Bundessozialgericht

Verhandlung B 12 R 6/19 R

Verhandlungstermin 08.07.2020 13:00 Uhr

Terminvorschau

M. D. ./. Deutsche Rentenversicherung Bund, beigeladen: 1. D. O. GmbH, 2. Bundesagentur für Arbeit
Der Kläger ist Geschäftsführer der zu 1. beigeladenen D. O. GmbH. Deren alleinige Gesellschafterin ist die D. GmbH & Co KG. Persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) der D. GmbH & Co KG ist die D. Geschäftsführungs GmbH. Kommanditisten sind der Kläger mit einem Kommanditanteil von 49 vH und dessen Vater mit einem Kommanditanteil von 51 vH. Der Gesellschaftsvertrag der D. GmbH & Co KG sieht ua vor, dass die Komplementärin zur Durchführung aller Maßnahmen und Rechtshandlungen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgingen, der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung mit mindestens 75 vH der abgegebenen Stimmen bedürfe. Im Übrigen werden Beschlüsse mit einfacher Mehrheit gefasst.

Auf den Statusfeststellungsantrag des Klägers stellte die beklagte DRV Bund fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Nachdem die Beklagte im Klageverfahren erklärt hatte, dass ab 1.5.2016 ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht mehr bestehe, hat das SG die angefochtenen Bescheide abgeändert und die Beklagte verurteilt, festzustellen, dass der Kläger nicht der Versicherungspflicht unterliege. Das LSG hat das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe mit seiner Beteiligung von 49 vH an der D. GmbH & Co KG keine Möglichkeit gehabt, Gesellschafterbeschlüsse zu verhindern. Er habe auch nicht über eine generelle Sperrminorität verfügt.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 7 Abs 1 Sätze 1 und 2 SGB IV. Er habe aufgrund seiner umfassenden Sperrminorität die Rechtsmacht gehabt, ihm nicht genehme Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu verhindern. Unbeachtet sei geblieben, dass bei einer Einheitsgesellschaft ausschließlich die Kommanditisten geschäftsführungsbefugt seien.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Hildesheim - S 28 R 345/15, 05.10.2016
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen - L 1 R 621/16, 28.06.2018

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 26/20.

Terminbericht

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung erfolgreich gewesen. Der Senat konnte nicht abschließend entscheiden, weil das LSG keine Feststellungen zum Inhalt des Gesellschaftsvertrags der Komplementärin der GmbH & Co KG getroffen hat, so dass sich die Rechtsmachtverhältnisse innerhalb der Komplementärin und damit in Bezug auf den Kläger nicht beurteilen lassen.

Bei einem Geschäftsführer einer GmbH kommt eine selbstständige Tätigkeit grundsätzlich nur in Betracht, wenn dieser aufgrund seiner Kapitalbeteiligung oder einer ihm eingeräumten umfassenden Sperrminorität die Rechtsmacht besitzt, einen maßgeblichen Einfluss auf Gesellschafterbeschlüsse auszuüben. Eine solche Rechtsmacht kann sich aber auch daraus ergeben, dass er aufgrund einer Kapitalbeteiligung an einer Gesellschafterin der GmbH in der Lage ist, Einfluss auf den Inhalt von Beschlüssen der GmbH-Gesellschafterversammlung zu nehmen. Der Kläger unterlag als nicht am Stammkapital der beigeladenen GmbH (Tochtergesellschaft) beteiligter Geschäftsführer, also als Fremdgeschäftsführer, dem Weisungsrecht deren Gesellschafterversammlung. Der Kläger hatte auch aufgrund seiner Kommanditistenstellung keinen Einfluss auf die gewöhnliche Geschäftsführung der GmbH & Co KG (Muttergesellschaft) durch deren Komplementärin.

Eine selbstständige Tätigkeit des Klägers ergibt sich nicht allein daraus, dass die Komplementär-GmbH für außergewöhnliche Geschäftsführungshandlungen der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung der GmbH & Co KG mit 75 vH der Stimmen bedurfte. Hierdurch wurde dem Kläger nur eine begrenzte Sperrminorität in Bezug auf die außergewöhnliche Geschäftsführung in der beigeladenen GmbH eingeräumt. Gesellschafterbeschlüsse auf der Ebene einer Tochtergesellschaft gehören regelmäßig zur gewöhnlichen Geschäftsführung, auf die ein Kommanditist der Muttergesellschaft grundsätzlich keinen Einfluss hat. Damit konnte der Kläger aufgrund seiner Kommanditbeteiligung an der Muttergesellschaft die Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung der beigeladenen GmbH in der Regel nicht verhindern.

Der Senat konnte jedoch nicht abschließend beurteilen, ob der Kläger Weisungen der GmbH & Co KG aufgrund einer aus dem Gesellschaftsvertrag der Komplementär-GmbH oder seiner Eigenschaft als deren Gesellschafter resultierenden Rechtsmacht verhindern konnte. Die insoweit notwendigen Tatsachen hat das LSG festzustellen.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 26/20.

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