbH & Co KG ist. Vom Stammkapital der H. F. Verwaltung GmbH hielten die Mutter des Klägers zunächst 60 vH, der Kläger und seine Schwester jeweils 20 vH. Diese Anteile gingen am 19.2.2013 auf die H. F. Holding GmbH & Co KG über. Deren persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) ist die H. F. Holding Verwaltung GmbH, an deren Stammkapital wiederum die Mutter des Klägers zu 60 vH sowie der Kläger und seine Schwester zu je 20 vH beteiligt sind. Dieselben Beteiligungsverhältnisse bestehen auch am Kommandithaftkapital der H. F. Holding GmbH & Co KG. Der Kläger und die Beigeladene zu 1. schlossen am 1.12.2012 einen "Dienstvertrag" über seine Tätigkeit als Geschäftsführer. Kommanditisten der Beigeladenen zu 1. waren wiederum die Mutter des Klägers mit einem Anteil von 60 vH sowie der Kläger und dessen Schwester mit einem Anteil von jeweils 20 vH. Mit notariellem Vertrag vom 19.2.2013 wurden auch diese Anteile auf die H. F. Holding GmbH & Co KG übertragen. Sämtliche Gesellschaftsverträge enthalten die Regelung, dass Beschlüsse in der Regel mit der einfachen Mehrheit der Stimmen zu fassen sind. Bereits am 15.12.2012 hatten die Kommanditisten der H. F. Holding GmbH & Co KG einen "Stimmbindungsvertrag" geschlossen und einstimmige Beschlussfassung vereinbart.

Auf den Statusfeststellungsantrag des Klägers und der Beigeladenen zu 1. stellte die beklagte DRV Bund fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. seit dem 1.12.2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und insoweit Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Das SG hat die Klage abgewiesen. Nachdem die Beklagte festgestellt hatte, dass in allen Zweigen der Sozialversicherung seit dem 1.4.2015 Versicherungspflicht nicht bestehe, hat das LSG die Berufung zurückgewiesen. Das LSG hat ausgeführt, dass Einfluss auf die Willensbildung der Beigeladenen zu 1. nur den Kommanditisten zukomme, woran sich auch durch die Übertragung der Kommanditanteile auf die H. F. Holding GmbH & Co KG nichts geändert habe. Über die maßgebliche Rechtsmacht habe jeweils die Mutter des Klägers verfügt. Der Stimmbindungsvertrag vermittle keine Rechtsmacht, die auch Zerwürfnissen unter den Gesellschaftern standhalten würde.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV, §§ 103, 106 SGG sowie §§ 133, 157 BGB. Das LSG habe den "Stimmbindungsvertrag" vom 15.12.2012 nicht ausgelegt. Bei dieser Vereinbarung handele es sich um einen Nachtrag zum Gesellschaftsvertrag der H. F. Holding GmbH & Co KG. Eine notarielle Beurkundung oder Eintragung sei nicht erforderlich. Auch habe das LSG den Sachverhalt mangelhaft aufgeklärt.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Ulm - S 6 R 1963/16, 19.01.2017
Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 10 R 828/17, 19.04.2018

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Terminbericht

Der Senat hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger war in der Zeit vom 1.12.2012 bis zum 31.3.2015 als Geschäftsführer der beigeladenen GmbH & Co KG in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgrund Beschäftigung versicherungspflichtig. Ebenso wie bei einer GmbH gilt bei einer KG der Grundsatz, dass nicht als Gesellschafter beteiligte Fremdgeschäftsführer versicherungspflichtig beschäftigt sind. Ein Kommanditist-Geschäftsführer einer GmbH & Co KG ist nur dann nicht versicherungspflichtig beschäftigt, wenn er über die Rechtsmacht verfügt, Weisungen an sich als Geschäftsführer zu verhindern. Diese Rechtsmacht kann sich sowohl aus der Kommanditistenstellung bei der GmbH & Co KG als auch aus der beherrschenden Kapitalbeteiligung an einer Gesellschaft ergeben, die ihrerseits als Gesellschafterin der GmbH & Co KG in der Lage ist, deren Entscheidungen maßgeblich zu beeinflussen.

Der Kläger war aufgrund seiner anfänglichen Stellung als Kommanditist der beigeladenen GmbH & Co KG und Gesellschafter der Komplementär-GmbH mit einem Anteil von jeweils nur 20 vH nicht in der Lage, maßgebenden Einfluss auf Beschlüsse dieser Gesellschaften zu nehmen. Auch nach der Übertragung der Gesellschaftsanteile auf die Holding GmbH & Co KG verfügte er nicht über eine ausreichende, die abhängige Beschäftigung verhindernde Rechtsmacht. Zwar sieht § 4 Abs 2 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags der Holding GmbH & Co KG ein Weisungsrecht gegenüber der Komplementär-Holding Verwaltung GmbH vor. Die Ausübung dieses Weisungsrechts konnte der Kläger mit seiner Kommanditbeteiligung von nur 20 vH aber nicht durchsetzen. Der "Stimmbindungsvertrag" vom 15.12.2012 ändert daran nichts. Würde in ihm eine Änderung des Gesellschaftsvertrags der Holding GmbH & Co KG gesehen, wäre sogar Einstimmigkeit erforderlich, um eine Weisung an die Holding Verwaltung GmbH herbeizuführen. Ist es dem Kläger gesellschaftsrechtlich nicht möglich, eine Weisung an die Holding Verwaltung GmbH durchzusetzen, fehlt ihm zugleich die Rechtsmacht, einen Beschluss der Holding Verwaltung GmbH über die Stimmabgabe für die Holding GmbH & Co KG in der Komplementär-GmbH der Beigeladenen zu 1. hinsichtlich einer Weisung an ihn als deren Geschäftsführer zu verhindern. Auf die Frage, ob der Kläger aufgrund des "Stimmbindungsvertrags" Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung der Holding GmbH & Co KG (die nicht geschäftsführungsbefugt ist) verhindern kann, kommt es daher nicht an.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 26/20.

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