Bundessozialgericht

Verhandlung B 9 SB 2/18 R

Verhandlungstermin 24.09.2020 11:30 Uhr

Terminvorschau

K. F. ./. Land Baden-Württemberg
Der Kläger ist seit 1977 Inhaber einer Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten mit der Beschränkung auf das Gebiet der gesetzlichen Rentenversicherung, die anschließend mehrfach geändert wurde. Im Zuge des mit der Rechtsdienstleistungsreform 2008 geschaffenen Rechtsdienstleistungsregisters ließ sich der Kläger als registrierter Erlaubnisinhaber ua mit dem Inhalt "Rechtsbeistand auf dem Gebiet des Sozial- und Rentenrechts; Rechtsbeistand/Prozessagent mit Befugnis nach § 73 Abs 6 SGG vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit … auf dem Gebiet des Sozial- und Rentenrechts mündlich zu verhandeln" und später ergänzend mit dem Inhalt "Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten auf dem Gebiet des Schwerbehinderten- und Kassenarztrechts sowie auf dem Gebiet der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung…" in das Rechtsdienstleistungsregister eintragen. Ein Abdruck der Registrierung wurde dem Kläger jeweils übersandt.

In der Folgezeit wies der Beklagte den Kläger als Bevollmächtigten in einem zwischenzeitlich abgeschlossenen Widerspruchsverfahren wegen der Feststellung eines höheren GdB zurück. Das SG hat die dagegen gerichtete Fortsetzungsfeststellungsklage abgewiesen, das LSG ihr stattgegeben. Obwohl die Registrierung den erteilten Erlaubnisumfang übersteige und rechtswidrig sein dürfte, entfalte sie Drittbindungswirkung. Die Erlaubnis zur selbstständigen Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen im Schwerbehindertenrecht ergebe sich zwar nicht aus der Alterlaubnis des Klägers, weil diese ein Tätigwerden ohne konkreten Renten- oder Versorgungsbezug nicht decke. Eine entsprechende Erlaubnis ergebe sich aber aus der Registrierung im Rechtsdienstleistungsregister. Diese erlaube ihm, außergerichtliche Rechtsdienstleistungen auf dem Gebiet des Schwerbehindertenrechts ohne konkreten Renten- oder Versorgungsbezug zu erbringen. Die Registrierung stelle einen Verwaltungsakt dar und entfalte Bindungswirkung. Den Feststellungen der Registrierungsbehörde komme Tatbestandswirkung zu, sodass andere Behörden und Gerichte hieran gebunden seien. Dem Beklagten sei es unbenommen, die Registrierungsbehörde auf die aus seiner Sicht bestehende Rechtswidrigkeit der Registrierung hinzuweisen, um eine Rücknahme zu erreichen.

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung materiellen Rechts (§ 1 Abs 3 RDGEG). Die Registereintragung diene ausschließlich dem Zweck, dem Ratsuchenden einen erleichterten Zugang zu Informationen über den Umfang der Vertretungsbefugnis von Rentenberatern zu ermöglichen.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Karlsruhe - S 9 SB 4381/16, 02.03.2017
Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 3 SB 1456/17, 24.10.2018

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 35/20.

Terminbericht

Die Revision des beklagten Landes war erfolgreich. Der Zurückweisungsbescheid war rechtmäßig. Rentenberater, die bei der zuständigen Behörde registriert sind (registrierte Personen), dürfen aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen auf dem Gebiet des Schwerbehindertenrechts nur "mit Bezug" zu einer gesetzlichen Rente erbringen (§ 10 Abs 1 Satz 1 Nr 2 RDG). Der danach nötige konkrete Bezug hat im Widerspruchsverfahren des Mandanten des Klägers zur Feststellung eines höheren GdB nicht vorgelegen (vgl bereits BSG Urteil vom 6.12.2014 - B 9 SB 3/13 R). Ebenso wenig handelte es sich bloß um eine erlaubte Nebenleistung zur Rentenberatung (§ 5 RDG).

Die Befugnis zur Vertretung in einem Widerspruchsverfahren wegen einer Schwerbehindertenangelegenheit ohne Rentenbezug ergibt sich auch nicht aus dem Bestandschutz für Alterlaubnisse aus der Zeit vor Inkrafttreten des RDG (§ 1 Abs 3 RDGEG). Die dem Kläger 1977 erteilte Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten "mit der Beschränkung auf das Gebiet der gesetzlichen Rentenversicherung" einschließlich ihrer Änderungen berechtigten ihn nicht zu einer solchen Vertretung. Die Registrierung als registrierter Erlaubnisinhaber (§ 1 Abs 3 Satz 2 RDGEG) vermittelt dem Kläger kein über den Bestandschutz der Alterlaubnis hinausgehendes Recht. Zwar übersteigt die Registrierung den Umfang der Alterlaubnis und bindet in diesem Umfang die Registrierungsbehörde. Eine weitergehende Drittbindung der Zurückweisungsbehörde kann angesichts der Gesetzesbindung der Verwaltung nicht angenommen werden, weil sich dies weder ausdrücklich noch mit hinreichender Deutlichkeit aus der zugrunde liegenden gesetzlichen Regelung ergibt. Insbesondere findet sich kein Letztentscheidungsrecht der Registrierungsbehörde zur Regelung des Umfangs erlaubter Rechtsberatung im Übergangsrecht.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 35/20.

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